Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 1. v. 3. 4. des andern Briefes Petri. [Spaltenumbruch]
rufung und Bekehrung; weil der heilige Geist,als ein Geist der Herrlichkeit 1 Pet. 4, 14. sich dadurch so geschäftig erweiset, daß wir von ihm in das herrliche Ebenbild GOttes von ei- ner Klarheit zur andern verkläret werden. 2 Cor. 3, 18. 12. Da die Tugenden bey einem Menschen V. 4. Durch welche (Herrlichkeit und Tugend) Anmerckungen. 1. Wir finden alhier drey Stücke zu be- a. Jn dem Worte Verheissungen, wird zwar auf die Verheissung selbst geschehen, wie sie nach dem Sündenfall durch alle Zeitlaufe des Alt. Testaments vielfältig und auf mancherley Art, nach Hebr. 1, 1. geschehen und, wieder- hohlet und immer mehr erläutert worden ist, daher sie auch in der Zahl der Vielheit benen- net wird; eigentlich aber werden dadurch die verheissene Sachen verstanden: als da sind die Erlösung Christi, die daher entstehende neue Oeconomie des Evangelii, darinnen alle Heyls-Schätze, die Gerechtigkeit Chri- sti, die Vergebung der Sünden, die Kind- [Spaltenumbruch] schaft GOttes, der Friede in und mit GOtt, die Freyheit des Gewissens, die Freude in dem heiligen Geiste u. s. w. Denn ob man gleich aller solcher Seligkeit auch bereits im alten Testamente ist theilhaftig worden; so ist es doch nach dem Maße und nach der Klarheit nicht geschehen, die wir davon durch die Er- füllung empfangen. Paulus nennet diese Verheissungen, oder verheissene Heyls-Gü- ter allerley geistlichen Scegen in himm- lischen Gütern, damit uns GOtt durch Christum gesegnet habe. Eph. 1, 3. b. Diese Verheissungen heissen megista, die al- lergrössesten wegen ihrer Vortreflichkeit, nach welcher sie einen grossen Vorzug haben vor allen Vorbildern des alten Testaments, darunter sie abgeschattet waren; als da son- derlich war, das den Patriarchen verheissene und ihren Nachkommen zu eigen gegebene Land Canaan. So sind sie auch an sich selbst von einer solchen Höhe, Würde und Wich- tigkeit, daß sie nicht grösser seyn können. Denn man sehe nur die eintzige Verheissung von der Kindschaft GOttes und die Vereini- gung mit ihm; so erkennet man, daß darüber nichts gehen könne: Gleichwie kein höherer Ehren-Stand auf der Welt seyn könte, als wenn ein grosser Monarche eine geringe und dürftige Person weiblichen Geschlechts aus dem Bauren-Stande zu seinem Kinde, ja zu seiner Gemahlinn, annähme. Welches doch nur ein Schatten ist gegen die Würde und Seligkeit der Kindschaft GOttes, und der Vermählung mit Christo. c. Und um dieser Grösse wegen sind die Ver- heissungen billig auch timia, theuer und werth, wie an sich selbst, also auch nach dem Urtheil der Gläubigen. Denn da es der theure Glaube v. 1. mit ihnen zu thun hat, so weiß er sie im göttlichen Licht auch recht hoch zu schätzen, und werth zu halten, und suchet sie, als seine theure Beylage, wohl anzulegen: welches geschiehet, wenn alles eitle Wesen dieser Welt dagegen verleugnet wird. d. Der unschätzbare Werth dieser Verheissun- gen ist so groß, daß er auch gar die Würde der heiligen Engel weit übertrift. Denn obgleich diese vor den