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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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"Jn jedem; denn Liebe und Glückselig-
"keit sind der unverzehrbare Stoff, wor-
"aus unsere Herzen gebauet sind. *)

"Jeder hat aber auch eine eigne Jdee
"von der Glückseligkeit; ich könnte also
"bey meiner zwoten Wahl, wieder just
"das Herz treffen, dessen Begriffe von
"Glückseligkeit nicht mit meinem Cha-
"rakter übereinstimmten, und da ver-
"löhren wir beyde.

"Jhre Ausflucht ist fein, aber nicht
"richtig. Zehn Jahre, welche zwischen
"der ersten und letzten Wahl stehen, ha-
"ben durch viele Erfahrungen Jhren Ein-
"sichten die Kraft gegeben, die Verschie-
"denheit der Personen und Umstände zu
"beurtheilen, und besonders die Gewalt
"zu bemerken, mit welcher die letztere

"Sie
*) Der ziemlich ins Preciöse fallende und von
der gewöhnlichen schönen Simplicität unsrer
Sternheim so stark abstechende Styl dieses
Dialogen scheint zu beweisen, daß sie bey
dieser Unterredung mit Frau von C. nicht
recht a son aise war.

„Jn jedem; denn Liebe und Gluͤckſelig-
„keit ſind der unverzehrbare Stoff, wor-
„aus unſere Herzen gebauet ſind. *)

„Jeder hat aber auch eine eigne Jdee
„von der Gluͤckſeligkeit; ich koͤnnte alſo
„bey meiner zwoten Wahl, wieder juſt
„das Herz treffen, deſſen Begriffe von
„Gluͤckſeligkeit nicht mit meinem Cha-
„rakter uͤbereinſtimmten, und da ver-
„loͤhren wir beyde.

„Jhre Ausflucht iſt fein, aber nicht
„richtig. Zehn Jahre, welche zwiſchen
„der erſten und letzten Wahl ſtehen, ha-
„ben durch viele Erfahrungen Jhren Ein-
„ſichten die Kraft gegeben, die Verſchie-
„denheit der Perſonen und Umſtaͤnde zu
„beurtheilen, und beſonders die Gewalt
„zu bemerken, mit welcher die letztere

„Sie
*) Der ziemlich ins Precioͤſe fallende und von
der gewoͤhnlichen ſchoͤnen Simplicitaͤt unſrer
Sternheim ſo ſtark abſtechende Styl dieſes
Dialogen ſcheint zu beweiſen, daß ſie bey
dieſer Unterredung mit Frau von C. nicht
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[108/0114] „Jn jedem; denn Liebe und Gluͤckſelig- „keit ſind der unverzehrbare Stoff, wor- „aus unſere Herzen gebauet ſind. *) „Jeder hat aber auch eine eigne Jdee „von der Gluͤckſeligkeit; ich koͤnnte alſo „bey meiner zwoten Wahl, wieder juſt „das Herz treffen, deſſen Begriffe von „Gluͤckſeligkeit nicht mit meinem Cha- „rakter uͤbereinſtimmten, und da ver- „loͤhren wir beyde. „Jhre Ausflucht iſt fein, aber nicht „richtig. Zehn Jahre, welche zwiſchen „der erſten und letzten Wahl ſtehen, ha- „ben durch viele Erfahrungen Jhren Ein- „ſichten die Kraft gegeben, die Verſchie- „denheit der Perſonen und Umſtaͤnde zu „beurtheilen, und beſonders die Gewalt „zu bemerken, mit welcher die letztere „Sie *) Der ziemlich ins Precioͤſe fallende und von der gewoͤhnlichen ſchoͤnen Simplicitaͤt unſrer Sternheim ſo ſtark abſtechende Styl dieſes Dialogen ſcheint zu beweiſen, daß ſie bey dieſer Unterredung mit Frau von C. nicht recht à ſon aiſe war.

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/114>, abgerufen am 04.05.2024.