Er stürzte hinaus. Vor der Thür des Bibliothek- zimmers hielt er an. Er mußte sich erst sammeln. Dann trat er ein, ruhig, gefaßt. Aber das Herz schlug ihm. Sein Gesicht war bleich und übernächtig.
Jsma stand mitten im Zimmer und stützte ihre Hand auf den großen Tisch, der mit aufgeschlagenen Karten- werken und Tabellen bedeckt war. Sie fand keine Worte.
"Jsma", sagte er, "Sie haben -- was wissen Sie?" Sie brach in Schluchzen aus. Er eilte an ihre Seite. Wieder lehnte sie an seiner Schulter. Er führte sie an das Sofa.
"Fassen Sie sich, liebste Freundin, fassen Sie sich!"
"Jch weiß nicht, was ich thun soll", sagte sie unter Thränen. Sie zog die Depesche aus ihrer Tasche und reichte ihm das zerknitterte Papier.
Ell las.
Er atmete tief auf.
"Gott sei gedankt!" rief er aus tiefstem Herzen.
Jsma sprang auf und wich zurück. Jhr Blick fiel feindlich auf ihn. Jhre Augen wurden starr. Sie drohte zusammenzubrechen.
"Was ist Jhnen, Jsma?"
"Jch -- ich --" sagte sie, die Hand auf das Herz pressend, "ich habe wohl nicht recht verstanden -- oder -- oder -- sagten Sie nicht --?"
"Gott sei Dank", sagte ich, "denn Jhr Mann ist gerettet."
"Gerettet?"
"Ja, hier steht es ja."
"Gerettet?"
23*
Jsmas Entſchluß.
Er ſtürzte hinaus. Vor der Thür des Bibliothek- zimmers hielt er an. Er mußte ſich erſt ſammeln. Dann trat er ein, ruhig, gefaßt. Aber das Herz ſchlug ihm. Sein Geſicht war bleich und übernächtig.
Jsma ſtand mitten im Zimmer und ſtützte ihre Hand auf den großen Tiſch, der mit aufgeſchlagenen Karten- werken und Tabellen bedeckt war. Sie fand keine Worte.
„Jsma‟, ſagte er, „Sie haben — was wiſſen Sie?‟ Sie brach in Schluchzen aus. Er eilte an ihre Seite. Wieder lehnte ſie an ſeiner Schulter. Er führte ſie an das Sofa.
„Faſſen Sie ſich, liebſte Freundin, faſſen Sie ſich!‟
„Jch weiß nicht, was ich thun ſoll‟, ſagte ſie unter Thränen. Sie zog die Depeſche aus ihrer Taſche und reichte ihm das zerknitterte Papier.
Ell las.
Er atmete tief auf.
„Gott ſei gedankt!‟ rief er aus tiefſtem Herzen.
Jsma ſprang auf und wich zurück. Jhr Blick fiel feindlich auf ihn. Jhre Augen wurden ſtarr. Sie drohte zuſammenzubrechen.
„Was iſt Jhnen, Jsma?‟
„Jch — ich —‟ ſagte ſie, die Hand auf das Herz preſſend, „ich habe wohl nicht recht verſtanden — oder — oder — ſagten Sie nicht —?‟
„Gott ſei Dank‟, ſagte ich, „denn Jhr Mann iſt gerettet.‟
„Gerettet?‟
„Ja, hier ſteht es ja.‟
„Gerettet?‟
23*
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Jsmas Entſchluß.
Er ſtürzte hinaus. Vor der Thür des Bibliothek-
zimmers hielt er an. Er mußte ſich erſt ſammeln.
Dann trat er ein, ruhig, gefaßt. Aber das Herz
ſchlug ihm. Sein Geſicht war bleich und übernächtig.
Jsma ſtand mitten im Zimmer und ſtützte ihre Hand
auf den großen Tiſch, der mit aufgeſchlagenen Karten-
werken und Tabellen bedeckt war. Sie fand keine Worte.
„Jsma‟, ſagte er, „Sie haben — was wiſſen Sie?‟
Sie brach in Schluchzen aus. Er eilte an ihre Seite.
Wieder lehnte ſie an ſeiner Schulter. Er führte ſie
an das Sofa.
„Faſſen Sie ſich, liebſte Freundin, faſſen Sie ſich!‟
„Jch weiß nicht, was ich thun ſoll‟, ſagte ſie
unter Thränen. Sie zog die Depeſche aus ihrer Taſche
und reichte ihm das zerknitterte Papier.
Ell las.
Er atmete tief auf.
„Gott ſei gedankt!‟ rief er aus tiefſtem Herzen.
Jsma ſprang auf und wich zurück. Jhr Blick fiel
feindlich auf ihn. Jhre Augen wurden ſtarr. Sie
drohte zuſammenzubrechen.
„Was iſt Jhnen, Jsma?‟
„Jch — ich —‟ ſagte ſie, die Hand auf das Herz
preſſend, „ich habe wohl nicht recht verſtanden — oder
— oder — ſagten Sie nicht —?‟
„Gott ſei Dank‟, ſagte ich, „denn Jhr Mann iſt
gerettet.‟
„Gerettet?‟
„Ja, hier ſteht es ja.‟
„Gerettet?‟
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/363>, abgerufen am 23.07.2024.
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