Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

sie mögen in baarem Gelde oder Emolumenten bestehen, künftig
nicht gestattet würden; nothwendig wäre dann aber auch
unentgeldliche Erb-Regulirung.
"

Und eben so p. 83 von Gumbinnen: "Ein wesentlicher
Uebelstand
ist die auch auf den Grundstücken der Käthner
haftende Last der sogenannten Ausgedinge" u. a. a. O.

Von alledem, was ich über die indirecten Steuern gesagt
habe, wäre nur ein einziger Punkt denkbarerweise angreifbar
gewesen. Und gerade ihn hat der Staatsanwalt wegen gänz-
licher Unbekanntschaft mit der ökonomischen Wissenschaft unan-
gegriffen gelassen.

Jch muß denselben aber dennoch kurz berühren, weil Sie in
dieser Wissenschaft besser bewandert sein dürften, als der Staats-
anwalt und daher leicht von selbst auf diesen Einwurf kommen
könnten.

Dieser Einwurf besteht darin, daß ich auch die Grund-
steuer
zu den indirecten Steuern rechne. Man ist nämlich
sehr lange in der Wissenschaft der Ansicht gewesen, daß die
Grundsteuer eine Steuer von der Rein-Einnahme der
Grundbesitzer,
daß sie eine Grundrentensteuer sei.

Man ist allgemein dieser Ansicht gewesen bis auf Ricardo.

Aber der große Engländer Ricardo hat nachgewiesen, daß
diese Wirkung nur eine solche Grundsteuer haben würde, welche
die Aecker unterster Qualität, die noch von der Nation bebaut
werden, gänzlich steuerfrei läßt, daß dagegen jede
Grundsteuer, welche auch diese Aecker unterster Qualität trifft
-- und dies ist bei uns wie anderwärts der Fall -- gleichviel
zu einem wie niedrigen Satze und wenn sie auch bei den Aeckern
besserer Qualität proportionell steigt, immer wie eine Steuer
auf die Getreideproduktion wirkt und wirken muß, d. h.
von den steuerpflichtigen Grundbesitzern auf den Preis des
Getreides übergewälzt wird.

Jch will nicht, was ein überflüssiger Angriff auf Jhre Zeit
wäre, die Gründe hiervon, die mit innerer Nothwendigkeit in
der ganzen Ricardo'schen Grundrententheorie wurzeln, hier ent-
wickeln. Jch will Jhnen nur zum Beleg Ricardo's eigne Worte
anführen, die ich nach der großen französischen Gesammtausgabe
der Oekonomisten T. XIII. p. 148 citire. Ricardo sagt daselbst
(Cap. 12 über die Grundsteuer) zuvörderst, daß eine Grund-
steuer, welche die bebauten Aecker unterster Güte völlig frei ließe,

ſie mögen in baarem Gelde oder Emolumenten beſtehen, künftig
nicht geſtattet würden; nothwendig wäre dann aber auch
unentgeldliche Erb-Regulirung.

Und eben ſo p. 83 von Gumbinnen: „Ein weſentlicher
Uebelſtand
iſt die auch auf den Grundſtücken der Käthner
haftende Laſt der ſogenannten Ausgedinge“ u. a. a. O.

Von alledem, was ich über die indirecten Steuern geſagt
habe, wäre nur ein einziger Punkt denkbarerweiſe angreifbar
geweſen. Und gerade ihn hat der Staatsanwalt wegen gänz-
licher Unbekanntſchaft mit der ökonomiſchen Wiſſenſchaft unan-
gegriffen gelaſſen.

Jch muß denſelben aber dennoch kurz berühren, weil Sie in
dieſer Wiſſenſchaft beſſer bewandert ſein dürften, als der Staats-
anwalt und daher leicht von ſelbſt auf dieſen Einwurf kommen
könnten.

Dieſer Einwurf beſteht darin, daß ich auch die Grund-
ſteuer
zu den indirecten Steuern rechne. Man iſt nämlich
ſehr lange in der Wiſſenſchaft der Anſicht geweſen, daß die
Grundſteuer eine Steuer von der Rein-Einnahme der
Grundbeſitzer,
daß ſie eine Grundrentenſteuer ſei.

Man iſt allgemein dieſer Anſicht geweſen bis auf Ricardo.

