Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 2. v. 7. 8.
[Spaltenumbruch]
also auch aus der in seiner Gemeinschaft ge- schenckten Kraft. Wie wir auch daher auf die- se Nachfolge zum öftern geführet werden: Matth. 10, 37. 38. c. 11, 28. 29. c. 16, 24. Joh. 8, 12. c. 13, 15. c. 14, 6. c. 15, 4. 5. Eph. 5, 1. Col. 2, 6. 1 Pet. 2, 21. Hebr. 12, 1. 2. Off. 14, 4.
6. Hat die Christliche Religion an den Glaubens-Geheimnissen einen recht göttlichen Character von ihrer Vortreflichkeit: so hat sie einen solchen auch nicht weniger in den Le- bens-Pflichten an dem aller vollkommensten Exempel Christi. Wohl dem, der jene in ei- nem reinen Gewissen hat, und sie in der Nach- folge JEsu mit einem heiligen Wandel zieret!
V. 7.
Brüder, ich schreibe euch nicht ein neu Gebot (da ich euch auf die Haltung der Gebote GOttes und auf einen gottseligen Wandel füh- re,) sondern das alte Gebot, welches ihr habt von Anfang gehabt, (nemlich im An- fange eurer Bekehrung, vom Judenthum und Heydenthum, zu CHristo; gleichwie ihr es schon zuvor im Judenthum gehabt habet, da es euren Vätern in der Wüsten vom Berge Sinai ist gegeben worden, gleichwie es unsern ersten Eltern schon bey dem ersten Anfange, oder bey ihrer Schöpfung, am Ebenbilde GOttes ins Hertz geschrieben war.) Das al- te Gebot (auf welches ich euch itzo weise) ist (eben) das Wort (und kein anders; wie einige vergeblich meynen) das ihr von Anfang (eu- res Christenthums) gehöret (und auch ange- nommen) habet (nemlich als ein solches, das auch damals euch nicht als ein neues, sondern als das Uhralte ist vorgestellet worden.)
Anmerckungen.
1. Es ist fast kein Urtheil gemeiner, als die- ses, daß, wenn die Menschen ihre böse Sitten zu einer Gewohnheit haben werden lassen, und da- mit von dem rechten Wege abgetreten sind, und dieser ihnen dadurch nach und nach recht fremd und unkäntlich worden ist, sie als denn, wenn man sie wieder auf die verlassenen vorigen Wege zu- rücke führet, solches für etwas neues halten, und gleich mit dem Vorwurf von gemachten Neuerungen fertig sind. Welches leider noch heute zu Tage die betrübte Erfahrung bey so vie- len lehret.
2. Da nun bereits zu Johannis Zeiten bey dem Mißbrauche des Evangelii dieser Jrrthum eingerissen war; so bestrafet er denselben hier- mit, und dringet also auf das Werck der Er- neuerung, daß er bezeuget, es sey diese der Ord- nung nach der wahre, einige und alte Weg zum Leben, wenn man sich des Evangelii von Christo recht getrösten wolle.
3. Die Christliche Religion hat auch in dem Alterthum einen Character von ihrer Wahrheit. Denn ob sie gleich durch Christum zu einer neuen Oeconomie gebracht ist; so hat sie doch ihren Grund also im Judenthum, daß sie in demselben an die ältesten Patriarchen, und in diesen an die Zeit der Schöpfung reichet, [Spaltenumbruch]
und uns solchergestalt bey ihrem Alterthum auf ihren göttlichen Ursprung weiset.
V. 8.
Wiederum (hingegen, oder nicht weni- ger) ein neues (durch das Evangelium mit meh- rern aufgeklärtes und eingeschärftes) Gebot schreibe ich euch, das da wahrhaftig ist bey ihm (Gr. in ihm, in Christo, in seinem Exempel wircklich und vollkommen dargestellet ist v. 6.) und bey euch (Gr. in euch, als seinen Glie- dern, welche mit ihrem Haupte nach solchem rechtschaffnen Wesen der Erneuerung billig in einer genauen Ubereinstimmung stehen, wo sie anders nach dem Evangelio eine wahre Ge- meinschaft mit ihm haben.) Denn die Fin- sterniß (nicht allein des Heydenthums, sondern auch des Judenthums) ist vergangen, und das wahre Licht (Christus selbst mit seinem Evangelio) scheinet ietzt (zur Zeit der neuen Oeconomie, welche das alte Gebot auch gleich- sam zum neuen durch die grosse Aufklärung ge- machet hat.)