auserwehlten Men- schen das voraus haben, daß sie nicht gefal- len, und daher im seligsten Dienste GOttes geblieben sind: so reichet doch ihr Stand nicht an den hohen Adel der gläubigen und auserwehlten Menschen. Denn wo haben die Engel die Verheissungen, daß der Sohn GOttes habe sollen ihre, der Engel, Natur an sich nehmen, und ein wahrer Engel wer- den, um die gefallenen Engel zu erlösen? daß die Engel Glieder des geistlichen Leibes Christi, als des hochgelobten Hauptes, seynd? daß der Sohn GOttes, ja die heilige Drey- Einigkeit, die Engel wolle als seine Tempel bewohnen, sich mit ihnen vereinigen; daß Christus sie wolle zu seiner geistlichen Braut annehmen, sie zu geistlichen Königen und Priestern machen und mit sich zu seinem Thron E e e e 3
Cap. 1. v. 3. 4. des andern Briefes Petri. [Spaltenumbruch]
rufung und Bekehrung; weil der heilige Geiſt,als ein Geiſt der Herrlichkeit 1 Pet. 4, 14. ſich dadurch ſo geſchaͤftig erweiſet, daß wir von ihm in das herrliche Ebenbild GOttes von ei- ner Klarheit zur andern verklaͤret werden. 2 Cor. 3, 18. 12. Da die Tugenden bey einem Menſchen V. 4. Durch welche (Herrlichkeit und Tugend) Anmerckungen. 1. Wir finden alhier drey Stuͤcke zu be- a. Jn dem Worte Verheiſſungen, wird zwar auf die Verheiſſung ſelbſt geſchehen, wie ſie nach dem Suͤndenfall durch alle Zeitlaufe des Alt. Teſtaments vielfaͤltig und auf mancherley Art, nach Hebr. 1, 1. geſchehen und, wieder- hohlet und immer mehr erlaͤutert worden iſt, daher ſie auch in der Zahl der Vielheit benen- net wird; eigentlich aber werden dadurch die verheiſſene Sachen verſtanden: als da ſind die Erloͤſung Chriſti, die daher entſtehende neue Oeconomie des Evangelii, darinnen alle Heyls-Schaͤtze, die Gerechtigkeit Chri- ſti, die Vergebung der Suͤnden, die Kind- [Spaltenumbruch] ſchaft GOttes, der Friede in und mit GOtt, die Freyheit des Gewiſſens, die Freude in dem heiligen Geiſte u. ſ. w. Denn ob man gleich aller ſolcher Seligkeit auch bereits im alten Teſtamente iſt theilhaftig worden; ſo iſt es doch nach dem Maße und nach der Klarheit nicht geſchehen, die wir davon durch die Er- fuͤllung empfangen. Paulus nennet dieſe Verheiſſungen, oder verheiſſene Heyls-Guͤ- ter allerley geiſtlichen Scegen in himm- liſchen Guͤtern, damit uns GOtt durch Chriſtum geſegnet habe. Eph. 1, 3. b. Dieſe Verheiſſungen heiſſen μέγιστα, die al- lergroͤſſeſten wegen ihrer Vortreflichkeit, nach welcher ſie einen groſſen Vorzug haben vor allen Vorbildern des alten Teſtaments, darunter ſie abgeſchattet waren; als da ſon- derlich war, das den Patriarchen verheiſſene und ihren Nachkommen zu eigen gegebene Land Canaan. So ſind ſie auch an ſich ſelbſt von einer ſolchen Hoͤhe, Wuͤrde und Wich- tigkeit, daß ſie nicht groͤſſer ſeyn koͤnnen. Denn man ſehe nur die eintzige Verheiſſung von der Kindſchaft GOttes und die Vereini- gung mit ihm; ſo erkennet man, daß daruͤber nichts gehen koͤnne: Gleichwie kein hoͤherer Ehren-Stand auf der Welt ſeyn koͤnte, als wenn ein groſſer Monarche eine geringe und duͤrftige Perſon weiblichen Geſchlechts aus dem Bauren-Stande zu ſeinem Kinde, ja zu ſeiner