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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 1. v. 3. 4. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] te ou`tos nu~n palin parakalo, also ermahne
ich dich abermal,
im Sinne suppliren: oder,
welches noch füglicher ist, am Ende des vierten
Verses die Worte ou`'tos paraggelle bey sich
selbst also wiederholen: gleichwie ich dich er-
mahnet habe, ina paraggeiles daß du gebö-
test--also gebiete. Darauf sich denn der Anfang
des fünften Verses gar wohl schicket, da es
heißt: To de telos tes paraggelias, die Haupt-
Summa aber des,
oder solches Gebots ist.
u. s. w.

V. 4.

Auch nicht acht hätten auf (oder sich
nicht halten an) Fabeln (der mit unter die Leh-
ren der Christlichen Religion gemengeten jüdi-
schen und falschen oder Kabbalistischen und Tal-
mudi
schen Theologie,) und der Geschlecht-
Register
(darüber das Disputiren unter der
Oeconomie des neuen Bundes vergeblich und
unnützlich, ja schädlich war) die kein Ende ha-
ben
(theils aus Ermangelung genugsamer Ur-
kunden; theils aus Zerrüttung des Sinnes bey
den Disputanten) und bringen (vergebliche)
Fragen auf, mehr denn Besserung (Erbau-
ung) zu GOtt im Glauben (darauf es bey
der Christlichen Religion am meisten ankömmt,
und davon auch alle gute Einrichtung des inner-
lichen Lebens und äusserlichen Wandels depen-
dir
et.)

Anmerckungen.

1. Muthoi, Fabeln, sind Dinge und Bege-
benheiten, welche ohne Grund, und also nur er-
tichtet sind. Da nun solches Tichten, die wei-
se und Lehrreiche Apologos und Parabolas
ausgenommen, überhaupt ein eiteles Wesen ist:
so ist es so viel unanständiger und schädlicher,
wenn es in Religions-Sachen gemenget, die
reine Lehre damit verfälschet, und das Gemüth
dadurch zerrüttet wird. Und dieses geschahe von
einigen zu Ephesus.

2. Nun hatten zwar Juden nnd Heyden ih-
re Fabeln; und die Heyden sonderlich von ih-
ren vermeinten Göttern und derselben genera-
tionibus
und factis, auch daher entstandenen
manchen Stücken ihres abgöttischen Wesens;
und kan auch gar wol seyn, daß von denen Hey-
den, welche die Christliche Religion angenom-
men, davon etwas in dieselbe eingemischet wor-
den: allein es siehet der Apostel wol eigentlich,
oder doch am meisten auf die, welche sich aus dem
Judenthum zum Christenthum, aber doch nicht
in rechter Lauterkeit gewendet hatten: wie man
denn in den apostolischen Briefen so viele Spu-
ren findet, daß die meisten Jrrungen in der Leh-
re zu der Apostel Zeiten von denen nicht recht be-
kehrten Juden hergerühret. Nun aber waren
die Juden schon von etlichen Seculis vor Christi
Geburt her durch ihr menschliches Tichten in Re-
ligions-Sachen sehr eitel worden. Denn aus-
ser allerhand Histörichen von dem Leben der Pa-
triarchen gaben sie, sonderlich unter ihnen die
Pharisäer, vor, es wären weder alle von GOtt
geoffenbahrete Stücke der Religion von Mose
aufgeschrieben, noch sey der aufgeschriebenen
[Spaltenumbruch] Stücke ihr geheimer Verstand aus den Schrif-
ten zu errathen, sondern beydes, so wol diesen
geheimen Verstand, als auch die gar nicht
verzeichneten Religions-Geheimnisse wären von
Mose den Aeltesten mündlich vorgetragen, und
durch dieselbe auf die Nachkommen, auf welche
endlich alles auf sie, die Pharisäer, gebracht, als
Lex oralis, ein mündliches Gesetz, oder Kab-
bala,
fortgepflantzet. Daher denn hernach ih-
re in solche Schriften, die noch heute zu tage
vorhanden sind, verfassete pseudomystische,
kabbalistische und talmudische Theologie
mit dem gantzen Satzungs-Kram entstanden.
Wozu auch wol manches von den thörichten
Sätzen der Aegyptier, Chaldäer, und Sabäer,
auch aus der Pythagorischen und Platonischen
Philosophie mochte angenommen seyn. Diese
Dinge sind mit den Lehren der Christlichen Re-
ligion vermenget; und die nennet der Apostel
Fabeln. Cap. 4, 7. heissen sie ungeistliche und
altvettelische Fabeln.
v. 6. 7. heißen sie un-
geistliche lose Geschwätz und das Gezäncke
der falschberühmten Kunst.
2 Tim. 4, 4.
wird solcher jückenden Ohren gedacht, welche
sich von der Wahrheit zu den Fabeln wenden.
Und Tit. 1, 14. gedencket er der Fabeln ausdrück-
lich, als solcher, die Jüdisch sind, und verknü-
pfet sie mit den Menschen Geboten. Siehe auch
2 Pet. 1, 16. Da Petrus spricht, er habe nicht
muthois sesophismenois, den klugen oder ausge-
klügelten Fabein gefolget.

