Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

in §. 86 des ersten Buches angedeutet. Dort sind auch die
besten Plätze für die erste Entwickelung der Figuren ange-
geben. Ausser besonderen Verstössen dagegen kommt nun
für den Eröffnungsangriff hier noch die Lehre von der so-
genannten Sperrung der Officiere und von der Bildung eines
Centrums in Betracht. Davon handeln die §§. 174--175.

§. 172. Für die Vertheidigung gelten in der Eröffnung
nach dem vorigen Paragraphen im Allgemeinen dieselben
Grundsätze über die Entwickelung der Figuren, wie für den
Angriff. Häufig ergiebt sich indessen die beste Gegenwir-
kung auf gewisse Angriffe aus der eigenthümlichen Natur
und Stellung der Officiere. So ertheilt die Theorie den
Rath, der in das Spiel eindringenden feindlichen Dame zu-
nächst die eigene Dame, dem feindlichen Königslaufer auf
c 4 oder c 5 den eigenen Damenlaufer auf e 6 oder e 3 ent-
gegenzustellen. Die Vertheidigung besteht hier in einer Art
Gegenwirkung oder Opposition, welche aber am deutlichsten
bei den Springern hervortritt. So wirkt dem Springer auf
f 3, welcher die beiden Mittelfelder d 4 und e 5 beherrscht,
direct der feindliche Damenspringer auf c 6 entgegen; dem
weissen Damenspringer auf c 3 aber der feindliche Königs-
springer auf f 6. Endlich den feindlichen Thürmen, welche
offene Linien beherrschen, treten am wirksamsten die eigenen
Thürme entgegen.

Ein solches Oppositionsverfahren der Vertheidigung lässt
sich indess im Allgemeinen nur gegen bestimmte Angriffe
des Gegners empfehlen, und bei Zügen des allgemeinen cor-
recten Eröffnungsangriffes wird meist eine gleichartige Ent-
wickelung rathsam.

§. 173. Verstösse des Anziehenden gegen die correcte
Angriffsführung beruhen meist auf frühzeitigen Attaken, sei
es durch nutzlose vereinzelte Bedrohung besonderer schwa-
cher Punkte, wie des Feldes f 7, sei es durch zweckloses
Manoeuvriren mit einzelnen Figuren, namentlich mit der
Dame, sei es endlich durch übereilte Bauernführung. In den
ersten Fällen gewinnt der Vertheidigende meist nach ein-
facher Abwehr oder Deckung des voreiligen Angriffes durch
nachfolgende Zurückdrängung der feindlichen Officiere (z. B.

in §. 86 des ersten Buches angedeutet. Dort sind auch die
besten Plätze für die erste Entwickelung der Figuren ange-
geben. Ausser besonderen Verstössen dagegen kommt nun
für den Eröffnungsangriff hier noch die Lehre von der so-
genannten Sperrung der Officiere und von der Bildung eines
Centrums in Betracht. Davon handeln die §§. 174—175.

§. 172. Für die Vertheidigung gelten in der Eröffnung
nach dem vorigen Paragraphen im Allgemeinen dieselben
Grundsätze über die Entwickelung der Figuren, wie für den
Angriff. Häufig ergiebt sich indessen die beste Gegenwir-
kung auf gewisse Angriffe aus der eigenthümlichen Natur
und Stellung der Officiere. So ertheilt die Theorie den
Rath, der in das Spiel eindringenden feindlichen Dame zu-
nächst die eigene Dame, dem feindlichen Königslaufer auf
c 4 oder c 5 den eigenen Damenlaufer auf e 6 oder e 3 ent-
gegenzustellen. Die Vertheidigung besteht hier in einer Art
Gegenwirkung oder Opposition, welche aber am deutlichsten
bei den Springern hervortritt. So wirkt dem Springer auf
f 3, welcher die beiden Mittelfelder d 4 und e 5 beherrscht,
direct der feindliche Damenspringer auf c 6 entgegen; dem
weissen Damenspringer auf c 3 aber der feindliche Königs-
springer auf f 6. Endlich den feindlichen Thürmen, welche
offene Linien beherrschen, treten am wirksamsten die eigenen
Thürme entgegen.

Ein solches Oppositionsverfahren der Vertheidigung lässt
sich indess im Allgemeinen nur gegen bestimmte Angriffe
des Gegners empfehlen, und bei Zügen des allgemeinen cor-
recten Eröffnungsangriffes wird meist eine gleichartige Ent-
wickelung rathsam.