Gemahlinn, annaͤhme. Welches doch nur ein Schatten iſt gegen die Wuͤrde und Seligkeit der Kindſchaft GOttes, und der Vermaͤhlung mit Chriſto. c. Und um dieſer Groͤſſe wegen ſind die Ver- heiſſungen billig auch τίμια, theuer und werth, wie an ſich ſelbſt, alſo auch nach dem Urtheil der Glaͤubigen. Denn da es der theure Glaube v. 1. mit ihnen zu thun hat, ſo weiß er ſie im goͤttlichen Licht auch recht hoch zu ſchaͤtzen, und werth zu halten, und ſuchet ſie, als ſeine theure Beylage, wohl anzulegen: welches geſchiehet, wenn alles eitle Weſen dieſer Welt dagegen verleugnet wird. d. Der unſchaͤtzbare Werth dieſer Verheiſſun- gen iſt ſo groß, daß er auch gar die Wuͤrde der heiligen Engel weit uͤbertrift. Denn obgleich dieſe vor den auserwehlten Men- ſchen das voraus haben, daß ſie nicht gefal- len, und daher im ſeligſten Dienſte GOttes geblieben ſind: ſo reichet doch ihr Stand nicht an den hohen Adel der glaͤubigen und auserwehlten Menſchen. Denn wo haben die Engel die Verheiſſungen, daß der Sohn GOttes habe ſollen ihre, der Engel, Natur an ſich nehmen, und ein wahrer Engel wer- den, um die gefallenen Engel zu erloͤſen? daß die Engel Glieder des geiſtlichen Leibes Chriſti, als des hochgelobten Hauptes, ſeynd? daß der Sohn GOttes, ja die heilige Drey- Einigkeit, die Engel wolle als ſeine Tempel bewohnen, ſich mit ihnen vereinigen; daß Chriſtus ſie wolle zu ſeiner geiſtlichen Braut annehmen, ſie zu geiſtlichen Koͤnigen und Prieſtern machen und mit ſich zu ſeinem Thron E e e e 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0591" n="589"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 1. v. 3. 4. des andern Briefes Petri.</hi></fw><lb/><cb/> rufung und Bekehrung; weil der heilige Geiſt,<lb/> als ein <hi rendition="#fr">Geiſt der Herrlichkeit</hi> 1 Pet. 4, 14. ſich<lb/> dadurch ſo geſchaͤftig erweiſet, daß wir von ihm<lb/> in das <hi rendition="#fr">herrliche Ebenbild GOttes von ei-<lb/> ner Klarheit zur andern verklaͤret werden.</hi><lb/> 2 Cor. 3, 18.</p><lb/> <p>12. Da die Tugenden bey einem Menſchen<lb/> ſeine Eigenſchaften ſind: ſo iſt die <hi rendition="#fr">Tugend</hi><lb/> GOttes alhier ſeine <hi rendition="#fr">weſentliche Eigenſchaft,</hi><lb/> welche er uns im Evangelio anpreiſet. Und<lb/> dieſe iſt ſonderlich <hi rendition="#fr">dreyfach:</hi> ſie iſt die <hi rendition="#fr">Gna-<lb/> de,</hi> die <hi rendition="#fr">Gerechtigkeit</hi> und die <hi rendition="#fr">Allmacht.</hi><lb/> Zwar zuvorderſt die <hi rendition="#fr">Gnade</hi> und <hi rendition="#fr">Barmher-<lb/> tzigkeit;</hi> aber nicht allein, ſondern dabey auch<lb/> die weſentliche <hi rendition="#fr">Gerechtigkeit,</hi> und zwar wie ſie<lb/> an ſich ſelbſt unwandelbar iſt, und daher noth-<lb/> wendig eine Genugthuung erfodert hat, aber<lb/> auch durch Chriſtum verſoͤhnet iſt, und von den<lb/> Erloͤſeten der Ordnung nach die Heiligung ihrer<lb/> unheiligen Natur, damit ſie zu ſeiner ſeligen Ge-<lb/> meinſchaft gelangen koͤnnen, erfodert, und ſelbſt<lb/> nach der <hi rendition="#fr">Gnade</hi> kraͤftig wircket; alſo daß die<lb/><hi rendition="#fr">Allmacht</hi> dem Evangelio den rechten Nach-<lb/> druck giebet. Von dieſer Tugend GOttes, wie<lb/> ſie ſich durch die Berufung aͤuſſert, und wie ſie<lb/> daher danckbarlich zu verkuͤndigen, oder in der<lb/> That ſelbſt an uns zu beweiſen ſey, ſehe man<lb/> 1 Pet. 2, 9.