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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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V. 1. 2. 3. des Briefes Judä.
[Spaltenumbruch]
g. Diese göttliche Bewahrung und Er-
haltung erfodert auf Seiten der Gläubigen
die Beharrung im Glauben, 1 Petr. 1, 5.
und die Treue im Laufe der Erneuerung mit
der Bewahrung des guten Gewissens; dar-
auf Judas im folgenden Contexte dringet,
und davon es in allen apocalyptischen Brie-
fen heißt: Wer überwindet, wer über-
windet!
mit hinzugethaner herrlichen Ver-
heissung. Und gleich wie die Gläubigen in
dem Worte von ihrer Behaltung auch ihrer
eignen Pflicht erinnert werden: also wer-
den sie auch darauf mit den übrigen Wor-
ten, von ihrer Berufung und Versöhnung,
als unschätzbaren Wohlthaten GOttes, die
man wohl anzulegen habe, geführet. Wel-
ches sich auch noch itzo ein ieder Christlicher
Leser muß gesaget und empfohlen seyn las-
sen.
V. 2.

GOtt gebe euch viel Barmhertzig-
keit, und Friede, und Liebe.
(Gr. Barm-
hertzigkeit, Friede und Liebe werde euch, oder
in euch, vermannigfältiget.)

Anmerckungen.

1. Die Barmhertzigkeit ist dieselbe Gna-
de, welche GOTT in CHristo, in Ansehung
unsers Elendes, gegen uns träget, mit der
Bereitwilligkeit, uns daraus zu helfen und in
den Stand des Heyls zu versetzen. Und also
ist die Barmhertzigkeit eine gantz unverdiente
Gnade,
von welcher GOtt heißt der Vater
aller Barmhertzigkeit
1 Cor. 1, 3. der sich über
die Menschen in CHristo erbarmet, wie ein
Vater über seine Kinder
Ps. 103. dessen
Barmhertzigkeit also in CHristo gegründet ist,
daß uns dahero CHristus als der Anfang aus der
Höhe besuchet hat Luc. 1, 78.

2. Wie genau Gnade, und Barmhertzig-
keit, und Friede mit einander verbunden sind,
ist schon mehrmal bey dem Apostolischen Grusse
in den andern Briefen erinnert. Was GOtt uns
an Heils-Gütern nach seiner Barmhertzigkeit
mit zutheilen freywillig und bereit ist, das schen-
cket er würcklich und giebt es zu geniessen durch
den Frieden; als dadurch ein Gläubiger sich
von der Huld GOttes also versichert hält, daß
er mit einem zuversichtlichen Hertzen vergnüglich
in ihm ruhet, und solchergestalt am neuen Men-
schen immer mehr gestärcket wird. Eines ist
von dem andern unzertrennlich. Die Gnade
ohne den würcklichen Frieden mit GOtt und in
GOtt ist, ausser dem Stande geistlicher Anfech-
tungen, nur eine leere Einbildung. Und Friede
ohne Gnade nur ein blosses Naturwerck und eine
fleischliche Sicherheit.

3. Mit dem Worte Liebe erläutert der A-
postel das, was er vorher mit den beyden Wor-
ten von der Barmhertzigkeit und von dem Frie-
den gesaget hat. Denn er verstehet dadurch die
Liebe GOttes gegen uns, wie aus dem Wun-
sche zu erkennen ist; als der auf das Gute gehet,
das den Gläubigen von GOtt wiederfahren solte.
Nun ist zwar das auch allerdings was Gutes und
was grosses, wenn wir GOtt wol lieben können:
[Spaltenumbruch] allein daß wir in der Liebe GOttes gegen uns recht
gegründet werden, das ist noch ein mehrers;
nemlich es ist der Evangelische Grund unsers
Christenthums, aus welchem, als aus einer
Qvelle, unsere Liebe gegen GOtt entstehet; also,
daß man denn sagen kan: Lasset uns ihn lie-
ben, denn er hat uns erst geliebet.
1 Joh. 4,
19. Wir finden auch 2 Cor. 13, 13. die Liebe
GOttes in diesem Verstande zu der Gnade GOt-
tes gesetzet, wenn es alda heisset: Die Gnade
unsers HErrn JEsu CHristi, und die Liebe
GOttes u. f.
Und dis ist die Liebe, die uns Jo-
hannes im ersten Briefe so sehr anpreiset, da er
will, daß sie in uns und wir in ihr zur Entzün-
dung und Vermehrung unserer Gegen-Liebe völ-
lig seyn sollen. Es will demnach der Apostel alhier
soviel sagen, und wünschen daß durch die Mit-
theilung der erbarmenden Gnade und des Frie-
dens die Liebe GOttes gegen uns in den Hertzen
der Gläubigen recht ausgegossen werden möge,
um zu schmecken, und zu sehen, wie freundlich der
HErr ist, und also an diesem principio, als der
reinen Qvelle, zu bleiben.