Anmerckungen.
1. Es verhält sich mit dem Gesetze GOt- tes auf gewisse Art, wie mit einer Vorschrift, welche mit der Zeit ist unleserlich und verdunckelt worden; und wie mit einem Gemählde, wel- ches der Staub und Schmutz unkäntlich und unansehnlich gemachet hat; und dannenhero, wenn es gereiniget und ausgeputzet wird, eine neue Gestalt bekömmt. Denn also stunde es mit dem Gesetze GOttes; als welches, was den- selben geistlichen, und auf den dem lieben GOtt im Geiste und in der Wahrheit zu leistenden Dienst gehenden Verstand betrift, theils durch Unwissenheit, theils durch falsche Auslegungen dergestalt verdunckelt war, daß es sowohl durch das Exempel, als durch die Erklärung Christi und seiner Apostel gleichsam zu einem neuen Ge- bote wurde.
2. Und gleichwie dieses Gebot sich nach sei- nem geistlichen auf alle Vollkommenheit gehen- den Sinn mit vollem Glantze in dem Exempel Christi zeigete, auch in seiner Lehre nach Matth. 5, 11. u. s. f. wie auch in den Predigten und Schrif- ten seiner Apostel nach aller Realität und Solidi- tät (welche alhier von Johanne das wahrhaf- tige genennet wird) vorgetragen wurde: also funde es sich auch bey den wahrhaftigen Gliedern Christi: als welche aus der Fülle Christi empfin- gen Gnade um Gnade Joh. 1, 16. seinen Sinn, den wahrhaftigen, überkamen 1 Cor. 2, 16. 1 Joh. 5, 20. und sein Gesetz in ihr Hertz schreiben liessen. Hebr. 8, 10. c. 10, 16.
3. Was der Apostel von der Finsterniß saget, das hat man billig in einem so weiten Ver- stande zunehmen, als sich vor der neuen Oeco- nomie des Evangelii die Finsterniß gefunden hat. Denn diese war theils gar grob und dicke, nemlich in dem abgöttischen Heydenthum und in dem mit aller Gottlosigkeit des Lebens ver- knüpften Unglauben: theils subtiler in dem Ju- denthum, da die den Juden gegebne Offenbarung
zwar
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 7. 8.
[Spaltenumbruch]
alſo auch aus der in ſeiner Gemeinſchaft ge- ſchenckten Kraft. Wie wir auch daher auf die- ſe Nachfolge zum oͤftern gefuͤhret werden: Matth. 10, 37. 38. c. 11, 28. 29. c. 16, 24. Joh. 8, 12. c. 13, 15. c. 14, 6. c. 15, 4. 5. Eph. 5, 1. Col. 2, 6. 1 Pet. 2, 21. Hebr. 12, 1. 2. Off. 14, 4.
6. Hat die Chriſtliche Religion an den Glaubens-Geheimniſſen einen recht goͤttlichen Character von ihrer Vortreflichkeit: ſo hat ſie einen ſolchen auch nicht weniger in den Le- bens-Pflichten an dem aller vollkommenſten Exempel Chriſti. Wohl dem, der jene in ei- nem reinen Gewiſſen hat, und ſie in der Nach- folge JEſu mit einem heiligen Wandel zieret!
V. 7.
Bruͤder, ich ſchreibe euch nicht ein neu Gebot (da ich euch auf die Haltung der Gebote GOttes und auf einen gottſeligen Wandel fuͤh- re,) ſondern das alte Gebot, welches ihr habt von Anfang gehabt, (nemlich im An- fange eurer Bekehrung, vom Judenthum und Heydenthum, zu CHriſto; gleichwie ihr es ſchon zuvor im Judenthum gehabt habet, da es euren Vaͤtern in der Wuͤſten vom Berge Sinai iſt gegeben worden, gleichwie es unſern erſten Eltern ſchon bey dem erſten Anfange, oder bey ihrer Schoͤpfung, am Ebenbilde GOttes ins Hertz geſchrieben war.) Das al- te Gebot (auf welches ich euch itzo weiſe) iſt (eben) das Wort (und kein anders; wie einige vergeblich meynen) das ihr von Anfang (eu- res Chriſtenthums) gehoͤret (und auch ange- nommen) habet (nemlich als ein ſolches, das auch damals euch nicht als ein neues, ſondern als das Uhralte iſt vorgeſtellet worden.)