3. Was die Geschlecht-Register betrift;
so haben zwar auch die Heyden ihre genealo-
gias
in den so genannten generationibus Deo-
rum
gehabt: allein diese Dinge waren viel zu
thöricht, als daß sie von einigen bey der Christ-
lichen Religion noch solten beybehalten seyn:
wie sie denn auch von den vernünftigen Heyden
selbst verlachet wurden. Und also siehet der A-
postel eigentlich auf die Jüdische Genealogien;
gleichwie er auch mit dem vorhergehenden Wor-
te ihre Corruption in der Lehre bezeichnet. So
nöthig nun als die Untersuchung und Be-
wahrung der Geschlecht-Register unter den Ju-
den war, wie in politicis und oeconomicis zum
Unterscheide der Stämme und der Familien,
und der ihnen nach solchem Grunde zukommen-
den Rechte an zeitlichen und unbeweglichen Gü-
tern; also auch in ecclesiasticis zur Bezeich-
nung der Ordnungen und Familien unter den
Leviten und Priestern; und überdas in dem
Stamme Juda in der Davidischen Familie zur
Wahrnehmung der Abstammung des verheisse-
nen Meßiä: so groß war auch der Mißbrauch
bey solchem genealogischen Fleiße, sonderlich
außer dem Jüdischen Lande, und zu der Zeit, da
man von der geschehenen Sendung des Meßiä
schon genugsam versichert war, und der genea-
logi
schen Disputation, zumal einer solchen,
die auf keine Erläuterung gewisser Stellen der
heiligen Schrift A. Testaments ging, nicht mehr
gebraucht, und darinnen bey so zerrütteten Sin-
nen der Disputanten kein Ende zu finden war.
Siehe auch Tit. 3, 49.

4. Jn den Worten: bringen Fragen

auf

Cap. 1. v. 3. 4. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] te ου῾τως νυ῀ν πάλιν ϖάρακαλῶ, alſo ermahne
ich dich abermal,
im Sinne ſuppliren: oder,
welches noch fuͤglicher iſt, am Ende des vierten
Verſes die Worte ου῞τως παράγγελλε bey ſich
ſelbſt alſo wiederholen: gleichwie ich dich er-
mahnet habe, ἳνα παραγγέιλης daß du geboͤ-
teſt--alſo gebiete. Darauf ſich denn der Anfang
des fuͤnften Verſes gar wohl ſchicket, da es
heißt: Τὸ δέ τελος τῆς παραγγελίας, die Haupt-
Summa aber des,
oder ſolches Gebots iſt.
u. ſ. w.

V. 4.

Auch nicht acht haͤtten auf (oder ſich
nicht halten an) Fabeln (der mit unter die Leh-
ren der Chriſtlichen Religion gemengeten juͤdi-
ſchen und falſchen oder Kabbaliſtiſchen und Tal-
mudi
ſchen Theologie,) und der Geſchlecht-
Regiſter
(daruͤber das Diſputiren unter der
Oeconomie des neuen Bundes vergeblich und
unnuͤtzlich, ja ſchaͤdlich war) die kein Ende ha-
ben
(theils aus Ermangelung genugſamer Ur-
kunden; theils aus Zerruͤttung des Sinnes bey
den Diſputanten) und bringen (vergebliche)
Fragen auf, mehr denn Beſſerung (Erbau-
ung) zu GOtt im Glauben (darauf es bey
der Chriſtlichen Religion am meiſten ankoͤmmt,
und davon auch alle gute Einrichtung des inner-
lichen Lebens und aͤuſſerlichen Wandels depen-
dir
et.)

Anmerckungen.

1. Μύθοι, Fabeln, ſind Dinge und Bege-
benheiten, welche ohne Grund, und alſo nur er-
tichtet ſind. Da nun ſolches Tichten, die wei-
ſe und Lehrreiche Apologos und Parabolas
ausgenommen, uͤberhaupt ein eiteles Weſen iſt:
ſo iſt es ſo viel unanſtaͤndiger und ſchaͤdlicher,
wenn es in Religions-Sachen gemenget, die
reine Lehre damit verfaͤlſchet, und das Gemuͤth
dadurch zerruͤttet wird. Und dieſes geſchahe von
einigen zu Epheſus.

