Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 2. v. 1. [Spaltenumbruch]
ligkeit als den gerechten Richter vor, welchervermöge seiner unwandelbaren Gerechtigkeit nicht anders kan, als die Sünden-Schuld mit gehöriger Strafe belegen, aber dabey auch nach seiner Gnade willig ist, dafür eine fremde Genugthuung, die aber kein blosser Mensch leisten kan, anzunehmen, und solche den Sün- dern in einer gewissen Ordnung des Heyls zu- zurechnen. b. Zu dieser Genugthuung hat sich der Sohn GOttes in dem göttlichen Rathe freywillig er- kläret, mit der Entschliessung, zu dem Ende selbst die menschliche Natur anzunehmen, und dar- innen ein vollkommenes Löse-Geld zu bringen. Was er dißfals verheissen, auch zur künftigen gewissen Erfüllung auf so vielfältige Art vor- gebildet hat, sonderlich in den Opfern, das hat er auch in der Fülle der Zeit wircklich geleistet. Gal. 4, 4. u. f. c. Und also ist er ein solcher Advocat, Sach- Verwalter und Fürsprecher des menschlichen Geschlechts, welcher, da die verdorbene und verlorne Sache desselben mit Worten nicht konte wider gut gemachet werden, noch sonst ein anderes Mittel war, sich selbst zum Ver- söhn-Opfer und Löse-Geld hat dahin gege- ben, und also das gantze menschliche Ge- schlecht der Erwerbung nach aus- und los- ge- bürget und wircklich erlöset. d. Dieses wircklichen, oder mit der That selbst geleisteten Fürspruchs Willen heißt er der Bürge, der Erlöser, der Heyland, der Mittler zwischen GOtt und Menschen: und zwar also, daß er in solchem Mittler-Amte sei- nen Namen JEsus, der sein Volck selig machet von ihren Sünden Matth. 1, 21. Ap. Ges. 4, 12. c. 10, 43. recht thätig erwiesen hat; gleichwie er dazu, nach der menschlichen Natur, von dem Heiligen Geiste ohne Masse war gesalbet worden, und daher den Namen Christus führet. e. Diesen Fürsprecher haben wir, also daß er unser eigen ist, und wir sein Eigenthum sind, und daher vor GOtt in ihm angesehen werden, als er selbst, und also gleichsam die Gerechtig- keit selbst sind. Wir haben ihn also, daß wir ihn behalten, und dadurch, wenn wir bey un- serm Gnaden-Stande aus Schwachheit sün- digen, ihn keines weges verlieren, sondern uns zur Vergebung unserer Sünde und zur Be- ruhigung unsers Gewissens auf sein Versöhn- Opfer gewiß verlassen können. Denn wir können mit Paulo sagen: Jst GOtt für uns, wer mag wider uns seyn? Welcher auch seines eingebornen Sohnes nicht verschonet hat, sondern hat ihn für uns alle dahin gegeben, wie solte er uns mit ihm nicht alles schencken? Wer will die Auserwehlten GOttes beschuldigen? GOtt ist hier, der gerecht machet? Wer will verdammen? Christus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auf- erwecket ist. u. f. f. Wenn nun der Sohn GOttes alhier heißt parakletos, der Fürsprecher, und dieses [Spaltenumbruch] Wort Joh. 14, 16. 