[Spaltenumbruch]
daß er sie mit einander wohl conciliiren möge. Dazu denn unterschiedliche hermenevtische Regeln dienen; z. E. daß man etliche wenige und schwere Oerter nach vielen andern, welche von eben derselben Materie handeln, und sehr leichte sind, erklären müsse. Welches sich in- sonderheit auf die Oerter von der allgemeinen und von der nur auf einige wenige eingeschrenck- ten Gnade GOttes gar wohl appliciren läßt.
V. 21.
Denn es ist noch nie keine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht, sondern die heiligen Menschen GOttes ha- ben geredet, (und also auch geschrieben) ge- trieben von dem Heiligen Geist.
Anmerckungen.
1. Der Apostel redet von denjenigen Weis- sagungen, welche in den Schriften der Prophe- ten enthalten waren: als von welchen dieses in Wahrheit gesaget werden konte: davon sich auch die gantze judische Kirche überzeuget hielte, und es ausser allem Zweifel setzte. Denn sonst sind ausser denselben freylich viele Weissagun- gen aus menschlichem Willen hervorgebracht, aber auch bald als solche erkannt worden. Wie denn der Apostel unmittelbar hierauf der fal- schen Propheten unter dem Volcke GOttes ge- dencket.
2. Wahre Weissagungen, davon die Schriften Mosis und der Propheten angefüllet sind, da sich ihre Wahrheit durch Erfüllung sat- sam erwiesen hat, sind ein unfehlbarer Erweis von der göttlichen Auctorität der heiligen Schrift. Denn so wenig der menschliche Ver- stand zukünftige Dinge, welche sonderlich bey dem menschlichen Geschlecht in der Kirche Got- tes und dabey in den Reichen dieser Welt vor- gehen, vorhersehen kan; so wenig können sie auch vorher verkündiget werden, da die Ver- kündigung die Allwissenheit, die allein GOttes Werck ist, zum Grunde hat. Menget sich aber der menschliche Wille mit seinem Fürwitze dar- ein, so wird er darüber zu schanden.
3. Da der Ausgang uns bereits so viele Weissagungen des alten Testaments in ihrer Wahrheit dargestellet hat, so haben wir an de- nen, welche noch sollen erfüllet werden, so viel weniger zu zweifeln. Und solcher gestalt haben wir auch hierinn zur Zeit des neuen Testaments einen grossen Vorzug vor den Juden der alten Oeconomie: als welche sonst in allen auf das damals noch zukünftige gewiesen waren, und doch nicht daran zweifelten.
4. Ein ieglicher Mensch ist zwar ein Mensch GOttes nach dem Grunde der Schöpf- fung, Erhaltung und Erlösung: doch ist im ei- gentlichen Verstande allein ein Gläubiger und Geheiligter ein solcher: sonderlich aber ein öf- fentlicher Lehrer. 2 Tim. 3, 17. Siehe auch 1 Tim. 6, 11. desgleichen 1 Tim. 2, 27. 1 Kön. 17, 18. u. s. w.
5. GOTT gebrauchet zu seinem öffentli- chen Dienste eigentlich geheiligte Menschen, [Spaltenumbruch]
also daß die; welche seine Werckzeuge seyn wollen, auch seine Tempel und Werckstätte seyn müssen. Denn ob es gleich im Wercke un- serer Seligkeit nicht auf Menschen, sondern allein auf GOTT ankömmt: so gehöret doch dieses zu der rechten Ordnung, daß GOTT zu Werckzeugen sich solche Gevässe nimmt, welche sich heiligen, reinigen und auf diese Art auch recht tüchtig und brauchbar machen lassen. Was mit Bileam vorging, war etwas ausser- ordentliches, und bestunde auch nur in einigen wenigen Handlungen.
6. Der Heilige Geist ist wahrer GOtt: sintemal er nach seiner Allwissenheit durch die Propheten von solchen zukünftigen Dingen ge- redet hat, welche durch den Ausgang als wahr- haftig sind ersunden worden. So ist es auch aus so vielen Oertern der Propheten offenbar, daß der, welcher durch die Propheten geredet hat, der grosse Jehovah gewesen ist; daher denn der Heilige Geist, aus dessen Antrieb und Einge- bung sie geredet haben, der Jehovah und also wahrer GOtt seyn muß.
