Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Vierzehntes Kapitel.

Auch der Plan, auf der Erde am Nordpol anzu-
legen, schien Mitt sehr erwägenswert, und lange wurde
hin und her überlegt, was zu thun sei.

Aber Sie wissen ja, in jedem rechten Raumschiffer-
herzen steckt die Lust, das Ungewohnte zu wagen, wenn
es einigermaßen aussichtsvoll ist. Den Gefährten
konnten wir in diesem Südpol-Sommer doch nicht
mehr helfen, und so wurde beschlossen, die kühne
Hyperbelfahrt zu versuchen.

Nun, Gott war gnädig, wir sind heimgekommen.
Aber die zwei Tage, die wir um die Sonnennähe jagten,
die möchte ich nicht wieder erleben. Jch habe manches
durchgemacht -- solche Glut noch nicht. Wir konnten
unsre äußere Stellitkugel nur dadurch vor dem Schmelzen
bewahren, daß wir sie schnell rotieren ließen; so strahlte
sie die auf der einen Seite empfangene Hitze auf der
andern wieder aus -- weiß nicht, bekomme sogleich
einen wahren Merkursdurst, wenn ich daran denke!"

Damit that Jo einen tiefen Zug aus seinem Mund-
stück und erhob sich.

"Schade, schade, daß Sie morgen schon fortgehen!"
sagte La zu Jo. "Von der Sonnennähe müssen Sie
uns noch einmal erzählen!"

"Wenn's einmal recht kalt ist!"

"Und All? Hat man nichts mehr von ihm ge-
hört?" fragte Grunthe.

"Nichts! Auch bei wiederholten Besuchen des Süd-
pols hat man keine Spuren mehr gefunden, keine
Aufzeichnungen. Und nun, Gott befohlen! Auf Wieder-
sehen morgen vormittag!"

Vierzehntes Kapitel.

Auch der Plan, auf der Erde am Nordpol anzu-
legen, ſchien Mitt ſehr erwägenswert, und lange wurde
hin und her überlegt, was zu thun ſei.

Aber Sie wiſſen ja, in jedem rechten Raumſchiffer-
herzen ſteckt die Luſt, das Ungewohnte zu wagen, wenn
es einigermaßen ausſichtsvoll iſt. Den Gefährten
konnten wir in dieſem Südpol-Sommer doch nicht
mehr helfen, und ſo wurde beſchloſſen, die kühne
Hyperbelfahrt zu verſuchen.

Nun, Gott war gnädig, wir ſind heimgekommen.
Aber die zwei Tage, die wir um die Sonnennähe jagten,
die möchte ich nicht wieder erleben. Jch habe manches
durchgemacht — ſolche Glut noch nicht. Wir konnten
unſre äußere Stellitkugel nur dadurch vor dem Schmelzen
bewahren, daß wir ſie ſchnell rotieren ließen; ſo ſtrahlte
ſie die auf der einen Seite empfangene Hitze auf der
andern wieder aus — weiß nicht, bekomme ſogleich
einen wahren Merkursdurſt, wenn ich daran denke!‟

Damit that Jo einen tiefen Zug aus ſeinem Mund-
ſtück und erhob ſich.

„Schade, ſchade, daß Sie morgen ſchon fortgehen!‟
ſagte La zu Jo. „Von der Sonnennähe müſſen Sie
uns noch einmal erzählen!‟

„Wenn’s einmal recht kalt iſt!‟

„Und All? Hat man nichts mehr von ihm ge-
hört?‟ fragte Grunthe.

„Nichts! Auch bei wiederholten Beſuchen des Süd-
pols hat man keine Spuren mehr gefunden, keine
Aufzeichnungen. Und nun, Gott befohlen! Auf Wieder-
ſehen morgen vormittag!‟