20. c. 15, 26. c. 16, 7. auch dem Heiligen Geiste zugeeignet wird, so ist da- bey dieser Unterscheid zu mercken, daß es von Christo nach der Erwerbung, von dem Heiligen Geiste aber nach der Zueignung des erworbenen Heyls gesaget wird; daher es auch von diesem nicht unfüglich durch das Wort Tröster gegeben wird: sintemal das Amt des Heiligen Geistes, womit er Christum nach dem Evangelio in den Gläubigen verklä- ret, lauter kräftigen Trost gebieret, und lauter Stärckung bringet. g. Gerecht heißt der Fürsprecher eigentlich nach dem Amte der Versöhnung. Zwar ist der Grund von seiner Amts-Gerechtigkeit die Ge- rechtigkeit seiner Person, nach welcher er die wesentliche Gerechtigkeit selbst ist. Denn weil er so vollkommen gerecht war, so durfte er kein Opfer für sich selbst bringen, wie den Hohen-Priestern des alten Testaments oblag, Hebr. 7, 26. 27. sondern alles, was er gethan hat, sowol mit vollkommner Erfüllung des Ge- setzes, als auch mit Ubernehmung aller unserer Sünden-Schuld und Strafe, das hat er an unserer statt und um unsert willen gethan, und demnach also, daß es uns soll zugerechnet wer- den. Darum er unsere Gerechtigkeit heißt Jer. 23, 5. 6. c. 33, 14. 15. der uns von GOtt gemachet ist zur Gerechtigkeit 1 Cor. 1, 30. in welchem wir haben, ja gleichsam selbst sind, die Gerechtigkeit, die vor GOTT gilt: 2 Cor. 5, 21. mit diesem Nachdruck heißt er alhier der Gerechte. Von dem der Vater Jes. 53, 11. spricht: durch sein Erkenntniß (durch den Glauben an ihn) wird er, mein Knecht, der Gerechte, viel gerecht ma- chen. 4. Diß ist nun die Wahrheit, oder das rers
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 1. [Spaltenumbruch]
ligkeit als den gerechten Richter vor, welchervermoͤge ſeiner unwandelbaren Gerechtigkeit nicht anders kan, als die Suͤnden-Schuld mit gehoͤriger Strafe belegen, aber dabey auch nach ſeiner Gnade willig iſt, dafuͤr eine fremde Genugthuung, die aber kein bloſſer Menſch leiſten kan, anzunehmen, und ſolche den Suͤn- dern in einer gewiſſen Ordnung des Heyls zu- zurechnen. b. Zu dieſer Genugthuung hat ſich der Sohn GOttes in dem goͤttlichen Rathe freywillig er- klaͤret, mit der Entſchlieſſung, zu dem Ende ſelbſt die menſchliche Natur anzunehmen, und dar- innen ein vollkommenes Loͤſe-Geld zu bringen. Was er dißfals verheiſſen, auch zur kuͤnftigen gewiſſen Erfuͤllung auf ſo vielfaͤltige Art vor- gebildet hat, ſonderlich in den Opfern, das hat er auch in der Fuͤlle der Zeit wircklich geleiſtet. Gal. 4, 4. u. f. c. Und alſo iſt er ein ſolcher Advocat, Sach- Verwalter und Fuͤrſprecher des menſchlichen Geſchlechts, welcher, da die verdorbene und verlorne Sache deſſelben mit Worten nicht konte wider gut gemachet werden, noch ſonſt ein anderes Mittel war, ſich ſelbſt zum Ver- ſoͤhn-Opfer und Loͤſe-Geld hat dahin gege- ben, und alſo das gantze menſchliche Ge- ſchlecht der Erwerbung nach aus- und los- ge- buͤrget und wircklich erloͤſet. d. Dieſes wircklichen, oder mit der That ſelbſt geleiſteten Fuͤrſpruchs Willen heißt er der Buͤrge, der Erloͤſer, der Heyland, der Mittler zwiſchen GOtt und Menſchen: und zwar alſo, daß er in ſolchem Mittler-Amte ſei- nen Namen JEſus, der ſein Volck ſelig machet von ihren Suͤnden Matth. 