4. Und gleichwie er damit auf die Behar-
rung
gehet, so siehet er dabey auch auf die Ver-
mehrung,
und gebrauchet sich dazu des Worts:
werde vervielfältiget: womit er anzeiget theils
den Reichthum der Güte GOttes, theils unsere
grosse Dürftigkeit, nach welcher wir derselben
wie zum Anfange, also auch zum gesegneten Fort-
gange und Wachsthum, so sehr benöthiget sind.
Daher es denn alhier heissen muß: je länger,
jemehr! je länger, je lieber!
und nach Joh.
1, 16. aus seiner Fülle nehmen wir Gnade um
Gnade:
desgleichen nach Matth. 13, 11. Wer
da hat
(also daß er es wohl anleget) dem wird
gegeben, daß er die Fülle habe.

5. Es suche sich demnach ein jeder Leser, der
aus diesem Briefe einen rechten Nutzen haben
will, zuvorderst in evangelischer Zueignung die-
ses Segens-Grusses recht vest zu setzen, und ge-
dencke nicht anders, als wenn er auf ihn inson-
derheit gerichtet wäre: bey welcher Application
ihm denn auch die vorhergehenden Worte von
der Versöhnung, gnädigen Berufung und Be-
wahrung auch so viel lebendiger in seiner Seelen
seyn werden, da sie ohne das auf das lautere Ev-
angelium gehen.

V. 3.

Jhr lieben, nachdem ich (aus beson-
derem Triebe des Heiligen Geistes) vor hatte
euch zu schreiben von unser aller Heil
(Gr.
von dem gemeinen Heil) hielte ichs (son-
derlich der verführischen Lehrer wegen, die
euch in Gefahr setzen) für nöthig, euch mit
Schriften zu ermahnen
(Gr. zu schreiben, also
daß ich euch ermahnete) daß ihr ob dem Glau-
ben kämpfet, der einmal
(für allemal, und
also recht und völlig) den Heiligen (gläubigen
Christen, welche als geheiligte, oder versöhne-
te, auch im Leben der innerlichen und äusserlichen
Heiligung nachjagen Hebr. 12, 14.) vorgegeben
(und als eine theure Beylage anvertrauet) ist.

Anmerckungen.

1. Der Apostel bezeuget alhier, nach der

liebrei-
D d d d d 2
V. 1. 2. 3. des Briefes Judaͤ.
[Spaltenumbruch]
γ. Dieſe goͤttliche Bewahrung und Er-
haltung erfodert auf Seiten der Glaͤubigen
die Beharrung im Glauben, 1 Petr. 1, 5.
und die Treue im Laufe der Erneuerung mit
der Bewahrung des guten Gewiſſens; dar-
auf Judas im folgenden Contexte dringet,
und davon es in allen apocalyptiſchen Brie-
fen heißt: Wer uͤberwindet, wer uͤber-
windet!
mit hinzugethaner herrlichen Ver-
heiſſung. Und gleich wie die Glaͤubigen in
dem Worte von ihrer Behaltung auch ihrer
eignen Pflicht erinnert werden: alſo wer-
den ſie auch darauf mit den uͤbrigen Wor-
ten, von ihrer Berufung und Verſoͤhnung,
als unſchaͤtzbaren Wohlthaten GOttes, die
man wohl anzulegen habe, gefuͤhret. Wel-
ches ſich auch noch itzo ein ieder Chriſtlicher
Leſer muß geſaget und empfohlen ſeyn laſ-
ſen.
V. 2.

GOtt gebe euch viel Barmhertzig-
keit, und Friede, und Liebe.
(Gr. Barm-
hertzigkeit, Friede und Liebe werde euch, oder
in euch, vermannigfaͤltiget.)

Anmerckungen.

1. Die Barmhertzigkeit iſt dieſelbe Gna-
de, welche GOTT in CHriſto, in Anſehung
unſers Elendes, gegen uns traͤget, mit der
Bereitwilligkeit, uns daraus zu helfen und in
den Stand des Heyls zu verſetzen. Und alſo
iſt die Barmhertzigkeit eine gantz unverdiente
Gnade,
von welcher GOtt heißt der Vater
aller Barmhertzigkeit
1 Cor. 1, 3. der ſich uͤber
die Menſchen in CHriſto erbarmet, wie ein
Vater uͤber ſeine Kinder
Pſ. 103. deſſen
Barmhertzigkeit alſo in CHriſto gegruͤndet iſt,
daß uns dahero CHriſtus als der Anfang aus der
Hoͤhe beſuchet hat Luc. 1, 78.

