Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

wärtig dasselbe von der Mehrzahl der europäischen Spieler
angenommen ist, während es in Italien fast allein ohne An-
erkennung blieb. Dort gilt die ungehinderte Ausübung des
Zweischrittes unter dem Ausdruck passare battaglia, d. h.
der feindliche Bauer, bei welchem der zwei Schritt Ziehende
vorbeigeht, darf letzteren unter keiner Bedingung schlagen,
dieser also kann frei das Schlagen passiren.


Siebentes Kapitel.
Geschichtlich begründete Abarten.

§. 160. Gar mannigfachen Abarten und ähnlichen Spie-
len hat das eigentliche ursprüngliche Spiel zur Quelle ge-
dient. Es ist hier nicht der Ort über diese verschiedenen
einzelnen Spiele, wie sie sich im Laufe der Zeit bei ver-
schiedenen Nationen gestaltet haben, abzuhandeln und die
besonderen nationalen und particularen Gesetze aufzuführen.
Nur an eine in Deutschland selbst eigenthümlich ausgebil-
dete Art des Spieles soll hier speciell erinnert werden. Es
ist dies die eigenthümliche Sitte des Schachspielens in dem
Dorfe Ströbeck bei Halberstadt.

§. 161. Seit mehreren Jahrhunderten findet sich in dem
genannten Dorfe die merkwürdige Observanz, dass jeder
Insasse, männlichen wie weiblichen Geschlechtes, Schach
spielen lernt. Interessante Sagen begründen diese Obser-
vanz, an deren Erhaltung sich später besondere Privilegien
knüpften. Specielle Belehrung hierüber findet man nament-
lich in mehreren Artikeln der Berliner Schachzeitung, worin
unter Andern auch der Autor dieser Zeilen, welcher zwei-
mal selbst in Ströbeck anwesend war, sich ausgesprochen
hat. Hier muss zunächst auf die besondere Art des Spieles
selbst eingegangen werden.

§. 162. Vor allen Dingen bemerke man, dass die Strö-
becker das rechte Eckfeld des Brettes von schwarzer Farbe
wählen. Man findet dies an allen Preisschachbrettern be-

wärtig dasselbe von der Mehrzahl der europäischen Spieler
angenommen ist, während es in Italien fast allein ohne An-
erkennung blieb. Dort gilt die ungehinderte Ausübung des
Zweischrittes unter dem Ausdruck passare battaglia, d. h.
der feindliche Bauer, bei welchem der zwei Schritt Ziehende
vorbeigeht, darf letzteren unter keiner Bedingung schlagen,
dieser also kann frei das Schlagen passiren.


Siebentes Kapitel.
Geschichtlich begründete Abarten.

§. 160. Gar mannigfachen Abarten und ähnlichen Spie-
len hat das eigentliche ursprüngliche Spiel zur Quelle ge-
dient. Es ist hier nicht der Ort über diese verschiedenen
einzelnen Spiele, wie sie sich im Laufe der Zeit bei ver-
schiedenen Nationen gestaltet haben, abzuhandeln und die
besonderen nationalen und particularen Gesetze aufzuführen.
Nur an eine in Deutschland selbst eigenthümlich ausgebil-
dete Art des Spieles soll hier speciell erinnert werden. Es
ist dies die eigenthümliche Sitte des Schachspielens in dem
Dorfe Ströbeck bei Halberstadt.

§. 161. Seit mehreren Jahrhunderten findet sich in dem
genannten Dorfe die merkwürdige Observanz, dass jeder
Insasse, männlichen wie weiblichen Geschlechtes, Schach
spielen lernt. Interessante Sagen begründen diese Obser-
vanz, an deren Erhaltung sich später besondere Privilegien
knüpften. Specielle Belehrung hierüber findet man nament-
lich in mehreren Artikeln der Berliner Schachzeitung, worin
unter Andern auch der Autor dieser Zeilen, welcher zwei-
mal selbst in Ströbeck anwesend war, sich ausgesprochen
hat. Hier muss zunächst auf die besondere Art des Spieles
selbst eingegangen werden.