1, 21. Ap. Geſ. 4, 12. c. 10, 43. recht thaͤtig erwieſen hat; gleichwie er dazu, nach der menſchlichen Natur, von dem Heiligen Geiſte ohne Maſſe war geſalbet worden, und daher den Namen Chriſtus fuͤhret. e. Dieſen Fuͤrſprecher haben wir, alſo daß er unſer eigen iſt, und wir ſein Eigenthum ſind, und daher vor GOtt in ihm angeſehen werden, als er ſelbſt, und alſo gleichſam die Gerechtig- keit ſelbſt ſind. Wir haben ihn alſo, daß wir ihn behalten, und dadurch, wenn wir bey un- ſerm Gnaden-Stande aus Schwachheit ſuͤn- digen, ihn keines weges verlieren, ſondern uns zur Vergebung unſerer Suͤnde und zur Be- ruhigung unſers Gewiſſens auf ſein Verſoͤhn- Opfer gewiß verlaſſen koͤnnen. Denn wir koͤnnen mit Paulo ſagen: Jſt GOtt fuͤr uns, wer mag wider uns ſeyn? Welcher auch ſeines eingebornen Sohnes nicht verſchonet hat, ſondern hat ihn fuͤr uns alle dahin gegeben, wie ſolte er uns mit ihm nicht alles ſchencken? Wer will die Auserwehlten GOttes beſchuldigen? GOtt iſt hier, der gerecht machet? Wer will verdammen? Chriſtus iſt hier, der geſtorben iſt, ja vielmehr, der auch auf- erwecket iſt. u. f. f. Wenn nun der Sohn GOttes alhier heißt παράκλητος, der Fuͤrſprecher, und dieſes [Spaltenumbruch] Wort Joh. 14, 16. 20. c. 15, 26. c. 16, 7. auch dem Heiligen Geiſte zugeeignet wird, ſo iſt da- bey dieſer Unterſcheid zu mercken, daß es von Chriſto nach der Erwerbung, von dem Heiligen Geiſte aber nach der Zueignung des erworbenen Heyls geſaget wird; daher es auch von dieſem nicht unfuͤglich durch das Wort Troͤſter gegeben wird: ſintemal das Amt des Heiligen Geiſtes, womit er Chriſtum nach dem Evangelio in den Glaͤubigen verklaͤ- ret, lauter kraͤftigen Troſt gebieret, und lauter Staͤrckung bringet. g. Gerecht heißt der Fuͤrſprecher eigentlich nach dem Amte der Verſoͤhnung. Zwar iſt der Grund von ſeiner Amts-Gerechtigkeit die Ge- rechtigkeit ſeiner Perſon, nach welcher er die weſentliche Gerechtigkeit ſelbſt iſt. Denn weil er ſo vollkommen gerecht war, ſo durfte er kein Opfer fuͤr ſich ſelbſt bringen, wie den Hohen-Prieſtern des alten Teſtaments oblag, Hebr. 7, 26. 27. ſondern alles, was er gethan hat, ſowol mit vollkommner Erfuͤllung des Ge- ſetzes, als auch mit Ubernehmung aller unſerer Suͤnden-Schuld und Strafe, das hat er an unſerer ſtatt und um unſert willen gethan, und demnach alſo, daß es uns ſoll zugerechnet wer- den. Darum er unſere Gerechtigkeit heißt Jer. 23, 5. 6. c. 33, 14. 15. der uns von GOtt gemachet iſt zur Gerechtigkeit 1 Cor. 1, 30. in welchem wir haben, ja gleichſam ſelbſt ſind, die Gerechtigkeit, die vor GOTT gilt: 2 Cor. 5, 21. mit dieſem Nachdruck heißt er alhier der Gerechte. Von dem der Vater Jeſ. 53, 11. ſpricht: durch ſein Erkenntniß (durch den Glauben an ihn) wird er, mein Knecht, der Gerechte, viel gerecht ma- chen. 4. Diß iſt nun die Wahrheit, oder das rers
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Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 1.
ligkeit als den gerechten Richter vor, welcher
vermoͤge ſeiner unwandelbaren Gerechtigkeit
nicht anders kan, als die Suͤnden-Schuld
mit gehoͤriger Strafe belegen, aber dabey auch
nach ſeiner Gnade willig iſt, dafuͤr eine fremde
Genugthuung, die aber kein bloſſer Menſch
leiſten kan, anzunehmen, und ſolche den Suͤn-
dern in einer gewiſſen Ordnung des Heyls zu-
zurechnen.
b. Zu dieſer Genugthuung hat ſich der Sohn
GOttes in dem goͤttlichen Rathe freywillig er-
klaͤret, mit der Entſchlieſſung, zu dem Ende ſelbſt
die menſchliche Natur anzunehmen, und dar-
innen ein vollkommenes Loͤſe-Geld zu bringen.
