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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 2. v. 19. 20.
[Spaltenumbruch] dern auch in einem erbaulichen Wandel er-
weiset. Diese Knechtschaft des Verderbens
nennet Paulus Röm. 16, 18. und Phil. 3, 19.
den Bauch-Dienst.
c. Zur Bekräftigung und Erläuterung der
Worte von der Knechtschaft des Verderbens
setzet der Apostel dazu: Denn von welchem
iemand überwunden ist, deß Knecht ist
er worden.
Und also gehet der Apostel ab
hypothesi ad thesin,
von dem Exempel
auf die Regel. Und da diese nach der Logic
die propositio major ist, das Exempel aber
bey der vorausgesetzten und im Contexte schon
genugsamen propositione minore die
Conclusion abgiebet, so würde ordine
Logico
die Schluß-Rede also lauten:
Von welchem iemand überwunden ist, des-
sen Knecht ist er worden.
Nun aber sind die falschen und bösen Lehrer
nebst ihren Zuhörern von dem Verder-
ben, oder von der verderblichen Lust-
Seuche überwunden;
Darum sind sie Knechte des Verderbens.
d. Da der sündlichen Lust-Begierde Röm. 8, 23.
1 Pet. 2, 11. der feindselige Streit wider die
Seele zugeschrieben wird, so wird sie alhier
als ein solcher Feind vorgestellet, welcher sich
des gantzen Menschen nach Leib und Seele
zur unseligsten Dienstbarkeit bemächtiget.
Davon folgende Oerter zu conferiren sind,
Joh. 8, 34. Röm. 6, 12. u. f.

2. Mit diesem gottlosen Wesen der falschen
Lehrer kam ihre lose Lehre überein: als von wel-
cher der Apostel alhier spricht: sie verheissen
ihnen Freyheit.
Dabey folgendes zu erwe-
gen ist:

a. Die Freyheit, welche zum Evangelio gehö-
ret, ist ein rechtes geistliches Haupt-Gut, ge-
het also den neuen Menschen an, und findet
also bey niemanden Platz, als bey wahren
Knechten und Kindern GOttes, welche der
Knechtschaft der Sünden entgangen sind.
b. Diese Freyheit wurde durch einen sehr schnö-
den Mißbrauch auf Muthwillen, oder auf
das Fleisch gezogen, und vorgegeben, daß,
weil uns Christus vom Fluche des Gesetzes
und von der Schuld und Strafe der Sünden
erlöset habe, einem Christen unter dem Ev-
angelio das Leben nach dem Fleische frey stehe,
oder doch von GOtt zu gute gehalten werde.
c. Da sich nun die falschen Lehrer solche Frey-
heit selbst nahmen, und also die wahre Frey-
heit in Frechheit verkehreten, so führeten sie
auch andere auf diesen Abweg. Darum die
Apostel die ersten Christen vor diesem Miß-
brauche so ernstlich warnen: z. E. Röm. 7, 15.
Wie nun? Sollen wir sündigen, die-
weil wir nicht unter dem Gesetz, son-
dern unter der Gnade sind? das sey
ferne?
Gal. 5, 13. Jhr aber, lieben Brü-
der, seyd zur Freyheit berufen. Allein
sehet zu, daß ihr durch die Freyheit dem
Fleische nicht Raum gebet.
Siehe auch
1 Pet. 2, 26. Als die Freyen, und nicht,
als hättet ihr die Freyheit zum Deckel
[Spaltenumbruch] der Bosheit, sondern als die Knechte
GOttes
(und nicht des Verderbens, wie es
hier heißt.)
d. Da nun die falschen Lehrer solche falsche Frey-
heit verhiessen, oder die Zuhörer davon versi-
cherten, sie auch mit ihrem eigenen Exempel er-
wiesen, so legten sie ihnen eben damit die Lock-
speise vor, wodurch die, welche durch die Be-
kehrung solchem Unflate entflohen waren,
wenn sie sich wieder einflechten und gefangen
nehmen liessen, aus dem Stande der Gnaden
wieder in den Stand der verderbten Natur
verfielen.