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">V. 4.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Durch welche</hi> (Herrlichkeit und Tugend)<lb/><hi rendition="#fr">uns die theuren und allergroͤſſeſten</hi> (Gr.<lb/> groͤſſeſten und theuren) <hi rendition="#fr">Verheiſſungen ge-<lb/> ſchencket ſind: nemlich, daß ihr durch daſ-<lb/> ſelbe</hi> (durch die theuren Verheiſſungen in der<lb/> Ordnung wuͤrcklicher Zueignung) <hi rendition="#fr">theilhaftig<lb/> werder der goͤttlichen Natur</hi> (in Anneh-<lb/> mung des Sinnes Chriſti und Anrichtung des<lb/> Ebenbildes GOttes,) <hi rendition="#fr">ſo ihr fliehet die ver-<lb/> gaͤngliche Luſt der Welt,</hi> (als welche ſolcher<lb/> ſeligen Gemeinſchaft mit GOtt gerade entgegen<lb/> ſtehet.)</p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <p>1. Wir finden alhier <hi rendition="#fr">drey Stuͤcke</hi> zu be-<lb/> trachten: erſtlich das <hi rendition="#fr">Geſchenck</hi> der Verheiſ-<lb/> ſungen; hernach die <hi rendition="#fr">Erleuterung</hi> ſolches Ge-<lb/> ſchencks, wie es beſtehe in der Theilhaftigwer-<lb/> dung der goͤttlichen Natur: und denn die dazu<lb/> erfoderte <hi rendition="#fr">Ordnung</hi> in der Vermeidung der<lb/> vergaͤnglichen Welt-Luſt. Zum erſten Stuͤcke<lb/> gehoͤren folgende Puncte:</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Jn dem Worte <hi rendition="#fr">Verheiſſungen,</hi> wird zwar<lb/> auf die Verheiſſung ſelbſt geſchehen, wie ſie<lb/> nach dem Suͤndenfall durch alle Zeitlaufe des<lb/> Alt. Teſtaments vielfaͤltig und auf mancherley<lb/> Art, nach Hebr. 1, 1. geſchehen und, wieder-<lb/> hohlet und immer mehr erlaͤutert worden iſt,<lb/> daher ſie auch in der Zahl der Vielheit benen-<lb/> net wird; eigentlich aber werden dadurch die<lb/><hi rendition="#fr">verheiſſene Sachen</hi> verſtanden: als da ſind<lb/> die Erloͤſung Chriſti, die daher entſtehende<lb/> neue <hi rendition="#aq">Oeconomi</hi>e des Evangelii, darinnen<lb/> alle Heyls-Schaͤtze, die Gerechtigkeit Chri-<lb/> ſti, die Vergebung der Suͤnden, die Kind-<lb/><cb/> ſchaft GOttes, der Friede in und mit GOtt,<lb/> die Freyheit des Gewiſſens, die Freude in dem<lb/> heiligen Geiſte u. ſ. w. Denn ob man gleich<lb/> aller ſolcher Seligkeit auch bereits im alten<lb/> Teſtamente iſt theilhaftig worden; ſo iſt es<lb/> doch nach dem Maße und nach der Klarheit<lb/> nicht geſchehen, die wir davon durch die Er-<lb/> fuͤllung empfangen. Paulus nennet dieſe<lb/> Verheiſſungen, oder verheiſſene Heyls-Guͤ-<lb/> ter <hi rendition="#fr">allerley geiſtlichen Scegen in himm-<lb/> liſchen Guͤtern, damit uns GOtt durch<lb/> Chriſtum geſegnet habe.</hi> Eph. 1, 3.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">b.