Was er dißfals verheiſſen, auch zur kuͤnftigen
gewiſſen Erfuͤllung auf ſo vielfaͤltige Art vor-
gebildet hat, ſonderlich in den Opfern, das hat
er auch in der Fuͤlle der Zeit wircklich geleiſtet.
Gal. 4, 4. u. f.
c. Und alſo iſt er ein ſolcher Advocat, Sach-
Verwalter und Fuͤrſprecher des menſchlichen
Geſchlechts, welcher, da die verdorbene und
verlorne Sache deſſelben mit Worten nicht
konte wider gut gemachet werden, noch ſonſt
ein anderes Mittel war, ſich ſelbſt zum Ver-
ſoͤhn-Opfer und Loͤſe-Geld hat dahin gege-
ben, und alſo das gantze menſchliche Ge-
ſchlecht der Erwerbung nach aus- und los- ge-
buͤrget und wircklich erloͤſet.
d. Dieſes wircklichen, oder mit der That ſelbſt
geleiſteten Fuͤrſpruchs Willen heißt er der
Buͤrge, der Erloͤſer, der Heyland, der
Mittler zwiſchen GOtt und Menſchen: und
zwar alſo, daß er in ſolchem Mittler-Amte ſei-
nen Namen JEſus, der ſein Volck ſelig
machet von ihren Suͤnden Matth. 1, 21.
Ap. Geſ. 4, 12. c. 10, 43. recht thaͤtig erwieſen
hat; gleichwie er dazu, nach der menſchlichen
Natur, von dem Heiligen Geiſte ohne Maſſe
war geſalbet worden, und daher den Namen
Chriſtus fuͤhret.
e. Dieſen Fuͤrſprecher haben wir, alſo daß er
unſer eigen iſt, und wir ſein Eigenthum ſind,
und daher vor GOtt in ihm angeſehen werden,
als er ſelbſt, und alſo gleichſam die Gerechtig-
keit ſelbſt ſind. Wir haben ihn alſo, daß wir
ihn behalten, und dadurch, wenn wir bey un-
ſerm Gnaden-Stande aus Schwachheit ſuͤn-
digen, ihn keines weges verlieren, ſondern uns
zur Vergebung unſerer Suͤnde und zur Be-
ruhigung unſers Gewiſſens auf ſein Verſoͤhn-
Opfer gewiß verlaſſen koͤnnen. Denn wir
koͤnnen mit Paulo ſagen: Jſt GOtt fuͤr
uns, wer mag wider uns ſeyn? Welcher
auch ſeines eingebornen Sohnes nicht
verſchonet hat, ſondern hat ihn fuͤr uns
alle dahin gegeben, wie ſolte er uns mit
ihm nicht alles ſchencken? Wer will die
Auserwehlten GOttes beſchuldigen?
GOtt iſt hier, der gerecht machet? Wer
will verdammen? Chriſtus iſt hier, der
geſtorben iſt, ja vielmehr, der auch auf-
erwecket iſt. u. f.
