der edelsten Neigung ansehen mußte; Jch gestund auch, daß sie eine Rückgabe ver- dienten; aber da sie bey allem, was ich von meinen freundschaftlichen Gegenge- sinnungen sagte, immer den Kopf schüt- telte, und mehr für den Lord foderte: so versicherte ich sie, daß es unmöglich sey, daß Lord Rich mehr von mir wün- schen könnte, da er bey seiner schönen Griechinn alles fände, was die Liebe bey- tragen könne, ihn glücklich zu machen. Sie schwieg freundlich, und ließ mich nicht merken, sie dächte das einzige Hin- derniß meiner Verbindung mit Lord Rich entdeckt zu haben. Dieser war auch ei- nige Tage still von seiner Liebe und sehr munter, besonders an dem, wo er mit dem ruhigsten und ungezwungensten Ton von der Heurath und Abreise seiner Assy redte. Jch war betroffen, und fürchtete mich vor dem Erbtheil seines ganzen Her- zens, welches ihm ihre Heurath rückfällig machte; Er sage mir nichts, die Lady aber desto mehr. "Warum, liebste Lady, "wollen Sie Jhre angenommene Tochter
"von
der edelſten Neigung anſehen mußte; Jch geſtund auch, daß ſie eine Ruͤckgabe ver- dienten; aber da ſie bey allem, was ich von meinen freundſchaftlichen Gegenge- ſinnungen ſagte, immer den Kopf ſchuͤt- telte, und mehr fuͤr den Lord foderte: ſo verſicherte ich ſie, daß es unmoͤglich ſey, daß Lord Rich mehr von mir wuͤn- ſchen koͤnnte, da er bey ſeiner ſchoͤnen Griechinn alles faͤnde, was die Liebe bey- tragen koͤnne, ihn gluͤcklich zu machen. Sie ſchwieg freundlich, und ließ mich nicht merken, ſie daͤchte das einzige Hin- derniß meiner Verbindung mit Lord Rich entdeckt zu haben. Dieſer war auch ei- nige Tage ſtill von ſeiner Liebe und ſehr munter, beſonders an dem, wo er mit dem ruhigſten und ungezwungenſten Ton von der Heurath und Abreiſe ſeiner Aſſy redte. Jch war betroffen, und fuͤrchtete mich vor dem Erbtheil ſeines ganzen Her- zens, welches ihm ihre Heurath ruͤckfaͤllig machte; Er ſage mir nichts, die Lady aber deſto mehr. „Warum, liebſte Lady, „wollen Sie Jhre angenommene Tochter
„von
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0188"n="182"/>
der edelſten Neigung anſehen mußte; Jch<lb/>
geſtund auch, daß ſie eine Ruͤckgabe ver-<lb/>
dienten; aber da ſie bey allem, was ich<lb/>
von meinen freundſchaftlichen Gegenge-<lb/>ſinnungen ſagte, immer den Kopf ſchuͤt-<lb/>
telte, und mehr fuͤr den Lord foderte:<lb/>ſo verſicherte ich ſie, daß es unmoͤglich<lb/>ſey, daß Lord Rich mehr von mir wuͤn-<lb/>ſchen koͤnnte, da er bey ſeiner ſchoͤnen<lb/>
Griechinn alles faͤnde, was die Liebe bey-<lb/>
tragen koͤnne, ihn gluͤcklich zu machen.<lb/>
Sie ſchwieg freundlich, und ließ mich<lb/>
nicht merken, ſie daͤchte das einzige Hin-<lb/>
derniß meiner Verbindung mit Lord Rich<lb/>
entdeckt zu haben. Dieſer war auch ei-<lb/>
nige Tage ſtill von ſeiner Liebe und ſehr<lb/>
munter, beſonders an dem, wo er mit<lb/>
dem ruhigſten und ungezwungenſten Ton<lb/>
von der Heurath und Abreiſe ſeiner Aſſy<lb/>
redte. Jch war betroffen, und fuͤrchtete<lb/>
mich vor dem Erbtheil ſeines ganzen Her-<lb/>
zens, welches ihm ihre Heurath ruͤckfaͤllig<lb/>
machte; Er ſage mir nichts, die Lady<lb/>
aber deſto mehr. „Warum, liebſte Lady,<lb/>„wollen Sie Jhre angenommene Tochter<lb/><fwplace="bottom"type="catch">„von</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[182/0188]
der edelſten Neigung anſehen mußte; Jch
geſtund auch, daß ſie eine Ruͤckgabe ver-
dienten; aber da ſie bey allem, was ich
von meinen freundſchaftlichen Gegenge-
ſinnungen ſagte, immer den Kopf ſchuͤt-
telte, und mehr fuͤr den Lord foderte:
ſo verſicherte ich ſie, daß es unmoͤglich
ſey, daß Lord Rich mehr von mir wuͤn-
ſchen koͤnnte, da er bey ſeiner ſchoͤnen
Griechinn alles faͤnde, was die Liebe bey-
tragen koͤnne, ihn gluͤcklich zu machen.
Sie ſchwieg freundlich, und ließ mich
nicht merken, ſie daͤchte das einzige Hin-
derniß meiner Verbindung mit Lord Rich
entdeckt zu haben. Dieſer war auch ei-
nige Tage ſtill von ſeiner Liebe und ſehr
munter, beſonders an dem, wo er mit
dem ruhigſten und ungezwungenſten Ton
von der Heurath und Abreiſe ſeiner Aſſy
redte. Jch war betroffen, und fuͤrchtete
mich vor dem Erbtheil ſeines ganzen Her-
zens, welches ihm ihre Heurath ruͤckfaͤllig
machte; Er ſage mir nichts, die Lady
aber deſto mehr. „Warum, liebſte Lady,
„wollen Sie Jhre angenommene Tochter
„von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/188>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.