3. Es ist demnach wohl zu mercken, daß bey
diesen Lehrern, davon Petrus schreibet, das böse
Leben mit der falschen Lehre verknüpfet gewesen
ist. Denn falsch war ihre Lehre insonderheit in
dem Haupt-Stücke von der Christlichen Frey-
heit; als welches ein so grosser Jrrthum war,
dadurch in der That Christus und seine Erlösung
ist verleugnet worden, nach v. 1. Das böse Leben
bestunde in der Knechtschafft der Lüste, von wel-
chen sie sich beherrschen liessen. Es ist gemeiniglich
bey einander, also daß die Früchte des Lebens die
Kennzeichen der Lehre sind. Darum unser Hey-
land Matth. 7, 20. spricht: An ihren Früchten
solt ihr sie erkennen, ob sie nemlich
falsche,
oder wahre Propheten sind. Denn gleichwie ei-
ne wahre Gottseligkeit, welche in der Prüfung
die Probe hält, und sich dadurch von der Heuche-
ley gar mercklich unterscheidet, unmöglich bey ei-
nem ohne den wahren Glauben, und dieser ohne
die wahre Lehre seyn kan; also zeuget ein fleischli-
cher Sinn und ein ärgerliches Leben auch von ei-
ner falschen Lehre; obgleich nicht überhaupt und
in allen Stücken; sintemal mancher unbekehrter
Lehrer in thesi viel wahres buchstäblich erken-
nen und auch richtig vortragen, auch die dagegen
streitende Jrrthümer wiederlegen kan. Es wird
sich doch aber bey genauer Untersuchung finden,
daß er von vielen zum thätigen Christenthum,
oder zur Heyls-Ordnung gehörigen Materien
selbst gantz unrichtige Begriffe hat und andern
machet: z. E. von der Christlichen Freyheit. Denn
wenn er diese selbst auf Muthwillen ziehet, so wird
er sie weder recht erkennen, wie sie ist, noch also
davon lehren, wie er soll: wie Petrus alhier deut-
lich genug bezeuget.

V. 20.

Denn so sie entflohen sind dem Un-
flat der Welt durch die Erkenntniß des
HErrn und Heylandes JESU CHristi

(durch den Glauben an ihn, da sie haben erken-
nen gelernet, wie daß in Christo, das ist, in der
Gemeinschaft mit ihm, ein rechtschaffnes Wesen
seyn müsse Eph. 4, 21.) werden aber wieder-
um in dieselben
(allerley Gattungen des vor-
her in der Zahl der Vielheit gedachten Unflats)
gepflochten und überwunden, ist mit ih-
nen das letzte
(der Rückfall) ärger worden,
denn das erste
(der Stand der verderbten
Natur.

Anmer-
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 19. 20.
[Spaltenumbruch] dern auch in einem erbaulichen Wandel er-
weiſet. Dieſe Knechtſchaft des Verderbens
nennet Paulus Roͤm. 16, 18. und Phil. 3, 19.
den Bauch-Dienſt.
c. Zur Bekraͤftigung und Erlaͤuterung der
Worte von der Knechtſchaft des Verderbens
ſetzet der Apoſtel dazu: Denn von welchem
iemand uͤberwunden iſt, deß Knecht iſt
er worden.
Und alſo gehet der Apoſtel ab
hypotheſi ad theſin,
von dem Exempel
auf die Regel. Und da dieſe nach der Logic
die propoſitio major iſt, das Exempel aber
bey der vorausgeſetzten und im Contexte ſchon
genugſamen propoſitione minore die
Concluſion abgiebet, ſo wuͤrde ordine
Logico
die Schluß-Rede alſo lauten:
Von welchem iemand uͤberwunden iſt, deſ-
ſen Knecht iſt er worden.
Nun aber ſind die falſchen und boͤſen Lehrer
nebſt ihren Zuhoͤrern von dem Verder-
ben, oder von der verderblichen Luſt-
Seuche uͤberwunden;
Darum ſind ſie Knechte des Verderbens.
d. Da der ſuͤndlichen Luſt-Begierde Roͤm. 8, 23.
1 Pet. 2, 11. der feindſelige Streit wider die
Seele zugeſchrieben wird, ſo wird ſie alhier
als ein ſolcher Feind vorgeſtellet, welcher ſich
des gantzen Menſchen nach Leib und Seele
zur unſeligſten Dienſtbarkeit bemaͤchtiget.
Davon folgende Oerter zu conferiren ſind,
Joh. 8, 34. Roͤm. 6, 12. u. f.