Anmerckungen.
1. Es iſt faſt kein Urtheil gemeiner, als die- ſes, daß, wenn die Menſchen ihre boͤſe Sitten zu einer Gewohnheit haben werden laſſen, und da- mit von dem rechten Wege abgetreten ſind, und dieſer ihnen dadurch nach und nach recht fremd und unkaͤntlich worden iſt, ſie als denn, wenn man ſie wieder auf die verlaſſenen vorigen Wege zu- ruͤcke fuͤhret, ſolches fuͤr etwas neues halten, und gleich mit dem Vorwurf von gemachten Neuerungen fertig ſind. Welches leider noch heute zu Tage die betruͤbte Erfahrung bey ſo vie- len lehret.
2. Da nun bereits zu Johannis Zeiten bey dem Mißbrauche des Evangelii dieſer Jrrthum eingeriſſen war; ſo beſtrafet er denſelben hier- mit, und dringet alſo auf das Werck der Er- neuerung, daß er bezeuget, es ſey dieſe der Ord- nung nach der wahre, einige und alte Weg zum Leben, wenn man ſich des Evangelii von Chriſto recht getroͤſten wolle.
3. Die Chriſtliche Religion hat auch in dem Alterthum einen Character von ihrer Wahrheit. Denn ob ſie gleich durch Chriſtum zu einer neuen Oeconomie gebracht iſt; ſo hat ſie doch ihren Grund alſo im Judenthum, daß ſie in demſelben an die aͤlteſten Patriarchen, und in dieſen an die Zeit der Schoͤpfung reichet, [Spaltenumbruch]
und uns ſolchergeſtalt bey ihrem Alterthum auf ihren goͤttlichen Urſprung weiſet.
V. 8.
Wiederum (hingegen, oder nicht weni- ger) ein neues (durch das Evangelium mit meh- rern aufgeklaͤrtes und eingeſchaͤrftes) Gebot ſchreibe ich euch, das da wahrhaftig iſt bey ihm (Gr. in ihm, in Chriſto, in ſeinem Exempel wircklich und vollkommen dargeſtellet iſt v. 6.) und bey euch (Gr. in euch, als ſeinen Glie- dern, welche mit ihrem Haupte nach ſolchem rechtſchaffnen Weſen der Erneuerung billig in einer genauen Ubereinſtimmung ſtehen, wo ſie anders nach dem Evangelio eine wahre Ge- meinſchaft mit ihm haben.) Denn die Fin- ſterniß (nicht allein des Heydenthums, ſondern auch des Judenthums) iſt vergangen, und das wahre Licht (Chriſtus ſelbſt mit ſeinem Evangelio) ſcheinet ietzt (zur Zeit der neuen Oeconomie, welche das alte Gebot auch gleich- ſam zum neuen durch die groſſe Aufklaͤrung ge- machet hat.)
Anmerckungen.
1. Es verhaͤlt ſich mit dem Geſetze GOt- tes auf gewiſſe Art, wie mit einer Vorſchrift, welche mit der Zeit iſt unleſerlich und verdunckelt worden; und wie mit einem Gemaͤhlde, wel- ches der Staub und Schmutz unkaͤntlich und unanſehnlich gemachet hat; und dannenhero, wenn es gereiniget und ausgeputzet wird, eine neue Geſtalt bekoͤmmt. Denn alſo ſtunde es mit dem Geſetze GOttes; als welches, was den- ſelben geiſtlichen, und auf den dem lieben GOtt im Geiſte und in der Wahrheit zu leiſtenden Dienſt gehenden Verſtand betrift, theils durch Unwiſſenheit, theils durch falſche Auslegungen dergeſtalt verdunckelt war, daß es ſowohl durch das Exempel, als durch die Erklaͤrung Chriſti und ſeiner Apoſtel gleichſam zu einem neuen Ge- bote wurde.
