Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

der edelsten Neigung ansehen mußte; Jch
gestund auch, daß sie eine Rückgabe ver-
dienten; aber da sie bey allem, was ich
von meinen freundschaftlichen Gegenge-
sinnungen sagte, immer den Kopf schüt-
telte, und mehr für den Lord foderte:
so versicherte ich sie, daß es unmöglich
sey, daß Lord Rich mehr von mir wün-
schen könnte, da er bey seiner schönen
Griechinn alles fände, was die Liebe bey-
tragen könne, ihn glücklich zu machen.
Sie schwieg freundlich, und ließ mich
nicht merken, sie dächte das einzige Hin-
derniß meiner Verbindung mit Lord Rich
entdeckt zu haben. Dieser war auch ei-
nige Tage still von seiner Liebe und sehr
munter, besonders an dem, wo er mit
dem ruhigsten und ungezwungensten Ton
von der Heurath und Abreise seiner Assy
redte. Jch war betroffen, und fürchtete
mich vor dem Erbtheil seines ganzen Her-
zens, welches ihm ihre Heurath rückfällig
machte; Er sage mir nichts, die Lady
aber desto mehr. "Warum, liebste Lady,
"wollen Sie Jhre angenommene Tochter

"von

der edelſten Neigung anſehen mußte; Jch
geſtund auch, daß ſie eine Ruͤckgabe ver-
dienten; aber da ſie bey allem, was ich
von meinen freundſchaftlichen Gegenge-
ſinnungen ſagte, immer den Kopf ſchuͤt-
telte, und mehr fuͤr den Lord foderte:
ſo verſicherte ich ſie, daß es unmoͤglich
ſey, daß Lord Rich mehr von mir wuͤn-
ſchen koͤnnte, da er bey ſeiner ſchoͤnen
Griechinn alles faͤnde, was die Liebe bey-
tragen koͤnne, ihn gluͤcklich zu machen.
Sie ſchwieg freundlich, und ließ mich
nicht merken, ſie daͤchte das einzige Hin-
derniß meiner Verbindung mit Lord Rich
entdeckt zu haben. Dieſer war auch ei-
nige Tage ſtill von ſeiner Liebe und ſehr
munter, beſonders an dem, wo er mit
dem ruhigſten und ungezwungenſten Ton
von der Heurath und Abreiſe ſeiner Aſſy
redte. Jch war betroffen, und fuͤrchtete
mich vor dem Erbtheil ſeines ganzen Her-
zens, welches ihm ihre Heurath ruͤckfaͤllig
machte; Er ſage mir nichts, die Lady
aber deſto mehr. „Warum, liebſte Lady,
„wollen Sie Jhre angenommene Tochter

„von
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0188" n="182"/>
der edel&#x017F;ten Neigung an&#x017F;ehen mußte; Jch<lb/>
ge&#x017F;tund auch, daß &#x017F;ie eine Ru&#x0364;ckgabe ver-<lb/>
dienten; aber da &#x017F;ie bey allem, was ich<lb/>
von meinen freund&#x017F;chaftlichen Gegenge-<lb/>
&#x017F;innungen &#x017F;agte, immer den Kopf &#x017F;chu&#x0364;t-<lb/>
telte, und mehr fu&#x0364;r den Lord foderte:<lb/>
&#x017F;o ver&#x017F;icherte ich &#x017F;ie, daß es unmo&#x0364;glich<lb/>
&#x017F;ey, daß Lord Rich mehr von mir wu&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;chen ko&#x0364;nnte, da er bey &#x017F;einer &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/>
Griechinn alles fa&#x0364;nde, was die Liebe bey-<lb/>
tragen ko&#x0364;nne, ihn glu&#x0364;cklich zu machen.<lb/>
Sie &#x017F;chwieg freundlich, und ließ mich<lb/>
nicht merken, &#x017F;ie da&#x0364;chte das einzige Hin-<lb/>
derniß meiner Verbindung mit Lord Rich<lb/>
entdeckt zu haben. Die&#x017F;er war auch ei-<lb/>
nige Tage &#x017F;till von &#x017F;einer Liebe und &#x017F;ehr<lb/>
munter, be&#x017F;onders an dem, wo er mit<lb/>
dem ruhig&#x017F;ten und ungezwungen&#x017F;ten Ton<lb/>
von der Heurath und Abrei&#x017F;e &#x017F;einer A&#x017F;&#x017F;y<lb/>
redte. Jch war betroffen, und fu&#x0364;rchtete<lb/>
mich vor dem Erbtheil &#x017F;eines ganzen Her-<lb/>
zens, welches ihm ihre Heurath ru&#x0364;ckfa&#x0364;llig<lb/>
machte; Er &#x017F;age mir nichts, die Lady<lb/>
aber de&#x017F;to mehr. &#x201E;Warum, lieb&#x017F;te Lady,<lb/>
&#x201E;wollen Sie Jhre angenommene Tochter<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;von</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0188] der edelſten Neigung anſehen mußte; Jch geſtund auch, daß ſie eine Ruͤckgabe ver- dienten; aber da ſie bey allem, was ich von meinen freundſchaftlichen Gegenge- ſinnungen ſagte, immer den Kopf ſchuͤt- telte, und mehr fuͤr den Lord foderte: ſo verſicherte ich ſie, daß es unmoͤglich ſey, daß Lord Rich mehr von mir wuͤn- ſchen koͤnnte, da er bey ſeiner ſchoͤnen Griechinn alles faͤnde, was die Liebe bey- tragen koͤnne, ihn gluͤcklich zu machen. Sie ſchwieg freundlich, und ließ mich nicht merken, ſie daͤchte das einzige Hin- derniß meiner Verbindung mit Lord Rich entdeckt zu haben. Dieſer war auch ei- nige Tage ſtill von ſeiner Liebe und ſehr munter, beſonders an dem, wo er mit dem ruhigſten und ungezwungenſten Ton von der Heurath und Abreiſe ſeiner Aſſy redte. Jch war betroffen, und fuͤrchtete mich vor dem Erbtheil ſeines ganzen Her- zens, welches ihm ihre Heurath ruͤckfaͤllig machte; Er ſage mir nichts, die Lady aber deſto mehr. „Warum, liebſte Lady, „wollen Sie Jhre angenommene Tochter „von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/188
Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/188>, abgerufen am 03.05.2024.