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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Cap. 4. v. 3-4.
[Spaltenumbruch] doch nicht. Denn eure Hände sind voll
Bluts. Waschet euch, reiniget euch
u. f.
Siehe auch Joh. 9, 31. und Matth. 20, 22. da es
heißt: ihr wisset nicht (bedencket nicht) was
ihr bittet.

V. 4.

Jhr (geistliche) Ehebrecher und Ehe-
brecherinnen
(die ihr durch die unreine und
herrschende Welt-Liebe aus dem ehelichen Bunde
und Bande, den ihr im Glauben mit GOtt ha-
ben sollet, tretet) wisset ihr nicht, daß der
Welt Freundschaft GOttes Feindschaft
ist? wer der Welt Freund seyn will, der
wird GOttes Feind seyn.

Anmerckungen.

1. Es ist dieser Vers einer von den merck-
würdigsten in diesem Briefe. Um seinen Nach-
druck zu erkennen, haben wir folgende Puncte zu
erwegen: erstlich die selige Gemeinschaft GOttes
wozu die Gläubigen in ihrer Bekehrung gelangen:
hernach wodurch dieselbe unterbrochen werde:
und denn, was damit unmöglich bestehen könne.

2. Die Vereinigung und Gemeinschaft
GOttes, wozu eine Seele durch den Glauben
in der Bekehrung kömmt, ist so groß, daß sie, aus-
ser andern schönen Bildern, auch unter der Fi-
gur der Verlobung und Vermählung pfle-
get vorgestellet zu werden. Hohelied Sal. 2, 19.
20. Matth. 26, 1. u. f. 2 Cor. 11, 2. Eph. 5, 25. u. f.
Offenb. 14, 4. c. 19, 7. 8. c. 21, 1, 2.

3. Gleichwie man nun zu dieser geistlichen
Vermählung nicht gelanget, es sey denn, daß die
in der Seele von Natur herrschende unordentli-
che und unreine Liebe der Welt solcher Herrschaft
nach aufgehoben werde: also wird das Band der
geistlichen Ehe dadurch wieder zerstöret, wenn der
Mensch die in ihm noch übrig gelassene Weltlie-
be, welche auch mit in einer Eigenliebe bestehet,
wieder zur vorigen Herrschaft kommen lässet.
Denn dadurch geschiehet ein geistlicher Ehe-
bruch,
dadurch man von dem lebendigen GOtt
abtritt Hebr. 3, 12. Darauf siehet alhier Jaco-
bus unter dem Namen der Ehebrecher und Ehe-
brecherinnen. Woraus man erkennet, daß er bey
Bestrafung der äusserlichen Laster auf einen in-
nern und tiefen Grund gehet. Siehe die Redens
Art auch Matth. 16, 4.

4. Geschiehet es nun leider in der leiblichen
Ehe bey denen, welche nicht aus dem Grunde der
Gnade ihr eheliches Band innerlich und äusser-
lich unverletzt bewahren, daß sie ihre eheliche Liebe,
wodurch sie nur an eine eintzige Person verbunden
sind, mit einer andern, ja wol gar mit noch meh-
rern theilen und was sie diesen davon zuwenden
jener entziehen, und also mit Brechung des ehe-
lichen Bandes und Bundes zu Ehebrechern und
Ehebrecherinnen werden: so kan es auch leicht-
lich bey der geistlichen Ehe geschehen, daß der
Mensch dadurch, wenn er die bösen Lüste wieder
in sich zur Oberhand kommen läßt, wieder aus
dem Gnaden-Stande und seinem Tauf-Bunde
fällt, und alle Gemeinschaft mit GOtt aufgeho-
ben wird. Welches so viel unvermerckter zu ge-
schehen pfleget, da es stuffenweise zugehet.

