Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünfundvierzigstes Kapitel.
daß man nichts thun konnte, als der ursprünglichen
Anordnung zu folgen. Auf die feindlichen Luftschiffe
schießen oder gegen sie anstürmen wäre Unsinn gewesen.
Das ganze große Feld war noch von Zuschauern über-
flutet, die sich jetzt in eiliger Flucht nach der Stadt
zurückwälzten. Auf den Chausseen drängten sich die
Wagen, darunter die Equipagen, welche die fürstlichen
Gemahlinnen und Prinzessinnen vom Paradefelde fort-
führten. So thaten die Truppen ihre einfache Pflicht.
Sie marschierten, so schnell sie konnten, auf den im
voraus festgesetzten Wegen nach ihren Bestimmungs-
orten. Nur das erste Gardegrenadierregiment und das
Gardekürassierregiment blieben zur persönlichen Be-
deckung des Kriegsherrn zurück.

Der Monarch blickte mit finsterem Ernst auf seine
Umgebung, auf die feindlichen Schiffe und die betäubt
oder tot am Boden liegenden Offiziere, um welche
jetzt Ärzte und Krankenträger bemüht waren. Dann
riß er den Degen aus der Scheide und rief:

"Meine Herren! hier giebt es nur einen Weg --
hindurch!"

Er spornte sein Pferd an. Seine Begleitung warf
sich ihm entgegen und beschwor ihn, sich dem sichern
Verderben nicht auszusetzen. Er wollte nicht hören.

"Nun denn", rief da der greise General von Dollig,
"zuerst wir!"

Und einen Teil der Offiziere mit sich fortreißend,
jagte er im Galopp gegen die unsichtbare Schranke,
die sich nur durch eine Staubschicht über dem Boden
verriet.

Fünfundvierzigſtes Kapitel.
daß man nichts thun konnte, als der urſprünglichen
Anordnung zu folgen. Auf die feindlichen Luftſchiffe
ſchießen oder gegen ſie anſtürmen wäre Unſinn geweſen.
Das ganze große Feld war noch von Zuſchauern über-
flutet, die ſich jetzt in eiliger Flucht nach der Stadt
zurückwälzten. Auf den Chauſſeen drängten ſich die
Wagen, darunter die Equipagen, welche die fürſtlichen
Gemahlinnen und Prinzeſſinnen vom Paradefelde fort-
führten. So thaten die Truppen ihre einfache Pflicht.
Sie marſchierten, ſo ſchnell ſie konnten, auf den im
voraus feſtgeſetzten Wegen nach ihren Beſtimmungs-
orten. Nur das erſte Gardegrenadierregiment und das
Gardeküraſſierregiment blieben zur perſönlichen Be-
deckung des Kriegsherrn zurück.

Der Monarch blickte mit finſterem Ernſt auf ſeine
Umgebung, auf die feindlichen Schiffe und die betäubt
oder tot am Boden liegenden Offiziere, um welche
jetzt Ärzte und Krankenträger bemüht waren. Dann
riß er den Degen aus der Scheide und rief:

„Meine Herren! hier giebt es nur einen Weg —
hindurch!‟

Er ſpornte ſein Pferd an. Seine Begleitung warf
ſich ihm entgegen und beſchwor ihn, ſich dem ſichern
Verderben nicht auszuſetzen. Er wollte nicht hören.

