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Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856.

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Ideen zu begründen vermag. Ferner knüpft sich an jede
Figur eine gewisse Fähigkeit für die Mattstellung des
Königs, wir nennen sie Mattkraft, und endlich ergeben
sich aus gewisser Zusammenwirkung jedes Steines mit
anderen einzelne ganz besondere Eigenschaften.

§. 390. Probleme, deren Grundidee an den König an-
knüpft, zeigen meist Positionen aus der Mitte der Partie, in
denen die einzelne Bewegung des Königs überrascht oder
die Rochade desselben wegen ihrer Verspätung kaum noch
erwartet wird.

Anmerkung. Die continuirliche Bewegung kann den Zweck
eines Abzugschachs haben, die einfache Bewegung dagegen
entweder die eigenthümliche Natur des Königs (d. h. die
Nothwendigkeit seiner Sicherstellung vor feindlichen An-
griffen) betreffen oder die Mattkraft des Königs, d. h. seine
Mitwirkung zur Mattstellung des Königs darlegen. Der
erste Zweck einer continuirlichen Bewegung ist im Problem
des §. 383 ausgeprägt; in gewöhnlichen Endspielen tritt
die Continuität des Königs meist als Oppositionsverfolgung
des Gegenkönigs auf. Die anderen Ideen der einfachen
Bewegung finden im Problem §. 367 ihren gleichzeitigen
Ausdruck. Der König geht dort e 3 --d 3, theils um dem
Gegner das Feld c 4 abzuschneiden, theils sich vor An-
griffen sicher zu stellen, theils endlich um anderen Figuren
zum Mattsetzen freies Feld zu geben. Dem Springer wird
das Feld e 3 geräumt, der Angriff des Bauers e 2 aber
demaskirt. Zweck der Königsbewegung ist hier also ausser
Abschneidung und eigener Sicherstellung auch
Räumung und Demaskation. -- Die Idee der Rochade
ist aus Problem §. 368 bekannt; sie entsteht aus dem Zu-
sammenwirken des Königs mit dem Thurm, gehört also
zur letzten Klasse der im vorigen Paragraph angedeuteten
vier Hauptbeziehungen. Zweck der Rochade ist, zur völli-
gen Abschneidung des feindlichen Königs das Feld g 2
oder c 2 zu nehmen, welche beim einfacheren Thurmzuge
(T h 1--f 1 oder T a 1--d 1) unbedroht geblieben wären.

§. 391. Die Dame giebt nicht nur wegen ihrer be-
deutenden Mattkraft und Beweglichkeit zu mancherlei Proble-
men interessante Grundlagen, sondern sie vermag auch vor-
züglich durch Tempigewinn eine Position zu conserviren und
hat gegen die einzelnen Officiere eine besondere Wirk-
samkeit.

Anmerkung. Zur Contuinität der Dame gehört ihre regel-
mässige Treibkraft und ihre grosse Beweglichkeit. Man
vergleiche deshalb §. 384 und 377. Die Mattkraft dieser
wichtigen Figur äussert sich entweder in den ordinären
Matts (vgl. 46, c., Mattzug der schwarzen Dame) oder in
gewissen künstlichen Mattstellungen, wie in der des §. 378.
Die Wirksamkeit der Dame gegen einzelne Figuren lehrt
Ideen zu begründen vermag. Ferner knüpft sich an jede
Figur eine gewisse Fähigkeit für die Mattstellung des
Königs, wir nennen sie Mattkraft, und endlich ergeben
sich aus gewisser Zusammenwirkung jedes Steines mit
anderen einzelne ganz besondere Eigenschaften.

§. 390. Probleme, deren Grundidee an den König an-
knüpft, zeigen meist Positionen aus der Mitte der Partie, in
denen die einzelne Bewegung des Königs überrascht oder
die Rochade desselben wegen ihrer Verspätung kaum noch
erwartet wird.

Anmerkung. Die continuirliche Bewegung kann den Zweck
eines Abzugschachs haben, die einfache Bewegung dagegen
entweder die eigenthümliche Natur des Königs (d. h. die
Nothwendigkeit seiner Sicherstellung vor feindlichen An-
griffen) betreffen oder die Mattkraft des Königs, d. h. seine
Mitwirkung zur Mattstellung des Königs darlegen. Der
erste Zweck einer continuirlichen Bewegung ist im Problem
des §. 383 ausgeprägt; in gewöhnlichen Endspielen tritt
die Continuität des Königs meist als Oppositionsverfolgung
des Gegenkönigs auf. Die anderen Ideen der einfachen
Bewegung finden im Problem §. 367 ihren gleichzeitigen
Ausdruck. Der König geht dort e 3 —d 3, theils um dem
Gegner das Feld c 4 abzuschneiden, theils sich vor An-
griffen sicher zu stellen, theils endlich um anderen Figuren
zum Mattsetzen freies Feld zu geben. Dem Springer wird
das Feld e 3 geräumt, der Angriff des Bauers e 2 aber
demaskirt. Zweck der Königsbewegung ist hier also ausser
Abschneidung und eigener Sicherstellung auch
Räumung und Demaskation. — Die Idee der Rochade
ist aus Problem §. 368 bekannt; sie entsteht aus dem Zu-
sammenwirken des Königs mit dem Thurm, gehört also
zur letzten Klasse der im vorigen Paragraph angedeuteten
vier Hauptbeziehungen. Zweck der Rochade ist, zur völli-
gen Abschneidung des feindlichen Königs das Feld g 2
oder c 2 zu nehmen, welche beim einfacheren Thurmzuge
(T h 1—f 1 oder T a 1—d 1) unbedroht geblieben wären.

