Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Unglück des Vaterlands.
Momente der Erregung entschlossen, der noch einen
andern Grund hatte, als er Grunthe gegenüber aus-
sprechen wollte. Bei seinen Disputen mit den Martiern
am Pol hatte er aus der hingeworfenen Bemerkung
eines der martischen Offiziere entnommen, daß man
nach den Gesetzen der Nume ihm überhaupt keinerlei
Recht zu erkannte, die Rückkehr seiner Frau zu ver-
langen. Die formale Giltigkeit seiner Ehe war auf
dem Mars nicht anerkannt. Niemand hätte es unter
den vorliegenden Umständen Jsma verdacht, wenn sie
sich als frei erklärt hätte. Dies hatte Torm in die
höchste Aufregung versetzt, und ein nagendes Gefühl
der Eifersucht hatte ihm einen Teil seiner ruhigen
Besinnung geraubt.

Jetzt freilich mußte ihm Jsma in anderm Lichte
erscheinen. Hatte er denn irgend einen bestimmten
Vorwurf gegen sie zu erheben? Sie war ja zurück-
gekehrt, und sie hatte sich damit offenbar zu ihm be-
kannt. Sollte er nun zu Ell rücksichtslos vordringen
und sich vielleicht rettungslos der Gewalt der Martier
ausliefern? War Ell unschuldig, so war dieses Opfer
ganz unnötig gebracht. War Ell aber schlecht, so gab
er sich in seine Hand. Als er seinen Entschluß ge-
faßt hatte, zuerst zu Ell zu gehen, wußte er ja noch
nicht, daß sich dieser in einer so unerreichbaren Macht-
stellung befand. So schien es ihm jetzt doch als das
Richtige, sich mit Jsma in Verbindung zu setzen.

Aber wie konnte das ohne Gefahr geschehen? Und
vor seinem Geiste stieg die furchtbare Anklage auf,
einen Nume bei der Ausübung seiner Pflicht verletzt,

Das Unglück des Vaterlands.
Momente der Erregung entſchloſſen, der noch einen
andern Grund hatte, als er Grunthe gegenüber aus-
ſprechen wollte. Bei ſeinen Disputen mit den Martiern
am Pol hatte er aus der hingeworfenen Bemerkung
eines der martiſchen Offiziere entnommen, daß man
nach den Geſetzen der Nume ihm überhaupt keinerlei
Recht zu erkannte, die Rückkehr ſeiner Frau zu ver-
langen. Die formale Giltigkeit ſeiner Ehe war auf
dem Mars nicht anerkannt. Niemand hätte es unter
den vorliegenden Umſtänden Jsma verdacht, wenn ſie
ſich als frei erklärt hätte. Dies hatte Torm in die
höchſte Aufregung verſetzt, und ein nagendes Gefühl
der Eiferſucht hatte ihm einen Teil ſeiner ruhigen
Beſinnung geraubt.

Jetzt freilich mußte ihm Jsma in anderm Lichte
erſcheinen. Hatte er denn irgend einen beſtimmten
Vorwurf gegen ſie zu erheben? Sie war ja zurück-
gekehrt, und ſie hatte ſich damit offenbar zu ihm be-
kannt. Sollte er nun zu Ell rückſichtslos vordringen
und ſich vielleicht rettungslos der Gewalt der Martier
ausliefern? War Ell unſchuldig, ſo war dieſes Opfer
ganz unnötig gebracht. War Ell aber ſchlecht, ſo gab
er ſich in ſeine Hand. Als er ſeinen Entſchluß ge-
faßt hatte, zuerſt zu Ell zu gehen, wußte er ja noch
nicht, daß ſich dieſer in einer ſo unerreichbaren Macht-
ſtellung befand. So ſchien es ihm jetzt doch als das
Richtige, ſich mit Jsma in Verbindung zu ſetzen.