</hi> Dieſe Verheiſſungen heiſſen μέγιστα, die <hi rendition="#fr">al-<lb/> lergroͤſſeſten</hi> wegen ihrer Vortreflichkeit,<lb/> nach welcher ſie einen groſſen Vorzug haben<lb/> vor allen Vorbildern des alten Teſtaments,<lb/> darunter ſie abgeſchattet waren; als da ſon-<lb/> derlich war, das den Patriarchen verheiſſene<lb/> und ihren Nachkommen zu eigen gegebene<lb/> Land <hi rendition="#fr">Canaan.</hi> So ſind ſie auch an ſich ſelbſt<lb/> von einer ſolchen Hoͤhe, Wuͤrde und Wich-<lb/> tigkeit, daß ſie nicht groͤſſer ſeyn koͤnnen.<lb/> Denn man ſehe nur die eintzige Verheiſſung<lb/> von der <hi rendition="#fr">Kindſchaft</hi> GOttes und die Vereini-<lb/> gung mit ihm; ſo erkennet man, daß daruͤber<lb/> nichts gehen koͤnne: Gleichwie kein hoͤherer<lb/> Ehren-Stand auf der Welt ſeyn koͤnte, als<lb/> wenn ein groſſer Monarche eine geringe und<lb/> duͤrftige Perſon weiblichen Geſchlechts aus<lb/> dem Bauren-Stande zu ſeinem Kinde, ja zu<lb/> ſeiner Gemahlinn, annaͤhme. Welches doch<lb/> nur ein Schatten iſt gegen die Wuͤrde und<lb/> Seligkeit der Kindſchaft GOttes, und der<lb/> Vermaͤhlung mit Chriſto.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">c.</hi> Und um dieſer Groͤſſe wegen ſind die Ver-<lb/> heiſſungen billig auch τίμια, <hi rendition="#fr">theuer</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">werth,</hi> wie an ſich ſelbſt, alſo auch nach<lb/> dem Urtheil der Glaͤubigen. Denn da es der<lb/> theure Glaube v. 1. mit ihnen zu thun hat, ſo<lb/> weiß er ſie im goͤttlichen Licht auch recht hoch<lb/> zu ſchaͤtzen, und werth zu halten, und ſuchet ſie,<lb/> als ſeine theure Beylage, wohl anzulegen:<lb/> welches geſchiehet, wenn alles eitle Weſen<lb/> dieſer Welt dagegen verleugnet wird.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">d.</hi> Der unſchaͤtzbare Werth dieſer Verheiſſun-<lb/> gen iſt ſo groß, daß er auch gar die Wuͤrde<lb/> der heiligen Engel weit uͤbertrift. Denn<lb/> obgleich dieſe vor den auserwehlten Men-<lb/> ſchen das voraus haben, daß ſie nicht gefal-<lb/> len, und daher im ſeligſten Dienſte GOttes<lb/> geblieben ſind: ſo reichet doch ihr Stand<lb/> nicht an den hohen Adel der glaͤubigen und<lb/> auserwehlten Menſchen. Denn wo haben<lb/> die Engel die Verheiſſungen, daß der Sohn<lb/> GOttes habe ſollen ihre, der Engel, Natur<lb/> an ſich nehmen, und ein wahrer Engel wer-<lb/> den, um die gefallenen Engel zu erloͤſen?<lb/> daß die Engel Glieder des geiſtlichen Leibes<lb/> Chriſti, als des hochgelobten Hauptes, ſeynd?<lb/> daß der Sohn GOttes, ja die heilige Drey-<lb/> Einigkeit, die Engel wolle als ſeine Tempel<lb/> bewohnen, ſich mit ihnen vereinigen; daß<lb/> Chriſtus ſie wolle zu ſeiner geiſtlichen Braut<lb/> annehmen, ſie zu geiſtlichen Koͤnigen und<lb/> Prieſtern machen und mit ſich zu ſeinem<lb/> <fw place="bottom" type="sig">E e e e 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Thron</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [589/0591]
Cap. 1. v. 3. 4. des andern Briefes Petri.
rufung und Bekehrung; weil der heilige Geiſt,
als ein Geiſt der Herrlichkeit 1 Pet. 4, 14. ſich
dadurch ſo geſchaͤftig erweiſet, daß wir von ihm
in das herrliche Ebenbild GOttes von ei-
ner Klarheit zur andern verklaͤret werden.
