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Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.

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die radikalen politischen Parteien der Volksvertretung be-
mühen sich nach Kräften, sie künstlich zu fördern und zu
Parteizwecken auszunützen, genau wie die deutsche Sozial-
demokratie.

Man erkennt, daß die ursprünglich gute Frauenbewegung,
deren Ziel die Förderung des Frauenlebens in Haus,
Familie und Beruf war, zu einer einfachen Figur der
Parteien auf dem Schachbrett des politischen Parteikampfes
herabzusinken droht. Je mehr sie sich dem Frauenstimmrecht
nähert, um so mehr verfällt sie diesem Schicksal, und wo
sie es erreicht hat, ist es mit ihrem guten Einfluß und
ihrer besonderen wohltätigen Frauenmacht zu Ende, sie ist
dann ein Werkzeug der Demokratie geworden und in deren
Strome untergetaucht. Eine der wenigen Frauenrechtlerinnen
in Deutschland, die dieses Resultat voraussieht und die
Ehrlichkeit besitzt, das rundheraus auszusprechen, ist die
Sozialdemokratin Lily Braun.

Jn Deutschland stehen wir noch in den Anfängen
dieser Entwicklung. Darum ist auch bei uns noch eine
Rettung möglich, wenn die maßgebenden Kreise die drohende
Gefahr rechtzeitig erkennen und ihr begegnen. Es ist vor
allem klar zu erfassen, daß das Frauenstimmrecht nichts
ist als die giftige Frucht am Baume der Frauen-
emanzipation;wer also das Frauenstimmrecht
nicht will, darf die Emanzipation in Ehe,
Familie und Beruf nicht zur Blüte kommen lassen
.

Eine starke Jrreführung der öffentlichen Meinung
liegt allein schon in dem Worte "Frauenbewegung" selbst.
Denn es handelt sich bei ihr gar nicht um eine das ganze
Volk durchdringende Bewegung der Frauen und Mütter,

1*

die radikalen politischen Parteien der Volksvertretung be-
mühen sich nach Kräften, sie künstlich zu fördern und zu
Parteizwecken auszunützen, genau wie die deutsche Sozial-
demokratie.

Man erkennt, daß die ursprünglich gute Frauenbewegung,
deren Ziel die Förderung des Frauenlebens in Haus,
Familie und Beruf war, zu einer einfachen Figur der
Parteien auf dem Schachbrett des politischen Parteikampfes
herabzusinken droht. Je mehr sie sich dem Frauenstimmrecht
nähert, um so mehr verfällt sie diesem Schicksal, und wo
sie es erreicht hat, ist es mit ihrem guten Einfluß und
ihrer besonderen wohltätigen Frauenmacht zu Ende, sie ist
dann ein Werkzeug der Demokratie geworden und in deren
Strome untergetaucht. Eine der wenigen Frauenrechtlerinnen
in Deutschland, die dieses Resultat voraussieht und die
Ehrlichkeit besitzt, das rundheraus auszusprechen, ist die
Sozialdemokratin Lily Braun.

Jn Deutschland stehen wir noch in den Anfängen
dieser Entwicklung. Darum ist auch bei uns noch eine
Rettung möglich, wenn die maßgebenden Kreise die drohende
Gefahr rechtzeitig erkennen und ihr begegnen. Es ist vor
allem klar zu erfassen, daß das Frauenstimmrecht nichts
ist als die giftige Frucht am Baume der Frauen-
emanzipation;wer also das Frauenstimmrecht
nicht will, darf die Emanzipation in Ehe,
Familie und Beruf nicht zur Blüte kommen lassen
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Eine starke Jrreführung der öffentlichen Meinung
liegt allein schon in dem Worte „Frauenbewegung“ selbst.
Denn es handelt sich bei ihr gar nicht um eine das ganze
Volk durchdringende Bewegung der Frauen und Mütter,

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[7/0009] die radikalen politischen Parteien der Volksvertretung be- mühen sich nach Kräften, sie künstlich zu fördern und zu Parteizwecken auszunützen, genau wie die deutsche Sozial- demokratie. Man erkennt, daß die ursprünglich gute Frauenbewegung, deren Ziel die Förderung des Frauenlebens in Haus, Familie und Beruf war, zu einer einfachen Figur der Parteien auf dem Schachbrett des politischen Parteikampfes herabzusinken droht. Je mehr sie sich dem Frauenstimmrecht nähert, um so mehr verfällt sie diesem Schicksal, und wo sie es erreicht hat, ist es mit ihrem guten Einfluß und ihrer besonderen wohltätigen Frauenmacht zu Ende, sie ist dann ein Werkzeug der Demokratie geworden und in deren Strome untergetaucht. Eine der wenigen Frauenrechtlerinnen in Deutschland, die dieses Resultat voraussieht und die Ehrlichkeit besitzt, das rundheraus auszusprechen, ist die Sozialdemokratin Lily Braun. Jn Deutschland stehen wir noch in den Anfängen dieser Entwicklung. Darum ist auch bei uns noch eine Rettung möglich, wenn die maßgebenden Kreise die drohende Gefahr rechtzeitig erkennen und ihr begegnen. Es ist vor allem klar zu erfassen, daß das Frauenstimmrecht nichts ist als die giftige Frucht am Baume der Frauen- emanzipation;wer also das Frauenstimmrecht nicht will, darf die Emanzipation in Ehe, Familie und Beruf nicht zur Blüte kommen lassen. Eine starke Jrreführung der öffentlichen Meinung liegt allein schon in dem Worte „Frauenbewegung“ selbst. Denn es handelt sich bei ihr gar nicht um eine das ganze Volk durchdringende Bewegung der Frauen und Mütter, 1*

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Zitationshilfe: Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/9>, abgerufen am 24.11.2024.