Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Freiheit des Willens.
wendigkeit. Erwecken Sie also nicht erst die Täuschung,
als könnte die Menschheit unsrem Einflusse sich ent-
ziehen. Vertrauen Sie unsern Maßregeln und bewahren
Sie die Menschen vor dem Fehler, uns auf Grund
kurzsichtiger menschlicher Überlegungen Schwierigkeiten
zu bereiten, die nur zum Nachteil für sie ausschlagen
könnten. Erfahren die Menschen von unsrer Ankunft,
ohne zugleich dem vollen Gewicht unsres unmittelbaren
Einflusses ausgesetzt zu sein, so begehen sie sicherlich
eine Thorheit. Auch Jhr Rat, meine Herren Gäste,
würde sie nicht davor bewahren, zumal Sie uns selbst
Jhre Einflußlosigkeit eingestanden. Überlassen Sie uns
also ganz allein die Verantwortung für die Gestaltung
der Verhältnisse, indem Sie sich dem entschieden aus-
gesprochenen Wunsche des Zentralrats fügen."

Grunthe fühlte aufs neue, daß er der Macht dieser
Gründe zu unterliegen drohte. Hatte er sich zunächst
aufgebäumt gegen die stolze Sprache des Martiers, so
mußte er sich jetzt doch fragen, ob er nicht durch eine
Warnung das Schicksal der Menschen nur verschlimmern
würde. Was konnten sie gegen die Martier thun?
Jhnen feindlich begegnen? Es wäre ja wohl das
Klügste gewesen, sich der Verantwortung zu entziehen
und den Martiern zu folgen. Aber nein! Das Klügste
hatte er nicht zu thun, sondern seine Pflicht. Und es
war ihm kein Zweifel, daß er die Verantwortung nicht
übernehmen durfte, sein Vaterland ohne Nachricht zu
lassen.

Er erhob sich in tiefem Ernste. Er sah weder Jll
noch die Martier an, sondern heftete sein Auge vor

Die Freiheit des Willens.
wendigkeit. Erwecken Sie alſo nicht erſt die Täuſchung,
als könnte die Menſchheit unſrem Einfluſſe ſich ent-
ziehen. Vertrauen Sie unſern Maßregeln und bewahren
Sie die Menſchen vor dem Fehler, uns auf Grund
kurzſichtiger menſchlicher Überlegungen Schwierigkeiten
zu bereiten, die nur zum Nachteil für ſie ausſchlagen
könnten. Erfahren die Menſchen von unſrer Ankunft,
ohne zugleich dem vollen Gewicht unſres unmittelbaren
Einfluſſes ausgeſetzt zu ſein, ſo begehen ſie ſicherlich
eine Thorheit. Auch Jhr Rat, meine Herren Gäſte,
würde ſie nicht davor bewahren, zumal Sie uns ſelbſt
Jhre Einflußloſigkeit eingeſtanden. Überlaſſen Sie uns
alſo ganz allein die Verantwortung für die Geſtaltung
der Verhältniſſe, indem Sie ſich dem entſchieden aus-
geſprochenen Wunſche des Zentralrats fügen.‟

Grunthe fühlte aufs neue, daß er der Macht dieſer
Gründe zu unterliegen drohte. Hatte er ſich zunächſt
aufgebäumt gegen die ſtolze Sprache des Martiers, ſo
mußte er ſich jetzt doch fragen, ob er nicht durch eine
Warnung das Schickſal der Menſchen nur verſchlimmern
würde. Was konnten ſie gegen die Martier thun?
Jhnen feindlich begegnen? Es wäre ja wohl das
Klügſte geweſen, ſich der Verantwortung zu entziehen
und den Martiern zu folgen. Aber nein! Das Klügſte
hatte er nicht zu thun, ſondern ſeine Pflicht. Und es
war ihm kein Zweifel, daß er die Verantwortung nicht
übernehmen durfte, ſein Vaterland ohne Nachricht zu
laſſen.

Er erhob ſich in tiefem Ernſte. Er ſah weder Jll
noch die Martier an, ſondern heftete ſein Auge vor

