Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechsundzwanzigstes Kapitel.
und das unheimliche Fahrzeug über seinem Kopfe zu
entfernen. Er fühlte sich wieder sehr erhaben. Er
dachte nun erst recht nicht daran, die Gefangenen
auszuliefern. Verhielt es sich wirklich so, daß sie
Marsbewohner waren -- und eine bessere Erklärung
angesichts des Luftschiffes wußte keiner seiner Offiziere --
so wollte er sich den Triumph nicht nehmen lassen,
diese seltsamen Geschöpfe nach London zu bringen.
Daß man auf dem Mars auch englisch verstand und
sich nach der deutschen Nordpolexpedition erkundigte,
war schließlich nicht wunderbarer als die Existenz des
Luftschiffes überhaupt. Die Zumutung, einem englischen
Kriegsschiffe Bedingungen zu stellen, hielt Kapitän
Keswick für eine Frechheit. Seiner Ansicht nach hatte
das fremde Schiff einfach zu gehorchen.

Er signalisierte daher jetzt, das Schiff möge sofort
die Flagge streichen und sich ergeben. Da er sich
aber allerdings selbst sagte, daß man drüben die
Signale nicht verstehen würde, so schickte er einen
Offizier in der Jolle soweit vor, bis er durchs Sprach-
rohr mit dem Luftschiff reden konnte, und ließ durch
ihn seinen Befehl ausrichten. Das Luftschiff solle
landen und die Besatzung sich von demselben ohne
Waffen auf tausend Schritt zurückziehen. Geschähe das
nicht, bis das Bot wieder an Bord sei, so würde er
Gewalt anwenden.

Jll ließ antworten, es würde ihm sehr leid thun,
wenn er seinerseits Gewalt anwenden müßte, um seine
Genossen wieder zu erhalten. Bei der geringsten Feind-
seligkeit seitens der Engländer würde er sich jedoch

Sechsundzwanzigſtes Kapitel.
und das unheimliche Fahrzeug über ſeinem Kopfe zu
entfernen. Er fühlte ſich wieder ſehr erhaben. Er
dachte nun erſt recht nicht daran, die Gefangenen
auszuliefern. Verhielt es ſich wirklich ſo, daß ſie
Marsbewohner waren — und eine beſſere Erklärung
angeſichts des Luftſchiffes wußte keiner ſeiner Offiziere —
ſo wollte er ſich den Triumph nicht nehmen laſſen,
dieſe ſeltſamen Geſchöpfe nach London zu bringen.
Daß man auf dem Mars auch engliſch verſtand und
ſich nach der deutſchen Nordpolexpedition erkundigte,
war ſchließlich nicht wunderbarer als die Exiſtenz des
Luftſchiffes überhaupt. Die Zumutung, einem engliſchen
Kriegsſchiffe Bedingungen zu ſtellen, hielt Kapitän
Keswick für eine Frechheit. Seiner Anſicht nach hatte
das fremde Schiff einfach zu gehorchen.

Er ſignaliſierte daher jetzt, das Schiff möge ſofort
die Flagge ſtreichen und ſich ergeben. Da er ſich
aber allerdings ſelbſt ſagte, daß man drüben die
Signale nicht verſtehen würde, ſo ſchickte er einen
Offizier in der Jolle ſoweit vor, bis er durchs Sprach-
rohr mit dem Luftſchiff reden konnte, und ließ durch
ihn ſeinen Befehl ausrichten. Das Luftſchiff ſolle
landen und die Beſatzung ſich von demſelben ohne
Waffen auf tauſend Schritt zurückziehen. Geſchähe das
nicht, bis das Bot wieder an Bord ſei, ſo würde er
Gewalt anwenden.

