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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Cap. 3. v. 17. 18.
[Spaltenumbruch] achteten, und unbarmhertzig mit ihnen umgin-
gen, gehandelt hat. Und da das menschliche
Geschlecht gantz voller Elend ist, daß man es vor
sich findet, wo man nur hinsiehet und höret; so
findet ein weiser Mensch nach dem Grunde der
Liebe zur Erweisung der Barmhertzigkeit auch
überflüßige Gelegenheit.

7. Die sechste Eigenschaft ist die Unpar-
theylichkeit:
da man sich keines Menschen, und
keiner Sache aus unlautern Affecten annimmt,
sondern allein nach der Wahrheit und nach der
Sachen rechte Beschaffenheit urtheilet und han-
delt. Denn wenn man nach dem Lichte der
Weisheit, was einem vorkömmet, recht einsiehet,
und dabey, weil sie die Gnade und Furcht GOt-
tes zum Grunde hat, von herrschenden Affecten
frey ist, so entstehet daher ein unpartheyisches
Urtheil.

8. Die siebende Eigenschaft ist endlich die
der Heucheley entgegen gesetzte Lanterkeit,
Aufrichtigkeit und Einfalt, nach welcher ein wei-
ser nicht anders redet, als er es meynet, und der
Verstellung so viel weniger nöthig hat, so viel lau-
terer sein Grund ist. Denn wenn er sich verstel-
len wolte, so müste er ja zu seinem innerlichen gu-
ten Grund eine äusserliche falsche Farbe anneh-
men, ja, da er innerlich weise und gottselig ist, sich
äusserlich thöricht und gottlos stellen: welches
wider seine gantze Natur, ja wider die Art der
Heucheley selbst ist. Denn nach derselben ist
man innerlich thöricht und gottlos, und stellet sich
äusserlich als klug und fromm. Und also findet
die Heucheley zwar bey dem Bösen statt, aber
nicht bey dem Guten.

V. 18.

Die Frucht aber der Gerechtigkeit
wird gesäet im Friede denen, die den Frie-
den halten.

Anmerckungen.

1. Diese Worte, so bekannt sie auch gleich
sind, und so leicht sie gleich scheinen, so genaue
Erwegung erfordern sie doch zu ihrem rechten
Verstande. Diesen desto deutlicher zu zeigen,
so läßt sich dieser Vers in folgende Fragen zer-
legen:

2. Wovon die Rede sey? Von denen
die Frieden halten, das ist, welche, nach dem vor-
hergehenden Contexte, die wahre Weisheit ha-
ben und sie mit ihrer Friedfertigkeit thätig er-
weisen.

3. Was von ihnen gesaget werde? Es
[Spaltenumbruch] wird ihnen die Frucht der Gerechtigkeit gesäet.
Da die Gerechtigkeit ist alles, was zu den Pflich-
ten eines weisen Mannes auch seinem gantzen
Christenthum gehöret. Die Frucht dieser Ge-
rechtigkeit ist das ewige Leben, welches den weisen
und gerechten aus Gnaden gegeben wird.

4. Wie wird denn diese Frucht der Ge-
rechtigkeit gesäet? im Friede,
oder durch den
Frieden, das ist, dadurch, daß sie, an statt des lo-
sen Gezäncks, Friede halten und Friede machen
und auch sonst alles Gute ausüben, denn die Fried-
fertigkeit ist mit allen übrigen guten Wercken
gleichsam der Same, der da ausgestreuet wird
zur gewissen Frucht.

5. Von welchen wird die Frucht der
Gerechtigkeit gesäet?
Von denen, welchen sie
gesäet wird, von den Friedsamen. Denn diese säen
ihnen selbst, da sie selbst in der Saat beschäftiget
sind. Es kan aber auch der Ausdruck es wird
gesäet
wie das Lateinische Sprüchwort mihi
seritur, mihi meritur,
seinen besondern Nach-
druck darinn behalten, daß damit angezeiget wer-
de, wie daß GOtt den Friedsamen ihren Samen
der Gerechtigkeit, den sie in der Demuth und Ein-
falt theils ohne ihr Wissen, oder Rechnen, theils
ohne alle lohnsüchtige Absicht ausstreuen, zu einer
solchen Frucht gedeyen lasse, welcher sie sich, dem
grossen Reichthum nach, nicht vermuthen.

