[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.sucht hätte, als Hofmeisterinn junger Frauenzimmer zu erscheinen, als eine Leh- rerin von angehenden Dienstmädchen ab- zugeben? Jch sagte ihr: weil ich in Verglei- "Sie reden von Kenntnissen; soll ich Gott bewahre Sie vor diesem Gedanken, halten
ſucht haͤtte, als Hofmeiſterinn junger Frauenzimmer zu erſcheinen, als eine Leh- rerin von angehenden Dienſtmaͤdchen ab- zugeben? Jch ſagte ihr: weil ich in Verglei- „Sie reden von Kenntniſſen; ſoll ich Gott bewahre Sie vor dieſem Gedanken, halten
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wollte wiſſen: warum ich nicht lieber ge-
ſucht haͤtte, als Hofmeiſterinn junger
Frauenzimmer zu erſcheinen, als eine Leh-
rerin von angehenden Dienſtmaͤdchen ab-
zugeben?
Jch ſagte ihr: weil ich in Verglei-
chung des Antheils von Gluͤckſeligkeit, ſo
jedem Stande zugemeſſen wurde, den von
der niedrigen Gattung ſo klein, und un-
vollſtaͤndig gefunden, daß ich mich freute
etwas dazuzuſetzen. Die Großen und
Mittlern haben muͤndlichen und ſchriftli-
chen Unterricht neben allen Vortheilen des
Reichthums und Anſehens; und die ge-
ringe, ſo nuͤtzliche Claſſe bekoͤmmt kaum
den Abfall des Ueberfluſſes von Kenntniſ-
ſen und Wohlergehen.
„Sie reden von Kenntniſſen; ſoll ich
„ſuchen meine junge Frauenzimmer ge-
„lehrt zu machen?
Gott bewahre Sie vor dieſem Gedanken,
der unter tauſend Frauenzimmern des Pri-
vatſtandes kaum bey Einer mit ihren Um-
ſtaͤnden paßt! Nein, liebe Madam C —
halten
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Zitationshilfe: | [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/148>, abgerufen am 16.02.2025. |