Aber der große Engländer Ricardo hat nachgewieſen, daß
dieſe Wirkung nur eine ſolche Grundſteuer haben würde, welche
die Aecker unterſter Qualität, die noch von der Nation bebaut
werden, gänzlich ſteuerfrei läßt, daß dagegen jede
Grundſteuer, welche auch dieſe Aecker unterſter Qualität trifft
— und dies iſt bei uns wie anderwärts der Fall — gleichviel
zu einem wie niedrigen Satze und wenn ſie auch bei den Aeckern
beſſerer Qualität proportionell ſteigt, immer wie eine Steuer
auf die Getreideproduktion wirkt und wirken muß, d. h.
von den ſteuerpflichtigen Grundbeſitzern auf den Preis des
Getreides übergewälzt wird.

Jch will nicht, was ein überflüſſiger Angriff auf Jhre Zeit
wäre, die Gründe hiervon, die mit innerer Nothwendigkeit in
der ganzen Ricardo’ſchen Grundrententheorie wurzeln, hier ent-
wickeln. Jch will Jhnen nur zum Beleg Ricardo’s eigne Worte
anführen, die ich nach der großen franzöſiſchen Geſammtausgabe
der Oekonomiſten T. XIII. p. 148 citire. Ricardo ſagt daſelbſt
(Cap. 12 über die Grundſteuer) zuvörderſt, daß eine Grund-
ſteuer, welche die bebauten Aecker unterſter Güte völlig frei ließe,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0102" n="96"/>
&#x017F;ie mögen in baarem Gelde oder Emolumenten be&#x017F;tehen, künftig<lb/>
nicht ge&#x017F;tattet würden; <hi rendition="#g">nothwendig wäre dann aber auch<lb/>
unentgeldliche Erb-Regulirung.</hi>&#x201C;</p><lb/>
        <p>Und eben &#x017F;o <hi rendition="#aq">p.</hi> 83 von Gumbinnen: &#x201E;<hi rendition="#g">Ein we&#x017F;entlicher<lb/>
Uebel&#x017F;tand</hi> i&#x017F;t die auch auf den Grund&#x017F;tücken der Käthner<lb/>
haftende La&#x017F;t der &#x017F;ogenannten Ausgedinge&#x201C; u. a. a. O.</p><lb/>
        <p>Von alledem, was ich über die indirecten Steuern ge&#x017F;agt<lb/>
habe, wäre nur ein einziger Punkt denkbarerwei&#x017F;e angreifbar<lb/>
gewe&#x017F;en. Und gerade ihn hat der Staatsanwalt wegen gänz-<lb/>
licher Unbekannt&#x017F;chaft mit der ökonomi&#x017F;chen Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft unan-<lb/>
gegriffen gela&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Jch muß den&#x017F;elben aber dennoch kurz berühren, weil Sie in<lb/>
die&#x017F;er Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft be&#x017F;&#x017F;er bewandert &#x017F;ein dürften, als der Staats-<lb/>
anwalt und daher leicht von &#x017F;elb&#x017F;t auf die&#x017F;en Einwurf kommen<lb/>
könnten.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;er Einwurf be&#x017F;teht darin, daß ich auch die <hi rendition="#g">Grund-<lb/>
&#x017F;teuer</hi> zu den indirecten Steuern rechne. Man i&#x017F;t nämlich<lb/>
&#x017F;ehr lange in der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft der An&#x017F;icht gewe&#x017F;en, daß die<lb/><hi rendition="#g">Grund&#x017F;teuer</hi> eine Steuer von der <hi rendition="#g">Rein-Einnahme der<lb/>
Grundbe&#x017F;itzer,</hi> daß &#x017F;ie eine <hi rendition="#g">Grundrenten&#x017F;teuer</hi> &#x017F;ei.</p><lb/>
        <p>Man i&#x017F;t allgemein die&#x017F;er An&#x017F;icht gewe&#x017F;en bis auf Ricardo.</p><lb/>
        <p>Aber der große Engländer Ricardo hat nachgewie&#x017F;en, daß<lb/>
die&#x017F;e Wirkung nur eine &#x017F;olche Grund&#x017F;teuer haben würde, welche<lb/>
die Aecker unter&#x017F;ter Qualität, die noch von der Nation bebaut<lb/>
werden, <hi rendition="#g">gänzlich &#x017F;teuerfrei läßt,</hi> daß dagegen jede<lb/>
Grund&#x017F;teuer, welche auch die&#x017F;e Aecker unter&#x017F;ter Qualität trifft<lb/>
&#x2014; und dies i&#x017F;t bei uns wie anderwärts der Fall &#x2014; gleichviel<lb/>