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0303" n="295"/><fw place="top" type="header">Die Freiheit des Willens.</fw><lb/>
wendigkeit. Erwecken Sie al&#x017F;o nicht er&#x017F;t die Täu&#x017F;chung,<lb/>
als könnte die Men&#x017F;chheit un&#x017F;rem Einflu&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich ent-<lb/>
ziehen. Vertrauen Sie un&#x017F;ern Maßregeln und bewahren<lb/>
Sie die Men&#x017F;chen vor dem Fehler, uns auf Grund<lb/>
kurz&#x017F;ichtiger men&#x017F;chlicher Überlegungen Schwierigkeiten<lb/>
zu bereiten, die nur zum Nachteil für &#x017F;ie aus&#x017F;chlagen<lb/>
könnten. Erfahren die Men&#x017F;chen von un&#x017F;rer Ankunft,<lb/>
ohne zugleich dem vollen Gewicht un&#x017F;res unmittelbaren<lb/>
Einflu&#x017F;&#x017F;es ausge&#x017F;etzt zu &#x017F;ein, &#x017F;o begehen &#x017F;ie &#x017F;icherlich<lb/>
eine Thorheit. Auch Jhr Rat, meine Herren Gä&#x017F;te,<lb/>
würde &#x017F;ie nicht davor bewahren, zumal Sie uns &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
Jhre Einflußlo&#x017F;igkeit einge&#x017F;tanden. Überla&#x017F;&#x017F;en Sie uns<lb/>
al&#x017F;o ganz allein die Verantwortung für die Ge&#x017F;taltung<lb/>
der Verhältni&#x017F;&#x017F;e, indem Sie &#x017F;ich dem ent&#x017F;chieden aus-<lb/>
ge&#x017F;prochenen Wun&#x017F;che des Zentralrats fügen.&#x201F;</p><lb/>
          <p>Grunthe fühlte aufs neue, daß er der Macht die&#x017F;er<lb/>
Gründe zu unterliegen drohte. Hatte er &#x017F;ich zunäch&#x017F;t<lb/>
aufgebäumt gegen die &#x017F;tolze Sprache des Martiers, &#x017F;o<lb/>
mußte er &#x017F;ich jetzt doch fragen, ob er nicht durch eine<lb/>
Warnung das Schick&#x017F;al der Men&#x017F;chen nur ver&#x017F;chlimmern<lb/>
würde. Was konnten &#x017F;ie gegen die Martier thun?<lb/>
Jhnen feindlich begegnen? Es wäre ja wohl das<lb/>
Klüg&#x017F;te gewe&#x017F;en, &#x017F;ich der Verantwortung zu entziehen<lb/>
und den Martiern zu folgen. Aber nein! Das Klüg&#x017F;te<lb/>
hatte er nicht zu thun, &#x017F;ondern &#x017F;eine Pflicht. Und es<lb/>
war ihm kein Zweifel, daß er die Verantwortung nicht<lb/>
übernehmen durfte, &#x017F;ein Vaterland ohne Nachricht zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Er erhob &#x017F;ich in tiefem Ern&#x017F;te. Er &#x017F;ah weder Jll<lb/>
noch die Martier an, &#x017F;ondern heftete &#x017F;ein Auge vor<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[295/0303] Die Freiheit des Willens. wendigkeit. Erwecken Sie alſo nicht erſt die Täuſchung, als könnte die Menſchheit unſrem Einfluſſe ſich ent- ziehen. Vertrauen Sie unſern Maßregeln und bewahren Sie die Menſchen vor dem Fehler, uns auf Grund kurzſichtiger menſchlicher Überlegungen Schwierigkeiten zu bereiten, die nur zum Nachteil für ſie ausſchlagen könnten. Erfahren die Menſchen von unſrer Ankunft, ohne zugleich dem vollen Gewicht unſres unmittelbaren Einfluſſes ausgeſetzt zu ſein, ſo begehen ſie ſicherlich eine Thorheit. Auch Jhr Rat, meine Herren Gäſte, würde ſie nicht davor bewahren, zumal Sie uns ſelbſt Jhre Einflußloſigkeit eingeſtanden. Überlaſſen Sie uns alſo ganz allein die Verantwortung für die Geſtaltung der Verhältniſſe, indem Sie ſich dem entſchieden aus- geſprochenen Wunſche des Zentralrats fügen.‟ Grunthe fühlte aufs neue, daß er der Macht dieſer Gründe zu unterliegen drohte. Hatte er ſich zunächſt aufgebäumt gegen die ſtolze Sprache des Martiers, ſo mußte er ſich jetzt doch fragen, ob er nicht durch eine Warnung das Schickſal der Menſchen nur verſchlimmern würde. Was konnten ſie gegen die Martier thun? Jhnen feindlich begegnen? Es wäre ja wohl das Klügſte geweſen, ſich der Verantwortung zu entziehen und den Martiern zu folgen. Aber nein! Das Klügſte hatte er nicht zu thun, ſondern ſeine Pflicht. Und es war ihm kein Zweifel, daß er die Verantwortung nicht übernehmen durfte, ſein Vaterland ohne Nachricht zu laſſen. Er erhob ſich in tiefem Ernſte. Er ſah weder Jll noch die Martier an, ſondern heftete ſein Auge vor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/303
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/303>, abgerufen am 22.11.2024.