2. Mit dieſem gottloſen Weſen der falſchen
Lehrer kam ihre loſe Lehre uͤberein: als von wel-
cher der Apoſtel alhier ſpricht: ſie verheiſſen
ihnen Freyheit.
Dabey folgendes zu erwe-
gen iſt:

a. Die Freyheit, welche zum Evangelio gehoͤ-
ret, iſt ein rechtes geiſtliches Haupt-Gut, ge-
het alſo den neuen Menſchen an, und findet
alſo bey niemanden Platz, als bey wahren
Knechten und Kindern GOttes, welche der
Knechtſchaft der Suͤnden entgangen ſind.
b. Dieſe Freyheit wurde durch einen ſehr ſchnoͤ-
den Mißbrauch auf Muthwillen, oder auf
das Fleiſch gezogen, und vorgegeben, daß,
weil uns Chriſtus vom Fluche des Geſetzes
und von der Schuld und Strafe der Suͤnden
erloͤſet habe, einem Chriſten unter dem Ev-
angelio das Leben nach dem Fleiſche frey ſtehe,
oder doch von GOtt zu gute gehalten werde.
c. Da ſich nun die falſchen Lehrer ſolche Frey-
heit ſelbſt nahmen, und alſo die wahre Frey-
heit in Frechheit verkehreten, ſo fuͤhreten ſie
auch andere auf dieſen Abweg. Darum die
Apoſtel die erſten Chriſten vor dieſem Miß-
brauche ſo ernſtlich warnen: z. E. Roͤm. 7, 15.
Wie nun? Sollen wir ſuͤndigen, die-
weil wir nicht unter dem Geſetz, ſon-
dern unter der Gnade ſind? das ſey
ferne?
Gal. 5, 13. Jhr aber, lieben Bruͤ-
der, ſeyd zur Freyheit berufen. Allein
ſehet zu, daß ihr durch die Freyheit dem
Fleiſche nicht Raum gebet.
Siehe auch
1 Pet. 2, 26. Als die Freyen, und nicht,
als haͤttet ihr die Freyheit zum Deckel
[Spaltenumbruch] der Bosheit, ſondern als die Knechte
GOttes
(und nicht des Verderbens, wie es
hier heißt.)
d. Da nun die falſchen Lehrer ſolche falſche Frey-
heit verhieſſen, oder die Zuhoͤrer davon verſi-
cherten, ſie auch mit ihrem eigenen Exempel er-
wieſen, ſo legten ſie ihnen eben damit die Lock-
ſpeiſe vor, wodurch die, welche durch die Be-
kehrung ſolchem Unflate entflohen waren,
wenn ſie ſich wieder einflechten und gefangen
nehmen lieſſen, aus dem Stande der Gnaden
wieder in den Stand der verderbten Natur
verfielen.

3. Es iſt demnach wohl zu mercken, daß bey
dieſen Lehrern, davon Petrus ſchreibet, das boͤſe
Leben mit der falſchen Lehre verknuͤpfet geweſen
iſt. Denn falſch war ihre Lehre inſonderheit in
dem Haupt-Stuͤcke von der Chriſtlichen Frey-
heit; als welches ein ſo groſſer Jrrthum war,
dadurch in der That Chriſtus und ſeine Erloͤſung
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beſtunde in der Knechtſchafft der Luͤſte, von wel-
chen ſie ſich beherrſchen lieſſen. Es iſt gemeiniglich
bey einander, alſo daß die Fruͤchte des Lebens die
Kennzeichen der Lehre ſind. Darum unſer Hey-
land Matth. 7, 20. ſpricht: An ihren Fruͤchten
ſolt ihr ſie erkennen, ob ſie nemlich
falſche,
oder wahre Propheten ſind. Denn gleichwie ei-
ne wahre Gottſeligkeit, welche in der Pruͤfung
die Probe haͤlt, und ſich dadurch von der Heuche-
ley gar mercklich unterſcheidet, unmoͤglich bey ei-
nem ohne den wahren Glauben, und dieſer ohne
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cher Sinn und ein aͤrgerliches Leben auch von ei-
ner falſchen Lehre; obgleich nicht uͤberhaupt und
in allen Stuͤcken; ſintemal mancher unbekehrter
Lehrer in theſi viel wahres buchſtaͤblich erken-
nen und auch richtig vortragen, auch die dagegen
ſtreitende Jrrthuͤmer wiederlegen kan. Es wird
ſich doch aber bey genauer Unterſuchung finden,
daß er von vielen zum thaͤtigen Chriſtenthum,
oder zur Heyls-Ordnung gehoͤrigen Materien
ſelbſt gantz unrichtige Begriffe hat und andern
machet: z. E. von der Chriſtlichen Freyheit. Denn
wenn er dieſe ſelbſt auf Muthwillen ziehet, ſo wird
er ſie weder recht erkennen, wie ſie iſt, noch alſo
davon lehren, wie er ſoll: wie Petrus alhier deut-
lich genug bezeuget.