§. 173. Verstösse des Anziehenden gegen die correcte
Angriffsführung beruhen meist auf frühzeitigen Attaken, sei
es durch nutzlose vereinzelte Bedrohung besonderer schwa-
cher Punkte, wie des Feldes f 7, sei es durch zweckloses
Manoeuvriren mit einzelnen Figuren, namentlich mit der
Dame, sei es endlich durch übereilte Bauernführung. In den
ersten Fällen gewinnt der Vertheidigende meist nach ein-
facher Abwehr oder Deckung des voreiligen Angriffes durch
nachfolgende Zurückdrängung der feindlichen Officiere (z. B.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0121" n="109"/>
in §. 86 des ersten Buches angedeutet. Dort sind auch die<lb/>
besten Plätze für die erste Entwickelung der Figuren ange-<lb/>
geben. Ausser besonderen Verstössen dagegen kommt nun<lb/>
für den Eröffnungsangriff hier noch die Lehre von der so-<lb/>
genannten Sperrung der Officiere und von der Bildung eines<lb/>
Centrums in Betracht. Davon handeln die §§. 174&#x2014;175.</p><lb/>
                <p>§. 172. Für die Vertheidigung gelten in der Eröffnung<lb/>
nach dem vorigen Paragraphen im Allgemeinen dieselben<lb/>
Grundsätze über die Entwickelung der Figuren, wie für den<lb/>
Angriff. Häufig ergiebt sich indessen die beste Gegenwir-<lb/>
kung auf gewisse Angriffe aus der eigenthümlichen Natur<lb/>
und Stellung der Officiere. So ertheilt die Theorie den<lb/>
Rath, der in das Spiel eindringenden feindlichen Dame zu-<lb/>
nächst die eigene Dame, dem feindlichen Königslaufer auf<lb/><hi rendition="#i">c</hi> 4 oder <hi rendition="#i">c</hi> 5 den eigenen Damenlaufer auf <hi rendition="#i">e</hi> 6 oder <hi rendition="#i">e</hi> 3 ent-<lb/>
gegenzustellen. Die Vertheidigung besteht hier in einer Art<lb/>
Gegenwirkung oder Opposition, welche aber am deutlichsten<lb/>
bei den Springern hervortritt. So wirkt dem Springer auf<lb/><hi rendition="#i">f</hi> 3, welcher die beiden Mittelfelder <hi rendition="#i">d</hi> 4 und <hi rendition="#i">e</hi> 5 beherrscht,<lb/>
direct der feindliche Damenspringer auf <hi rendition="#i">c</hi> 6 entgegen; dem<lb/>
weissen Damenspringer auf <hi rendition="#i">c</hi> 3 aber der feindliche Königs-<lb/>
springer auf <hi rendition="#i">f</hi> 6. Endlich den feindlichen Thürmen, welche<lb/>
offene Linien beherrschen, treten am wirksamsten die eigenen<lb/>
Thürme entgegen.</p><lb/>
                <p>Ein solches Oppositionsverfahren der Vertheidigung lässt<lb/>
sich indess im Allgemeinen nur gegen bestimmte Angriffe<lb/>
des Gegners empfehlen, und bei Zügen des allgemeinen cor-<lb/>
recten Eröffnungsangriffes wird meist eine gleichartige Ent-<lb/>
wickelung rathsam.</p><lb/>
                <p>§. 173. Verstösse des Anziehenden gegen die correcte<lb/>
Angriffsführung beruhen meist auf frühzeitigen Attaken, sei<lb/>
es durch nutzlose vereinzelte Bedrohung besonderer schwa-<lb/>
cher Punkte, wie des Feldes <hi rendition="#i">f</hi> 7, sei es durch zweckloses<lb/>
Manoeuvriren mit einzelnen Figuren, namentlich mit der<lb/>
Dame, sei es endlich durch übereilte Bauernführung. In den<lb/>
ersten Fällen gewinnt der Vertheidigende meist nach ein-<lb/>
facher Abwehr oder Deckung des voreiligen Angriffes durch<lb/>
nachfolgende Zurückdrängung der feindlichen Officiere (z. B.<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[109/0121] in §. 86 des ersten Buches angedeutet. Dort sind auch die besten Plätze für die erste Entwickelung der Figuren ange- geben. Ausser besonderen Verstössen dagegen kommt nun für den Eröffnungsangriff hier noch die Lehre von der so- genannten Sperrung der Officiere und von der Bildung eines Centrums in Betracht. Davon handeln die §§. 174—175. §. 172. Für die Vertheidigung gelten in der Eröffnung nach dem vorigen Paragraphen im Allgemeinen dieselben Grundsätze über die Entwickelung der Figuren, wie für den Angriff. Häufig ergiebt sich indessen die beste Gegenwir- kung auf gewisse Angriffe aus der eigenthümlichen Natur und Stellung der Officiere. So ertheilt die Theorie den Rath, der in das Spiel eindringenden feindlichen Dame zu- nächst die eigene Dame, dem feindlichen Königslaufer auf c 4 oder c 5 den eigenen Damenlaufer auf e 6 oder e 3 ent- gegenzustellen. Die Vertheidigung besteht hier in einer Art Gegenwirkung oder Opposition, welche aber am deutlichsten bei den Springern hervortritt. So wirkt dem Springer auf f 3, welcher die beiden Mittelfelder d 4 und e 5 beherrscht, direct der feindliche Damenspringer auf c 6 entgegen; dem weissen Damenspringer auf c 3 aber der feindliche Königs- springer auf f 6. Endlich den feindlichen Thürmen, welche offene Linien beherrschen, treten am wirksamsten die eigenen Thürme entgegen. Ein solches Oppositionsverfahren der Vertheidigung lässt sich indess im Allgemeinen nur gegen bestimmte Angriffe des Gegners empfehlen, und bei Zügen des allgemeinen cor- recten Eröffnungsangriffes wird meist eine gleichartige Ent- wickelung rathsam. §. 173. Verstösse des Anziehenden gegen die correcte Angriffsführung beruhen meist auf frühzeitigen Attaken, sei es durch nutzlose vereinzelte Bedrohung besonderer schwa- cher Punkte, wie des Feldes f 7, sei es durch zweckloses Manoeuvriren mit einzelnen Figuren, namentlich mit der Dame, sei es endlich durch übereilte Bauernführung. In den ersten Fällen gewinnt der Vertheidigende meist nach ein- facher Abwehr oder Deckung des voreiligen Angriffes durch nachfolgende Zurückdrängung der feindlichen Officiere (z. B.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856/121
Zitationshilfe: Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856/121>, abgerufen am 02.05.2024.