[Spaltenumbruch]

5. Und was ist für ein Betrug bey untreu-
en Eheleuten gemeiner, als dieser, daß sie, von
ihren bösen Begierden geblendet, meinen, sie blie-
ben ja in der Ehe mit ihren Ehegatten nach wie
vor, ob sie sich gleich dabey auch zu andern Perso-
nen hielten, oder ihnen doch auch der besondern
Affection nach anhingen: dadurch doch aber
das eheliche Band allerdinge verletzet, ja zerrissen
wird. Eben also gehet es auch in der geistlichen Ehe
mit GOtt: als darinnen kein Betrug gemeiner
und gefährlicher ist, als dieser, daß man meinet,
es könne die Liebe und Freundschaft GOttes mit
der Liebe und Freundschft der Welt zusammen
stehen. Welches aber, wie hier Jacobus bezeu-
get, unmöglich ist.

6. Die Unmöglichkeit erkennet man gar
leicht aus der gantz widrigen Art und Natur der
Liebe GOttes und der Weltliebe. Denn da je-
ne rein und heilig ist, so ist diese unrein und unhei-
lig. Da jene GOtt über alles erhebet: so setzet
diese die Creatur über GOtt; liebet sie in der
That mehr, als GOtt; ob man es gleich nicht
meinet. Da jene dem Willen GOttes gemäß ist,
so ist diese dem Willen GOttes gantz zuwider und
nichts anders, als eine beständige Feindschaft
wider GOtt. Röm. 8, 7. 8.

7. Daß beydes unmöglich bey einander ste-
hen könne, erkennet man auch aus der Nothwen-
digkeit der Wiedergeburt und gründlichen Bekeh-
rung, wenn man zur seligen Gemeinschaft GOt-
tes gelangen will. Gleichwie sich aber mancher
bey dem ersten Anfange des Christenthums darin-
nen selbst betrieget, daß er zu keiner recht gründli-
chen Bekehrung und also auch zu keinem ehelichen
Bande und Gnaden-Bunde mit GOtt kömmt: so
ist, wenn man zu diesem einmal gelanget ist, der
Betrug auch nicht geringer, wenn man meinet,
es könne die Liebe GOttes und der Welt gar wohl
bey einander stehen, oder wenn man es doch
würcklich also practiciret, und vermeinet, es ste-
he die Welt-Liebe der Liebe GOttes so viel weni-
ger entgegen, so viel mehr sie von den groben Ex-
cess
en, oder Uberfahrungen, gemäßiget sey.

8. Und diß ist eben der Haupt-Betrug, wel-
cher so viele Menschen recht jämmerlich verleitet,
daß sie entweder nimmermehr zum rechten Gna-
den-Stande gelangen, oder doch darinnen nicht
stehen bleiben. Denn da hat man eine so genann-
te Mitteldings-Lehre, oder Jrrlehre und lose
Verführung, nach welcher man alles das, was in
der Eigen- und Welt-Liebe von gröbern Ausbrü-
chen gemäßiget ist, auch für unsündlich, oder zu-
läßig ansiehet, es indifferent nennet, und für ei-
ne solche Sache hält, welche erst durch ihre Uber-
masse zur Sünde werde. Da man doch erkennen
solte, daß, wie bereits oben c. 1, 14. 15. angezeiget
ist, die Lust-Begierde in der menschlichen Natur
bey dem Sünden-Fall nicht indifferent geblie-
ben, sondern aller dinge unordentlich, unrein
und sündlich worden ist, und daher derselben nicht
durch eine Mäßigung ihrer Ausbrüche, sondern
durch eine solche Ertödtung und Absterbung, wo-
durch ihre innere Herrschaft unterbrochen wird,
kan abgeholfen werden: da sonst eine also ver-
meinete Mäßigung nichts anders ist, als eine in-

nerlich

Richtige und erbauliche Cap. 4. v. 3-4.
[Spaltenumbruch] doch nicht. Denn eure Haͤnde ſind voll
Bluts. Waſchet euch, reiniget euch
u. f.
Siehe auch Joh. 9, 31. und Matth. 20, 22. da es
heißt: ihr wiſſet nicht (bedencket nicht) was
ihr bittet.