7. Da das Geschäfte des Vaters und des Sohnes im Wercke unserer Seligkeit eigentlich auf desselben Gründung gerichtet ist: so gehet das Werck, oder das Amt des Heiligen Gei- stes mit einer besondern Zueignung auf die Ord- nung des Heyls, und gereichet zur Verklärung Christi in seinem Prophetischen Amte.
8. Der Trieb des Heiligen Geistes ist bestanden in einer solchen Eingebung, welche nicht allein auf die Sachen, sondern auch auf die Worte, auch auf die Art und Weise, wie etwas geredet und geschrieben werden solte, gegangen ist: als welches allerdinge mit zu der vorher ge- dachten Vestigkeit des Prophetischen Worts, zu deren Bekräftigung dieses angeführet wird, ge- höret. Daher denn auch die grammata, die Schriften, oder Sachen, wie sie in Schriften verfasset sind, iera, heilige, genennet werden 2 Tim. 3, 15. Man conferire hierbey Matth. 10, 19. 20. da unser Heyland spricht: Wenn sie euch über antworten werden so sorget nicht pos e ti wie, oder was ihr reden sollt: Denn es soll euch zu der Stunde gegeben werden, was (und also auch wie) ihr reden sollet. Denn ihr seyd es nicht die da reden, sondern eures Vaters Geist ist es, der durch euch redet.
9. Was alhier von der Rede der Propheten gesaget wird, das gilt auch von ihren Schriften. Wie denn daher dasjenige, was David Ps. 16. von der Auferstehung Christi geschrieben hat, Ap. Ges. 2, 31. seine Rede genennet wird. Siehe auch c. 3, 24. Matth. 15, 7. Daher die geschrie- bene Sachen heissen logia tou Theou, Dei eloquia, was GOtt geredet hat.
10. Da die Propheten aus Antriebe des Heiligen Geistes geredet und geschrieben haben, so ist dieses, daß man sich, um ihre Schriften recht zu verstehen und anzuwenden, von dem hei- ligen Geiste regieren, und in dieser Ord- nung auch heiligen lasse, billig eine der für- nehmsten hermenevtischen Regeln.
Das
G g g g 3
Cap. 1. v. 20. 21. des andern Briefes Petri.
[Spaltenumbruch]
daß er ſie mit einander wohl conciliiren moͤge. Dazu denn unterſchiedliche hermenevtiſche Regeln dienen; z. E. daß man etliche wenige und ſchwere Oerter nach vielen andern, welche von eben derſelben Materie handeln, und ſehr leichte ſind, erklaͤren muͤſſe. Welches ſich in- ſonderheit auf die Oerter von der allgemeinen und von der nur auf einige wenige eingeſchrenck- ten Gnade GOttes gar wohl appliciren laͤßt.
V. 21.
Denn es iſt noch nie keine Weiſſagung aus menſchlichem Willen hervorgebracht, ſondern die heiligen Menſchen GOttes ha- ben geredet, (und alſo auch geſchrieben) ge- trieben von dem Heiligen Geiſt.
Anmerckungen.
1. Der Apoſtel redet von denjenigen Weiſ- ſagungen, welche in den Schriften der Prophe- ten enthalten waren: als von welchen dieſes in Wahrheit geſaget werden konte: davon ſich auch die gantze judiſche Kirche uͤberzeuget hielte, und es auſſer allem Zweifel ſetzte. Denn ſonſt ſind auſſer denſelben freylich viele Weiſſagun- gen aus menſchlichem Willen hervorgebracht, aber auch bald als ſolche erkannt worden. Wie denn der Apoſtel unmittelbar hierauf der fal- ſchen Propheten unter dem Volcke GOttes ge- dencket.
2. Wahre Weiſſagungen, davon die Schriften Moſis und der Propheten angefuͤllet ſind, da ſich ihre Wahrheit durch Erfuͤllung ſat- ſam erwieſen hat, ſind ein unfehlbarer Erweis von der goͤttlichen Auctoritaͤt der heiligen Schrift. Denn ſo wenig der menſchliche Ver- ſtand zukuͤnftige Dinge, welche ſonderlich bey dem menſchlichen Geſchlecht in der Kirche Got- tes und dabey in den Reichen dieſer Welt vor- gehen, vorherſehen kan; ſo wenig koͤnnen ſie auch vorher verkuͤndiget werden, da die Ver- kuͤndigung die Allwiſſenheit, die allein GOttes Werck iſt, zum Grunde hat. Menget ſich aber der menſchliche Wille mit ſeinem Fuͤrwitze dar- ein, ſo wird er daruͤber zu ſchanden.