2 Cor. 3, 18.
12. Da die Tugenden bey einem Menſchen
ſeine Eigenſchaften ſind: ſo iſt die Tugend
GOttes alhier ſeine weſentliche Eigenſchaft,
welche er uns im Evangelio anpreiſet. Und
dieſe iſt ſonderlich dreyfach: ſie iſt die Gna-
de, die Gerechtigkeit und die Allmacht.
Zwar zuvorderſt die Gnade und Barmher-
tzigkeit; aber nicht allein, ſondern dabey auch
die weſentliche Gerechtigkeit, und zwar wie ſie
an ſich ſelbſt unwandelbar iſt, und daher noth-
wendig eine Genugthuung erfodert hat, aber
auch durch Chriſtum verſoͤhnet iſt, und von den
Erloͤſeten der Ordnung nach die Heiligung ihrer
unheiligen Natur, damit ſie zu ſeiner ſeligen Ge-
meinſchaft gelangen koͤnnen, erfodert, und ſelbſt
nach der Gnade kraͤftig wircket; alſo daß die
Allmacht dem Evangelio den rechten Nach-
druck giebet. Von dieſer Tugend GOttes, wie
ſie ſich durch die Berufung aͤuſſert, und wie ſie
daher danckbarlich zu verkuͤndigen, oder in der
That ſelbſt an uns zu beweiſen ſey, ſehe man
1 Pet. 2, 9.
V. 4.
Durch welche (Herrlichkeit und Tugend)
uns die theuren und allergroͤſſeſten (Gr.
groͤſſeſten und theuren) Verheiſſungen ge-
ſchencket ſind: nemlich, daß ihr durch daſ-
ſelbe (durch die theuren Verheiſſungen in der
Ordnung wuͤrcklicher Zueignung) theilhaftig
werder der goͤttlichen Natur (in Anneh-
mung des Sinnes Chriſti und Anrichtung des
Ebenbildes GOttes,) ſo ihr fliehet die ver-
gaͤngliche Luſt der Welt, (als welche ſolcher
ſeligen Gemeinſchaft mit GOtt gerade entgegen
ſtehet.)
Anmerckungen.
1. Wir finden alhier drey Stuͤcke zu be-
trachten: erſtlich das Geſchenck der Verheiſ-
ſungen; hernach die Erleuterung ſolches Ge-
ſchencks, wie es beſtehe in der Theilhaftigwer-
dung der goͤttlichen Natur: und denn die dazu
erfoderte Ordnung in der Vermeidung der
vergaͤnglichen Welt-Luſt. Zum erſten Stuͤcke
gehoͤren folgende Puncte:
a. Jn dem Worte Verheiſſungen, wird zwar
auf die Verheiſſung ſelbſt geſchehen, wie ſie
nach dem Suͤndenfall durch alle Zeitlaufe des
Alt. Teſtaments vielfaͤltig und auf mancherley
Art, nach Hebr. 1, 1. geſchehen und, wieder-
hohlet und immer mehr erlaͤutert worden iſt,
daher ſie auch in der Zahl der Vielheit benen-
net wird; eigentlich aber werden dadurch die
verheiſſene Sachen verſtanden: als da ſind
die Erloͤſung Chriſti, die daher entſtehende
neue Oeconomie des Evangelii, darinnen
alle Heyls-Schaͤtze, die Gerechtigkeit Chri-
ſti, die Vergebung der Suͤnden, die Kind-
ſchaft GOttes, der Friede in und mit GOtt,
die Freyheit des Gewiſſens, die Freude in dem
heiligen Geiſte u. ſ. w. Denn ob man gleich
aller ſolcher Seligkeit auch bereits im alten
Teſtamente iſt theilhaftig worden; ſo iſt es
doch nach dem Maße und nach der Klarheit
nicht geſchehen, die wir davon durch die Er-
fuͤllung empfangen. Paulus nennet dieſe
Verheiſſungen, oder verheiſſene Heyls-Guͤ-
ter allerley geiſtlichen Scegen in himm-
liſchen Guͤtern, damit uns GOtt durch
Chriſtum geſegnet habe. Eph. 1, 3.
