[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.Jahrszeiten? Jst es, so will ich die Früchte meiner Erziehung und Erfahrung während dem traurigen Winter meines Verhängnisses zu meiner moralischen Nah- rung anwenden; und da die Aernte da- von so reich war, dem Armen, dessen kleiner, ungebesserter Boden wenig trug, davon mittheilen was ich kann. Würk- lich hab' ich einen Theil guter Saamen- körner in eine dritte Hand gelegt, um ei- nen magern, dürren Boden anzubauen. Der sanften Freundschaft ist die Pflege anvertraut, und ich werde acht Tage lang die Oberaufsicht haben. Leben Sie wohl! Madam
Jahrszeiten? Jſt es, ſo will ich die Fruͤchte meiner Erziehung und Erfahrung waͤhrend dem traurigen Winter meines Verhaͤngniſſes zu meiner moraliſchen Nah- rung anwenden; und da die Aernte da- von ſo reich war, dem Armen, deſſen kleiner, ungebeſſerter Boden wenig trug, davon mittheilen was ich kann. Wuͤrk- lich hab’ ich einen Theil guter Saamen- koͤrner in eine dritte Hand gelegt, um ei- nen magern, duͤrren Boden anzubauen. Der ſanften Freundſchaft iſt die Pflege anvertraut, und ich werde acht Tage lang die Oberaufſicht haben. Leben Sie wohl! Madam
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len? vielleicht hat unſer Schickſal auch
Jahrszeiten? Jſt es, ſo will ich die
Fruͤchte meiner Erziehung und Erfahrung
waͤhrend dem traurigen Winter meines
Verhaͤngniſſes zu meiner moraliſchen Nah-
rung anwenden; und da die Aernte da-
von ſo reich war, dem Armen, deſſen
kleiner, ungebeſſerter Boden wenig trug,
davon mittheilen was ich kann. Wuͤrk-
lich hab’ ich einen Theil guter Saamen-
koͤrner in eine dritte Hand gelegt, um ei-
nen magern, duͤrren Boden anzubauen.
Der ſanften Freundſchaft iſt die Pflege
anvertraut, und ich werde acht Tage
lang die Oberaufſicht haben. Leben Sie
wohl!
Madam
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