3. Da der Ausgang uns bereits ſo viele Weiſſagungen des alten Teſtaments in ihrer Wahrheit dargeſtellet hat, ſo haben wir an de- nen, welche noch ſollen erfuͤllet werden, ſo viel weniger zu zweifeln. Und ſolcher geſtalt haben wir auch hierinn zur Zeit des neuen Teſtaments einen groſſen Vorzug vor den Juden der alten Oeconomie: als welche ſonſt in allen auf das damals noch zukuͤnftige gewieſen waren, und doch nicht daran zweifelten.
4. Ein ieglicher Menſch iſt zwar ein Menſch GOttes nach dem Grunde der Schoͤpf- fung, Erhaltung und Erloͤſung: doch iſt im ei- gentlichen Verſtande allein ein Glaͤubiger und Geheiligter ein ſolcher: ſonderlich aber ein oͤf- fentlicher Lehrer. 2 Tim. 3, 17. Siehe auch 1 Tim. 6, 11. desgleichen 1 Tim. 2, 27. 1 Koͤn. 17, 18. u. ſ. w.
5. GOTT gebrauchet zu ſeinem oͤffentli- chen Dienſte eigentlich geheiligte Menſchen, [Spaltenumbruch]
alſo daß die; welche ſeine Werckzeuge ſeyn wollen, auch ſeine Tempel und Werckſtaͤtte ſeyn muͤſſen. Denn ob es gleich im Wercke un- ſerer Seligkeit nicht auf Menſchen, ſondern allein auf GOTT ankoͤmmt: ſo gehoͤret doch dieſes zu der rechten Ordnung, daß GOTT zu Werckzeugen ſich ſolche Gevaͤſſe nimmt, welche ſich heiligen, reinigen und auf dieſe Art auch recht tuͤchtig und brauchbar machen laſſen. Was mit Bileam vorging, war etwas auſſer- ordentliches, und beſtunde auch nur in einigen wenigen Handlungen.
6. Der Heilige Geiſt iſt wahrer GOtt: ſintemal er nach ſeiner Allwiſſenheit durch die Propheten von ſolchen zukuͤnftigen Dingen ge- redet hat, welche durch den Ausgang als wahr- haftig ſind erſunden worden. So iſt es auch aus ſo vielen Oertern der Propheten offenbar, daß der, welcher durch die Propheten geredet hat, der groſſe Jehovah geweſen iſt; daher denn der Heilige Geiſt, aus deſſen Antrieb und Einge- bung ſie geredet haben, der Jehovah und alſo wahrer GOtt ſeyn muß.
7. Da das Geſchaͤfte des Vaters und des Sohnes im Wercke unſerer Seligkeit eigentlich auf deſſelben Gruͤndung gerichtet iſt: ſo gehet das Werck, oder das Amt des Heiligen Gei- ſtes mit einer beſondern Zueignung auf die Ord- nung des Heyls, und gereichet zur Verklaͤrung Chriſti in ſeinem Prophetiſchen Amte.
8. Der Trieb des Heiligen Geiſtes iſt beſtanden in einer ſolchen Eingebung, welche nicht allein auf die Sachen, ſondern auch auf die Worte, auch auf die Art und Weiſe, wie etwas geredet und geſchrieben werden ſolte, gegangen iſt: als welches allerdinge mit zu der vorher ge- dachten Veſtigkeit des Prophetiſchen Worts, zu deren Bekraͤftigung dieſes angefuͤhret wird, ge- hoͤret. Daher denn auch die γράμματα, die Schriften, oder Sachen, wie ſie in Schriften verfaſſet ſind, ἱερὰ, heilige, genennet werden 2 Tim. 3, 15. Man conferire hierbey Matth. 10, 19. 20. da unſer Heyland ſpricht: Wenn ſie euch uͤber antworten werden ſo ſorget nicht πῶς ἤ τί wie, oder was ihr reden ſollt: Denn es ſoll euch zu der Stunde gegeben werden, was (und alſo auch wie) ihr reden ſollet. Denn ihr ſeyd es nicht die da reden, ſondern eures Vaters Geiſt iſt es, der durch euch redet.