2. Nun hatten zwar Juden nnd Heyden ih-
re Fabeln; und die Heyden ſonderlich von ih-
ren vermeinten Goͤttern und derſelben genera-
tionibus
und factis, auch daher entſtandenen
manchen Stuͤcken ihres abgoͤttiſchen Weſens;
und kan auch gar wol ſeyn, daß von denen Hey-
den, welche die Chriſtliche Religion angenom-
men, davon etwas in dieſelbe eingemiſchet wor-
den: allein es ſiehet der Apoſtel wol eigentlich,
oder doch am meiſten auf die, welche ſich aus dem
Judenthum zum Chriſtenthum, aber doch nicht
in rechter Lauterkeit gewendet hatten: wie man
denn in den apoſtoliſchen Briefen ſo viele Spu-
ren findet, daß die meiſten Jrrungen in der Leh-
re zu der Apoſtel Zeiten von denen nicht recht be-
kehrten Juden hergeruͤhret. Nun aber waren
die Juden ſchon von etlichen Seculis vor Chriſti
Geburt her durch ihr menſchliches Tichten in Re-
ligions-Sachen ſehr eitel worden. Denn auſ-
ſer allerhand Hiſtoͤrichen von dem Leben der Pa-
triarchen gaben ſie, ſonderlich unter ihnen die
Phariſaͤer, vor, es waͤren weder alle von GOtt
geoffenbahrete Stuͤcke der Religion von Moſe
aufgeſchrieben, noch ſey der aufgeſchriebenen
[Spaltenumbruch] Stuͤcke ihr geheimer Verſtand aus den Schrif-
ten zu errathen, ſondern beydes, ſo wol dieſen
geheimen Verſtand, als auch die gar nicht
verzeichneten Religions-Geheimniſſe waͤren von
Moſe den Aelteſten muͤndlich vorgetragen, und
durch dieſelbe auf die Nachkommen, auf welche
endlich alles auf ſie, die Phariſaͤer, gebracht, als
Lex oralis, ein muͤndliches Geſetz, oder Kab-
bala,
fortgepflantzet. Daher denn hernach ih-
re in ſolche Schriften, die noch heute zu tage
vorhanden ſind, verfaſſete pſeudomyſtiſche,
kabbaliſtiſche und talmudiſche Theologie
mit dem gantzen Satzungs-Kram entſtanden.
Wozu auch wol manches von den thoͤrichten
Saͤtzen der Aegyptier, Chaldaͤer, und Sabaͤer,
auch aus der Pythagoriſchen und Platoniſchen
Philoſophie mochte angenommen ſeyn. Dieſe
Dinge ſind mit den Lehren der Chriſtlichen Re-
ligion vermenget; und die nennet der Apoſtel
Fabeln. Cap. 4, 7. heiſſen ſie ungeiſtliche und
altvetteliſche Fabeln.
v. 6. 7. heißen ſie un-
geiſtliche loſe Geſchwaͤtz und das Gezaͤncke
der falſchberuͤhmten Kunſt.
2 Tim. 4, 4.
wird ſolcher juͤckenden Ohren gedacht, welche
ſich von der Wahrheit zu den Fabeln wenden.
Und Tit. 1, 14. gedencket er der Fabeln ausdruͤck-
lich, als ſolcher, die Juͤdiſch ſind, und verknuͤ-
pfet ſie mit den Menſchen Geboten. Siehe auch
2 Pet. 1, 16. Da Petrus ſpricht, er habe nicht
μύθοις σεσοϕισμένοις, den klugen oder ausge-
kluͤgelten Fabein gefolget.