Aber wie konnte das ohne Gefahr geſchehen? Und
vor ſeinem Geiſte ſtieg die furchtbare Anklage auf,
einen Nume bei der Ausübung ſeiner Pflicht verletzt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0285" n="277"/><fw place="top" type="header">Das Unglück des Vaterlands.</fw><lb/>
Momente der Erregung ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, der noch einen<lb/>
andern Grund hatte, als er Grunthe gegenüber aus-<lb/>
&#x017F;prechen wollte. Bei &#x017F;einen Disputen mit den Martiern<lb/>
am Pol hatte er aus der hingeworfenen Bemerkung<lb/>
eines der marti&#x017F;chen Offiziere entnommen, daß man<lb/>
nach den Ge&#x017F;etzen der Nume ihm überhaupt keinerlei<lb/>
Recht zu erkannte, die Rückkehr &#x017F;einer Frau zu ver-<lb/>
langen. Die formale Giltigkeit &#x017F;einer Ehe war auf<lb/>
dem Mars nicht anerkannt. Niemand hätte es unter<lb/>
den vorliegenden Um&#x017F;tänden Jsma verdacht, wenn &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich als frei erklärt hätte. Dies hatte Torm in die<lb/>
höch&#x017F;te Aufregung ver&#x017F;etzt, und ein nagendes Gefühl<lb/>
der Eifer&#x017F;ucht hatte ihm einen Teil &#x017F;einer ruhigen<lb/>
Be&#x017F;innung geraubt.</p><lb/>
          <p>Jetzt freilich mußte ihm Jsma in anderm Lichte<lb/>
er&#x017F;cheinen. Hatte er denn irgend einen be&#x017F;timmten<lb/>
Vorwurf gegen &#x017F;ie zu erheben? Sie war ja zurück-<lb/>
gekehrt, und &#x017F;ie hatte &#x017F;ich damit offenbar zu ihm be-<lb/>
kannt. Sollte er nun zu Ell rück&#x017F;ichtslos vordringen<lb/>
und &#x017F;ich vielleicht rettungslos der Gewalt der Martier<lb/>
ausliefern? War Ell un&#x017F;chuldig, &#x017F;o war die&#x017F;es Opfer<lb/>
ganz unnötig gebracht. War Ell aber &#x017F;chlecht, &#x017F;o gab<lb/>
er &#x017F;ich in &#x017F;eine Hand. Als er &#x017F;einen Ent&#x017F;chluß ge-<lb/>
faßt hatte, zuer&#x017F;t zu Ell zu gehen, wußte er ja noch<lb/>
nicht, daß &#x017F;ich die&#x017F;er in einer &#x017F;o unerreichbaren Macht-<lb/>
&#x017F;tellung befand. So &#x017F;chien es ihm jetzt doch als das<lb/>
Richtige, &#x017F;ich mit Jsma in Verbindung zu &#x017F;etzen.</p><lb/>
          <p>Aber wie konnte das ohne Gefahr ge&#x017F;chehen? Und<lb/>
vor &#x017F;einem Gei&#x017F;te &#x017F;tieg die furchtbare Anklage auf,<lb/>
einen Nume bei der Ausübung &#x017F;einer Pflicht verletzt,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[277/0285] Das Unglück des Vaterlands. Momente der Erregung entſchloſſen, der noch einen andern Grund hatte, als er Grunthe gegenüber aus- ſprechen wollte. Bei ſeinen Disputen mit den Martiern am Pol hatte er aus der hingeworfenen Bemerkung eines der martiſchen Offiziere entnommen, daß man nach den Geſetzen der Nume ihm überhaupt keinerlei Recht zu erkannte, die Rückkehr ſeiner Frau zu ver- langen. Die formale Giltigkeit ſeiner Ehe war auf dem Mars nicht anerkannt. Niemand hätte es unter den vorliegenden Umſtänden Jsma verdacht, wenn ſie ſich als frei erklärt hätte. Dies hatte Torm in die höchſte Aufregung verſetzt, und ein nagendes Gefühl der Eiferſucht hatte ihm einen Teil ſeiner ruhigen Beſinnung geraubt. Jetzt freilich mußte ihm Jsma in anderm Lichte erſcheinen. Hatte er denn irgend einen beſtimmten Vorwurf gegen ſie zu erheben? Sie war ja zurück- gekehrt, und ſie hatte ſich damit offenbar zu ihm be- kannt. Sollte er nun zu Ell rückſichtslos vordringen und ſich vielleicht rettungslos der Gewalt der Martier ausliefern? War Ell unſchuldig, ſo war dieſes Opfer ganz unnötig gebracht. War Ell aber ſchlecht, ſo gab er ſich in ſeine Hand. Als er ſeinen Entſchluß ge- faßt hatte, zuerſt zu Ell zu gehen, wußte er ja noch nicht, daß ſich dieſer in einer ſo unerreichbaren Macht- ſtellung befand. So ſchien es ihm jetzt doch als das Richtige, ſich mit Jsma in Verbindung zu ſetzen. Aber wie konnte das ohne Gefahr geſchehen? Und vor ſeinem Geiſte ſtieg die furchtbare Anklage auf, einen Nume bei der Ausübung ſeiner Pflicht verletzt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/285
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/285>, abgerufen am 23.05.2024.