f. Wenn nun der Sohn GOttes alhier heißt
παράκλητος, der Fuͤrſprecher, und dieſes
Wort Joh. 14, 16. 20. c. 15, 26. c. 16, 7. auch
dem Heiligen Geiſte zugeeignet wird, ſo iſt da-
bey dieſer Unterſcheid zu mercken, daß es von
Chriſto nach der Erwerbung, von dem
Heiligen Geiſte aber nach der Zueignung
des erworbenen Heyls geſaget wird; daher es
auch von dieſem nicht unfuͤglich durch das
Wort Troͤſter gegeben wird: ſintemal das
Amt des Heiligen Geiſtes, womit er Chriſtum
nach dem Evangelio in den Glaͤubigen verklaͤ-
ret, lauter kraͤftigen Troſt gebieret, und lauter
Staͤrckung bringet.
g. Gerecht heißt der Fuͤrſprecher eigentlich nach
dem Amte der Verſoͤhnung. Zwar iſt der
Grund von ſeiner Amts-Gerechtigkeit die Ge-
rechtigkeit ſeiner Perſon, nach welcher er die
weſentliche Gerechtigkeit ſelbſt iſt. Denn
weil er ſo vollkommen gerecht war, ſo durfte
er kein Opfer fuͤr ſich ſelbſt bringen, wie den
Hohen-Prieſtern des alten Teſtaments oblag,
Hebr. 7, 26. 27. ſondern alles, was er gethan
hat, ſowol mit vollkommner Erfuͤllung des Ge-
ſetzes, als auch mit Ubernehmung aller unſerer
Suͤnden-Schuld und Strafe, das hat er an
unſerer ſtatt und um unſert willen gethan, und
demnach alſo, daß es uns ſoll zugerechnet wer-
den. Darum er unſere Gerechtigkeit heißt
Jer. 23, 5. 6. c. 33, 14. 15. der uns von GOtt
gemachet iſt zur Gerechtigkeit 1 Cor. 1, 30.
in welchem wir haben, ja gleichſam ſelbſt
ſind, die Gerechtigkeit, die vor GOTT
gilt: 2 Cor. 5, 21. mit dieſem Nachdruck heißt
er alhier der Gerechte. Von dem der Vater
Jeſ. 53, 11. ſpricht: durch ſein Erkenntniß
(durch den Glauben an ihn) wird er, mein
Knecht, der Gerechte, viel gerecht ma-
chen.
4. Diß iſt nun die Wahrheit, oder das
Haupt-Stuͤck der Evangeliſchen Lehre, welches
der Apoſtel den Glaͤubigen aufs freundlichſte an-
preiſet, wenn er ſie alſo anredete: Meine Kind-
lein! Es hatte zwar dieſe Anrede bey Johanne
das natuͤrliche hohe Alter mit zum Grunde: aber
der rechte Grund lag davon in ſeinem Apoſtel-
Amte, welches dahin ging, daß er durchs Evan-
gelium dem lieben GOtt moͤchte geiſtliche Kinder
gebaͤren; wie Paulus an die Corinthier 1 Ep.
c. 4, 15. und an die Galater c. 4, 19. auch vom Ti-
motheo 1 Tim. 1, 1. auch Tito c. 1, 4. und Phi-
lemone v. 10. bezeuget. Und da Johannes unter
den Glaͤubigen auch viele zur Kindſchaft GOttes
gebracht, theils auch bisher darinnen geſtaͤrcket
hatte, ſo hat er ſich dieſer Worte: Meine Kind-
lein! mit dem zarteſten Affect der Liebe bedienet,
und ſolchen von ſeinem Meiſter, Chriſto, ange-
nommen; als welcher ſeine Juͤnger auch ſelbſt
alſo angeredet hat Joh. 13, 33. Wir finden hier-
innen einen vortreflichen Character eines Evan-
geliſchen Lehrers, welcher iſt, ein Hertz voller drin-
gender Liebe gegen die Zuhoͤrer haben, und aus
ſolcher Fuͤlle reden, auch aus ſolchem Grunde alle
ſeine Amts-Verrichtungen fuͤhren; aber auch
nicht weniger ſolchen Affect der Liebe mit dem
Saltze eines heiligen Ernſtes laſſen geſchaͤrfet
ſeyn. Welches ein- und durchdringen ein meh-
rers
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