3. Was die Geſchlecht-Regiſter betrift;
ſo haben zwar auch die Heyden ihre genealo-
gias
in den ſo genannten generationibus Deo-
rum
gehabt: allein dieſe Dinge waren viel zu
thoͤricht, als daß ſie von einigen bey der Chriſt-
lichen Religion noch ſolten beybehalten ſeyn:
wie ſie denn auch von den vernuͤnftigen Heyden
ſelbſt verlachet wurden. Und alſo ſiehet der A-
poſtel eigentlich auf die Juͤdiſche Genealogien;
gleichwie er auch mit dem vorhergehenden Wor-
te ihre Corruption in der Lehre bezeichnet. So
noͤthig nun als die Unterſuchung und Be-
wahrung der Geſchlecht-Regiſter unter den Ju-
den war, wie in politicis und œconomicis zum
Unterſcheide der Staͤmme und der Familien,
und der ihnen nach ſolchem Grunde zukommen-
den Rechte an zeitlichen und unbeweglichen Guͤ-
tern; alſo auch in eccleſiaſticis zur Bezeich-
nung der Ordnungen und Familien unter den
Leviten und Prieſtern; und uͤberdas in dem
Stamme Juda in der Davidiſchen Familie zur
Wahrnehmung der Abſtammung des verheiſſe-
nen Meßiaͤ: ſo groß war auch der Mißbrauch
bey ſolchem genealogiſchen Fleiße, ſonderlich
außer dem Juͤdiſchen Lande, und zu der Zeit, da
man von der geſchehenen Sendung des Meßiaͤ
ſchon genugſam verſichert war, und der genea-
logi
ſchen Diſputation, zumal einer ſolchen,
die auf keine Erlaͤuterung gewiſſer Stellen der
heiligen Schrift A. Teſtaments ging, nicht mehr
gebraucht, und darinnen bey ſo zerruͤtteten Sin-
nen der Diſputanten kein Ende zu finden war.
Siehe auch Tit. 3, 49.