V. 4.

Jhr (geiſtliche) Ehebrecher und Ehe-
brecherinnen
(die ihr durch die unreine und
herrſchende Welt-Liebe aus dem ehelichen Bunde
und Bande, den ihr im Glauben mit GOtt ha-
ben ſollet, tretet) wiſſet ihr nicht, daß der
Welt Freundſchaft GOttes Feindſchaft
iſt? wer der Welt Freund ſeyn will, der
wird GOttes Feind ſeyn.

Anmerckungen.

1. Es iſt dieſer Vers einer von den merck-
wuͤrdigſten in dieſem Briefe. Um ſeinen Nach-
druck zu erkennen, haben wir folgende Puncte zu
erwegen: erſtlich die ſelige Gemeinſchaft GOttes
wozu die Glaͤubigen in ihrer Bekehrung gelangen:
hernach wodurch dieſelbe unterbrochen werde:
und denn, was damit unmoͤglich beſtehen koͤnne.

2. Die Vereinigung und Gemeinſchaft
GOttes, wozu eine Seele durch den Glauben
in der Bekehrung koͤmmt, iſt ſo groß, daß ſie, auſ-
ſer andern ſchoͤnen Bildern, auch unter der Fi-
gur der Verlobung und Vermaͤhlung pfle-
get vorgeſtellet zu werden. Hohelied Sal. 2, 19.
20. Matth. 26, 1. u. f. 2 Cor. 11, 2. Eph. 5, 25. u. f.
Offenb. 14, 4. c. 19, 7. 8. c. 21, 1, 2.

3. Gleichwie man nun zu dieſer geiſtlichen
Vermaͤhlung nicht gelanget, es ſey denn, daß die
in der Seele von Natur herrſchende unordentli-
che und unreine Liebe der Welt ſolcher Herrſchaft
nach aufgehoben werde: alſo wird das Band der
geiſtlichen Ehe dadurch wieder zerſtoͤret, wenn der
Menſch die in ihm noch uͤbrig gelaſſene Weltlie-
be, welche auch mit in einer Eigenliebe beſtehet,
wieder zur vorigen Herrſchaft kommen laͤſſet.
Denn dadurch geſchiehet ein geiſtlicher Ehe-
bruch,
dadurch man von dem lebendigen GOtt
abtritt Hebr. 3, 12. Darauf ſiehet alhier Jaco-
bus unter dem Namen der Ehebrecher und Ehe-
brecherinnen. Woraus man erkennet, daß er bey
Beſtrafung der aͤuſſerlichen Laſter auf einen in-
nern und tiefen Grund gehet. Siehe die Redens
Art auch Matth. 16, 4.

4. Geſchiehet es nun leider in der leiblichen
Ehe bey denen, welche nicht aus dem Grunde der
Gnade ihr eheliches Band innerlich und aͤuſſer-
lich unverletzt bewahren, daß ſie ihre eheliche Liebe,
wodurch ſie nur an eine eintzige Perſon verbunden
ſind, mit einer andern, ja wol gar mit noch meh-
rern theilen und was ſie dieſen davon zuwenden
jener entziehen, und alſo mit Brechung des ehe-
lichen Bandes und Bundes zu Ehebrechern und
Ehebrecherinnen werden: ſo kan es auch leicht-
lich bey der geiſtlichen Ehe geſchehen, daß der
Menſch dadurch, wenn er die boͤſen Luͤſte wieder
in ſich zur Oberhand kommen laͤßt, wieder aus
dem Gnaden-Stande und ſeinem Tauf-Bunde
faͤllt, und alle Gemeinſchaft mit GOtt aufgeho-
ben wird. Welches ſo viel unvermerckter zu ge-
ſchehen pfleget, da es ſtuffenweiſe zugehet.

[Spaltenumbruch]

5. Und was iſt fuͤr ein Betrug bey untreu-
en Eheleuten gemeiner, als dieſer, daß ſie, von
ihren boͤſen Begierden geblendet, meinen, ſie blie-
ben ja in der Ehe mit ihren Ehegatten nach wie
vor, ob ſie ſich gleich dabey auch zu andern Perſo-
nen hielten, oder ihnen doch auch der beſondern
Affection nach anhingen: dadurch doch aber
das eheliche Band allerdinge verletzet, ja zerriſſen
wird. Eben alſo gehet es auch in der geiſtlichen Ehe
mit GOtt: als darinnen kein Betrug gemeiner
und gefaͤhrlicher iſt, als dieſer, daß man meinet,
es koͤnne die Liebe und Freundſchaft GOttes mit
der Liebe und Freundſchft der Welt zuſammen
ſtehen. Welches aber, wie hier Jacobus bezeu-
get, unmoͤglich iſt.

6. Die Unmoͤglichkeit erkennet man gar
leicht aus der gantz widrigen Art und Natur der
Liebe GOttes und der Weltliebe. Denn da je-
ne rein und heilig iſt, ſo iſt dieſe unrein und unhei-
lig. Da jene GOtt uͤber alles erhebet: ſo ſetzet
dieſe die Creatur uͤber GOtt; liebet ſie in der
That mehr, als GOtt; ob man es gleich nicht
meinet. Da jene dem Willen GOttes gemaͤß iſt,
ſo iſt dieſe dem Willen GOttes gantz zuwider und
nichts anders, als eine beſtaͤndige Feindſchaft
wider GOtt. Roͤm. 8, 7. 8.

7. Daß beydes unmoͤglich bey einander ſte-
hen koͤnne, erkennet man auch aus der Nothwen-
digkeit der Wiedergeburt und gruͤndlichen Bekeh-
rung, wenn man zur ſeligen Gemeinſchaft GOt-
tes gelangen will. Gleichwie ſich aber mancher
bey dem erſten Anfange des Chriſtenthums darin-
nen ſelbſt betrieget, daß er zu keiner recht gruͤndli-
chen Bekehrung und alſo auch zu keinem ehelichen
Bande und Gnaden-Bunde mit GOtt koͤmmt: ſo
iſt, wenn man zu dieſem einmal gelanget iſt, der
Betrug auch nicht geringer, wenn man meinet,
es koͤnne die Liebe GOttes und der Welt gar wohl
bey einander ſtehen, oder wenn man es doch
wuͤrcklich alſo practiciret, und vermeinet, es ſte-
he die Welt-Liebe der Liebe GOttes ſo viel weni-
ger entgegen, ſo viel mehr ſie von den groben Ex-
ceſſ
en, oder Uberfahrungen, gemaͤßiget ſey.

8. Und diß iſt eben der Haupt-Betrug, wel-
cher ſo viele Menſchen recht jaͤmmerlich verleitet,
daß ſie entweder nimmermehr zum rechten Gna-
den-Stande gelangen, oder doch darinnen nicht
ſtehen bleiben. Denn da hat man eine ſo genann-
te Mitteldings-Lehre, oder Jrrlehre und loſe
Verfuͤhrung, nach welcher man alles das, was in
der Eigen- und Welt-Liebe von groͤbern Ausbruͤ-
chen gemaͤßiget iſt, auch fuͤr unſuͤndlich, oder zu-
laͤßig anſiehet, es indifferent nennet, und fuͤr ei-
ne ſolche Sache haͤlt, welche erſt durch ihre Uber-
maſſe zur Suͤnde werde. Da man doch erkennen
ſolte, daß, wie bereits oben c. 1, 14. 15. angezeiget
iſt, die Luſt-Begierde in der menſchlichen Natur
bey dem Suͤnden-Fall nicht indifferent geblie-
ben, ſondern aller dinge unordentlich, unrein
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durch eine ſolche Ertoͤdtung und Abſterbung, wo-
durch ihre innere Herrſchaft unterbrochen wird,
kan abgeholfen werden: da ſonſt eine alſo ver-
meinete Maͤßigung nichts anders iſt, als eine in-

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[472/0474] Richtige und erbauliche Cap. 4. v. 3-4. doch nicht. Denn eure Haͤnde ſind voll Bluts. Waſchet euch, reiniget euch u. f. Siehe auch Joh. 9, 31. und Matth. 20, 22. da es heißt: ihr wiſſet nicht (bedencket nicht) was ihr bittet. V. 4. Jhr (geiſtliche) Ehebrecher und Ehe- brecherinnen (die ihr durch die unreine und herrſchende Welt-Liebe aus dem ehelichen Bunde und Bande, den ihr im Glauben mit GOtt ha- ben ſollet, tretet) wiſſet ihr nicht, daß der Welt Freundſchaft GOttes Feindſchaft iſt? wer der Welt Freund ſeyn will, der wird GOttes Feind ſeyn. Anmerckungen. 1. Es iſt dieſer Vers einer von den merck- wuͤrdigſten in dieſem Briefe. Um ſeinen Nach- druck zu erkennen, haben wir folgende Puncte zu erwegen: erſtlich die ſelige Gemeinſchaft GOttes wozu die Glaͤubigen in ihrer Bekehrung gelangen: hernach wodurch dieſelbe unterbrochen werde: und denn, was damit unmoͤglich beſtehen koͤnne. 2. Die Vereinigung und Gemeinſchaft GOttes, wozu eine Seele durch den Glauben in der Bekehrung koͤmmt, iſt ſo groß, daß ſie, auſ- ſer andern ſchoͤnen Bildern, auch unter der Fi- gur der Verlobung und Vermaͤhlung pfle- get vorgeſtellet zu werden. Hohelied Sal. 2, 19. 20. Matth. 26, 1. u. f. 2 Cor. 11, 2. Eph. 5, 25. u. f. Offenb. 14, 4. c. 19, 7. 8. c. 21, 1, 2. 3. Gleichwie man nun zu dieſer geiſtlichen Vermaͤhlung nicht gelanget, es ſey denn, daß die in der Seele von Natur herrſchende unordentli- che und unreine Liebe der Welt ſolcher Herrſchaft nach aufgehoben werde: alſo wird das Band der geiſtlichen Ehe dadurch wieder zerſtoͤret, wenn der Menſch die in ihm noch uͤbrig gelaſſene Weltlie- be, welche auch mit in einer Eigenliebe beſtehet, wieder zur vorigen Herrſchaft kommen laͤſſet. Denn dadurch geſchiehet ein geiſtlicher Ehe- bruch, dadurch man von dem lebendigen GOtt abtritt Hebr. 3, 12. Darauf ſiehet alhier Jaco- bus unter dem Namen der Ehebrecher und Ehe- brecherinnen. Woraus man erkennet, daß er bey Beſtrafung der aͤuſſerlichen Laſter auf einen in- nern und tiefen Grund gehet. Siehe die Redens Art auch Matth. 16, 4. 4. Geſchiehet es nun leider in der leiblichen Ehe bey denen, welche nicht aus dem Grunde der Gnade ihr eheliches Band innerlich und aͤuſſer- lich unverletzt bewahren, daß ſie ihre eheliche Liebe, wodurch ſie nur an eine eintzige Perſon verbunden ſind, mit einer andern, ja wol gar mit noch meh- rern theilen und was ſie dieſen davon zuwenden jener entziehen, und alſo mit Brechung des ehe- lichen Bandes und Bundes zu Ehebrechern und Ehebrecherinnen werden: ſo kan es auch leicht- lich bey der geiſtlichen Ehe geſchehen, daß der Menſch dadurch, wenn er die boͤſen Luͤſte wieder in ſich zur Oberhand kommen laͤßt, wieder aus dem Gnaden-Stande und ſeinem Tauf-Bunde faͤllt, und alle Gemeinſchaft mit GOtt aufgeho- ben wird. Welches ſo viel unvermerckter zu ge- ſchehen pfleget, da es ſtuffenweiſe zugehet. 