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0222" n="214"/>
          <fw place="top" type="header">Vierzehntes Kapitel.</fw><lb/>
          <p>Auch der Plan, auf der Erde am Nordpol anzu-<lb/>
legen, &#x017F;chien Mitt &#x017F;ehr erwägenswert, und lange wurde<lb/>
hin und her überlegt, was zu thun &#x017F;ei.</p><lb/>
          <p>Aber Sie wi&#x017F;&#x017F;en ja, in jedem rechten Raum&#x017F;chiffer-<lb/>
herzen &#x017F;teckt die Lu&#x017F;t, das Ungewohnte zu wagen, wenn<lb/>
es einigermaßen aus&#x017F;ichtsvoll i&#x017F;t. Den Gefährten<lb/>
konnten wir in die&#x017F;em Südpol-Sommer doch nicht<lb/>
mehr helfen, und &#x017F;o wurde be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, die kühne<lb/>
Hyperbelfahrt zu ver&#x017F;uchen.</p><lb/>
          <p>Nun, Gott war gnädig, wir &#x017F;ind heimgekommen.<lb/>
Aber die zwei Tage, die wir um die Sonnennähe jagten,<lb/>
die möchte ich nicht wieder erleben. Jch habe manches<lb/>
durchgemacht &#x2014; &#x017F;olche Glut noch nicht. Wir konnten<lb/>
un&#x017F;re äußere Stellitkugel nur dadurch vor dem Schmelzen<lb/>
bewahren, daß wir &#x017F;ie &#x017F;chnell rotieren ließen; &#x017F;o &#x017F;trahlte<lb/>
&#x017F;ie die auf der einen Seite empfangene Hitze auf der<lb/>
andern wieder aus &#x2014; weiß nicht, bekomme &#x017F;ogleich<lb/>
einen wahren Merkursdur&#x017F;t, wenn ich daran denke!&#x201F;</p><lb/>
          <p>Damit that Jo einen tiefen Zug aus &#x017F;einem Mund-<lb/>
&#x017F;tück und erhob &#x017F;ich.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Schade, &#x017F;chade, daß Sie morgen &#x017F;chon fortgehen!&#x201F;<lb/>
&#x017F;agte La zu Jo. &#x201E;Von der Sonnennähe mü&#x017F;&#x017F;en Sie<lb/>
uns noch einmal erzählen!&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wenn&#x2019;s einmal recht kalt i&#x017F;t!&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Und All? Hat man nichts mehr von ihm ge-<lb/>
hört?&#x201F; fragte Grunthe.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Nichts! Auch bei wiederholten Be&#x017F;uchen des Süd-<lb/>
pols hat man keine Spuren mehr gefunden, keine<lb/>
Aufzeichnungen. Und nun, Gott befohlen! Auf Wieder-<lb/>
&#x017F;ehen morgen vormittag!&#x201F;</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0222] Vierzehntes Kapitel. Auch der Plan, auf der Erde am Nordpol anzu- legen, ſchien Mitt ſehr erwägenswert, und lange wurde hin und her überlegt, was zu thun ſei. Aber Sie wiſſen ja, in jedem rechten Raumſchiffer- herzen ſteckt die Luſt, das Ungewohnte zu wagen, wenn es einigermaßen ausſichtsvoll iſt. Den Gefährten konnten wir in dieſem Südpol-Sommer doch nicht mehr helfen, und ſo wurde beſchloſſen, die kühne Hyperbelfahrt zu verſuchen. Nun, Gott war gnädig, wir ſind heimgekommen. Aber die zwei Tage, die wir um die Sonnennähe jagten, die möchte ich nicht wieder erleben. Jch habe manches durchgemacht — ſolche Glut noch nicht. Wir konnten unſre äußere Stellitkugel nur dadurch vor dem Schmelzen bewahren, daß wir ſie ſchnell rotieren ließen; ſo ſtrahlte ſie die auf der einen Seite empfangene Hitze auf der andern wieder aus — weiß nicht, bekomme ſogleich einen wahren Merkursdurſt, wenn ich daran denke!‟ Damit that Jo einen tiefen Zug aus ſeinem Mund- ſtück und erhob ſich. „Schade, ſchade, daß Sie morgen ſchon fortgehen!‟ ſagte La zu Jo. „Von der Sonnennähe müſſen Sie uns noch einmal erzählen!‟ „Wenn’s einmal recht kalt iſt!‟ „Und All? Hat man nichts mehr von ihm ge- hört?‟ fragte Grunthe. „Nichts! Auch bei wiederholten Beſuchen des Süd- pols hat man keine Spuren mehr gefunden, keine Aufzeichnungen. Und nun, Gott befohlen! Auf Wieder- ſehen morgen vormittag!‟

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/222
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/222>, abgerufen am 05.05.2024.