§. 162. Vor allen Dingen bemerke man, dass die Strö-
becker das rechte Eckfeld des Brettes von schwarzer Farbe
wählen. Man findet dies an allen Preisschachbrettern be-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0116" n="104"/>
wärtig dasselbe von der Mehrzahl der europäischen Spieler<lb/>
angenommen ist, während es in Italien fast allein ohne An-<lb/>
erkennung blieb. Dort gilt die ungehinderte Ausübung des<lb/>
Zweischrittes unter dem Ausdruck passare battaglia, d. h.<lb/>
der feindliche Bauer, bei welchem der zwei Schritt Ziehende<lb/>
vorbeigeht, darf letzteren unter keiner Bedingung schlagen,<lb/>
dieser also kann frei das Schlagen passiren.</p>
              </div><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <div n="5">
                <head><hi rendition="#b">Siebentes Kapitel.</hi><lb/>
Geschichtlich begründete Abarten.</head><lb/>
                <p>§. 160. Gar mannigfachen Abarten und ähnlichen Spie-<lb/>
len hat das eigentliche ursprüngliche Spiel zur Quelle ge-<lb/>
dient. Es ist hier nicht der Ort über diese verschiedenen<lb/>
einzelnen Spiele, wie sie sich im Laufe der Zeit bei ver-<lb/>
schiedenen Nationen gestaltet haben, abzuhandeln und die<lb/>
besonderen nationalen und particularen Gesetze aufzuführen.<lb/>
Nur an eine in Deutschland selbst eigenthümlich ausgebil-<lb/>
dete Art des Spieles soll hier speciell erinnert werden. Es<lb/>
ist dies die eigenthümliche Sitte des Schachspielens in dem<lb/>
Dorfe Ströbeck bei Halberstadt.</p><lb/>
                <p>§. 161. Seit mehreren Jahrhunderten findet sich in dem<lb/>
genannten Dorfe die merkwürdige Observanz, dass jeder<lb/>
Insasse, männlichen wie weiblichen Geschlechtes, Schach<lb/>
spielen lernt. Interessante Sagen begründen diese Obser-<lb/>
vanz, an deren Erhaltung sich später besondere Privilegien<lb/>
knüpften. Specielle Belehrung hierüber findet man nament-<lb/>
lich in mehreren Artikeln der Berliner Schachzeitung, worin<lb/>
unter Andern auch der Autor dieser Zeilen, welcher zwei-<lb/>
mal selbst in Ströbeck anwesend war, sich ausgesprochen<lb/>
hat. Hier muss zunächst auf die besondere Art des Spieles<lb/>
selbst eingegangen werden.</p><lb/>
                <p>§. 162. Vor allen Dingen bemerke man, dass die Strö-<lb/>
becker das rechte Eckfeld des Brettes von schwarzer Farbe<lb/>
wählen. Man findet dies an allen Preisschachbrettern be-<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0116] wärtig dasselbe von der Mehrzahl der europäischen Spieler angenommen ist, während es in Italien fast allein ohne An- erkennung blieb. Dort gilt die ungehinderte Ausübung des Zweischrittes unter dem Ausdruck passare battaglia, d. h. der feindliche Bauer, bei welchem der zwei Schritt Ziehende vorbeigeht, darf letzteren unter keiner Bedingung schlagen, dieser also kann frei das Schlagen passiren. Siebentes Kapitel. Geschichtlich begründete Abarten. §. 160. Gar mannigfachen Abarten und ähnlichen Spie- len hat das eigentliche ursprüngliche Spiel zur Quelle ge- dient. Es ist hier nicht der Ort über diese verschiedenen einzelnen Spiele, wie sie sich im Laufe der Zeit bei ver- schiedenen Nationen gestaltet haben, abzuhandeln und die besonderen nationalen und particularen Gesetze aufzuführen. Nur an eine in Deutschland selbst eigenthümlich ausgebil- dete Art des Spieles soll hier speciell erinnert werden. Es ist dies die eigenthümliche Sitte des Schachspielens in dem Dorfe Ströbeck bei Halberstadt. §. 161. Seit mehreren Jahrhunderten findet sich in dem genannten Dorfe die merkwürdige Observanz, dass jeder Insasse, männlichen wie weiblichen Geschlechtes, Schach spielen lernt. Interessante Sagen begründen diese Obser- vanz, an deren Erhaltung sich später besondere Privilegien knüpften. Specielle Belehrung hierüber findet man nament- lich in mehreren Artikeln der Berliner Schachzeitung, worin unter Andern auch der Autor dieser Zeilen, welcher zwei- mal selbst in Ströbeck anwesend war, sich ausgesprochen hat. Hier muss zunächst auf die besondere Art des Spieles selbst eingegangen werden. §. 162. Vor allen Dingen bemerke man, dass die Strö- becker das rechte Eckfeld des Brettes von schwarzer Farbe wählen. Man findet dies an allen Preisschachbrettern be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856/116
Zitationshilfe: Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856/116>, abgerufen am 23.11.2024.