Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Jsma.
ich es nicht darf, ja auch nicht will, so lange noch
eine Möglichkeit ist --"

"Aber wenn einmal die Zeit kommt, daß keine
Möglichkeit mehr ist?"

"Dann sprechen wir wieder davon. Bis dahin
-- Sie kennen meine Bitte. -- Wo ist die Grenze
zwischen Gedanke und Wunsch? Und das ist Frevel."

"Aber ich darf annehmen, Jsma --"

"Nehmen Sie an, was Sie wollen. Wenn mein
Leben keinem andern gehört, wem könnte es gehören
als der Jdee, der wir dienen? Und dann mögen
Sie nachdenken, wie das am besten geschehen kann."

Sie entzog ihm sanft ihre Hand und trat an das
Fenster. Er stellte sich neben sie. Schweigend blickten
sie hinaus, dann begann Ell:

"Die Nachforschungen ruhen niemals, und alles,
was sich hat ermitteln lassen, weist jetzt auf eine Ver-
mutung hin, die jede Hoffnung fast mit Sicherheit
ausschließt."

Jsma zuckte zusammen. Ell schwieg.

"Sprechen Sie weiter", sagte sie dann gefaßt.
"Jch habe mir ja soviel hundertmal gesagt, daß ich
nicht mehr hoffen darf. Und doch ist das Wort der
Gewißheit wie ein Stahl, der ins Herz trifft. Aber
-- sprechen Sie weiter."

"Er konnte die Jnsel Ara nur verlassen durch
Schwimmen nach einer der Nachbarinseln, das war
unsre Annahme. Dann mußte er in der Umgebung
des Pols aufgefunden werden; es ist jetzt dort kein
Fleckchen mehr ununtersucht, wo Menschen existieren

Laßwitz, Auf zwei Planeten. 48

Jsma.
ich es nicht darf, ja auch nicht will, ſo lange noch
eine Möglichkeit iſt —‟

„Aber wenn einmal die Zeit kommt, daß keine
Möglichkeit mehr iſt?‟

„Dann ſprechen wir wieder davon. Bis dahin
— Sie kennen meine Bitte. — Wo iſt die Grenze
zwiſchen Gedanke und Wunſch? Und das iſt Frevel.‟

„Aber ich darf annehmen, Jsma —‟

„Nehmen Sie an, was Sie wollen. Wenn mein
Leben keinem andern gehört, wem könnte es gehören
als der Jdee, der wir dienen? Und dann mögen
Sie nachdenken, wie das am beſten geſchehen kann.‟

Sie entzog ihm ſanft ihre Hand und trat an das
Fenſter. Er ſtellte ſich neben ſie. Schweigend blickten
ſie hinaus, dann begann Ell:

„Die Nachforſchungen ruhen niemals, und alles,
was ſich hat ermitteln laſſen, weiſt jetzt auf eine Ver-
mutung hin, die jede Hoffnung faſt mit Sicherheit
ausſchließt.‟

Jsma zuckte zuſammen. Ell ſchwieg.

„Sprechen Sie weiter‟, ſagte ſie dann gefaßt.
„Jch habe mir ja ſoviel hundertmal geſagt, daß ich
nicht mehr hoffen darf. Und doch iſt das Wort der
Gewißheit wie ein Stahl, der ins Herz trifft. Aber
— ſprechen Sie weiter.‟

„Er konnte die Jnſel Ara nur verlaſſen durch
Schwimmen nach einer der Nachbarinſeln, das war
unſre Annahme. Dann mußte er in der Umgebung
des Pols aufgefunden werden; es iſt jetzt dort kein
Fleckchen mehr ununterſucht, wo Menſchen exiſtieren