zu einem wie niedrigen Satze und wenn &#x017F;ie auch bei den Aeckern<lb/>
be&#x017F;&#x017F;erer Qualität proportionell &#x017F;teigt, immer wie eine Steuer<lb/>
auf die <hi rendition="#g">Getreideproduktion</hi> wirkt und wirken <hi rendition="#g">muß,</hi> d. h.<lb/>
von den &#x017F;teuerpflichtigen Grundbe&#x017F;itzern auf den <hi rendition="#g">Preis</hi> des<lb/>
Getreides übergewälzt wird.</p><lb/>
        <p>Jch will nicht, was ein überflü&#x017F;&#x017F;iger Angriff auf Jhre Zeit<lb/>
wäre, die Gründe hiervon, die mit innerer Nothwendigkeit in<lb/>
der ganzen Ricardo&#x2019;&#x017F;chen Grundrententheorie wurzeln, hier ent-<lb/>
wickeln. Jch will Jhnen nur zum Beleg Ricardo&#x2019;s eigne Worte<lb/>
anführen, die ich nach der großen franzö&#x017F;i&#x017F;chen Ge&#x017F;ammtausgabe<lb/>
der Oekonomi&#x017F;ten <hi rendition="#aq">T. XIII. p.</hi> 148 citire. Ricardo &#x017F;agt da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
(Cap. 12 über die Grund&#x017F;teuer) zuvörder&#x017F;t, daß eine Grund-<lb/>
&#x017F;teuer, welche die bebauten Aecker unter&#x017F;ter Güte völlig frei ließe,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[96/0102] ſie mögen in baarem Gelde oder Emolumenten beſtehen, künftig nicht geſtattet würden; nothwendig wäre dann aber auch unentgeldliche Erb-Regulirung.“ Und eben ſo p. 83 von Gumbinnen: „Ein weſentlicher Uebelſtand iſt die auch auf den Grundſtücken der Käthner haftende Laſt der ſogenannten Ausgedinge“ u. a. a. O. Von alledem, was ich über die indirecten Steuern geſagt habe, wäre nur ein einziger Punkt denkbarerweiſe angreifbar geweſen. Und gerade ihn hat der Staatsanwalt wegen gänz- licher Unbekanntſchaft mit der ökonomiſchen Wiſſenſchaft unan- gegriffen gelaſſen. Jch muß denſelben aber dennoch kurz berühren, weil Sie in dieſer Wiſſenſchaft beſſer bewandert ſein dürften, als der Staats- anwalt und daher leicht von ſelbſt auf dieſen Einwurf kommen könnten. Dieſer Einwurf beſteht darin, daß ich auch die Grund- ſteuer zu den indirecten Steuern rechne. Man iſt nämlich ſehr lange in der Wiſſenſchaft der Anſicht geweſen, daß die Grundſteuer eine Steuer von der Rein-Einnahme der Grundbeſitzer, daß ſie eine Grundrentenſteuer ſei. Man iſt allgemein dieſer Anſicht geweſen bis auf Ricardo. Aber der große Engländer Ricardo hat nachgewieſen, daß dieſe Wirkung nur eine ſolche Grundſteuer haben würde, welche die Aecker unterſter Qualität, die noch von der Nation bebaut werden, gänzlich ſteuerfrei läßt, daß dagegen jede Grundſteuer, welche auch dieſe Aecker unterſter Qualität trifft — und dies iſt bei uns wie anderwärts der Fall — gleichviel zu einem wie niedrigen Satze und wenn ſie auch bei den Aeckern beſſerer Qualität proportionell ſteigt, immer wie eine Steuer auf die Getreideproduktion wirkt und wirken muß, d. h. von den ſteuerpflichtigen Grundbeſitzern auf den Preis des Getreides übergewälzt wird. Jch will nicht, was ein überflüſſiger Angriff auf Jhre Zeit wäre, die Gründe hiervon, die mit innerer Nothwendigkeit in der ganzen Ricardo’ſchen Grundrententheorie wurzeln, hier ent- wickeln. Jch will Jhnen nur zum Beleg Ricardo’s eigne Worte anführen, die ich nach der großen franzöſiſchen Geſammtausgabe der Oekonomiſten T. XIII. p. 148 citire. Ricardo ſagt daſelbſt (Cap. 12 über die Grundſteuer) zuvörderſt, daß eine Grund- ſteuer, welche die bebauten Aecker unterſter Güte völlig frei ließe,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/102
Zitationshilfe: Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/102>, abgerufen am 05.12.2024.