Jll ließ antworten, es würde ihm ſehr leid thun,
wenn er ſeinerſeits Gewalt anwenden müßte, um ſeine
Genoſſen wieder zu erhalten. Bei der geringſten Feind-
ſeligkeit ſeitens der Engländer würde er ſich jedoch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0416" n="408"/><fw place="top" type="header">Sechsundzwanzig&#x017F;tes Kapitel.</fw><lb/>
und das unheimliche Fahrzeug über &#x017F;einem Kopfe zu<lb/>
entfernen. Er fühlte &#x017F;ich wieder &#x017F;ehr erhaben. Er<lb/>
dachte nun er&#x017F;t recht nicht daran, die Gefangenen<lb/>
auszuliefern. Verhielt es &#x017F;ich wirklich &#x017F;o, daß &#x017F;ie<lb/>
Marsbewohner waren &#x2014; und eine be&#x017F;&#x017F;ere Erklärung<lb/>
ange&#x017F;ichts des Luft&#x017F;chiffes wußte keiner &#x017F;einer Offiziere &#x2014;<lb/>
&#x017F;o wollte er &#x017F;ich den Triumph nicht nehmen la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
die&#x017F;e &#x017F;elt&#x017F;amen Ge&#x017F;chöpfe nach London zu bringen.<lb/>
Daß man auf dem Mars auch engli&#x017F;ch ver&#x017F;tand und<lb/>
&#x017F;ich nach der deut&#x017F;chen Nordpolexpedition erkundigte,<lb/>
war &#x017F;chließlich nicht wunderbarer als die Exi&#x017F;tenz des<lb/>
Luft&#x017F;chiffes überhaupt. Die Zumutung, einem engli&#x017F;chen<lb/>
Kriegs&#x017F;chiffe Bedingungen zu &#x017F;tellen, hielt Kapitän<lb/>
Keswick für eine Frechheit. Seiner An&#x017F;icht nach hatte<lb/>
das fremde Schiff einfach zu gehorchen.</p><lb/>
          <p>Er &#x017F;ignali&#x017F;ierte daher jetzt, das Schiff möge &#x017F;ofort<lb/>
die Flagge &#x017F;treichen und &#x017F;ich ergeben. Da er &#x017F;ich<lb/>
aber allerdings &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;agte, daß man drüben die<lb/>
Signale nicht ver&#x017F;tehen würde, &#x017F;o &#x017F;chickte er einen<lb/>
Offizier in der Jolle &#x017F;oweit vor, bis er durchs Sprach-<lb/>
rohr mit dem Luft&#x017F;chiff reden konnte, und ließ durch<lb/>
ihn &#x017F;einen Befehl ausrichten. Das Luft&#x017F;chiff &#x017F;olle<lb/>
landen und die Be&#x017F;atzung &#x017F;ich von dem&#x017F;elben ohne<lb/>
Waffen auf tau&#x017F;end Schritt zurückziehen. Ge&#x017F;chähe das<lb/>
nicht, bis das Bot wieder an Bord &#x017F;ei, &#x017F;o würde er<lb/>
Gewalt anwenden.</p><lb/>
          <p>Jll ließ antworten, es würde ihm &#x017F;ehr leid thun,<lb/>
wenn er &#x017F;einer&#x017F;eits Gewalt anwenden müßte, um &#x017F;eine<lb/>
Geno&#x017F;&#x017F;en wieder zu erhalten. Bei der gering&#x017F;ten Feind-<lb/>
&#x017F;eligkeit &#x017F;eitens der Engländer würde er &#x017F;ich jedoch<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[408/0416] Sechsundzwanzigſtes Kapitel. und das unheimliche Fahrzeug über ſeinem Kopfe zu entfernen. Er fühlte ſich wieder ſehr erhaben. Er dachte nun erſt recht nicht daran, die Gefangenen auszuliefern. Verhielt es ſich wirklich ſo, daß ſie Marsbewohner waren — und eine beſſere Erklärung angeſichts des Luftſchiffes wußte keiner ſeiner Offiziere — ſo wollte er ſich den Triumph nicht nehmen laſſen, dieſe ſeltſamen Geſchöpfe nach London zu bringen. Daß man auf dem Mars auch engliſch verſtand und ſich nach der deutſchen Nordpolexpedition erkundigte, war ſchließlich nicht wunderbarer als die Exiſtenz des Luftſchiffes überhaupt. Die Zumutung, einem engliſchen Kriegsſchiffe Bedingungen zu ſtellen, hielt Kapitän Keswick für eine Frechheit. Seiner Anſicht nach hatte das fremde Schiff einfach zu gehorchen. Er ſignaliſierte daher jetzt, das Schiff möge ſofort die Flagge ſtreichen und ſich ergeben. Da er ſich aber allerdings ſelbſt ſagte, daß man drüben die Signale nicht verſtehen würde, ſo ſchickte er einen Offizier in der Jolle ſoweit vor, bis er durchs Sprach- rohr mit dem Luftſchiff reden konnte, und ließ durch ihn ſeinen Befehl ausrichten. Das Luftſchiff ſolle landen und die Beſatzung ſich von demſelben ohne Waffen auf tauſend Schritt zurückziehen. Geſchähe das nicht, bis das Bot wieder an Bord ſei, ſo würde er Gewalt anwenden. Jll ließ antworten, es würde ihm ſehr leid thun, wenn er ſeinerſeits Gewalt anwenden müßte, um ſeine Genoſſen wieder zu erhalten. Bei der geringſten Feind- ſeligkeit ſeitens der Engländer würde er ſich jedoch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/416
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/416>, abgerufen am 09.05.2024.