6. Wolte man aber durch die Gerechtig-
keit
die Glaubens-Gerechtigkeit verstehen; so
wäre die Frucht derselben alles Geschäfte der Lie-
be, wodurch sich der Glaube thätig erweiset; und
würde von dieser gesaget, daß sie ihrer Ausübung
nach gesäet würde, nemlich zu einer künftigen
reichen Erndte des ewigen Lebens, in Friede,
das ist im Stande der Gnaden und mit aller
Friedfertigkeit von denen, die darinnen stehen, und
den Frieden in der That beweisen. Auf welche
Art sich dieser Text auch gantz richtig verstehen
lässet.

7. Jm übrigen ist hierbey der Parallel-
Ort wohl zu mercken: Gal. 5, 7. 8. 9. Was
der Mensch säet, das wird er erndten. Wer
auf sein Fleisch säet, der wird vom Fleisch
das Verderben erndten. Wer aber auf
den Geist säet, der wird vom Geist das ewi-
ge Leben erndten. Lasset uns Gutes thun,
und nicht müde werden. Denn zu seiner
Zeit werden wir auch erndten ohne Auf-
hören.
Siehe auch Ps. 126, 15. 2 Cor. 9, 6.
Röm. 6, 22. 23.

Das

Richtige und erbauliche Cap. 3. v. 17. 18.
[Spaltenumbruch] achteten, und unbarmhertzig mit ihnen umgin-
gen, gehandelt hat. Und da das menſchliche
Geſchlecht gantz voller Elend iſt, daß man es vor
ſich findet, wo man nur hinſiehet und hoͤret; ſo
findet ein weiſer Menſch nach dem Grunde der
Liebe zur Erweiſung der Barmhertzigkeit auch
uͤberfluͤßige Gelegenheit.

7. Die ſechſte Eigenſchaft iſt die Unpar-
theylichkeit:
da man ſich keines Menſchen, und
keiner Sache aus unlautern Affecten annimmt,
ſondern allein nach der Wahrheit und nach der
Sachen rechte Beſchaffenheit urtheilet und han-
delt. Denn wenn man nach dem Lichte der
Weisheit, was einem vorkoͤmmet, recht einſiehet,
und dabey, weil ſie die Gnade und Furcht GOt-
tes zum Grunde hat, von herrſchenden Affecten
frey iſt, ſo entſtehet daher ein unpartheyiſches
Urtheil.

8. Die ſiebende Eigenſchaft iſt endlich die
der Heucheley entgegen geſetzte Lanterkeit,
Aufrichtigkeit und Einfalt, nach welcher ein wei-
ſer nicht anders redet, als er es meynet, und der
Verſtellung ſo viel weniger noͤthig hat, ſo viel lau-
terer ſein Grund iſt. Denn wenn er ſich verſtel-
len wolte, ſo muͤſte er ja zu ſeinem innerlichen gu-
ten Grund eine aͤuſſerliche falſche Farbe anneh-
men, ja, da er innerlich weiſe und gottſelig iſt, ſich
aͤuſſerlich thoͤricht und gottlos ſtellen: welches
wider ſeine gantze Natur, ja wider die Art der
Heucheley ſelbſt iſt. Denn nach derſelben iſt
man innerlich thoͤricht und gottlos, und ſtellet ſich
aͤuſſerlich als klug und fromm. Und alſo findet
die Heucheley zwar bey dem Boͤſen ſtatt, aber
nicht bey dem Guten.

V. 18.

Die Frucht aber der Gerechtigkeit
wird geſaͤet im Friede denen, die den Frie-
den halten.

Anmerckungen.

1. Dieſe Worte, ſo bekannt ſie auch gleich
ſind, und ſo leicht ſie gleich ſcheinen, ſo genaue
Erwegung erfordern ſie doch zu ihrem rechten
Verſtande. Dieſen deſto deutlicher zu zeigen,
ſo laͤßt ſich dieſer Vers in folgende Fragen zer-
legen:

2. Wovon die Rede ſey? Von denen
die Frieden halten, das iſt, welche, nach dem vor-
hergehenden Contexte, die wahre Weisheit ha-
ben und ſie mit ihrer Friedfertigkeit thaͤtig er-
weiſen.