5. Und was iſt fuͤr ein Betrug bey untreu- en Eheleuten gemeiner, als dieſer, daß ſie, von ihren boͤſen Begierden geblendet, meinen, ſie blie- ben ja in der Ehe mit ihren Ehegatten nach wie vor, ob ſie ſich gleich dabey auch zu andern Perſo- nen hielten, oder ihnen doch auch der beſondern Affection nach anhingen: dadurch doch aber das eheliche Band allerdinge verletzet, ja zerriſſen wird. Eben alſo gehet es auch in der geiſtlichen Ehe mit GOtt: als darinnen kein Betrug gemeiner und gefaͤhrlicher iſt, als dieſer, daß man meinet, es koͤnne die Liebe und Freundſchaft GOttes mit der Liebe und Freundſchft der Welt zuſammen ſtehen. Welches aber, wie hier Jacobus bezeu- get, unmoͤglich iſt. 6. Die Unmoͤglichkeit erkennet man gar leicht aus der gantz widrigen Art und Natur der Liebe GOttes und der Weltliebe. Denn da je- ne rein und heilig iſt, ſo iſt dieſe unrein und unhei- lig. Da jene GOtt uͤber alles erhebet: ſo ſetzet dieſe die Creatur uͤber GOtt; liebet ſie in der That mehr, als GOtt; ob man es gleich nicht meinet. Da jene dem Willen GOttes gemaͤß iſt, ſo iſt dieſe dem Willen GOttes gantz zuwider und nichts anders, als eine beſtaͤndige Feindſchaft wider GOtt. Roͤm. 8, 7. 8. 7. Daß beydes unmoͤglich bey einander ſte- hen koͤnne, erkennet man auch aus der Nothwen- digkeit der Wiedergeburt und gruͤndlichen Bekeh- rung, wenn man zur ſeligen Gemeinſchaft GOt- tes gelangen will. Gleichwie ſich aber mancher bey dem erſten Anfange des Chriſtenthums darin- nen ſelbſt betrieget, daß er zu keiner recht gruͤndli- chen Bekehrung und alſo auch zu keinem ehelichen Bande und Gnaden-Bunde mit GOtt koͤmmt: ſo iſt, wenn man zu dieſem einmal gelanget iſt, der Betrug auch nicht geringer, wenn man meinet, es koͤnne die Liebe GOttes und der Welt gar wohl bey einander ſtehen, oder wenn man es doch wuͤrcklich alſo practiciret, und vermeinet, es ſte- he die Welt-Liebe der Liebe GOttes ſo viel weni- ger entgegen, ſo viel mehr ſie von den groben Ex- ceſſen, oder Uberfahrungen, gemaͤßiget ſey. 8. Und diß iſt eben der Haupt-Betrug, wel- cher ſo viele Menſchen recht jaͤmmerlich verleitet, daß ſie entweder nimmermehr zum rechten Gna- den-Stande gelangen, oder doch darinnen nicht ſtehen bleiben. Denn da hat man eine ſo genann- te Mitteldings-Lehre, oder Jrrlehre und loſe Verfuͤhrung, nach welcher man alles das, was in der Eigen- und Welt-Liebe von groͤbern Ausbruͤ- chen gemaͤßiget iſt, auch fuͤr unſuͤndlich, oder zu- laͤßig anſiehet, es indifferent nennet, und fuͤr ei- ne ſolche Sache haͤlt, welche erſt durch ihre Uber- maſſe zur Suͤnde werde. Da man doch erkennen ſolte, daß, wie bereits oben c. 1, 14. 15. angezeiget iſt, die Luſt-Begierde in der menſchlichen Natur bey dem Suͤnden-Fall nicht indifferent geblie- ben, ſondern aller dinge unordentlich, unrein und ſuͤndlich worden iſt, und daher derſelben nicht durch eine Maͤßigung ihrer Ausbruͤche, ſondern durch eine ſolche Ertoͤdtung und Abſterbung, wo- durch ihre innere Herrſchaft unterbrochen wird, kan abgeholfen werden: da ſonſt eine alſo ver- meinete Maͤßigung nichts anders iſt, als eine in- nerlich

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/474>, abgerufen am 22.11.2024.