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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Sennert: Prinzipien. Korpuskulartheorie.
meinen allein fördert nicht, man müsse bis zu den Einzelheiten
hinabsteigen und die Natur selbst eindringlich beobachten.
Darauf beruht seine Empfehlung der chemischen Arbeiten für
die Ärzte.1 Er will jedoch die Chemie, deren Forschungs-
resultate außerordentlich wichtig seien, von den Spekulationen
des Paracelsus und den absurden Folgerungen, welche die
Mystiker in philosophischer und theologischer Hinsicht daraus
gezogen haben, reinigen.2 Zur theoretischen Erklärung der
chemischen Erscheinungen bedient er sich der von ihm aus-
gebildeten Korpuskulartheorie, deren Darstellung hier die
Aufgabe ist.

In der ersten Ausgabe seines naturwissenschaftlichen
Hauptwerks (1618) findet sich noch keine deutliche Vertretung
der Korpuskulartheorie; Sennert macht hier noch nicht den
bedeutsamen Unterschied zwischen dem mathematischen Kon-
tinuum und dem physischen Minimum. Wohl aber hebt er
bereits hervor, daß die Quantität, d. h. die Ausdehnung nach
drei Dimensionen, der Materia prima ursprünglich und unzer-
trennlich angehört, und erst durch sie alle übrigen Accidentien
ihr inhärieren.3 Die Undurchdringlichkeit ist nicht eine Folge
der Substanz, denn es gibt unkörperliche Substanzen, welche
zugleich in demselben Orte sein können, sondern eine Folge
der Quantität; nur Körper occupieren den Raum, indem sie
sich gegenseitig ausschließen.4 Ferner lehrt er auch hier be-
reits, daß es im Weltall in jeder Art der Naturdinge ein
Maximum und ein Minimum gebe; das Größte ist der Himmel,
den kleinsten Körper kennen wir vermutlich nicht; nach
Aristoteles ist das kleinste Tierchen das #.5 In der Auf-
fassung des Kontinuums erklärt er, obwohl die Gegengründe
schwerwiegend genug seien, auf Seite des Aristoteles zu
stehen.6

1 De Chym. c. 2.
2 De Chym. Ep. dedic.
3 Epitome scientiae naturalis. Witebergae 1618. 1. I. c. 3. p. 31. c. 5, p. 58
4 A. a. O. p. 60.
5 A. a. O. p. 69. S. oben S. 407 Anm. 1.
6 A. a. O. p. 63. -- Die atomistisch gefärbten Stellen, welche ich in m.
Abh. (s. o.) aus der Epitome in der Gesamtausgabe citiert habe, hat Sennert
erst später eingeschoben, wie Wohlwill an der Ausgabe von 1624 bemerkt
hat (Jungius, S. 17.) Sie finden sich zuerst in der Ausgabe von 1633, welche
mit der von 1650 ganz übereinstimmt. (Die Vergleichung dieser Ausgaben hat

Sennert: Prinzipien. Korpuskulartheorie.
meinen allein fördert nicht, man müsse bis zu den Einzelheiten
hinabsteigen und die Natur selbst eindringlich beobachten.
Darauf beruht seine Empfehlung der chemischen Arbeiten für
die Ärzte.1 Er will jedoch die Chemie, deren Forschungs-
resultate außerordentlich wichtig seien, von den Spekulationen
des Paracelsus und den absurden Folgerungen, welche die
Mystiker in philosophischer und theologischer Hinsicht daraus
gezogen haben, reinigen.2 Zur theoretischen Erklärung der
chemischen Erscheinungen bedient er sich der von ihm aus-
gebildeten Korpuskulartheorie, deren Darstellung hier die
Aufgabe ist.

In der ersten Ausgabe seines naturwissenschaftlichen
Hauptwerks (1618) findet sich noch keine deutliche Vertretung
der Korpuskulartheorie; Sennert macht hier noch nicht den
bedeutsamen Unterschied zwischen dem mathematischen Kon-
tinuum und dem physischen Minimum. Wohl aber hebt er
bereits hervor, daß die Quantität, d. h. die Ausdehnung nach
drei Dimensionen, der Materia prima ursprünglich und unzer-
trennlich angehört, und erst durch sie alle übrigen Accidentien
ihr inhärieren.3 Die Undurchdringlichkeit ist nicht eine Folge
der Substanz, denn es gibt unkörperliche Substanzen, welche
zugleich in demselben Orte sein können, sondern eine Folge
der Quantität; nur Körper occupieren den Raum, indem sie
sich gegenseitig ausschließen.4 Ferner lehrt er auch hier be-
reits, daß es im Weltall in jeder Art der Naturdinge ein
Maximum und ein Minimum gebe; das Größte ist der Himmel,
den kleinsten Körper kennen wir vermutlich nicht; nach
Aristoteles ist das kleinste Tierchen das #.5 In der Auf-
fassung des Kontinuums erklärt er, obwohl die Gegengründe
schwerwiegend genug seien, auf Seite des Aristoteles zu
stehen.6

