schen Blumen garnirt worden war; mein Kopf nach der Mode in D. gar schön geputzt. Meinen Anstand und meine Gesichtsfarbe weis ich nicht; doch mag ich blaß ausgese- hen haben; weil kurz nach dem mich die Grä- fin als ihre geliebte Nichte vorgestellt hat- te, ein von Natur artig gebildeter junger Mann mit einem verkehrt lebhaften Wesen sich näherte, und, Brust und Achseln mit ei- ner seltsamen Beugung gegen meine Tante, den Kopf aber seitwärts gegen mich mit ei- ner Art Erschrockenheit gewendet, ausrief: Meine gnädige Gräfin, ist es wirklich ihre Niece? -- "Und warum wollen Sie mei- nem Zeugniß nicht glauben?" -- Der erste Anblick ihrer Gestalt, die Kleidung und der leichte Sylphidengang, haben mich auf den Gedanken gebracht, es wäre die Erscheinung eines liebenswürdigen Hausgespenstes. -- Armer F**, sagte eine Dame; und Sie fürchten sich viel- leicht vor Gespenstern?
Vor den häßlichen, versetzte der witzige Herr, habe ich natürlichen Abscheu, aber mit denen, welche dem Fräulein von Stern-
heim
ſchen Blumen garnirt worden war; mein Kopf nach der Mode in D. gar ſchoͤn geputzt. Meinen Anſtand und meine Geſichtsfarbe weis ich nicht; doch mag ich blaß ausgeſe- hen haben; weil kurz nach dem mich die Graͤ- fin als ihre geliebte Nichte vorgeſtellt hat- te, ein von Natur artig gebildeter junger Mann mit einem verkehrt lebhaften Weſen ſich naͤherte, und, Bruſt und Achſeln mit ei- ner ſeltſamen Beugung gegen meine Tante, den Kopf aber ſeitwaͤrts gegen mich mit ei- ner Art Erſchrockenheit gewendet, ausrief: Meine gnaͤdige Graͤfin, iſt es wirklich ihre Niece? — „Und warum wollen Sie mei- nem Zeugniß nicht glauben?“ — Der erſte Anblick ihrer Geſtalt, die Kleidung und der leichte Sylphidengang, haben mich auf den Gedanken gebracht, es waͤre die Erſcheinung eines liebenswuͤrdigen Hausgeſpenſtes. — Armer F**, ſagte eine Dame; und Sie fuͤrchten ſich viel- leicht vor Geſpenſtern?
Vor den haͤßlichen, verſetzte der witzige Herr, habe ich natuͤrlichen Abſcheu, aber mit denen, welche dem Fraͤulein von Stern-
heim
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0119"n="93"/>ſchen Blumen garnirt worden war; mein<lb/>
Kopf nach der Mode in D. gar ſchoͤn geputzt.<lb/>
Meinen Anſtand und meine Geſichtsfarbe<lb/>
weis ich nicht; doch mag ich blaß ausgeſe-<lb/>
hen haben; weil kurz nach dem mich die Graͤ-<lb/>
fin als ihre <hirendition="#fr">geliebte</hi> Nichte vorgeſtellt hat-<lb/>
te, ein von Natur artig gebildeter junger<lb/>
Mann mit einem verkehrt lebhaften Weſen<lb/>ſich naͤherte, und, Bruſt und Achſeln mit ei-<lb/>
ner ſeltſamen Beugung gegen meine Tante,<lb/>
den Kopf aber ſeitwaͤrts gegen mich mit ei-<lb/>
ner Art Erſchrockenheit gewendet, ausrief:<lb/>
Meine gnaͤdige Graͤfin, iſt es wirklich ihre<lb/>
Niece? —„Und warum wollen Sie mei-<lb/>
nem Zeugniß nicht glauben?“— Der<lb/>
erſte Anblick ihrer Geſtalt, die Kleidung<lb/>
und der leichte Sylphidengang, haben<lb/>
mich auf den Gedanken gebracht, es waͤre<lb/>
die Erſcheinung eines liebenswuͤrdigen<lb/>
Hausgeſpenſtes. — Armer F**, ſagte<lb/>
eine Dame; und Sie fuͤrchten ſich viel-<lb/>
leicht vor Geſpenſtern?</p><lb/><p>Vor den haͤßlichen, verſetzte der witzige<lb/>
Herr, habe ich natuͤrlichen Abſcheu, aber<lb/>
mit denen, welche dem Fraͤulein von Stern-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">heim</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[93/0119]
ſchen Blumen garnirt worden war; mein
Kopf nach der Mode in D. gar ſchoͤn geputzt.
Meinen Anſtand und meine Geſichtsfarbe
weis ich nicht; doch mag ich blaß ausgeſe-
hen haben; weil kurz nach dem mich die Graͤ-
fin als ihre geliebte Nichte vorgeſtellt hat-
te, ein von Natur artig gebildeter junger
Mann mit einem verkehrt lebhaften Weſen
ſich naͤherte, und, Bruſt und Achſeln mit ei-
ner ſeltſamen Beugung gegen meine Tante,
den Kopf aber ſeitwaͤrts gegen mich mit ei-
ner Art Erſchrockenheit gewendet, ausrief:
Meine gnaͤdige Graͤfin, iſt es wirklich ihre
Niece? — „Und warum wollen Sie mei-
nem Zeugniß nicht glauben?“ — Der
erſte Anblick ihrer Geſtalt, die Kleidung
und der leichte Sylphidengang, haben
mich auf den Gedanken gebracht, es waͤre
die Erſcheinung eines liebenswuͤrdigen
Hausgeſpenſtes. — Armer F**, ſagte
eine Dame; und Sie fuͤrchten ſich viel-
leicht vor Geſpenſtern?
Vor den haͤßlichen, verſetzte der witzige
Herr, habe ich natuͤrlichen Abſcheu, aber
mit denen, welche dem Fraͤulein von Stern-
heim
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/119>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.