Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Abenteuer am Südpol.
und All hielt es für nötig, die ganze Kugel in ein
Netz zu fassen. Es war eine furchtbare Arbeit, in
dieser Luft und Schwere die Seile über die fünfzehn
Meter hohe Kugel zu spannen, und daß keiner von
uns dabei verunglückt ist, bleibt mir heute noch ein
Rätsel. Todmüde ging es am dritten Tage wieder
an die Winde. Eine Maschine hatten wir leider nicht
mit, wir mußten mit unsern eignen Kräften arbeiten.
Am fünften Tage waren wir bis auf ein Kilometer
heran. Wir arbeiteten immer vier Mann und wurden
alle Stunden abgelöst. Lieber machten wir den Weg
hin und her zum Schiffe, als daß wir uns ohne Er-
holung dem Druck der Schwere länger ausgesetzt
hätten. Zur Rückfahrt benutzten wir übrigens einen
Segelschlitten; das war unsre größte Freude, so der
Ruhe mit Bequemlichkeit entgegenzufahren. Eben
hatte ich mich mit meinen Kameraden aufgesetzt, und
in zwei Minuten waren wir bis auf die Hälfte des
Weges zum Schiffe herangekommen, das nicht höher
als etwa zehn Meter über dem Eise schwebte. Die
Strickleiter hing aus der Lucke bis zum Boden
herab, und in weiteren zwei Minuten hofften wir in
unsern Hängematten zu liegen.

Plötzlich sehen wir von der Seite und halb nach
vorn hin etwas Gelblich-Weißes herantrotten, zwei
große vierfüßige Tiere, wie wir sie noch nie gesehen
hatten. Es waren, was Sie Eisbären nennen, aber
damals wußten wir noch nicht, was das heißen will,
wenn man ihnen waffenlos begegnet. Waffen hatten
wir überhaupt nicht mit, nur die langen, mit Eisen-

Das Abenteuer am Südpol.
und All hielt es für nötig, die ganze Kugel in ein
Netz zu faſſen. Es war eine furchtbare Arbeit, in
dieſer Luft und Schwere die Seile über die fünfzehn
Meter hohe Kugel zu ſpannen, und daß keiner von
uns dabei verunglückt iſt, bleibt mir heute noch ein
Rätſel. Todmüde ging es am dritten Tage wieder
an die Winde. Eine Maſchine hatten wir leider nicht
mit, wir mußten mit unſern eignen Kräften arbeiten.
Am fünften Tage waren wir bis auf ein Kilometer
heran. Wir arbeiteten immer vier Mann und wurden
alle Stunden abgelöſt. Lieber machten wir den Weg
hin und her zum Schiffe, als daß wir uns ohne Er-
holung dem Druck der Schwere länger ausgeſetzt
hätten. Zur Rückfahrt benutzten wir übrigens einen
Segelſchlitten; das war unſre größte Freude, ſo der
Ruhe mit Bequemlichkeit entgegenzufahren. Eben
hatte ich mich mit meinen Kameraden aufgeſetzt, und
in zwei Minuten waren wir bis auf die Hälfte des
Weges zum Schiffe herangekommen, das nicht höher
als etwa zehn Meter über dem Eiſe ſchwebte. Die
Strickleiter hing aus der Lucke bis zum Boden
herab, und in weiteren zwei Minuten hofften wir in
unſern Hängematten zu liegen.

Plötzlich ſehen wir von der Seite und halb nach
vorn hin etwas Gelblich-Weißes herantrotten, zwei
große vierfüßige Tiere, wie wir ſie noch nie geſehen
hatten. Es waren, was Sie Eisbären nennen, aber
damals wußten wir noch nicht, was das heißen will,
wenn man ihnen waffenlos begegnet. Waffen hatten
wir überhaupt nicht mit, nur die langen, mit Eiſen-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0205" n="197"/><fw place="top" type="header">Das Abenteuer am Südpol.</fw><lb/>
und All hielt es für nötig, die ganze Kugel in ein<lb/>
Netz zu fa&#x017F;&#x017F;en. Es war eine furchtbare Arbeit, in<lb/>
die&#x017F;er Luft und Schwere die Seile über die fünfzehn<lb/>
Meter hohe Kugel zu &#x017F;pannen, und daß keiner von<lb/>
uns dabei verunglückt i&#x017F;t, bleibt mir heute noch ein<lb/>
Rät&#x017F;el. Todmüde ging es am dritten Tage wieder<lb/>
an die Winde. Eine Ma&#x017F;chine hatten wir leider nicht<lb/>
mit, wir mußten mit un&#x017F;ern eignen Kräften arbeiten.<lb/>
Am fünften Tage waren wir bis auf ein Kilometer<lb/>
heran. Wir arbeiteten immer vier Mann und wurden<lb/>
alle Stunden abgelö&#x017F;t. Lieber machten wir den Weg<lb/>
hin und her zum Schiffe, als daß wir uns ohne Er-<lb/>
holung dem Druck der Schwere länger ausge&#x017F;etzt<lb/>
hätten. Zur Rückfahrt benutzten wir übrigens einen<lb/>
Segel&#x017F;chlitten; das war un&#x017F;re größte Freude, &#x017F;o der<lb/>
Ruhe mit Bequemlichkeit entgegenzufahren. Eben<lb/>
hatte ich mich mit meinen Kameraden aufge&#x017F;etzt, und<lb/>
in zwei Minuten waren wir bis auf die Hälfte des<lb/>
Weges zum Schiffe herangekommen, das nicht höher<lb/>
als etwa zehn Meter über dem Ei&#x017F;e &#x017F;chwebte. Die<lb/>
Strickleiter hing aus der Lucke bis zum Boden<lb/>
herab, und in weiteren zwei Minuten hofften wir in<lb/>
un&#x017F;ern Hängematten zu liegen.</p><lb/>
          <p>Plötzlich &#x017F;ehen wir von der Seite und halb nach<lb/>
vorn hin etwas Gelblich-Weißes herantrotten, zwei<lb/>
große vierfüßige Tiere, wie wir &#x017F;ie noch nie ge&#x017F;ehen<lb/>
hatten. Es waren, was Sie Eisbären nennen, aber<lb/>
damals wußten wir noch nicht, was das heißen will,<lb/>
wenn man ihnen waffenlos begegnet. Waffen hatten<lb/>
wir überhaupt nicht mit, nur die langen, mit Ei&#x017F;en-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0205] Das Abenteuer am Südpol. und All hielt es für nötig, die ganze Kugel in ein Netz zu faſſen. Es war eine furchtbare Arbeit, in dieſer Luft und Schwere die Seile über die fünfzehn Meter hohe Kugel zu ſpannen, und daß keiner von uns dabei verunglückt iſt, bleibt mir heute noch ein Rätſel. Todmüde ging es am dritten Tage wieder an die Winde. Eine Maſchine hatten wir leider nicht mit, wir mußten mit unſern eignen Kräften arbeiten. Am fünften Tage waren wir bis auf ein Kilometer heran. Wir arbeiteten immer vier Mann und wurden alle Stunden abgelöſt. Lieber machten wir den Weg hin und her zum Schiffe, als daß wir uns ohne Er- holung dem Druck der Schwere länger ausgeſetzt hätten. Zur Rückfahrt benutzten wir übrigens einen Segelſchlitten; das war unſre größte Freude, ſo der Ruhe mit Bequemlichkeit entgegenzufahren. Eben hatte ich mich mit meinen Kameraden aufgeſetzt, und in zwei Minuten waren wir bis auf die Hälfte des Weges zum Schiffe herangekommen, das nicht höher als etwa zehn Meter über dem Eiſe ſchwebte. Die Strickleiter hing aus der Lucke bis zum Boden herab, und in weiteren zwei Minuten hofften wir in unſern Hängematten zu liegen. Plötzlich ſehen wir von der Seite und halb nach vorn hin etwas Gelblich-Weißes herantrotten, zwei große vierfüßige Tiere, wie wir ſie noch nie geſehen hatten. Es waren, was Sie Eisbären nennen, aber damals wußten wir noch nicht, was das heißen will, wenn man ihnen waffenlos begegnet. Waffen hatten wir überhaupt nicht mit, nur die langen, mit Eiſen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/205
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/205>, abgerufen am 04.05.2024.