Verbindung; machen Sie Jhrer gefun- denen Mutter die Freude, in Jhnen und dem Lord Rich die ächten Bildnisse männ- licher und weiblicher Tugend vereint zu sehen.
So nahe drang die theure Lady in mich. Jch legte meinen Kopf auf ihre Hand, die ich küßte, und mit den zärt- lichsten Thränen benetzte; es war in mei- ner Seele, als ob ich den Widerhall der Stimme meiner geliebten zärtlichen Mut- ter gehört hätte. Ach, diese Tugenden waren das Band ihrer Ehe! Wie un- gleich hatte ich gewählt! Die Verdienste des Lord Rich konnten Sie an die Seite der vortreflichen Eigenschaften meines Va- ters setzen; mein Glück wäre wie das ih- rige gewesen; aber meine Verwicklung, meine unselige Verwicklung! -- O, Emi- lia, schreiben Sie mir bald, recht bald Jhre Gedanken. -- Aber ich kann nicht mehr lieben; ich kann mich nicht mehr verschenken; ja die zärtliche Achtung selbst, welche ich für den Lord Rich habe, em- pört sich wider diesen Gedanken; Mein
Schick-
Verbindung; machen Sie Jhrer gefun- denen Mutter die Freude, in Jhnen und dem Lord Rich die aͤchten Bildniſſe maͤnn- licher und weiblicher Tugend vereint zu ſehen.
So nahe drang die theure Lady in mich. Jch legte meinen Kopf auf ihre Hand, die ich kuͤßte, und mit den zaͤrt- lichſten Thraͤnen benetzte; es war in mei- ner Seele, als ob ich den Widerhall der Stimme meiner geliebten zaͤrtlichen Mut- ter gehoͤrt haͤtte. Ach, dieſe Tugenden waren das Band ihrer Ehe! Wie un- gleich hatte ich gewaͤhlt! Die Verdienſte des Lord Rich konnten Sie an die Seite der vortreflichen Eigenſchaften meines Va- ters ſetzen; mein Gluͤck waͤre wie das ih- rige geweſen; aber meine Verwicklung, meine unſelige Verwicklung! — O, Emi- lia, ſchreiben Sie mir bald, recht bald Jhre Gedanken. — Aber ich kann nicht mehr lieben; ich kann mich nicht mehr verſchenken; ja die zaͤrtliche Achtung ſelbſt, welche ich fuͤr den Lord Rich habe, em- poͤrt ſich wider dieſen Gedanken; Mein
Schick-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0190"n="184"/>
Verbindung; machen Sie Jhrer gefun-<lb/>
denen Mutter die Freude, in Jhnen und<lb/>
dem Lord Rich die aͤchten Bildniſſe maͤnn-<lb/>
licher und weiblicher Tugend vereint zu<lb/>ſehen.</p><lb/><p>So nahe drang die theure Lady in<lb/>
mich. Jch legte meinen Kopf auf ihre<lb/>
Hand, die ich kuͤßte, und mit den zaͤrt-<lb/>
lichſten Thraͤnen benetzte; es war in mei-<lb/>
ner Seele, als ob ich den Widerhall der<lb/>
Stimme meiner geliebten zaͤrtlichen Mut-<lb/>
ter gehoͤrt haͤtte. Ach, dieſe Tugenden<lb/>
waren das Band ihrer Ehe! Wie un-<lb/>
gleich hatte ich gewaͤhlt! Die Verdienſte<lb/>
des Lord Rich konnten Sie an die Seite<lb/>
der vortreflichen Eigenſchaften meines Va-<lb/>
ters ſetzen; mein Gluͤck waͤre wie das ih-<lb/>
rige geweſen; aber meine Verwicklung,<lb/>
meine unſelige Verwicklung! — O, Emi-<lb/>
lia, ſchreiben Sie mir bald, recht bald<lb/>
Jhre Gedanken. — Aber ich kann nicht<lb/>
mehr lieben; ich kann mich nicht mehr<lb/>
verſchenken; ja die zaͤrtliche Achtung ſelbſt,<lb/>
welche ich fuͤr den Lord Rich habe, em-<lb/>
poͤrt ſich wider dieſen Gedanken; Mein<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Schick-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[184/0190]
Verbindung; machen Sie Jhrer gefun-
denen Mutter die Freude, in Jhnen und
dem Lord Rich die aͤchten Bildniſſe maͤnn-
licher und weiblicher Tugend vereint zu
ſehen.
So nahe drang die theure Lady in
mich. Jch legte meinen Kopf auf ihre
Hand, die ich kuͤßte, und mit den zaͤrt-
lichſten Thraͤnen benetzte; es war in mei-
ner Seele, als ob ich den Widerhall der
Stimme meiner geliebten zaͤrtlichen Mut-
ter gehoͤrt haͤtte. Ach, dieſe Tugenden
waren das Band ihrer Ehe! Wie un-
gleich hatte ich gewaͤhlt! Die Verdienſte
des Lord Rich konnten Sie an die Seite
der vortreflichen Eigenſchaften meines Va-
ters ſetzen; mein Gluͤck waͤre wie das ih-
rige geweſen; aber meine Verwicklung,
meine unſelige Verwicklung! — O, Emi-
lia, ſchreiben Sie mir bald, recht bald
Jhre Gedanken. — Aber ich kann nicht
mehr lieben; ich kann mich nicht mehr
verſchenken; ja die zaͤrtliche Achtung ſelbſt,
welche ich fuͤr den Lord Rich habe, em-
poͤrt ſich wider dieſen Gedanken; Mein
Schick-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/190>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.