1 De Chym. c. 2.
2 De Chym. Ep. dedic.
3 Epitome scientiae naturalis. Witebergae 1618. 1. I. c. 3. p. 31. c. 5, p. 58
4 A. a. O. p. 60.
5 A. a. O. p. 69. S. oben S. 407 Anm. 1.
6 A. a. O. p. 63. — Die atomistisch gefärbten Stellen, welche ich in m.
Abh. (s. o.) aus der Epitome in der Gesamtausgabe citiert habe, hat Sennert
erst später eingeschoben, wie Wohlwill an der Ausgabe von 1624 bemerkt
hat (Jungius, S. 17.) Sie finden sich zuerst in der Ausgabe von 1633, welche
mit der von 1650 ganz übereinstimmt. (Die Vergleichung dieser Ausgaben hat
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[438/0456] Sennert: Prinzipien. Korpuskulartheorie. meinen allein fördert nicht, man müsse bis zu den Einzelheiten hinabsteigen und die Natur selbst eindringlich beobachten. Darauf beruht seine Empfehlung der chemischen Arbeiten für die Ärzte. 1 Er will jedoch die Chemie, deren Forschungs- resultate außerordentlich wichtig seien, von den Spekulationen des Paracelsus und den absurden Folgerungen, welche die Mystiker in philosophischer und theologischer Hinsicht daraus gezogen haben, reinigen. 2 Zur theoretischen Erklärung der chemischen Erscheinungen bedient er sich der von ihm aus- gebildeten Korpuskulartheorie, deren Darstellung hier die Aufgabe ist. In der ersten Ausgabe seines naturwissenschaftlichen Hauptwerks (1618) findet sich noch keine deutliche Vertretung der Korpuskulartheorie; Sennert macht hier noch nicht den bedeutsamen Unterschied zwischen dem mathematischen Kon- tinuum und dem physischen Minimum. Wohl aber hebt er bereits hervor, daß die Quantität, d. h. die Ausdehnung nach drei Dimensionen, der Materia prima ursprünglich und unzer- trennlich angehört, und erst durch sie alle übrigen Accidentien ihr inhärieren. 3 Die Undurchdringlichkeit ist nicht eine Folge der Substanz, denn es gibt unkörperliche Substanzen, welche zugleich in demselben Orte sein können, sondern eine Folge der Quantität; nur Körper occupieren den Raum, indem sie sich gegenseitig ausschließen. 4 Ferner lehrt er auch hier be- reits, daß es im Weltall in jeder Art der Naturdinge ein Maximum und ein Minimum gebe; das Größte ist der Himmel, den kleinsten Körper kennen wir vermutlich nicht; nach Aristoteles ist das kleinste Tierchen das #. 5 In der Auf- fassung des Kontinuums erklärt er, obwohl die Gegengründe schwerwiegend genug seien, auf Seite des Aristoteles zu stehen. 6 1 De Chym. c. 2. 2 De Chym. Ep. dedic. 3 Epitome scientiae naturalis. Witebergae 1618. 1. I. c. 3. p. 31. c. 5, p. 58 4 A. a. O. p. 60. 5 A. a. O. p. 69. S. oben S. 407 Anm. 1. 6 A. a. O. p. 63. — Die atomistisch gefärbten Stellen, welche ich in m. Abh. (s. o.) aus der Epitome in der Gesamtausgabe citiert habe, hat Sennert erst später eingeschoben, wie Wohlwill an der Ausgabe von 1624 bemerkt hat (Jungius, S. 17.) Sie finden sich zuerst in der Ausgabe von 1633, welche mit der von 1650 ganz übereinstimmt. (Die Vergleichung dieser Ausgaben hat

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/456>, abgerufen am 22.11.2024.