"Und ich sage Jhnen", sprach Grunthe weiter, "nach reiflicher Ueberlegung -- Sie wissen, daß ich keine Phrasen mache -- ist es mir klar geworden, daß, solange die Menschheit existiert, von dem Entschlusse zweier Menschen noch niemals so viel abgehangen hat wie von dem unsrigen."
Saltner fuhr in die Höhe. "Das ist ein großes Wort --"
"Ein ganz bescheidenes. Wir sind durch Zufall in die Lage versetzt worden, einen Funken zu entdecken, der vielleicht einen Weltbrand entfacht. Unsre Ent- scheidung gleicht nicht der des Machthabers, der über Völkerschicksale bestimmt, sondern der des Soldaten, der sein Leben aufs Spiel zu setzen hat, um eine wichtige Meldung zur rechten Zeit zu überbringen. Sie werden mir zugeben, daß es noch niemals für die zivilisierte Menschheit ein bedeutungsvolleres Ereignis gegeben hat, als es die Berührung mit den Bewohnern des Mars sein muß. Die Europäer haben so viele Völker niederer Zivilisation durch ihr Eindringen ver- nichtet, daß wir wohl wissen können, was für uns auf dem Spiele steht, wenn die Martier in Europa Fuß fassen."
"So wollen Sie überhaupt verhindern, daß die Martier in Europa aufgenommen werden?"
"Wenn ich es könnte, würde ich es thun. Aber wir sind einfache Gelehrte, wir haben keine politischen Entscheidungen zu fällen. Und eben darum dürfen wir unter keinen Umständen auf eigne Faust den Martiern die Hand bieten, dürfen nicht mit ihnen
17*
Pläne und Sorgen.
„Und ich ſage Jhnen‟, ſprach Grunthe weiter, „nach reiflicher Ueberlegung — Sie wiſſen, daß ich keine Phraſen mache — iſt es mir klar geworden, daß, ſolange die Menſchheit exiſtiert, von dem Entſchluſſe zweier Menſchen noch niemals ſo viel abgehangen hat wie von dem unſrigen.‟
Saltner fuhr in die Höhe. „Das iſt ein großes Wort —‟
„Ein ganz beſcheidenes. Wir ſind durch Zufall in die Lage verſetzt worden, einen Funken zu entdecken, der vielleicht einen Weltbrand entfacht. Unſre Ent- ſcheidung gleicht nicht der des Machthabers, der über Völkerſchickſale beſtimmt, ſondern der des Soldaten, der ſein Leben aufs Spiel zu ſetzen hat, um eine wichtige Meldung zur rechten Zeit zu überbringen. Sie werden mir zugeben, daß es noch niemals für die ziviliſierte Menſchheit ein bedeutungsvolleres Ereignis gegeben hat, als es die Berührung mit den Bewohnern des Mars ſein muß. Die Europäer haben ſo viele Völker niederer Ziviliſation durch ihr Eindringen ver- nichtet, daß wir wohl wiſſen können, was für uns auf dem Spiele ſteht, wenn die Martier in Europa Fuß faſſen.‟
„So wollen Sie überhaupt verhindern, daß die Martier in Europa aufgenommen werden?‟
„Wenn ich es könnte, würde ich es thun. Aber wir ſind einfache Gelehrte, wir haben keine politiſchen Entſcheidungen zu fällen. Und eben darum dürfen wir unter keinen Umſtänden auf eigne Fauſt den Martiern die Hand bieten, dürfen nicht mit ihnen
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Pläne und Sorgen.
„Und ich ſage Jhnen‟, ſprach Grunthe weiter,
„nach reiflicher Ueberlegung — Sie wiſſen, daß ich
keine Phraſen mache — iſt es mir klar geworden, daß,
ſolange die Menſchheit exiſtiert, von dem Entſchluſſe
zweier Menſchen noch niemals ſo viel abgehangen hat
wie von dem unſrigen.‟
Saltner fuhr in die Höhe. „Das iſt ein großes
Wort —‟
„Ein ganz beſcheidenes. Wir ſind durch Zufall
in die Lage verſetzt worden, einen Funken zu entdecken,
der vielleicht einen Weltbrand entfacht. Unſre Ent-
ſcheidung gleicht nicht der des Machthabers, der über
Völkerſchickſale beſtimmt, ſondern der des Soldaten,
der ſein Leben aufs Spiel zu ſetzen hat, um eine
wichtige Meldung zur rechten Zeit zu überbringen.
Sie werden mir zugeben, daß es noch niemals für die
ziviliſierte Menſchheit ein bedeutungsvolleres Ereignis
gegeben hat, als es die Berührung mit den Bewohnern
des Mars ſein muß. Die Europäer haben ſo viele
Völker niederer Ziviliſation durch ihr Eindringen ver-
nichtet, daß wir wohl wiſſen können, was für uns auf
dem Spiele ſteht, wenn die Martier in Europa Fuß
faſſen.‟
„So wollen Sie überhaupt verhindern, daß die
Martier in Europa aufgenommen werden?‟
„Wenn ich es könnte, würde ich es thun. Aber
wir ſind einfache Gelehrte, wir haben keine politiſchen
Entſcheidungen zu fällen. Und eben darum dürfen
wir unter keinen Umſtänden auf eigne Fauſt den
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/267>, abgerufen am 25.11.2024.
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