[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.be mir die Naturhistorie von England dazu genommen, und hievon reden wir in den Spaziergängen mit des Pfarrers Familie, weil seine Frau und zwo Töch- ter sehr vernünftig sind, und ich meine Lieblingskenntnisse gern vermehre und aus- breite. Jch bin wohl, und genieße einer sanften Zufriedenheit, die aber eher einer Beruhigung, als einem Vergnügen glei- chet, indem ich die eifrige Geschäfftigkeit nicht in mir fühle, welche sonst meine Empfindungen und Gedanken beherrschte. Vielleicht hat mich der Hauch der sanften Schwermuth getroffen, welche die besten Seelen der brittischen Welt beherrschet, und die lebhaften Farben des Charak- ters wie mit einem feinen Duft überzieht. Jch habe meine Laute und meine Stimme wieder hervorgesucht; beyde sind mir un- schätzbar, wenn ich bey meinem Singen, meine Lady mir einen Kuß zuwerfen, oder bey einem wohlgespielten Adagio ihre Hän- de falten sehe. Aber urtheilen Sie über- haupt, wie stark meine Liebe zu England seyn
be mir die Naturhiſtorie von England dazu genommen, und hievon reden wir in den Spaziergaͤngen mit des Pfarrers Familie, weil ſeine Frau und zwo Toͤch- ter ſehr vernuͤnftig ſind, und ich meine Lieblingskenntniſſe gern vermehre und aus- breite. Jch bin wohl, und genieße einer ſanften Zufriedenheit, die aber eher einer Beruhigung, als einem Vergnuͤgen glei- chet, indem ich die eifrige Geſchaͤfftigkeit nicht in mir fuͤhle, welche ſonſt meine Empfindungen und Gedanken beherrſchte. Vielleicht hat mich der Hauch der ſanften Schwermuth getroffen, welche die beſten Seelen der brittiſchen Welt beherrſchet, und die lebhaften Farben des Charak- ters wie mit einem feinen Duft uͤberzieht. Jch habe meine Laute und meine Stimme wieder hervorgeſucht; beyde ſind mir un- ſchaͤtzbar, wenn ich bey meinem Singen, meine Lady mir einen Kuß zuwerfen, oder bey einem wohlgeſpielten Adagio ihre Haͤn- de falten ſehe. Aber urtheilen Sie uͤber- haupt, wie ſtark meine Liebe zu England ſeyn
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beſten engliſchen Prediger aus. Jch ha-
be mir die Naturhiſtorie von England
dazu genommen, und hievon reden wir
in den Spaziergaͤngen mit des Pfarrers
Familie, weil ſeine Frau und zwo Toͤch-
ter ſehr vernuͤnftig ſind, und ich meine
Lieblingskenntniſſe gern vermehre und aus-
breite. Jch bin wohl, und genieße einer
ſanften Zufriedenheit, die aber eher einer
Beruhigung, als einem Vergnuͤgen glei-
chet, indem ich die eifrige Geſchaͤfftigkeit
nicht in mir fuͤhle, welche ſonſt meine
Empfindungen und Gedanken beherrſchte.
Vielleicht hat mich der Hauch der ſanften
Schwermuth getroffen, welche die beſten
Seelen der brittiſchen Welt beherrſchet,
und die lebhaften Farben des Charak-
ters wie mit einem feinen Duft uͤberzieht.
Jch habe meine Laute und meine Stimme
wieder hervorgeſucht; beyde ſind mir un-
ſchaͤtzbar, wenn ich bey meinem Singen,
meine Lady mir einen Kuß zuwerfen, oder
bey einem wohlgeſpielten Adagio ihre Haͤn-
de falten ſehe. Aber urtheilen Sie uͤber-
haupt, wie ſtark meine Liebe zu England
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Zitationshilfe: | [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/162>, abgerufen am 19.07.2024. |