Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

Van Helmont: Atome. -- Alchymisten.
gungsstoffen, welche in die Höhe steigen, daß sie bei immer
feinerer Verteilung durch die Kälte wieder zur ursprünglichen
Reinheit des elementalen Wassers reduziert werden, und bei dieser
äußersten Teilung der Subtilitäten und Atome die Keime und
Fermente, die sie mit emporheben, untergehen.1 Auch von
den Teilen der Atome wird gesprochen.2 In wärmerer Luft
sinken die Atome des Gases wieder herab und wachsen dadurch
an, sowie die minutulae atomi des Goldes im geschmolzenen
Silber herabsinken.3 Helmont steht auch der Zeit nach bereits
im Übergange zur Korpuskulartheorie.4

5. Hermetische Physik.

Die große Menge der Alchymisten, welche auf die para-
celsischen Grundsubstanzen zurückgehen, darf hier ungenannt
bleiben. Zum größten Teile bewegen sie sich in dem ärgsten
alchymistischen Mysticismus, obwohl einzelne, wie der Franzose
Henri de Rochaz,5 welcher, von dem gelehrten Töpfer Palissy6
und dem Alchymisten Nuysement angeregt, das Wasser als
den Ursprung aller Dinge ansah und Luft und Feuer aus der
Zahl der Elemente ausschloß, auch in der Physik mit selbst-
ständigeren Gedanken hervortreten. Die als Chemiker ver-
dienten Agricola und Libavius kommen als Theoretiker nicht
in Betracht.

Die alchymistische Theorie hat indessen in der ersten
Hälfte des 17. Jahrhunderts so bedeutenden Einfluß gewonnen,
daß sie neben der aristotelischen Physik sich Beachtung zu
verschaffen weiß und von den Erneuerern der Korpuskular-
philosophie als gleichberechtigte Gegnerin bekämpft wird, wie
wir dies an allen Vertretern der letzteren bemerken können,
ganz besonders bei Sennert und Boyle, die ihr eigene pole-
mische Schriften gewidmet haben. Neben der peripatetischen,
der christlischen und der mosaischen (rabbinischen oder kabba-

1 Progymnasma meteori § 7. p. 55
2 A. a. O. § 24. p. 58. Vacuum naturae § 27. p. 71.
3 Gas aque p. 62, u. an and. Stellen.
4 Über Helmonts vermutliche Priorität vgl. S. 333.
5 Sorel, S. 513. -- Morhof, Polyhist. II p. 248.
6 Über Palissy vgl. Sorel S. 470.

Van Helmont: Atome. — Alchymisten.
gungsstoffen, welche in die Höhe steigen, daß sie bei immer
feinerer Verteilung durch die Kälte wieder zur ursprünglichen
Reinheit des elementalen Wassers reduziert werden, und bei dieser
äußersten Teilung der Subtilitäten und Atome die Keime und
Fermente, die sie mit emporheben, untergehen.1 Auch von
den Teilen der Atome wird gesprochen.2 In wärmerer Luft
sinken die Atome des Gases wieder herab und wachsen dadurch
an, sowie die minutulae atomi des Goldes im geschmolzenen
Silber herabsinken.3 Helmont steht auch der Zeit nach bereits
im Übergange zur Korpuskulartheorie.4

5. Hermetische Physik.

Die große Menge der Alchymisten, welche auf die para-
celsischen Grundsubstanzen zurückgehen, darf hier ungenannt
bleiben. Zum größten Teile bewegen sie sich in dem ärgsten
alchymistischen Mysticismus, obwohl einzelne, wie der Franzose
Henri de Rochaz,5 welcher, von dem gelehrten Töpfer Palissy6
und dem Alchymisten Nuysement angeregt, das Wasser als
den Ursprung aller Dinge ansah und Luft und Feuer aus der
Zahl der Elemente ausschloß, auch in der Physik mit selbst-
ständigeren Gedanken hervortreten. Die als Chemiker ver-
dienten Agricola und Libavius kommen als Theoretiker nicht
in Betracht.

Die alchymistische Theorie hat indessen in der ersten
Hälfte des 17. Jahrhunderts so bedeutenden Einfluß gewonnen,
daß sie neben der aristotelischen Physik sich Beachtung zu
verschaffen weiß und von den Erneuerern der Korpuskular-
philosophie als gleichberechtigte Gegnerin bekämpft wird, wie
wir dies an allen Vertretern der letzteren bemerken können,
ganz besonders bei Sennert und Boyle, die ihr eigene pole-
mische Schriften gewidmet haben. Neben der peripatetischen,
der christlischen und der mosaischen (rabbinischen oder kabba-