2. Und gleichwie dieſes Gebot ſich nach ſei- nem geiſtlichen auf alle Vollkommenheit gehen- den Sinn mit vollem Glantze in dem Exempel Chriſti zeigete, auch in ſeiner Lehre nach Matth. 5, 11. u. ſ. f. wie auch in den Predigten und Schrif- ten ſeiner Apoſtel nach aller Realitaͤt und Solidi- taͤt (welche alhier von Johanne das wahrhaf- tige genennet wird) vorgetragen wurde: alſo funde es ſich auch bey den wahrhaftigen Gliedern Chriſti: als welche aus der Fuͤlle Chriſti empfin- gen Gnade um Gnade Joh. 1, 16. ſeinen Sinn, den wahrhaftigen, uͤberkamen 1 Cor. 2, 16. 1 Joh. 5, 20. und ſein Geſetz in ihr Hertz ſchreiben lieſſen. Hebr. 8, 10. c. 10, 16.
3. Was der Apoſtel von der Finſterniß ſaget, das hat man billig in einem ſo weiten Ver- ſtande zunehmen, als ſich vor der neuen Oeco- nomie des Evangelii die Finſterniß gefunden hat. Denn dieſe war theils gar grob und dicke, nemlich in dem abgoͤttiſchen Heydenthum und in dem mit aller Gottloſigkeit des Lebens ver- knuͤpften Unglauben: theils ſubtiler in dem Ju- denthum, da die den Juden gegebne Offenbarung
zwar
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[662/0664]
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 7. 8.
alſo auch aus der in ſeiner Gemeinſchaft ge-
ſchenckten Kraft. Wie wir auch daher auf die-
ſe Nachfolge zum oͤftern gefuͤhret werden:
Matth. 10, 37. 38. c. 11, 28. 29. c. 16, 24. Joh.
8, 12. c. 13, 15. c. 14, 6. c. 15, 4. 5. Eph. 5, 1. Col.
2, 6. 1 Pet. 2, 21. Hebr. 12, 1. 2. Off. 14, 4.
6. Hat die Chriſtliche Religion an den
Glaubens-Geheimniſſen einen recht goͤttlichen
Character von ihrer Vortreflichkeit: ſo hat
ſie einen ſolchen auch nicht weniger in den Le-
bens-Pflichten an dem aller vollkommenſten
Exempel Chriſti. Wohl dem, der jene in ei-
nem reinen Gewiſſen hat, und ſie in der Nach-
folge JEſu mit einem heiligen Wandel zieret!
V. 7.
Bruͤder, ich ſchreibe euch nicht ein neu
Gebot (da ich euch auf die Haltung der Gebote
GOttes und auf einen gottſeligen Wandel fuͤh-
re,) ſondern das alte Gebot, welches ihr
habt von Anfang gehabt, (nemlich im An-
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Heydenthum, zu CHriſto; gleichwie ihr es
ſchon zuvor im Judenthum gehabt habet, da
es euren Vaͤtern in der Wuͤſten vom Berge
Sinai iſt gegeben worden, gleichwie es unſern
erſten Eltern ſchon bey dem erſten Anfange,
oder bey ihrer Schoͤpfung, am Ebenbilde
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te Gebot (auf welches ich euch itzo weiſe) iſt
(eben) das Wort (und kein anders; wie einige
vergeblich meynen) das ihr von Anfang (eu-
res Chriſtenthums) gehoͤret (und auch ange-
nommen) habet (nemlich als ein ſolches, das
auch damals euch nicht als ein neues, ſondern
als das Uhralte iſt vorgeſtellet worden.)
Anmerckungen.
1. Es iſt faſt kein Urtheil gemeiner, als die-
ſes, daß, wenn die Menſchen ihre boͤſe Sitten zu
einer Gewohnheit haben werden laſſen, und da-
mit von dem rechten Wege abgetreten ſind, und
dieſer ihnen dadurch nach und nach recht fremd
und unkaͤntlich worden iſt, ſie als denn, wenn man
ſie wieder auf die verlaſſenen vorigen Wege zu-
ruͤcke fuͤhret, ſolches fuͤr etwas neues halten,
und gleich mit dem Vorwurf von gemachten
Neuerungen fertig ſind. Welches leider noch
heute zu Tage die betruͤbte Erfahrung bey ſo vie-
len lehret.
2. Da nun bereits zu Johannis Zeiten bey
dem Mißbrauche des Evangelii dieſer Jrrthum
eingeriſſen war; ſo beſtrafet er denſelben hier-
mit, und dringet alſo auf das Werck der Er-
neuerung, daß er bezeuget, es ſey dieſe der Ord-
nung nach der wahre, einige und alte Weg
zum Leben, wenn man ſich des Evangelii von
Chriſto recht getroͤſten wolle.