2. Wie genau Gnade, und Barmhertzig-
keit, und Friede mit einander verbunden ſind,
iſt ſchon mehrmal bey dem Apoſtoliſchen Gruſſe
in den andern Briefen erinnert. Was GOtt uns
an Heils-Guͤtern nach ſeiner Barmhertzigkeit
mit zutheilen freywillig und bereit iſt, das ſchen-
cket er wuͤrcklich und giebt es zu genieſſen durch
den Frieden; als dadurch ein Glaͤubiger ſich
von der Huld GOttes alſo verſichert haͤlt, daß
er mit einem zuverſichtlichen Hertzen vergnuͤglich
in ihm ruhet, und ſolchergeſtalt am neuen Men-
ſchen immer mehr geſtaͤrcket wird. Eines iſt
von dem andern unzertrennlich. Die Gnade
ohne den wuͤrcklichen Frieden mit GOtt und in
GOtt iſt, auſſer dem Stande geiſtlicher Anfech-
tungen, nur eine leere Einbildung. Und Friede
ohne Gnade nur ein bloſſes Naturwerck und eine
fleiſchliche Sicherheit.

3. Mit dem Worte Liebe erlaͤutert der A-
poſtel das, was er vorher mit den beyden Wor-
ten von der Barmhertzigkeit und von dem Frie-
den geſaget hat. Denn er verſtehet dadurch die
Liebe GOttes gegen uns, wie aus dem Wun-
ſche zu erkennen iſt; als der auf das Gute gehet,
das den Glaͤubigen von GOtt wiederfahren ſolte.
Nun iſt zwar das auch allerdings was Gutes und
was groſſes, wenn wir GOtt wol lieben koͤnnen:
[Spaltenumbruch] allein daß wir in der Liebe GOttes gegen uns recht
gegruͤndet werden, das iſt noch ein mehrers;
nemlich es iſt der Evangeliſche Grund unſers
Chriſtenthums, aus welchem, als aus einer
Qvelle, unſere Liebe gegen GOtt entſtehet; alſo,
daß man denn ſagen kan: Laſſet uns ihn lie-
ben, denn er hat uns erſt geliebet.
1 Joh. 4,
19. Wir finden auch 2 Cor. 13, 13. die Liebe
GOttes in dieſem Verſtande zu der Gnade GOt-
tes geſetzet, wenn es alda heiſſet: Die Gnade
unſers HErrn JEſu CHriſti, und die Liebe
GOttes u. f.
Und dis iſt die Liebe, die uns Jo-
hannes im erſten Briefe ſo ſehr anpreiſet, da er
will, daß ſie in uns und wir in ihr zur Entzuͤn-
dung und Vermehrung unſerer Gegen-Liebe voͤl-
lig ſeyn ſollen. Es will demnach der Apoſtel alhier
ſoviel ſagen, und wuͤnſchen daß durch die Mit-
theilung der erbarmenden Gnade und des Frie-
dens die Liebe GOttes gegen uns in den Hertzen
der Glaͤubigen recht ausgegoſſen werden moͤge,
um zu ſchmecken, und zu ſehen, wie freundlich der
HErr iſt, und alſo an dieſem principio, als der
reinen Qvelle, zu bleiben.

4. Und gleichwie er damit auf die Behar-
rung
gehet, ſo ſiehet er dabey auch auf die Ver-
mehrung,
und gebrauchet ſich dazu des Worts:
weꝛde vervielfaͤltiget: womit er anzeiget theils
den Reichthum der Guͤte GOttes, theils unſere
groſſe Duͤrftigkeit, nach welcher wir derſelben
wie zum Anfange, alſo auch zum geſegneten Fort-
gange und Wachsthum, ſo ſehr benoͤthiget ſind.
Daher es denn alhier heiſſen muß: je laͤnger,
jemehr! je laͤnger, je lieber!
und nach Joh.
1, 16. aus ſeiner Fuͤlle nehmen wir Gnade um
Gnade:
desgleichen nach Matth. 13, 11. Wer
da hat
(alſo daß er es wohl anleget) dem wird
gegeben, daß er die Fuͤlle habe.