1 Progymnasma meteori § 7. p. 55
2 A. a. O. § 24. p. 58. Vacuum naturae § 27. p. 71.
3 Gas aque p. 62, u. an and. Stellen.
4 Über Helmonts vermutliche Priorität vgl. S. 333.
5 Sorel, S. 513. — Morhof, Polyhist. II p. 248.
6 Über Palissy vgl. Sorel S. 470.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0369" n="351"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#k">Van Helmont</hi>: Atome. &#x2014; Alchymisten.</fw><lb/>
gungsstoffen, welche in die Höhe steigen, daß sie bei immer<lb/>
feinerer Verteilung durch die Kälte wieder zur ursprünglichen<lb/>
Reinheit des elementalen Wassers reduziert werden, und bei dieser<lb/>
äußersten Teilung der Subtilitäten und Atome die Keime und<lb/>
Fermente, die sie mit emporheben, untergehen.<note place="foot" n="1"><hi rendition="#i">Progymnasma meteori</hi> § 7. p. 55</note> Auch von<lb/>
den Teilen der Atome wird gesprochen.<note place="foot" n="2">A. a. O. § 24. p. 58. <hi rendition="#i">Vacuum naturae</hi> § 27. p. 71.</note> In wärmerer Luft<lb/>
sinken die Atome des Gases wieder herab und wachsen dadurch<lb/>
an, sowie die <hi rendition="#i">minutulae atomi</hi> des Goldes im geschmolzenen<lb/>
Silber herabsinken.<note place="foot" n="3"><hi rendition="#i">Gas aque</hi> p. 62, u. an and. Stellen.</note> <hi rendition="#k">Helmont</hi> steht auch der Zeit nach bereits<lb/>
im Übergange zur Korpuskulartheorie.<note place="foot" n="4">Über <hi rendition="#k">Helmonts</hi> vermutliche Priorität vgl. S. 333.</note></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">5. Hermetische Physik.</hi> </head><lb/>
            <p>Die große Menge der Alchymisten, welche auf die para-<lb/>
celsischen Grundsubstanzen zurückgehen, darf hier ungenannt<lb/>
bleiben. Zum größten Teile bewegen sie sich in dem ärgsten<lb/>
alchymistischen Mysticismus, obwohl einzelne, wie der Franzose<lb/><hi rendition="#k">Henri de Rochaz</hi>,<note place="foot" n="5"><hi rendition="#k">Sorel</hi>, S. 513. &#x2014; <hi rendition="#k">Morhof</hi>, <hi rendition="#i">Polyhist.</hi> II p. 248.</note> welcher, von dem gelehrten Töpfer <hi rendition="#k">Palissy</hi><note place="foot" n="6">Über <hi rendition="#k">Palissy</hi> vgl. <hi rendition="#k">Sorel</hi> S. 470.</note><lb/>
und dem Alchymisten <hi rendition="#k">Nuysement</hi> angeregt, das Wasser als<lb/>
den Ursprung aller Dinge ansah und Luft und Feuer aus der<lb/>
Zahl der Elemente ausschloß, auch in der Physik mit selbst-<lb/>
ständigeren Gedanken hervortreten. Die als Chemiker ver-<lb/>
dienten <hi rendition="#k">Agricola</hi> und <hi rendition="#k">Libavius</hi> kommen als Theoretiker nicht<lb/>
in Betracht.</p><lb/>
            <p>Die alchymistische Theorie hat indessen in der ersten<lb/>
Hälfte des 17. Jahrhunderts so bedeutenden Einfluß gewonnen,<lb/>
daß sie neben der aristotelischen Physik sich Beachtung zu<lb/>
verschaffen weiß und von den Erneuerern der Korpuskular-<lb/>
philosophie als gleichberechtigte Gegnerin bekämpft wird, wie<lb/>
wir dies an allen Vertretern der letzteren bemerken können,<lb/>
ganz besonders bei <hi rendition="#k">Sennert</hi> und <hi rendition="#k">Boyle</hi>, die ihr eigene pole-<lb/>
mische Schriften gewidmet haben. Neben der peripatetischen,<lb/>
der christlischen und der mosaischen (rabbinischen oder kabba-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[351/0369] Van Helmont: Atome. — Alchymisten. gungsstoffen, welche in die Höhe steigen, daß sie bei immer feinerer Verteilung durch die Kälte wieder zur ursprünglichen Reinheit des elementalen Wassers reduziert werden, und bei dieser äußersten Teilung der Subtilitäten und Atome die Keime und Fermente, die sie mit emporheben, untergehen. 1 Auch von den Teilen der Atome wird gesprochen. 2 In wärmerer Luft sinken die Atome des Gases wieder herab und wachsen dadurch an, sowie die minutulae atomi des Goldes im geschmolzenen Silber herabsinken. 3 Helmont steht auch der Zeit nach bereits im Übergange zur Korpuskulartheorie. 4 5. Hermetische Physik. Die große Menge der Alchymisten, welche auf die para- celsischen Grundsubstanzen zurückgehen, darf hier ungenannt bleiben. Zum größten Teile bewegen sie sich in dem ärgsten alchymistischen Mysticismus, obwohl einzelne, wie der Franzose Henri de Rochaz, 5 welcher, von dem gelehrten Töpfer Palissy 6 und dem Alchymisten Nuysement angeregt, das Wasser als den Ursprung aller Dinge ansah und Luft und Feuer aus der Zahl der Elemente ausschloß, auch in der Physik mit selbst- ständigeren Gedanken hervortreten. Die als Chemiker ver- dienten Agricola und Libavius kommen als Theoretiker nicht in Betracht. Die alchymistische Theorie hat indessen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts so bedeutenden Einfluß gewonnen, daß sie neben der aristotelischen Physik sich Beachtung zu verschaffen weiß und von den Erneuerern der Korpuskular- philosophie als gleichberechtigte Gegnerin bekämpft wird, wie wir dies an allen Vertretern der letzteren bemerken können, ganz besonders bei Sennert und Boyle, die ihr eigene pole- mische Schriften gewidmet haben. Neben der peripatetischen, der christlischen und der mosaischen (rabbinischen oder kabba- 1 Progymnasma meteori § 7. p. 55 2 A. a. O. § 24. p. 58. Vacuum naturae § 27. p. 71. 3 Gas aque p. 62, u. an and. Stellen. 4 Über Helmonts vermutliche Priorität vgl. S. 333. 5 Sorel, S. 513. — Morhof, Polyhist. II p. 248. 6 Über Palissy vgl. Sorel S. 470.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/369
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/369>, abgerufen am 22.11.2024.