3. Die Chriſtliche Religion hat auch in
dem Alterthum einen Character von ihrer
Wahrheit. Denn ob ſie gleich durch Chriſtum
zu einer neuen Oeconomie gebracht iſt; ſo hat
ſie doch ihren Grund alſo im Judenthum, daß ſie
in demſelben an die aͤlteſten Patriarchen, und
in dieſen an die Zeit der Schoͤpfung reichet,
und uns ſolchergeſtalt bey ihrem Alterthum auf
ihren goͤttlichen Urſprung weiſet.
V. 8.
Wiederum (hingegen, oder nicht weni-
ger) ein neues (durch das Evangelium mit meh-
rern aufgeklaͤrtes und eingeſchaͤrftes) Gebot
ſchreibe ich euch, das da wahrhaftig iſt bey
ihm (Gr. in ihm, in Chriſto, in ſeinem Exempel
wircklich und vollkommen dargeſtellet iſt v. 6.)
und bey euch (Gr. in euch, als ſeinen Glie-
dern, welche mit ihrem Haupte nach ſolchem
rechtſchaffnen Weſen der Erneuerung billig in
einer genauen Ubereinſtimmung ſtehen, wo ſie
anders nach dem Evangelio eine wahre Ge-
meinſchaft mit ihm haben.) Denn die Fin-
ſterniß (nicht allein des Heydenthums, ſondern
auch des Judenthums) iſt vergangen, und
das wahre Licht (Chriſtus ſelbſt mit ſeinem
Evangelio) ſcheinet ietzt (zur Zeit der neuen
Oeconomie, welche das alte Gebot auch gleich-
ſam zum neuen durch die groſſe Aufklaͤrung ge-
machet hat.)
Anmerckungen.
1. Es verhaͤlt ſich mit dem Geſetze GOt-
tes auf gewiſſe Art, wie mit einer Vorſchrift,
welche mit der Zeit iſt unleſerlich und verdunckelt
worden; und wie mit einem Gemaͤhlde, wel-
ches der Staub und Schmutz unkaͤntlich und
unanſehnlich gemachet hat; und dannenhero,
wenn es gereiniget und ausgeputzet wird, eine
neue Geſtalt bekoͤmmt. Denn alſo ſtunde es
mit dem Geſetze GOttes; als welches, was den-
ſelben geiſtlichen, und auf den dem lieben GOtt
im Geiſte und in der Wahrheit zu leiſtenden
Dienſt gehenden Verſtand betrift, theils durch
Unwiſſenheit, theils durch falſche Auslegungen
dergeſtalt verdunckelt war, daß es ſowohl durch
das Exempel, als durch die Erklaͤrung Chriſti
und ſeiner Apoſtel gleichſam zu einem neuen Ge-
bote wurde.
2. Und gleichwie dieſes Gebot ſich nach ſei-
nem geiſtlichen auf alle Vollkommenheit gehen-
den Sinn mit vollem Glantze in dem Exempel
Chriſti zeigete, auch in ſeiner Lehre nach Matth.
5, 11. u. ſ. f. wie auch in den Predigten und Schrif-
ten ſeiner Apoſtel nach aller Realitaͤt und Solidi-
taͤt (welche alhier von Johanne das wahrhaf-
tige genennet wird) vorgetragen wurde: alſo
funde es ſich auch bey den wahrhaftigen Gliedern
Chriſti: als welche aus der Fuͤlle Chriſti empfin-
gen Gnade um Gnade Joh. 1, 16. ſeinen Sinn,
den wahrhaftigen, uͤberkamen 1 Cor. 2, 16. 1 Joh.
5, 20. und ſein Geſetz in ihr Hertz ſchreiben lieſſen.
Hebr. 8, 10. c. 10, 16.
3. Was der Apoſtel von der Finſterniß
ſaget, das hat man billig in einem ſo weiten Ver-
ſtande zunehmen, als ſich vor der neuen Oeco-
nomie des Evangelii die Finſterniß gefunden
hat. Denn dieſe war theils gar grob und dicke,
nemlich in dem abgoͤttiſchen Heydenthum und
in dem mit aller Gottloſigkeit des Lebens ver-
knuͤpften Unglauben: theils ſubtiler in dem Ju-
denthum, da die den Juden gegebne Offenbarung
zwar
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 662. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/664>, abgerufen am 29.05.2024.
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vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.