„Nun denn‟, rief da der greiſe General von Dollig,
„zuerſt wir!‟

Und einen Teil der Offiziere mit ſich fortreißend,
jagte er im Galopp gegen die unſichtbare Schranke,
die ſich nur durch eine Staubſchicht über dem Boden
verriet.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0290" n="282"/><fw place="top" type="header">Fünfundvierzig&#x017F;tes Kapitel.</fw><lb/>
daß man nichts thun konnte, als der ur&#x017F;prünglichen<lb/>
Anordnung zu folgen. Auf die feindlichen Luft&#x017F;chiffe<lb/>
&#x017F;chießen oder gegen &#x017F;ie an&#x017F;türmen wäre Un&#x017F;inn gewe&#x017F;en.<lb/>
Das ganze große Feld war noch von Zu&#x017F;chauern über-<lb/>
flutet, die &#x017F;ich jetzt in eiliger Flucht nach der Stadt<lb/>
zurückwälzten. Auf den Chau&#x017F;&#x017F;een drängten &#x017F;ich die<lb/>
Wagen, darunter die Equipagen, welche die für&#x017F;tlichen<lb/>
Gemahlinnen und Prinze&#x017F;&#x017F;innen vom Paradefelde fort-<lb/>
führten. So thaten die Truppen ihre einfache Pflicht.<lb/>
Sie mar&#x017F;chierten, &#x017F;o &#x017F;chnell &#x017F;ie konnten, auf den im<lb/>
voraus fe&#x017F;tge&#x017F;etzten Wegen nach ihren Be&#x017F;timmungs-<lb/>
orten. Nur das er&#x017F;te Gardegrenadierregiment und das<lb/>
Gardeküra&#x017F;&#x017F;ierregiment blieben zur per&#x017F;önlichen Be-<lb/>
deckung des Kriegsherrn zurück.</p><lb/>
          <p>Der Monarch blickte mit fin&#x017F;terem Ern&#x017F;t auf &#x017F;eine<lb/>
Umgebung, auf die feindlichen Schiffe und die betäubt<lb/>
oder tot am Boden liegenden Offiziere, um welche<lb/>
jetzt Ärzte und Krankenträger bemüht waren. Dann<lb/>
riß er den Degen aus der Scheide und rief:</p><lb/>
          <p>&#x201E;Meine Herren! hier giebt es nur einen Weg &#x2014;<lb/>
hindurch!&#x201F;</p><lb/>
          <p>Er &#x017F;pornte &#x017F;ein Pferd an. Seine Begleitung warf<lb/>
&#x017F;ich ihm entgegen und be&#x017F;chwor ihn, &#x017F;ich dem &#x017F;ichern<lb/>
Verderben nicht auszu&#x017F;etzen. Er wollte nicht hören.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Nun denn&#x201F;, rief da der grei&#x017F;e General von Dollig,<lb/>
&#x201E;zuer&#x017F;t wir!&#x201F;</p><lb/>
          <p>Und einen Teil der Offiziere mit &#x017F;ich fortreißend,<lb/>
jagte er im Galopp gegen die un&#x017F;ichtbare Schranke,<lb/>
die &#x017F;ich nur durch eine Staub&#x017F;chicht über dem Boden<lb/>
verriet.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[282/0290] Fünfundvierzigſtes Kapitel. daß man nichts thun konnte, als der urſprünglichen Anordnung zu folgen. Auf die feindlichen Luftſchiffe ſchießen oder gegen ſie anſtürmen wäre Unſinn geweſen. Das ganze große Feld war noch von Zuſchauern über- flutet, die ſich jetzt in eiliger Flucht nach der Stadt zurückwälzten. Auf den Chauſſeen drängten ſich die Wagen, darunter die Equipagen, welche die fürſtlichen Gemahlinnen und Prinzeſſinnen vom Paradefelde fort- führten. So thaten die Truppen ihre einfache Pflicht. Sie marſchierten, ſo ſchnell ſie konnten, auf den im voraus feſtgeſetzten Wegen nach ihren Beſtimmungs- orten. Nur das erſte Gardegrenadierregiment und das Gardeküraſſierregiment blieben zur perſönlichen Be- deckung des Kriegsherrn zurück. Der Monarch blickte mit finſterem Ernſt auf ſeine Umgebung, auf die feindlichen Schiffe und die betäubt oder tot am Boden liegenden Offiziere, um welche jetzt Ärzte und Krankenträger bemüht waren. Dann riß er den Degen aus der Scheide und rief: „Meine Herren! hier giebt es nur einen Weg — hindurch!‟ Er ſpornte ſein Pferd an. Seine Begleitung warf ſich ihm entgegen und beſchwor ihn, ſich dem ſichern Verderben nicht auszuſetzen. Er wollte nicht hören. „Nun denn‟, rief da der greiſe General von Dollig, „zuerſt wir!‟ Und einen Teil der Offiziere mit ſich fortreißend, jagte er im Galopp gegen die unſichtbare Schranke, die ſich nur durch eine Staubſchicht über dem Boden verriet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/290
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/290>, abgerufen am 18.05.2024.