wärts über die schaumgekrönten Wogen in die uferlose Ferne schweifen. Sie konnte sich an diesem Schauspiel nicht satt sehen. Daß es soviel Wasser gab, Wasser und immer Wasser auf dieser Erde, wie wunderbar kam es ihr vor, die bis jetzt nur das eisschollen- bedeckte und beschränkte Meer am Nordpol erblickt hatte.
Eine leise Berührung ihrer Schulter ließ sie auf- blicken. Die Herrin dieses fliegenden Wunderbaus stand vor ihr.
"Da bist Du ja, La", rief sie, sich aufrichtend, der ihr zunickenden Freundin entgegen. "Hast Du endlich ausgeschlafen?"
"Jch bin auch nicht so früh eingeschlafen, wie Du. Jch glaube, Du träumtest schon, als wir gestern vom Pol abreisten."
"Jch war furchtbar müde. Jch hatte ja den ganzen Tag gearbeitet, um mich noch rechtzeitig für Dich frei zu machen. Ach, La, das war doch einer Deiner gescheitesten Gedanken, mich zu dieser Reise einzuladen. Aber diese Eile! Jn der Nacht kommst Du mit dem Glo an, ganz unerwartet. Früh läßt mich Dein Vater nach dem Ringe holen, und abends muß ich schon mit Dir fort nach Deutschland. Jch habe noch gar keine Zeit gehabt, Dich irgend etwas zu fragen."
"Weil Du gestern gleich eingeschlafen bist."
"Jch bin ganz starr über diesen fabelhaften Luxus, d. h. für ein Luftschiff. Sonst ist es ja gerade so wie zu Hause, aber das auf einem Schiffe zu haben,
Fünfzigſtes Kapitel.
wärts über die ſchaumgekrönten Wogen in die uferloſe Ferne ſchweifen. Sie konnte ſich an dieſem Schauſpiel nicht ſatt ſehen. Daß es ſoviel Waſſer gab, Waſſer und immer Waſſer auf dieſer Erde, wie wunderbar kam es ihr vor, die bis jetzt nur das eisſchollen- bedeckte und beſchränkte Meer am Nordpol erblickt hatte.
Eine leiſe Berührung ihrer Schulter ließ ſie auf- blicken. Die Herrin dieſes fliegenden Wunderbaus ſtand vor ihr.
„Da biſt Du ja, La‟, rief ſie, ſich aufrichtend, der ihr zunickenden Freundin entgegen. „Haſt Du endlich ausgeſchlafen?‟
„Jch bin auch nicht ſo früh eingeſchlafen, wie Du. Jch glaube, Du träumteſt ſchon, als wir geſtern vom Pol abreiſten.‟
„Jch war furchtbar müde. Jch hatte ja den ganzen Tag gearbeitet, um mich noch rechtzeitig für Dich frei zu machen. Ach, La, das war doch einer Deiner geſcheiteſten Gedanken, mich zu dieſer Reiſe einzuladen. Aber dieſe Eile! Jn der Nacht kommſt Du mit dem Glo an, ganz unerwartet. Früh läßt mich Dein Vater nach dem Ringe holen, und abends muß ich ſchon mit Dir fort nach Deutſchland. Jch habe noch gar keine Zeit gehabt, Dich irgend etwas zu fragen.‟
„Weil Du geſtern gleich eingeſchlafen biſt.‟
„Jch bin ganz ſtarr über dieſen fabelhaften Luxus, d. h. für ein Luftſchiff. Sonſt iſt es ja gerade ſo wie zu Hauſe, aber das auf einem Schiffe zu haben,
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Fünfzigſtes Kapitel.
wärts über die ſchaumgekrönten Wogen in die uferloſe
Ferne ſchweifen. Sie konnte ſich an dieſem Schauſpiel
nicht ſatt ſehen. Daß es ſoviel Waſſer gab, Waſſer
und immer Waſſer auf dieſer Erde, wie wunderbar
kam es ihr vor, die bis jetzt nur das eisſchollen-
bedeckte und beſchränkte Meer am Nordpol erblickt
hatte.
Eine leiſe Berührung ihrer Schulter ließ ſie auf-
blicken. Die Herrin dieſes fliegenden Wunderbaus
ſtand vor ihr.
„Da biſt Du ja, La‟, rief ſie, ſich aufrichtend,
der ihr zunickenden Freundin entgegen. „Haſt Du
endlich ausgeſchlafen?‟
„Jch bin auch nicht ſo früh eingeſchlafen, wie Du.
Jch glaube, Du träumteſt ſchon, als wir geſtern vom
Pol abreiſten.‟
„Jch war furchtbar müde. Jch hatte ja den
ganzen Tag gearbeitet, um mich noch rechtzeitig für
Dich frei zu machen. Ach, La, das war doch einer
Deiner geſcheiteſten Gedanken, mich zu dieſer Reiſe
einzuladen. Aber dieſe Eile! Jn der Nacht kommſt
Du mit dem Glo an, ganz unerwartet. Früh läßt
mich Dein Vater nach dem Ringe holen, und abends
muß ich ſchon mit Dir fort nach Deutſchland. Jch
habe noch gar keine Zeit gehabt, Dich irgend etwas
zu fragen.‟
„Weil Du geſtern gleich eingeſchlafen biſt.‟
„Jch bin ganz ſtarr über dieſen fabelhaften Luxus,
d. h. für ein Luftſchiff. Sonſt iſt es ja gerade ſo
wie zu Hauſe, aber das auf einem Schiffe zu haben,
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/374>, abgerufen am 22.11.2024.
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