b. Dieſe Verheiſſungen heiſſen μέγιστα, die al-
lergroͤſſeſten wegen ihrer Vortreflichkeit,
nach welcher ſie einen groſſen Vorzug haben
vor allen Vorbildern des alten Teſtaments,
darunter ſie abgeſchattet waren; als da ſon-
derlich war, das den Patriarchen verheiſſene
und ihren Nachkommen zu eigen gegebene
Land Canaan. So ſind ſie auch an ſich ſelbſt
von einer ſolchen Hoͤhe, Wuͤrde und Wich-
tigkeit, daß ſie nicht groͤſſer ſeyn koͤnnen.
Denn man ſehe nur die eintzige Verheiſſung
von der Kindſchaft GOttes und die Vereini-
gung mit ihm; ſo erkennet man, daß daruͤber
nichts gehen koͤnne: Gleichwie kein hoͤherer
Ehren-Stand auf der Welt ſeyn koͤnte, als
wenn ein groſſer Monarche eine geringe und
duͤrftige Perſon weiblichen Geſchlechts aus
dem Bauren-Stande zu ſeinem Kinde, ja zu
ſeiner Gemahlinn, annaͤhme. Welches doch
nur ein Schatten iſt gegen die Wuͤrde und
Seligkeit der Kindſchaft GOttes, und der
Vermaͤhlung mit Chriſto.
c. Und um dieſer Groͤſſe wegen ſind die Ver-
heiſſungen billig auch τίμια, theuer und
werth, wie an ſich ſelbſt, alſo auch nach
dem Urtheil der Glaͤubigen. Denn da es der
theure Glaube v. 1. mit ihnen zu thun hat, ſo
weiß er ſie im goͤttlichen Licht auch recht hoch
zu ſchaͤtzen, und werth zu halten, und ſuchet ſie,
als ſeine theure Beylage, wohl anzulegen:
welches geſchiehet, wenn alles eitle Weſen
dieſer Welt dagegen verleugnet wird.
d. Der unſchaͤtzbare Werth dieſer Verheiſſun-
gen iſt ſo groß, daß er auch gar die Wuͤrde
der heiligen Engel weit uͤbertrift. Denn
obgleich dieſe vor den auserwehlten Men-
ſchen das voraus haben, daß ſie nicht gefal-
len, und daher im ſeligſten Dienſte GOttes
geblieben ſind: ſo reichet doch ihr Stand
nicht an den hohen Adel der glaͤubigen und
auserwehlten Menſchen. Denn wo haben
die Engel die Verheiſſungen, daß der Sohn
GOttes habe ſollen ihre, der Engel, Natur
an ſich nehmen, und ein wahrer Engel wer-
den, um die gefallenen Engel zu erloͤſen?
daß die Engel Glieder des geiſtlichen Leibes
Chriſti, als des hochgelobten Hauptes, ſeynd?
daß der Sohn GOttes, ja die heilige Drey-
Einigkeit, die Engel wolle als ſeine Tempel
bewohnen, ſich mit ihnen vereinigen; daß
Chriſtus ſie wolle zu ſeiner geiſtlichen Braut
annehmen, ſie zu geiſtlichen Koͤnigen und
Prieſtern machen und mit ſich zu ſeinem
Thron
E e e e 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |