gewandelt. Solche Körper können wir "diabarisch" nennen.
Zwei Umstände hatten es den Martiern erleichtert, dem Geheimnis der Gravitation auf die Spur zu kommen. Der eine lag darin, daß die Schwerkraft auf ihrem Planeten nur ein Drittel von demjenigen Werte beträgt, den sie auf der Erde besitzt. Eine Last, die auf der Erde tausend Kilogramm wiegt, hat, auf den Mars gebracht, nur ein Gewicht von 376 Kilo- gramm; ein freifallender Körper, der bei uns in der ersten Sekunde 5 Meter herabfällt, fällt auf dem Mars in dieser Zeit nur um 1,8 Meter und kommt mit der sanften Geschwindigkeit von 3,6, statt bei uns mit fast 10 Meter an. Jnfolgedessen war es den Martiern erleichtert, alle Eigentümlichkeiten der Schwere bequemer und genauer zu studieren.
Der zweite Umstand war ein geographischer, oder, wie wir beim Mars sagen müßten, ein areographischer, nämlich die Zugänglichkeit der Pole des Mars. Wäh- rend auf der Erde die Pole mit ihrer ewigen Eis- decke des Besuches sich erwehren, sind die Marspole nicht vergletschert. Zwar bedecken sie sich im Winter mit einer dichten Schneehülle, die aber doch viel ge- ringer ist als auf der Erde, weil die Atmosphäre des Mars viel weniger Feuchtigkeit enthält. Außer- dem dauert der Sommer fast ein volles Erdenjahr, währenddessen der Pol in fortwährendem Sonnen- schein liegt, so daß der Schnee zum größten Teile fortschmilzt. Die Pole des Mars sind daher den Marsbewohnern nicht nur bekannt, sondern sie haben
Achtes Kapitel.
gewandelt. Solche Körper können wir „diabariſch‟ nennen.
Zwei Umſtände hatten es den Martiern erleichtert, dem Geheimnis der Gravitation auf die Spur zu kommen. Der eine lag darin, daß die Schwerkraft auf ihrem Planeten nur ein Drittel von demjenigen Werte beträgt, den ſie auf der Erde beſitzt. Eine Laſt, die auf der Erde tauſend Kilogramm wiegt, hat, auf den Mars gebracht, nur ein Gewicht von 376 Kilo- gramm; ein freifallender Körper, der bei uns in der erſten Sekunde 5 Meter herabfällt, fällt auf dem Mars in dieſer Zeit nur um 1,8 Meter und kommt mit der ſanften Geſchwindigkeit von 3,6, ſtatt bei uns mit faſt 10 Meter an. Jnfolgedeſſen war es den Martiern erleichtert, alle Eigentümlichkeiten der Schwere bequemer und genauer zu ſtudieren.
Der zweite Umſtand war ein geographiſcher, oder, wie wir beim Mars ſagen müßten, ein areographiſcher, nämlich die Zugänglichkeit der Pole des Mars. Wäh- rend auf der Erde die Pole mit ihrer ewigen Eis- decke des Beſuches ſich erwehren, ſind die Marspole nicht vergletſchert. Zwar bedecken ſie ſich im Winter mit einer dichten Schneehülle, die aber doch viel ge- ringer iſt als auf der Erde, weil die Atmoſphäre des Mars viel weniger Feuchtigkeit enthält. Außer- dem dauert der Sommer faſt ein volles Erdenjahr, währenddeſſen der Pol in fortwährendem Sonnen- ſchein liegt, ſo daß der Schnee zum größten Teile fortſchmilzt. Die Pole des Mars ſind daher den Marsbewohnern nicht nur bekannt, ſondern ſie haben
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Achtes Kapitel.
gewandelt. Solche Körper können wir „diabariſch‟
nennen.
Zwei Umſtände hatten es den Martiern erleichtert,
dem Geheimnis der Gravitation auf die Spur zu
kommen. Der eine lag darin, daß die Schwerkraft
auf ihrem Planeten nur ein Drittel von demjenigen
Werte beträgt, den ſie auf der Erde beſitzt. Eine
Laſt, die auf der Erde tauſend Kilogramm wiegt, hat,
auf den Mars gebracht, nur ein Gewicht von 376 Kilo-
gramm; ein freifallender Körper, der bei uns in der
erſten Sekunde 5 Meter herabfällt, fällt auf dem
Mars in dieſer Zeit nur um 1,8 Meter und kommt
mit der ſanften Geſchwindigkeit von 3,6, ſtatt bei uns
mit faſt 10 Meter an. Jnfolgedeſſen war es den
Martiern erleichtert, alle Eigentümlichkeiten der Schwere
bequemer und genauer zu ſtudieren.
Der zweite Umſtand war ein geographiſcher, oder,
wie wir beim Mars ſagen müßten, ein areographiſcher,
nämlich die Zugänglichkeit der Pole des Mars. Wäh-
rend auf der Erde die Pole mit ihrer ewigen Eis-
decke des Beſuches ſich erwehren, ſind die Marspole
nicht vergletſchert. Zwar bedecken ſie ſich im Winter
mit einer dichten Schneehülle, die aber doch viel ge-
ringer iſt als auf der Erde, weil die Atmoſphäre
des Mars viel weniger Feuchtigkeit enthält. Außer-
dem dauert der Sommer faſt ein volles Erdenjahr,
währenddeſſen der Pol in fortwährendem Sonnen-
ſchein liegt, ſo daß der Schnee zum größten Teile
fortſchmilzt. Die Pole des Mars ſind daher den
Marsbewohnern nicht nur bekannt, ſondern ſie haben
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/116>, abgerufen am 27.11.2024.
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