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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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meinen Verstand so weit erhalten, daß sie
eine Zeichnung zu sich nahm, die ich wäh-
render Erzählung von einem Garten in
England machte. Sie sagte dabey zu
Fräulein R. "Dieses Papier will ich zu
"einem Beweis aufheben, daß es Cava-
"liere giebt, die zu ihrem Nutzen, und
"zum Vergnügen ihrer Freunde reisen."
Dieß ist ein wichtiger Schritt, der mich
weit genug führen wird. Keine lächer-
liche Grimasse, dummer Junge, daß du
mich über diese Kleinigkeit froh siehst,
da ich es sonst kaum über den ganzen Sieg
war; ich sage dir, das Mädchen ist aus-
serordentlich. Aus ihren Fragen bemerk-
te ich eine vorzügliche Neigung für Eng-
land, die mir ohne meine Bemühung von
selbst Dienste thun wird. Jch redete ver-
gnügt und ruhig fort; denn da sie durch
die gleichgültigen Gegenstände unserer Un-
terredung zufrieden und vertraut wurde,
so hütete ich mich sehr, meine Liebe, und
eine besondere Aufmerksamkeit zu entdecken.
Aber bald wäre ich aus meiner Fassung
gerathen, weil ich eine Veränderung der

Stimme

meinen Verſtand ſo weit erhalten, daß ſie
eine Zeichnung zu ſich nahm, die ich waͤh-
render Erzaͤhlung von einem Garten in
England machte. Sie ſagte dabey zu
Fraͤulein R. „Dieſes Papier will ich zu
„einem Beweis aufheben, daß es Cava-
„liere giebt, die zu ihrem Nutzen, und
„zum Vergnuͤgen ihrer Freunde reiſen.“
Dieß iſt ein wichtiger Schritt, der mich
weit genug fuͤhren wird. Keine laͤcher-
liche Grimaſſe, dummer Junge, daß du
mich uͤber dieſe Kleinigkeit froh ſiehſt,
da ich es ſonſt kaum uͤber den ganzen Sieg
war; ich ſage dir, das Maͤdchen iſt auſ-
ſerordentlich. Aus ihren Fragen bemerk-
te ich eine vorzuͤgliche Neigung fuͤr Eng-
land, die mir ohne meine Bemuͤhung von
ſelbſt Dienſte thun wird. Jch redete ver-
gnuͤgt und ruhig fort; denn da ſie durch
die gleichguͤltigen Gegenſtaͤnde unſerer Un-
terredung zufrieden und vertraut wurde,
ſo huͤtete ich mich ſehr, meine Liebe, und
eine beſondere Aufmerkſamkeit zu entdecken.
Aber bald waͤre ich aus meiner Faſſung
gerathen, weil ich eine Veraͤnderung der

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[206/0232] meinen Verſtand ſo weit erhalten, daß ſie eine Zeichnung zu ſich nahm, die ich waͤh- render Erzaͤhlung von einem Garten in England machte. Sie ſagte dabey zu Fraͤulein R. „Dieſes Papier will ich zu „einem Beweis aufheben, daß es Cava- „liere giebt, die zu ihrem Nutzen, und „zum Vergnuͤgen ihrer Freunde reiſen.“ Dieß iſt ein wichtiger Schritt, der mich weit genug fuͤhren wird. Keine laͤcher- liche Grimaſſe, dummer Junge, daß du mich uͤber dieſe Kleinigkeit froh ſiehſt, da ich es ſonſt kaum uͤber den ganzen Sieg war; ich ſage dir, das Maͤdchen iſt auſ- ſerordentlich. Aus ihren Fragen bemerk- te ich eine vorzuͤgliche Neigung fuͤr Eng- land, die mir ohne meine Bemuͤhung von ſelbſt Dienſte thun wird. Jch redete ver- gnuͤgt und ruhig fort; denn da ſie durch die gleichguͤltigen Gegenſtaͤnde unſerer Un- terredung zufrieden und vertraut wurde, ſo huͤtete ich mich ſehr, meine Liebe, und eine beſondere Aufmerkſamkeit zu entdecken. Aber bald waͤre ich aus meiner Faſſung gerathen, weil ich eine Veraͤnderung der Stimme

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/232>, abgerufen am 24.11.2024.