4. Jn den Worten: bringen Fragen

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[79/0081] Cap. 1. v. 3. 4. an den Timotheum. te ου῾τως νυ῀ν πάλιν ϖάρακαλῶ, alſo ermahne ich dich abermal, im Sinne ſuppliren: oder, welches noch fuͤglicher iſt, am Ende des vierten Verſes die Worte ου῞τως παράγγελλε bey ſich ſelbſt alſo wiederholen: gleichwie ich dich er- mahnet habe, ἳνα παραγγέιλης daß du geboͤ- teſt--alſo gebiete. Darauf ſich denn der Anfang des fuͤnften Verſes gar wohl ſchicket, da es heißt: Τὸ δέ τελος τῆς παραγγελίας, die Haupt- Summa aber des, oder ſolches Gebots iſt. u. ſ. w. V. 4. Auch nicht acht haͤtten auf (oder ſich nicht halten an) Fabeln (der mit unter die Leh- ren der Chriſtlichen Religion gemengeten juͤdi- ſchen und falſchen oder Kabbaliſtiſchen und Tal- mudiſchen Theologie,) und der Geſchlecht- Regiſter (daruͤber das Diſputiren unter der Oeconomie des neuen Bundes vergeblich und unnuͤtzlich, ja ſchaͤdlich war) die kein Ende ha- ben (theils aus Ermangelung genugſamer Ur- kunden; theils aus Zerruͤttung des Sinnes bey den Diſputanten) und bringen (vergebliche) Fragen auf, mehr denn Beſſerung (Erbau- ung) zu GOtt im Glauben (darauf es bey der Chriſtlichen Religion am meiſten ankoͤmmt, und davon auch alle gute Einrichtung des inner- lichen Lebens und aͤuſſerlichen Wandels depen- diret.) Anmerckungen. 1. Μύθοι, Fabeln, ſind Dinge und Bege- benheiten, welche ohne Grund, und alſo nur er- tichtet ſind. Da nun ſolches Tichten, die wei- ſe und Lehrreiche Apologos und Parabolas ausgenommen, uͤberhaupt ein eiteles Weſen iſt: ſo iſt es ſo viel unanſtaͤndiger und ſchaͤdlicher, wenn es in Religions-Sachen gemenget, die reine Lehre damit verfaͤlſchet, und das Gemuͤth dadurch zerruͤttet wird. Und dieſes geſchahe von einigen zu Epheſus. 2. Nun hatten zwar Juden nnd Heyden ih- re Fabeln; und die Heyden ſonderlich von ih- ren vermeinten Goͤttern und derſelben genera- tionibus und factis, auch daher entſtandenen manchen Stuͤcken ihres abgoͤttiſchen Weſens; und kan auch gar wol ſeyn, daß von denen Hey- den, welche die Chriſtliche Religion angenom- men, davon etwas in dieſelbe eingemiſchet wor- den: allein es ſiehet der Apoſtel wol eigentlich, oder doch am meiſten auf die, welche ſich aus dem Judenthum zum Chriſtenthum, aber doch nicht in rechter Lauterkeit gewendet hatten: wie man denn in den apoſtoliſchen Briefen ſo viele Spu- ren findet, daß die meiſten Jrrungen in der Leh- re zu der Apoſtel Zeiten von denen nicht recht be- kehrten Juden hergeruͤhret. Nun aber waren die Juden ſchon von etlichen Seculis vor Chriſti Geburt her durch ihr menſchliches Tichten in Re- ligions-Sachen ſehr eitel worden. Denn auſ- ſer allerhand Hiſtoͤrichen von dem Leben der Pa- triarchen gaben ſie, ſonderlich unter ihnen die Phariſaͤer, vor, es waͤren weder alle von GOtt geoffenbahrete Stuͤcke der Religion von Moſe aufgeſchrieben, noch ſey der aufgeſchriebenen Stuͤcke ihr geheimer Verſtand aus den Schrif- ten zu errathen, ſondern beydes, ſo wol dieſen geheimen Verſtand, als auch die gar nicht verzeichneten Religions-Geheimniſſe waͤren von Moſe den Aelteſten muͤndlich vorgetragen, und durch dieſelbe auf die Nachkommen, auf welche endlich alles auf ſie, die Phariſaͤer, gebracht, als Lex oralis, ein muͤndliches Geſetz, oder Kab- bala, fortgepflantzet. Daher denn hernach ih- re in ſolche Schriften, die noch heute zu tage vorhanden ſind, verfaſſete pſeudomyſtiſche, kabbaliſtiſche und talmudiſche Theologie mit dem gantzen Satzungs-Kram entſtanden. Wozu auch wol manches von den thoͤrichten Saͤtzen der Aegyptier, Chaldaͤer, und Sabaͤer, auch aus der Pythagoriſchen und Platoniſchen Philoſophie mochte angenommen ſeyn. Dieſe Dinge ſind mit den Lehren der Chriſtlichen Re- ligion vermenget; und die nennet der Apoſtel Fabeln. Cap. 4, 7. heiſſen ſie ungeiſtliche und altvetteliſche Fabeln. v. 6. 7. heißen ſie un- geiſtliche loſe Geſchwaͤtz und das Gezaͤncke der falſchberuͤhmten Kunſt. 2 Tim. 4, 4. wird ſolcher juͤckenden Ohren gedacht, welche ſich von der Wahrheit zu den Fabeln wenden. Und Tit. 1, 14. gedencket er der Fabeln ausdruͤck- lich, als ſolcher, die Juͤdiſch ſind, und verknuͤ- pfet ſie mit den Menſchen Geboten. Siehe auch 2 Pet. 1, 16. Da Petrus ſpricht, er habe nicht μύθοις σεσοϕισμένοις, den klugen oder ausge- kluͤgelten Fabein gefolget. 3. Was die Geſchlecht-Regiſter betrift; ſo haben zwar auch die Heyden ihre genealo- gias in den ſo genannten generationibus Deo- rum gehabt: allein dieſe Dinge waren viel zu thoͤricht, als daß ſie von einigen bey der Chriſt- lichen Religion noch ſolten beybehalten ſeyn: wie ſie denn auch von den vernuͤnftigen Heyden ſelbſt verlachet wurden. Und alſo ſiehet der A- poſtel eigentlich auf die Juͤdiſche Genealogien; gleichwie er auch mit dem vorhergehenden Wor- te ihre Corruption in der Lehre bezeichnet. So noͤthig nun als die Unterſuchung und Be- wahrung der Geſchlecht-Regiſter unter den Ju- den war, wie in politicis und œconomicis zum Unterſcheide der Staͤmme und der Familien, und der ihnen nach ſolchem Grunde zukommen- den Rechte an zeitlichen und unbeweglichen Guͤ- tern; alſo auch in eccleſiaſticis zur Bezeich- nung der Ordnungen und Familien unter den Leviten und Prieſtern; und uͤberdas in dem Stamme Juda in der Davidiſchen Familie zur Wahrnehmung der Abſtammung des verheiſſe- nen Meßiaͤ: ſo groß war auch der Mißbrauch bey ſolchem genealogiſchen Fleiße, ſonderlich außer dem Juͤdiſchen Lande, und zu der Zeit, da man von der geſchehenen Sendung des Meßiaͤ ſchon genugſam verſichert war, und der genea- logiſchen Diſputation, zumal einer ſolchen, die auf keine Erlaͤuterung gewiſſer Stellen der heiligen Schrift A. Teſtaments ging, nicht mehr gebraucht, und darinnen bey ſo zerruͤtteten Sin- nen der Diſputanten kein Ende zu finden war. Siehe auch Tit. 3, 49. 4. Jn den Worten: bringen Fragen auf

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/81>, abgerufen am 27.11.2024.