V. 20.

Denn ſo ſie entflohen ſind dem Un-
flat der Welt durch die Erkenntniß des
HErrn und Heylandes JESU CHriſti

(durch den Glauben an ihn, da ſie haben erken-
nen gelernet, wie daß in Chriſto, das iſt, in der
Gemeinſchaft mit ihm, ein rechtſchaffnes Weſen
ſeyn muͤſſe Eph. 4, 21.) werden aber wieder-
um in dieſelben
(allerley Gattungen des vor-
her in der Zahl der Vielheit gedachten Unflats)
gepflochten und uͤberwunden, iſt mit ih-
nen das letzte
(der Ruͤckfall) aͤrger worden,
denn das erſte
(der Stand der verderbten
Natur.

Anmer-
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[624/0626] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 19. 20. dern auch in einem erbaulichen Wandel er- weiſet. Dieſe Knechtſchaft des Verderbens nennet Paulus Roͤm. 16, 18. und Phil. 3, 19. den Bauch-Dienſt. c. Zur Bekraͤftigung und Erlaͤuterung der Worte von der Knechtſchaft des Verderbens ſetzet der Apoſtel dazu: Denn von welchem iemand uͤberwunden iſt, deß Knecht iſt er worden. Und alſo gehet der Apoſtel ab hypotheſi ad theſin, von dem Exempel auf die Regel. Und da dieſe nach der Logic die propoſitio major iſt, das Exempel aber bey der vorausgeſetzten und im Contexte ſchon genugſamen propoſitione minore die Concluſion abgiebet, ſo wuͤrde ordine Logico die Schluß-Rede alſo lauten: Von welchem iemand uͤberwunden iſt, deſ- ſen Knecht iſt er worden. Nun aber ſind die falſchen und boͤſen Lehrer nebſt ihren Zuhoͤrern von dem Verder- ben, oder von der verderblichen Luſt- Seuche uͤberwunden; Darum ſind ſie Knechte des Verderbens. d. Da der ſuͤndlichen Luſt-Begierde Roͤm. 8, 23. 1 Pet. 2, 11. der feindſelige Streit wider die Seele zugeſchrieben wird, ſo wird ſie alhier als ein ſolcher Feind vorgeſtellet, welcher ſich des gantzen Menſchen nach Leib und Seele zur unſeligſten Dienſtbarkeit bemaͤchtiget. Davon folgende Oerter zu conferiren ſind, Joh. 8, 34. Roͤm. 6, 12. u. f. 2. Mit dieſem gottloſen Weſen der falſchen Lehrer kam ihre loſe Lehre uͤberein: als von wel- cher der Apoſtel alhier ſpricht: ſie verheiſſen ihnen Freyheit. Dabey folgendes zu erwe- gen iſt: a. Die Freyheit, welche zum Evangelio gehoͤ- ret, iſt ein rechtes geiſtliches Haupt-Gut, ge- het alſo den neuen Menſchen an, und findet alſo bey niemanden Platz, als bey wahren Knechten und Kindern GOttes, welche der Knechtſchaft der Suͤnden entgangen ſind. b. Dieſe Freyheit wurde durch einen ſehr ſchnoͤ- den Mißbrauch auf Muthwillen, oder auf das Fleiſch gezogen, und vorgegeben, daß, weil uns Chriſtus vom Fluche des Geſetzes und von der Schuld und Strafe der Suͤnden erloͤſet habe, einem Chriſten unter dem Ev- angelio das Leben nach dem Fleiſche frey ſtehe, oder doch von GOtt zu gute gehalten werde. c. Da ſich nun die falſchen Lehrer ſolche Frey- heit ſelbſt nahmen, und alſo die wahre Frey- heit in Frechheit verkehreten, ſo fuͤhreten ſie auch andere auf dieſen Abweg. Darum die Apoſtel die erſten Chriſten vor dieſem Miß- brauche ſo ernſtlich warnen: z. E. Roͤm. 7, 15. Wie nun? Sollen wir ſuͤndigen, die- weil wir nicht unter dem Geſetz, ſon- dern unter der Gnade ſind? das ſey ferne? Gal. 5, 