5. Es ſuche ſich demnach ein jeder Leſer, der
aus dieſem Briefe einen rechten Nutzen haben
will, zuvorderſt in evangeliſcher Zueignung die-
ſes Segens-Gruſſes recht veſt zu ſetzen, und ge-
dencke nicht anders, als wenn er auf ihn inſon-
derheit gerichtet waͤre: bey welcher Application
ihm denn auch die vorhergehenden Worte von
der Verſoͤhnung, gnaͤdigen Berufung und Be-
wahrung auch ſo viel lebendiger in ſeiner Seelen
ſeyn werden, da ſie ohne das auf das lautere Ev-
angelium gehen.

V. 3.

Jhr lieben, nachdem ich (aus beſon-
derem Triebe des Heiligen Geiſtes) vor hatte
euch zu ſchreiben von unſer aller Heil
(Gr.
von dem gemeinen Heil) hielte ichs (ſon-
derlich der verfuͤhriſchen Lehrer wegen, die
euch in Gefahr ſetzen) fuͤr noͤthig, euch mit
Schriften zu ermahnen
(Gr. zu ſchreiben, alſo
daß ich euch ermahnete) daß ihr ob dem Glau-
ben kaͤmpfet, der einmal
(fuͤr allemal, und
alſo recht und voͤllig) den Heiligen (glaͤubigen
Chriſten, welche als geheiligte, oder verſoͤhne-
te, auch im Leben der innerlichen und aͤuſſerlichen
Heiligung nachjagen Hebr. 12, 14.) vorgegeben
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1. Der Apoſtel bezeuget alhier, nach der