§. 391. Die Dame giebt nicht nur wegen ihrer be-
deutenden Mattkraft und Beweglichkeit zu mancherlei Proble-
men interessante Grundlagen, sondern sie vermag auch vor-
züglich durch Tempigewinn eine Position zu conserviren und
hat gegen die einzelnen Officiere eine besondere Wirk-
samkeit.

Anmerkung. Zur Contuinität der Dame gehört ihre regel-
mässige Treibkraft und ihre grosse Beweglichkeit. Man
vergleiche deshalb §. 384 und 377. Die Mattkraft dieser
wichtigen Figur äussert sich entweder in den ordinären
Matts (vgl. 46, c., Mattzug der schwarzen Dame) oder in
gewissen künstlichen Mattstellungen, wie in der des §. 378.
Die Wirksamkeit der Dame gegen einzelne Figuren lehrt
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[219/0231] Ideen zu begründen vermag. Ferner knüpft sich an jede Figur eine gewisse Fähigkeit für die Mattstellung des Königs, wir nennen sie Mattkraft, und endlich ergeben sich aus gewisser Zusammenwirkung jedes Steines mit anderen einzelne ganz besondere Eigenschaften. §. 390. Probleme, deren Grundidee an den König an- knüpft, zeigen meist Positionen aus der Mitte der Partie, in denen die einzelne Bewegung des Königs überrascht oder die Rochade desselben wegen ihrer Verspätung kaum noch erwartet wird. Anmerkung. Die continuirliche Bewegung kann den Zweck eines Abzugschachs haben, die einfache Bewegung dagegen entweder die eigenthümliche Natur des Königs (d. h. die Nothwendigkeit seiner Sicherstellung vor feindlichen An- griffen) betreffen oder die Mattkraft des Königs, d. h. seine Mitwirkung zur Mattstellung des Königs darlegen. Der erste Zweck einer continuirlichen Bewegung ist im Problem des §. 383 ausgeprägt; in gewöhnlichen Endspielen tritt die Continuität des Königs meist als Oppositionsverfolgung des Gegenkönigs auf. Die anderen Ideen der einfachen Bewegung finden im Problem §. 367 ihren gleichzeitigen Ausdruck. Der König geht dort e 3 —d 3, theils um dem Gegner das Feld c 4 abzuschneiden, theils sich vor An- griffen sicher zu stellen, theils endlich um anderen Figuren zum Mattsetzen freies Feld zu geben. Dem Springer wird das Feld e 3 geräumt, der Angriff des Bauers e 2 aber demaskirt. Zweck der Königsbewegung ist hier also ausser Abschneidung und eigener Sicherstellung auch Räumung und Demaskation. — Die Idee der Rochade ist aus Problem §. 368 bekannt; sie entsteht aus dem Zu- sammenwirken des Königs mit dem Thurm, gehört also zur letzten Klasse der im vorigen Paragraph angedeuteten vier Hauptbeziehungen. Zweck der Rochade ist, zur völli- gen Abschneidung des feindlichen Königs das Feld g 2 oder c 2 zu nehmen, welche beim einfacheren Thurmzuge (T h 1—f 1 oder T a 1—d 1) unbedroht geblieben wären. §. 391. Die Dame giebt nicht nur wegen ihrer be- deutenden Mattkraft und Beweglichkeit zu mancherlei Proble- men interessante Grundlagen, sondern sie vermag auch vor- züglich durch Tempigewinn eine Position zu conserviren und hat gegen die einzelnen Officiere eine besondere Wirk- samkeit. Anmerkung. Zur Contuinität der Dame gehört ihre regel- mässige Treibkraft und ihre grosse Beweglichkeit. Man vergleiche deshalb §. 384 und 377. Die Mattkraft dieser wichtigen Figur äussert sich entweder in den ordinären Matts (vgl. 46, c., Mattzug der schwarzen Dame) oder in gewissen künstlichen Mattstellungen, wie in der des §. 378. Die Wirksamkeit der Dame gegen einzelne Figuren lehrt

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Zitationshilfe: Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856/231>, abgerufen am 28.04.2024.