9. Was alhier von der Rede der Propheten geſaget wird, das gilt auch von ihren Schriften. Wie denn daher dasjenige, was David Pſ. 16. von der Auferſtehung Chriſti geſchrieben hat, Ap. Geſ. 2, 31. ſeine Rede genennet wird. Siehe auch c. 3, 24. Matth. 15, 7. Daher die geſchrie- bene Sachen heiſſen λόγια τοῦ Θεοῦ, Dei eloquia, was GOtt geredet hat.
10. Da die Propheten aus Antriebe des Heiligen Geiſtes geredet und geſchrieben haben, ſo iſt dieſes, daß man ſich, um ihre Schriften recht zu verſtehen und anzuwenden, von dem hei- ligen Geiſte regieren, und in dieſer Ord- nung auch heiligen laſſe, billig eine der fuͤr- nehmſten hermenevtiſchen Regeln.
Das
G g g g 3
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[605/0607]
Cap. 1. v. 20. 21. des andern Briefes Petri.
daß er ſie mit einander wohl conciliiren moͤge.
Dazu denn unterſchiedliche hermenevtiſche
Regeln dienen; z. E. daß man etliche wenige
und ſchwere Oerter nach vielen andern, welche
von eben derſelben Materie handeln, und ſehr
leichte ſind, erklaͤren muͤſſe. Welches ſich in-
ſonderheit auf die Oerter von der allgemeinen
und von der nur auf einige wenige eingeſchrenck-
ten Gnade GOttes gar wohl appliciren laͤßt.
V. 21.
Denn es iſt noch nie keine Weiſſagung
aus menſchlichem Willen hervorgebracht,
ſondern die heiligen Menſchen GOttes ha-
ben geredet, (und alſo auch geſchrieben) ge-
trieben von dem Heiligen Geiſt.
Anmerckungen.
1. Der Apoſtel redet von denjenigen Weiſ-
ſagungen, welche in den Schriften der Prophe-
ten enthalten waren: als von welchen dieſes in
Wahrheit geſaget werden konte: davon ſich
auch die gantze judiſche Kirche uͤberzeuget hielte,
und es auſſer allem Zweifel ſetzte. Denn ſonſt
ſind auſſer denſelben freylich viele Weiſſagun-
gen aus menſchlichem Willen hervorgebracht,
aber auch bald als ſolche erkannt worden. Wie
denn der Apoſtel unmittelbar hierauf der fal-
ſchen Propheten unter dem Volcke GOttes ge-
dencket.
2. Wahre Weiſſagungen, davon die
Schriften Moſis und der Propheten angefuͤllet
ſind, da ſich ihre Wahrheit durch Erfuͤllung ſat-
ſam erwieſen hat, ſind ein unfehlbarer Erweis
von der goͤttlichen Auctoritaͤt der heiligen
Schrift. Denn ſo wenig der menſchliche Ver-
ſtand zukuͤnftige Dinge, welche ſonderlich bey
dem menſchlichen Geſchlecht in der Kirche Got-
tes und dabey in den Reichen dieſer Welt vor-
gehen, vorherſehen kan; ſo wenig koͤnnen ſie
auch vorher verkuͤndiget werden, da die Ver-
kuͤndigung die Allwiſſenheit, die allein GOttes
Werck iſt, zum Grunde hat. Menget ſich aber
der menſchliche Wille mit ſeinem Fuͤrwitze dar-
ein, ſo wird er daruͤber zu ſchanden.
3. Da der Ausgang uns bereits ſo viele
Weiſſagungen des alten Teſtaments in ihrer
Wahrheit dargeſtellet hat, ſo haben wir an de-
nen, welche noch ſollen erfuͤllet werden, ſo viel
weniger zu zweifeln. Und ſolcher geſtalt haben
wir auch hierinn zur Zeit des neuen Teſtaments
einen groſſen Vorzug vor den Juden der alten
Oeconomie: als welche ſonſt in allen auf das
damals noch zukuͤnftige gewieſen waren, und
doch nicht daran zweifelten.
4. Ein ieglicher Menſch iſt zwar ein
Menſch GOttes nach dem Grunde der Schoͤpf-
fung, Erhaltung und Erloͤſung: doch iſt im ei-
gentlichen Verſtande allein ein Glaͤubiger und
Geheiligter ein ſolcher: ſonderlich aber ein oͤf-
fentlicher Lehrer. 2 Tim. 3, 17. Siehe auch
1 Tim. 6, 11. desgleichen 1 Tim. 2, 27. 1 Koͤn. 17,
18. u. ſ. w.
