Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.Die Aussicht nach der Heimat. gerückt war. Zum Glück zeigte sich der Himmel überDeutschland ganz klar, so daß Fru nicht zweifelte, die stärkste Vergrößerung anwenden zu können. Fru ersuchte Grunthe, ihm auf dem Bilde an der Wand die Stelle zu bezeichnen, an welcher ungefähr die Hauptstadt seines Landes zu suchen sei. Grunthe deutete auf einen Punkt in Norddeutschland, und Fru stellte nun den Projektionsapparat so ein, daß dieser Punkt genau in die Mitte des Bildes kam. Jetzt wandte er hundertfache Vergrößerung an, um die Stadt Berlin erkennen zu lassen. Die Entfernung von der Außenstation bis nach Berlin betrug 8600 Kilo- meter; bei der angewandten Vergrößerung wurden also die Gegenstände bis auf 86 Kilometer nahegerückt, und es war somit möglich, Ausdehnungen von etwa hundert Meter Länge zu unterscheiden und bei be- sonders heller Beleuchtung auch noch kleinere. Der Kreis an der Wand, der jetzt freilich sehr viel licht- schwächer erschien, zeigte sich von bräunlichen und grünlichen Streifen und Vierecken bedeckt, die an zahl- reichen Stellen von dunkleren, unregelmäßigen Flecken unterbrochen waren; jene waren die bebauten Felder, diese die dazwischen liegenden Wälder und Seen. Grunthe hatte richtig geschätzt. An der rechten 16*
Die Ausſicht nach der Heimat. gerückt war. Zum Glück zeigte ſich der Himmel überDeutſchland ganz klar, ſo daß Fru nicht zweifelte, die ſtärkſte Vergrößerung anwenden zu können. Fru erſuchte Grunthe, ihm auf dem Bilde an der Wand die Stelle zu bezeichnen, an welcher ungefähr die Hauptſtadt ſeines Landes zu ſuchen ſei. Grunthe deutete auf einen Punkt in Norddeutſchland, und Fru ſtellte nun den Projektionsapparat ſo ein, daß dieſer Punkt genau in die Mitte des Bildes kam. Jetzt wandte er hundertfache Vergrößerung an, um die Stadt Berlin erkennen zu laſſen. Die Entfernung von der Außenſtation bis nach Berlin betrug 8600 Kilo- meter; bei der angewandten Vergrößerung wurden alſo die Gegenſtände bis auf 86 Kilometer nahegerückt, und es war ſomit möglich, Ausdehnungen von etwa hundert Meter Länge zu unterſcheiden und bei be- ſonders heller Beleuchtung auch noch kleinere. Der Kreis an der Wand, der jetzt freilich ſehr viel licht- ſchwächer erſchien, zeigte ſich von bräunlichen und grünlichen Streifen und Vierecken bedeckt, die an zahl- reichen Stellen von dunkleren, unregelmäßigen Flecken unterbrochen waren; jene waren die bebauten Felder, dieſe die dazwiſchen liegenden Wälder und Seen. Grunthe hatte richtig geſchätzt. An der rechten 16*
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Die Ausſicht nach der Heimat.
gerückt war. Zum Glück zeigte ſich der Himmel über
Deutſchland ganz klar, ſo daß Fru nicht zweifelte,
die ſtärkſte Vergrößerung anwenden zu können. Fru
erſuchte Grunthe, ihm auf dem Bilde an der Wand
die Stelle zu bezeichnen, an welcher ungefähr die
Hauptſtadt ſeines Landes zu ſuchen ſei. Grunthe
deutete auf einen Punkt in Norddeutſchland, und Fru
ſtellte nun den Projektionsapparat ſo ein, daß dieſer
Punkt genau in die Mitte des Bildes kam. Jetzt
wandte er hundertfache Vergrößerung an, um die
Stadt Berlin erkennen zu laſſen. Die Entfernung von
der Außenſtation bis nach Berlin betrug 8600 Kilo-
meter; bei der angewandten Vergrößerung wurden
alſo die Gegenſtände bis auf 86 Kilometer nahegerückt,
und es war ſomit möglich, Ausdehnungen von etwa
hundert Meter Länge zu unterſcheiden und bei be-
ſonders heller Beleuchtung auch noch kleinere. Der
Kreis an der Wand, der jetzt freilich ſehr viel licht-
ſchwächer erſchien, zeigte ſich von bräunlichen und
grünlichen Streifen und Vierecken bedeckt, die an zahl-
reichen Stellen von dunkleren, unregelmäßigen Flecken
unterbrochen waren; jene waren die bebauten Felder,
dieſe die dazwiſchen liegenden Wälder und Seen.
Grunthe hatte richtig geſchätzt. An der rechten
Seite des Bildes waren die ausgedehnten Seen der
Havel bei Potsdam unverkennbar, links erſchien noch
der Lauf der Oder bei Frankfurt auf dem Bilde.
Eine verwaſchene Stelle nach rechts unten zeigte die
von Rauch erfüllte Atmoſphäre der Millionenſtadt an.
Dieſe wurde nun in die Mitte der Projektion ge-
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