Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Freudengeschrey, und sagte, o mein
Freund, du sollst mit mir kommen, ich
will dich beschützen und belohnen. Wo
ist der Graf Hopton? wie ist dieß zuge-
gangen? -- Rich -- lieber Bruder,
Rich, wir wollen gleich abreisen. -- Jch
versicherte ihn, daß ich eben so begierig
sey, wie er, die Dame selbst zu sehen; er
solle Anstalten zur Reise machen, ich woll-
te indessen mit den Leuten reden. Jch be-
ruhigte sie mit dem Versprach, daß der
Lord sie für ihre Liebe zu der Frau selbst
belohnen würde; denn er habe gar nicht
gerne gehört, daß John so übel mit ihr
umgegangen sey; dabey gab ich ihnen
eine Handvoll Guineen, und fragte sie
nach dem Leben und Bezeugen der Dame.
O Doctor! wie viel Glanz breitete die
einfache abgekürzte Erzählung dieser Leute
über die Tugend meiner Freundinn aus!
Gestern murrte ich über ihr hartes Schick-
sal; und itzt möchte ich der Vorsicht für
das edle Beyspiel danken, welches sie den
übrigen Menschen durch die Prüfung die-
ser großen Seele gegeben hat. Tief,

unaus-

Freudengeſchrey, und ſagte, o mein
Freund, du ſollſt mit mir kommen, ich
will dich beſchuͤtzen und belohnen. Wo
iſt der Graf Hopton? wie iſt dieß zuge-
gangen? — Rich — lieber Bruder,
Rich, wir wollen gleich abreiſen. — Jch
verſicherte ihn, daß ich eben ſo begierig
ſey, wie er, die Dame ſelbſt zu ſehen; er
ſolle Anſtalten zur Reiſe machen, ich woll-
te indeſſen mit den Leuten reden. Jch be-
ruhigte ſie mit dem Verſprach, daß der
Lord ſie fuͤr ihre Liebe zu der Frau ſelbſt
belohnen wuͤrde; denn er habe gar nicht
gerne gehoͤrt, daß John ſo uͤbel mit ihr
umgegangen ſey; dabey gab ich ihnen
eine Handvoll Guineen, und fragte ſie
nach dem Leben und Bezeugen der Dame.
O Doctor! wie viel Glanz breitete die
einfache abgekuͤrzte Erzaͤhlung dieſer Leute
uͤber die Tugend meiner Freundinn aus!
Geſtern murrte ich uͤber ihr hartes Schick-
ſal; und itzt moͤchte ich der Vorſicht fuͤr
das edle Beyſpiel danken, welches ſie den
uͤbrigen Menſchen durch die Pruͤfung die-
ſer großen Seele gegeben hat. Tief,

unaus-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0268" n="262"/>
Freudenge&#x017F;chrey, und &#x017F;agte, o mein<lb/>
Freund, du &#x017F;oll&#x017F;t mit mir kommen, ich<lb/>
will dich be&#x017F;chu&#x0364;tzen und belohnen. Wo<lb/>
i&#x017F;t der Graf Hopton? wie i&#x017F;t dieß zuge-<lb/>
gangen? &#x2014; Rich &#x2014; lieber Bruder,<lb/>
Rich, wir wollen gleich abrei&#x017F;en. &#x2014; Jch<lb/>
ver&#x017F;icherte ihn, daß ich eben &#x017F;o begierig<lb/>
&#x017F;ey, wie er, die Dame &#x017F;elb&#x017F;t zu &#x017F;ehen; er<lb/>
&#x017F;olle An&#x017F;talten zur Rei&#x017F;e machen, ich woll-<lb/>
te inde&#x017F;&#x017F;en mit den Leuten reden. Jch be-<lb/>
ruhigte &#x017F;ie mit dem Ver&#x017F;prach, daß der<lb/>
Lord &#x017F;ie fu&#x0364;r ihre Liebe zu der Frau &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
belohnen wu&#x0364;rde; denn er habe gar nicht<lb/>
gerne geho&#x0364;rt, daß John &#x017F;o u&#x0364;bel mit ihr<lb/>
umgegangen &#x017F;ey; dabey gab ich ihnen<lb/>
eine Handvoll Guineen, und fragte &#x017F;ie<lb/>
nach dem Leben und Bezeugen der Dame.<lb/>
O Doctor! wie viel Glanz breitete die<lb/>
einfache abgeku&#x0364;rzte Erza&#x0364;hlung die&#x017F;er Leute<lb/>
u&#x0364;ber die Tugend meiner Freundinn aus!<lb/>
Ge&#x017F;tern murrte ich u&#x0364;ber ihr hartes Schick-<lb/>
&#x017F;al; und itzt mo&#x0364;chte ich der Vor&#x017F;icht fu&#x0364;r<lb/>
das edle Bey&#x017F;piel danken, welches &#x017F;ie den<lb/>
u&#x0364;brigen Men&#x017F;chen durch die Pru&#x0364;fung die-<lb/>
&#x017F;er großen Seele gegeben hat. Tief,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">unaus-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0268] Freudengeſchrey, und ſagte, o mein Freund, du ſollſt mit mir kommen, ich will dich beſchuͤtzen und belohnen. Wo iſt der Graf Hopton? wie iſt dieß zuge- gangen? — Rich — lieber Bruder, Rich, wir wollen gleich abreiſen. — Jch verſicherte ihn, daß ich eben ſo begierig ſey, wie er, die Dame ſelbſt zu ſehen; er ſolle Anſtalten zur Reiſe machen, ich woll- te indeſſen mit den Leuten reden. Jch be- ruhigte ſie mit dem Verſprach, daß der Lord ſie fuͤr ihre Liebe zu der Frau ſelbſt belohnen wuͤrde; denn er habe gar nicht gerne gehoͤrt, daß John ſo uͤbel mit ihr umgegangen ſey; dabey gab ich ihnen eine Handvoll Guineen, und fragte ſie nach dem Leben und Bezeugen der Dame. O Doctor! wie viel Glanz breitete die einfache abgekuͤrzte Erzaͤhlung dieſer Leute uͤber die Tugend meiner Freundinn aus! Geſtern murrte ich uͤber ihr hartes Schick- ſal; und itzt moͤchte ich der Vorſicht fuͤr das edle Beyſpiel danken, welches ſie den uͤbrigen Menſchen durch die Pruͤfung die- ſer großen Seele gegeben hat. Tief, unaus-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/268
Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/268>, abgerufen am 22.11.2024.