bohren worden, die ich itzt besitze, so wä- re vielleicht mein Eifer, mir einen Nah- men zu machen, nicht so groß gewesen. Was ich aber in dem Schicksal meiner verfloßnen Jahre am meisten liebe, ist der Vater, den es mir gab; weil es gewiß in andern Umständen keinen so treuen und weisen Führer meiner Jugend gehabt hät- te, als er für mich war. Er verbarg mir aus weiser Ueberlegung und Kenntniß meines Gemüths, (vielleicht des ganzen menschlichen Herzens überhaupt) den größ- ten Theil seines Reichthums; einmal um der Nachlässigkeit vorzubeugen, mit wel- cher einzige und reiche Söhne den Wissen- schaften obliegen; und dann die Verfüh- rung zu vermeiden, denen diese Art jun- ger Leute ausgesetzt ist; und weil er dach- te, wann ich einmal die Kräfte meiner Seele, für mich und Andere, wohl zu ge- brauchen gelernt hätte, so würde ich einst auch von den Glücksgüthern einen klu- gen und edeln Gebrauch zu machen wissen. Daher suchte mich mein Vater zuerst, durch Tugend und Kenntnisse, moralisch gut
und
bohren worden, die ich itzt beſitze, ſo waͤ- re vielleicht mein Eifer, mir einen Nah- men zu machen, nicht ſo groß geweſen. Was ich aber in dem Schickſal meiner verfloßnen Jahre am meiſten liebe, iſt der Vater, den es mir gab; weil es gewiß in andern Umſtaͤnden keinen ſo treuen und weiſen Fuͤhrer meiner Jugend gehabt haͤt- te, als er fuͤr mich war. Er verbarg mir aus weiſer Ueberlegung und Kenntniß meines Gemuͤths, (vielleicht des ganzen menſchlichen Herzens uͤberhaupt) den groͤß- ten Theil ſeines Reichthums; einmal um der Nachlaͤſſigkeit vorzubeugen, mit wel- cher einzige und reiche Soͤhne den Wiſſen- ſchaften obliegen; und dann die Verfuͤh- rung zu vermeiden, denen dieſe Art jun- ger Leute ausgeſetzt iſt; und weil er dach- te, wann ich einmal die Kraͤfte meiner Seele, fuͤr mich und Andere, wohl zu ge- brauchen gelernt haͤtte, ſo wuͤrde ich einſt auch von den Gluͤcksguͤthern einen klu- gen und edeln Gebrauch zu machen wiſſen. Daher ſuchte mich mein Vater zuerſt, durch Tugend und Kenntniſſe, moraliſch gut
und
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bohren worden, die ich itzt beſitze, ſo waͤ-
re vielleicht mein Eifer, mir einen Nah-
men zu machen, nicht ſo groß geweſen.
Was ich aber in dem Schickſal meiner
verfloßnen Jahre am meiſten liebe, iſt der
Vater, den es mir gab; weil es gewiß in
andern Umſtaͤnden keinen ſo treuen und
weiſen Fuͤhrer meiner Jugend gehabt haͤt-
te, als er fuͤr mich war. Er verbarg
mir aus weiſer Ueberlegung und Kenntniß
meines Gemuͤths, (vielleicht des ganzen
menſchlichen Herzens uͤberhaupt) den groͤß-
ten Theil ſeines Reichthums; einmal um
der Nachlaͤſſigkeit vorzubeugen, mit wel-
cher einzige und reiche Soͤhne den Wiſſen-
ſchaften obliegen; und dann die Verfuͤh-
rung zu vermeiden, denen dieſe Art jun-
ger Leute ausgeſetzt iſt; und weil er dach-
te, wann ich einmal die Kraͤfte meiner
Seele, fuͤr mich und Andere, wohl zu ge-
brauchen gelernt haͤtte, ſo wuͤrde ich einſt
auch von den Gluͤcksguͤthern einen klu-
gen und edeln Gebrauch zu machen wiſſen.
Daher ſuchte mich mein Vater zuerſt, durch
Tugend und Kenntniſſe, moraliſch gut
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/69>, abgerufen am 24.11.2024.
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