Laßwitz, Auf zwei Planeten. 48
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0329" n="321"/><fw place="top" type="header">Jsma.</fw><lb/>
ich es nicht darf, ja auch nicht will, &#x017F;o lange noch<lb/>
eine Möglichkeit i&#x017F;t &#x2014;&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Aber wenn einmal die Zeit kommt, daß keine<lb/>
Möglichkeit mehr i&#x017F;t?&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Dann &#x017F;prechen wir wieder davon. Bis dahin<lb/>
&#x2014; Sie kennen meine Bitte. &#x2014; Wo i&#x017F;t die Grenze<lb/>
zwi&#x017F;chen Gedanke und Wun&#x017F;ch? Und das i&#x017F;t Frevel.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Aber ich darf annehmen, Jsma &#x2014;&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Nehmen Sie an, was Sie wollen. Wenn mein<lb/>
Leben keinem andern gehört, wem könnte es gehören<lb/>
als der Jdee, der wir dienen? Und dann mögen<lb/>
Sie nachdenken, wie das am be&#x017F;ten ge&#x017F;chehen kann.&#x201F;</p><lb/>
          <p>Sie entzog ihm &#x017F;anft ihre Hand und trat an das<lb/>
Fen&#x017F;ter. Er &#x017F;tellte &#x017F;ich neben &#x017F;ie. Schweigend blickten<lb/>
&#x017F;ie hinaus, dann begann Ell:</p><lb/>
          <p>&#x201E;Die Nachfor&#x017F;chungen ruhen niemals, und alles,<lb/>
was &#x017F;ich hat ermitteln la&#x017F;&#x017F;en, wei&#x017F;t jetzt auf eine Ver-<lb/>
mutung hin, die jede Hoffnung fa&#x017F;t mit Sicherheit<lb/>
aus&#x017F;chließt.&#x201F;</p><lb/>
          <p>Jsma zuckte zu&#x017F;ammen. Ell &#x017F;chwieg.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Sprechen Sie weiter&#x201F;, &#x017F;agte &#x017F;ie dann gefaßt.<lb/>
&#x201E;Jch habe mir ja &#x017F;oviel hundertmal ge&#x017F;agt, daß ich<lb/>
nicht mehr hoffen darf. Und doch i&#x017F;t das Wort der<lb/>
Gewißheit wie ein Stahl, der ins Herz trifft. Aber<lb/>
&#x2014; &#x017F;prechen Sie weiter.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Er konnte die Jn&#x017F;el Ara nur verla&#x017F;&#x017F;en durch<lb/>
Schwimmen nach einer der Nachbarin&#x017F;eln, das war<lb/>
un&#x017F;re Annahme. Dann mußte er in der Umgebung<lb/>
des Pols aufgefunden werden; es i&#x017F;t jetzt dort kein<lb/>
Fleckchen mehr ununter&#x017F;ucht, wo Men&#x017F;chen exi&#x017F;tieren<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Laßwitz,</hi> Auf zwei Planeten.</hi> 48</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[321/0329] Jsma. ich es nicht darf, ja auch nicht will, ſo lange noch eine Möglichkeit iſt —‟ „Aber wenn einmal die Zeit kommt, daß keine Möglichkeit mehr iſt?‟ „Dann ſprechen wir wieder davon. Bis dahin — Sie kennen meine Bitte. — Wo iſt die Grenze zwiſchen Gedanke und Wunſch? Und das iſt Frevel.‟ „Aber ich darf annehmen, Jsma —‟ „Nehmen Sie an, was Sie wollen. Wenn mein Leben keinem andern gehört, wem könnte es gehören als der Jdee, der wir dienen? Und dann mögen Sie nachdenken, wie das am beſten geſchehen kann.‟ Sie entzog ihm ſanft ihre Hand und trat an das Fenſter. Er ſtellte ſich neben ſie. Schweigend blickten ſie hinaus, dann begann Ell: „Die Nachforſchungen ruhen niemals, und alles, was ſich hat ermitteln laſſen, weiſt jetzt auf eine Ver- mutung hin, die jede Hoffnung faſt mit Sicherheit ausſchließt.‟ Jsma zuckte zuſammen. Ell ſchwieg. „Sprechen Sie weiter‟, ſagte ſie dann gefaßt. „Jch habe mir ja ſoviel hundertmal geſagt, daß ich nicht mehr hoffen darf. Und doch iſt das Wort der Gewißheit wie ein Stahl, der ins Herz trifft. Aber — ſprechen Sie weiter.‟ „Er konnte die Jnſel Ara nur verlaſſen durch Schwimmen nach einer der Nachbarinſeln, das war unſre Annahme. Dann mußte er in der Umgebung des Pols aufgefunden werden; es iſt jetzt dort kein Fleckchen mehr ununterſucht, wo Menſchen exiſtieren Laßwitz, Auf zwei Planeten. 48

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/329
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/329>, abgerufen am 18.05.2024.