13. Jhr aber, lieben Bruͤ- der, ſeyd zur Freyheit berufen. Allein ſehet zu, daß ihr durch die Freyheit dem Fleiſche nicht Raum gebet. Siehe auch 1 Pet. 2, 26. Als die Freyen, und nicht, als haͤttet ihr die Freyheit zum Deckel der Bosheit, ſondern als die Knechte GOttes (und nicht des Verderbens, wie es hier heißt.) d. Da nun die falſchen Lehrer ſolche falſche Frey- heit verhieſſen, oder die Zuhoͤrer davon verſi- cherten, ſie auch mit ihrem eigenen Exempel er- wieſen, ſo legten ſie ihnen eben damit die Lock- ſpeiſe vor, wodurch die, welche durch die Be- kehrung ſolchem Unflate entflohen waren, wenn ſie ſich wieder einflechten und gefangen nehmen lieſſen, aus dem Stande der Gnaden wieder in den Stand der verderbten Natur verfielen. 3. Es iſt demnach wohl zu mercken, daß bey dieſen Lehrern, davon Petrus ſchreibet, das boͤſe Leben mit der falſchen Lehre verknuͤpfet geweſen iſt. Denn falſch war ihre Lehre inſonderheit in dem Haupt-Stuͤcke von der Chriſtlichen Frey- heit; als welches ein ſo groſſer Jrrthum war, dadurch in der That Chriſtus und ſeine Erloͤſung iſt verleugnet worden, nach v. 1. Das boͤſe Leben beſtunde in der Knechtſchafft der Luͤſte, von wel- chen ſie ſich beherrſchen lieſſen. Es iſt gemeiniglich bey einander, alſo daß die Fruͤchte des Lebens die Kennzeichen der Lehre ſind. Darum unſer Hey- land Matth. 7, 20. ſpricht: An ihren Fruͤchten ſolt ihr ſie erkennen, ob ſie nemlich falſche, oder wahre Propheten ſind. Denn gleichwie ei- ne wahre Gottſeligkeit, welche in der Pruͤfung die Probe haͤlt, und ſich dadurch von der Heuche- ley gar mercklich unterſcheidet, unmoͤglich bey ei- nem ohne den wahren Glauben, und dieſer ohne die wahre Lehre ſeyn kan; alſo zeuget ein fleiſchli- cher Sinn und ein aͤrgerliches Leben auch von ei- ner falſchen Lehre; obgleich nicht uͤberhaupt und in allen Stuͤcken; ſintemal mancher unbekehrter Lehrer in theſi viel wahres buchſtaͤblich erken- nen und auch richtig vortragen, auch die dagegen ſtreitende Jrrthuͤmer wiederlegen kan. Es wird ſich doch aber bey genauer Unterſuchung finden, daß er von vielen zum thaͤtigen Chriſtenthum, oder zur Heyls-Ordnung gehoͤrigen Materien ſelbſt gantz unrichtige Begriffe hat und andern machet: z. E. von der Chriſtlichen Freyheit. Denn wenn er dieſe ſelbſt auf Muthwillen ziehet, ſo wird er ſie weder recht erkennen, wie ſie iſt, noch alſo davon lehren, wie er ſoll: wie Petrus alhier deut- lich genug bezeuget. V. 20. Denn ſo ſie entflohen ſind dem Un- flat der Welt durch die Erkenntniß des HErrn und Heylandes JESU CHriſti (durch den Glauben an ihn, da ſie haben erken- nen gelernet, wie daß in Chriſto, das iſt, in der Gemeinſchaft mit ihm, ein rechtſchaffnes Weſen ſeyn muͤſſe Eph. 4, 21.) werden aber wieder- um in dieſelben (allerley Gattungen des vor- her in der Zahl der Vielheit gedachten Unflats) gepflochten und uͤberwunden, iſt mit ih- nen das letzte (der Ruͤckfall) aͤrger worden, denn das erſte (der Stand der verderbten Natur. Anmer-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 624. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/626>, abgerufen am 25.11.2024.