5. GOTT gebrauchet zu ſeinem oͤffentli-
chen Dienſte eigentlich geheiligte Menſchen,
alſo daß die; welche ſeine Werckzeuge ſeyn
wollen, auch ſeine Tempel und Werckſtaͤtte
ſeyn muͤſſen. Denn ob es gleich im Wercke un-
ſerer Seligkeit nicht auf Menſchen, ſondern
allein auf GOTT ankoͤmmt: ſo gehoͤret doch
dieſes zu der rechten Ordnung, daß GOTT zu
Werckzeugen ſich ſolche Gevaͤſſe nimmt, welche
ſich heiligen, reinigen und auf dieſe Art auch
recht tuͤchtig und brauchbar machen laſſen.
Was mit Bileam vorging, war etwas auſſer-
ordentliches, und beſtunde auch nur in einigen
wenigen Handlungen.
6. Der Heilige Geiſt iſt wahrer GOtt:
ſintemal er nach ſeiner Allwiſſenheit durch die
Propheten von ſolchen zukuͤnftigen Dingen ge-
redet hat, welche durch den Ausgang als wahr-
haftig ſind erſunden worden. So iſt es auch
aus ſo vielen Oertern der Propheten offenbar,
daß der, welcher durch die Propheten geredet hat,
der groſſe Jehovah geweſen iſt; daher denn der
Heilige Geiſt, aus deſſen Antrieb und Einge-
bung ſie geredet haben, der Jehovah und alſo
wahrer GOtt ſeyn muß.
7. Da das Geſchaͤfte des Vaters und des
Sohnes im Wercke unſerer Seligkeit eigentlich
auf deſſelben Gruͤndung gerichtet iſt: ſo gehet
das Werck, oder das Amt des Heiligen Gei-
ſtes mit einer beſondern Zueignung auf die Ord-
nung des Heyls, und gereichet zur Verklaͤrung
Chriſti in ſeinem Prophetiſchen Amte.
8. Der Trieb des Heiligen Geiſtes iſt
beſtanden in einer ſolchen Eingebung, welche
nicht allein auf die Sachen, ſondern auch auf die
Worte, auch auf die Art und Weiſe, wie etwas
geredet und geſchrieben werden ſolte, gegangen
iſt: als welches allerdinge mit zu der vorher ge-
dachten Veſtigkeit des Prophetiſchen Worts, zu
deren Bekraͤftigung dieſes angefuͤhret wird, ge-
hoͤret. Daher denn auch die γράμματα, die
Schriften, oder Sachen, wie ſie in Schriften
verfaſſet ſind, ἱερὰ, heilige, genennet werden
2 Tim. 3, 15. Man conferire hierbey Matth.
10, 19. 20. da unſer Heyland ſpricht: Wenn ſie
euch uͤber antworten werden ſo ſorget nicht
πῶς ἤ τί wie, oder was ihr reden ſollt: Denn es
ſoll euch zu der Stunde gegeben werden,
was (und alſo auch wie) ihr reden ſollet. Denn
ihr ſeyd es nicht die da reden, ſondern eures
Vaters Geiſt iſt es, der durch euch redet.
9. Was alhier von der Rede der Propheten
geſaget wird, das gilt auch von ihren Schriften.
Wie denn daher dasjenige, was David Pſ. 16.
von der Auferſtehung Chriſti geſchrieben hat,
Ap. Geſ. 2, 31. ſeine Rede genennet wird. Siehe
auch c. 3, 24. Matth. 15, 7. Daher die geſchrie-
bene Sachen heiſſen λόγια τοῦ Θεοῦ, Dei eloquia,
was GOtt geredet hat.
10. Da die Propheten aus Antriebe des
Heiligen Geiſtes geredet und geſchrieben haben,
ſo iſt dieſes, daß man ſich, um ihre Schriften
recht zu verſtehen und anzuwenden, von dem hei-
ligen Geiſte regieren, und in dieſer Ord-
nung auch heiligen laſſe, billig eine der fuͤr-
nehmſten hermenevtiſchen Regeln.
Das
G g g g 3
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 605. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/607>, abgerufen am 16.02.2025.
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