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[765/0765] V. 1. 2. 3. des Briefes Judaͤ. γ. Dieſe goͤttliche Bewahrung und Er- haltung erfodert auf Seiten der Glaͤubigen die Beharrung im Glauben, 1 Petr. 1, 5. und die Treue im Laufe der Erneuerung mit der Bewahrung des guten Gewiſſens; dar- auf Judas im folgenden Contexte dringet, und davon es in allen apocalyptiſchen Brie- fen heißt: Wer uͤberwindet, wer uͤber- windet! mit hinzugethaner herrlichen Ver- heiſſung. Und gleich wie die Glaͤubigen in dem Worte von ihrer Behaltung auch ihrer eignen Pflicht erinnert werden: alſo wer- den ſie auch darauf mit den uͤbrigen Wor- ten, von ihrer Berufung und Verſoͤhnung, als unſchaͤtzbaren Wohlthaten GOttes, die man wohl anzulegen habe, gefuͤhret. Wel- ches ſich auch noch itzo ein ieder Chriſtlicher Leſer muß geſaget und empfohlen ſeyn laſ- ſen. V. 2. GOtt gebe euch viel Barmhertzig- keit, und Friede, und Liebe. (Gr. Barm- hertzigkeit, Friede und Liebe werde euch, oder in euch, vermannigfaͤltiget.) Anmerckungen. 1. Die Barmhertzigkeit iſt dieſelbe Gna- de, welche GOTT in CHriſto, in Anſehung unſers Elendes, gegen uns traͤget, mit der Bereitwilligkeit, uns daraus zu helfen und in den Stand des Heyls zu verſetzen. Und alſo iſt die Barmhertzigkeit eine gantz unverdiente Gnade, von welcher GOtt heißt der Vater aller Barmhertzigkeit 1 Cor. 1, 3. der ſich uͤber die Menſchen in CHriſto erbarmet, wie ein Vater uͤber ſeine Kinder Pſ. 103. deſſen Barmhertzigkeit alſo in CHriſto gegruͤndet iſt, daß uns dahero CHriſtus als der Anfang aus der Hoͤhe beſuchet hat Luc. 1, 78. 2. Wie genau Gnade, und Barmhertzig- keit, und Friede mit einander verbunden ſind, iſt ſchon mehrmal bey dem Apoſtoliſchen Gruſſe in den andern Briefen erinnert. Was GOtt uns an Heils-Guͤtern nach ſeiner Barmhertzigkeit mit zutheilen freywillig und bereit iſt, das ſchen- cket er wuͤrcklich und giebt es zu genieſſen durch den Frieden; als dadurch ein Glaͤubiger ſich von der Huld GOttes alſo verſichert haͤlt, daß er mit einem zuverſichtlichen Hertzen vergnuͤglich in ihm ruhet, und ſolchergeſtalt am neuen Men- ſchen immer mehr geſtaͤrcket wird. Eines iſt von dem andern unzertrennlich. Die Gnade ohne den wuͤrcklichen Frieden mit GOtt und in GOtt iſt, auſſer dem Stande geiſtlicher Anfech- tungen, nur eine leere Einbildung. Und Friede ohne Gnade nur ein bloſſes Naturwerck und eine fleiſchliche Sicherheit. 3. Mit dem Worte Liebe erlaͤutert der A- poſtel das, was er vorher mit den beyden Wor- ten von der Barmhertzigkeit und von dem Frie- den geſaget hat. Denn er verſtehet dadurch die Liebe GOttes gegen uns, wie aus dem Wun- ſche zu erkennen iſt; als der auf das Gute gehet, das den Glaͤubigen von GOtt wiederfahren ſolte. Nun iſt zwar das auch allerdings was Gutes und was groſſes, wenn wir GOtt wol lieben koͤnnen: allein daß wir in der Liebe GOttes gegen uns recht gegruͤndet werden, das iſt noch ein mehrers; nemlich es iſt der Evangeliſche Grund unſers Chriſtenthums, aus welchem, als aus einer Qvelle, unſere Liebe gegen GOtt entſtehet; alſo, daß man denn ſagen kan: Laſſet uns ihn lie- ben, denn er hat uns erſt geliebet. 1 Joh. 4, 19. Wir finden auch 2 Cor. 13, 13. die Liebe GOttes in dieſem Verſtande zu der Gnade GOt- tes geſetzet, wenn es alda heiſſet: Die Gnade unſers HErrn JEſu CHriſti, und die Liebe GOttes u. f. Und dis iſt die Liebe, die uns Jo- hannes im erſten Briefe ſo ſehr anpreiſet, da er will, daß ſie in uns und wir in ihr zur Entzuͤn- dung und Vermehrung unſerer Gegen-Liebe voͤl- lig ſeyn ſollen. Es will demnach der Apoſtel alhier ſoviel ſagen, und wuͤnſchen daß durch die Mit- theilung der erbarmenden Gnade und des Frie- dens die Liebe GOttes gegen uns in den Hertzen der Glaͤubigen recht ausgegoſſen werden moͤge, um zu ſchmecken, und zu ſehen, wie freundlich der HErr iſt, und alſo an dieſem principio, als der reinen Qvelle, zu bleiben. 4. Und gleichwie er damit auf die Behar- rung gehet, ſo ſiehet er dabey auch auf die Ver- mehrung, und gebrauchet ſich dazu des Worts: weꝛde vervielfaͤltiget: womit er anzeiget theils den Reichthum der Guͤte GOttes, theils unſere groſſe Duͤrftigkeit, nach welcher wir derſelben wie zum Anfange, alſo auch zum geſegneten Fort- gange und Wachsthum, ſo ſehr benoͤthiget ſind. Daher es denn alhier heiſſen muß: je laͤnger, jemehr! je laͤnger, je lieber! und nach Joh. 1, 16. aus ſeiner Fuͤlle nehmen wir Gnade um Gnade: desgleichen nach Matth. 13, 11. Wer da hat (alſo daß er es wohl anleget) dem wird gegeben, daß er die Fuͤlle habe. 5. Es ſuche ſich demnach ein jeder Leſer, der aus dieſem Briefe einen rechten Nutzen haben will, zuvorderſt in evangeliſcher Zueignung die- ſes Segens-Gruſſes recht veſt zu ſetzen, und ge- dencke nicht anders, als wenn er auf ihn inſon- derheit gerichtet waͤre: bey welcher Application ihm denn auch die vorhergehenden Worte von der Verſoͤhnung, gnaͤdigen Berufung und Be- wahrung auch ſo viel lebendiger in ſeiner Seelen ſeyn werden, da ſie ohne das auf das lautere Ev- angelium gehen. V. 3. Jhr lieben, nachdem ich (aus beſon- derem Triebe des Heiligen Geiſtes) vor hatte euch zu ſchreiben von unſer aller Heil (Gr. von dem gemeinen Heil) hielte ichs (ſon- derlich der verfuͤhriſchen Lehrer wegen, die euch in Gefahr ſetzen) fuͤr noͤthig, euch mit Schriften zu ermahnen (Gr. zu ſchreiben, alſo daß ich euch ermahnete) daß ihr ob dem Glau- ben kaͤmpfet, der einmal (fuͤr allemal, und alſo recht und voͤllig) den Heiligen (glaͤubigen Chriſten, welche als geheiligte, oder verſoͤhne- te, auch im Leben der innerlichen und aͤuſſerlichen Heiligung nachjagen Hebr. 12, 14.) vorgegeben (und als eine theure Beylage anvertrauet) iſt. Anmerckungen. 1. Der Apoſtel bezeuget alhier, nach der liebrei- D d d d d 2

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 765. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/765>, abgerufen am 23.11.2024.