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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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aber zu rasch. Jch accompagnirte ihm,
sang auch mit. Daraus machte man viel
Lobens von meinem musicalischen Ohr.

Die Gräfin F. sagte mir Zärtlichkeiten;
Lord Seymour nichts; er gieng oft in den
Garten allein, und kam mit Zügen einer
gewaltsamen Bewegung in der Seele zu-
rück, redete aber nur mit Fräulein C*, die
auch gedankenvoll aussah. G. sah mich
bedeutend an, doch war Vergnügen in
seinem Gesichte; Lord Derby hatte ein
feuriges Falkenauge, in welchem Unruhe
war, auf mich gerichtet. Mein Oncle
und meine Tante liebkosten mir. Um eilf
Uhr giengen wir schlafen, und ich schrieb
noch diesen Brief. Gute Nacht, theure
Emilia! Bitten Sie unsern ehrwürdigen
Vater, daß er für mich bete! Jch finde
Trost und Freude in diesem Gedanken.



Jch wünsche, daß meine Tante immer
kleine Reisen machte, ich würde sie mit
viel mehr Vergnügen begleiten, als ich
es unter dem immerwährenden Kreislauf

unserer
J 2

aber zu raſch. Jch accompagnirte ihm,
ſang auch mit. Daraus machte man viel
Lobens von meinem muſicaliſchen Ohr.

Die Graͤfin F. ſagte mir Zaͤrtlichkeiten;
Lord Seymour nichts; er gieng oft in den
Garten allein, und kam mit Zuͤgen einer
gewaltſamen Bewegung in der Seele zu-
ruͤck, redete aber nur mit Fraͤulein C*, die
auch gedankenvoll ausſah. G. ſah mich
bedeutend an, doch war Vergnuͤgen in
ſeinem Geſichte; Lord Derby hatte ein
feuriges Falkenauge, in welchem Unruhe
war, auf mich gerichtet. Mein Oncle
und meine Tante liebkoſten mir. Um eilf
Uhr giengen wir ſchlafen, und ich ſchrieb
noch dieſen Brief. Gute Nacht, theure
Emilia! Bitten Sie unſern ehrwuͤrdigen
Vater, daß er fuͤr mich bete! Jch finde
Troſt und Freude in dieſem Gedanken.



Jch wuͤnſche, daß meine Tante immer
kleine Reiſen machte, ich wuͤrde ſie mit
viel mehr Vergnuͤgen begleiten, als ich
es unter dem immerwaͤhrenden Kreislauf

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J 2
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[131/0157] aber zu raſch. Jch accompagnirte ihm, ſang auch mit. Daraus machte man viel Lobens von meinem muſicaliſchen Ohr. Die Graͤfin F. ſagte mir Zaͤrtlichkeiten; Lord Seymour nichts; er gieng oft in den Garten allein, und kam mit Zuͤgen einer gewaltſamen Bewegung in der Seele zu- ruͤck, redete aber nur mit Fraͤulein C*, die auch gedankenvoll ausſah. G. ſah mich bedeutend an, doch war Vergnuͤgen in ſeinem Geſichte; Lord Derby hatte ein feuriges Falkenauge, in welchem Unruhe war, auf mich gerichtet. Mein Oncle und meine Tante liebkoſten mir. Um eilf Uhr giengen wir ſchlafen, und ich ſchrieb noch dieſen Brief. Gute Nacht, theure Emilia! Bitten Sie unſern ehrwuͤrdigen Vater, daß er fuͤr mich bete! Jch finde Troſt und Freude in dieſem Gedanken. Jch wuͤnſche, daß meine Tante immer kleine Reiſen machte, ich wuͤrde ſie mit viel mehr Vergnuͤgen begleiten, als ich es unter dem immerwaͤhrenden Kreislauf unſerer J 2

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/157>, abgerufen am 21.11.2024.