3. Was von ihnen geſaget werde? Es
[Spaltenumbruch] wird ihnen die Frucht der Gerechtigkeit geſaͤet.
Da die Gerechtigkeit iſt alles, was zu den Pflich-
ten eines weiſen Mannes auch ſeinem gantzen
Chriſtenthum gehoͤret. Die Frucht dieſer Ge-
rechtigkeit iſt das ewige Leben, welches den weiſen
und gerechten aus Gnaden gegeben wird.

4. Wie wird denn dieſe Frucht der Ge-
rechtigkeit geſaͤet? im Friede,
oder durch den
Frieden, das iſt, dadurch, daß ſie, an ſtatt des lo-
ſen Gezaͤncks, Friede halten und Friede machen
und auch ſonſt alles Gute ausuͤben, denn die Fried-
fertigkeit iſt mit allen uͤbrigen guten Wercken
gleichſam der Same, der da ausgeſtreuet wird
zur gewiſſen Frucht.

5. Von welchen wird die Frucht der
Gerechtigkeit geſaͤet?
Von denen, welchen ſie
geſaͤet wird, von den Friedſamen. Denn dieſe ſaͤen
ihnen ſelbſt, da ſie ſelbſt in der Saat beſchaͤftiget
ſind. Es kan aber auch der Ausdruck es wird
geſaͤet
wie das Lateiniſche Spruͤchwort mihi
ſeritur, mihi meritur,
ſeinen beſondern Nach-
druck darinn behalten, daß damit angezeiget wer-
de, wie daß GOtt den Friedſamen ihren Samen
der Gerechtigkeit, den ſie in der Demuth und Ein-
falt theils ohne ihr Wiſſen, oder Rechnen, theils
ohne alle lohnſuͤchtige Abſicht ausſtreuen, zu einer
ſolchen Frucht gedeyen laſſe, welcher ſie ſich, dem
groſſen Reichthum nach, nicht vermuthen.

6. Wolte man aber durch die Gerechtig-
keit
die Glaubens-Gerechtigkeit verſtehen; ſo
waͤre die Frucht derſelben alles Geſchaͤfte der Lie-
be, wodurch ſich der Glaube thaͤtig erweiſet; und
wuͤrde von dieſer geſaget, daß ſie ihrer Ausuͤbung
nach geſaͤet wuͤrde, nemlich zu einer kuͤnftigen
reichen Erndte des ewigen Lebens, in Friede,
das iſt im Stande der Gnaden und mit aller
Friedfertigkeit von denen, die darinnen ſtehen, und
den Frieden in der That beweiſen. Auf welche
Art ſich dieſer Text auch gantz richtig verſtehen
laͤſſet.

7. Jm uͤbrigen iſt hierbey der Parallel-
Ort wohl zu mercken: Gal. 5, 7. 8. 9. Was
der Menſch ſaͤet, das wird er erndten. Wer
auf ſein Fleiſch ſaͤet, der wird vom Fleiſch
das Verderben erndten. Wer aber auf
den Geiſt ſaͤet, der wird vom Geiſt das ewi-
ge Leben erndten. Laſſet uns Gutes thun,
und nicht muͤde werden. Denn zu ſeiner
Zeit werden wir auch erndten ohne Auf-
hoͤren.
Siehe auch Pſ. 126, 15. 2 Cor. 9, 6.
Roͤm. 6, 22. 23.

Das
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[470/0472] Richtige und erbauliche Cap. 3. v. 17. 18. achteten, und unbarmhertzig mit ihnen umgin- gen, gehandelt hat. Und da das menſchliche Geſchlecht gantz voller Elend iſt, daß man es vor ſich findet, wo man nur hinſiehet und hoͤret; ſo findet ein weiſer Menſch nach dem Grunde der Liebe zur Erweiſung der Barmhertzigkeit auch uͤberfluͤßige Gelegenheit. 7. Die ſechſte Eigenſchaft iſt die Unpar- theylichkeit: da man ſich keines Menſchen, und keiner Sache aus unlautern Affecten annimmt, ſondern allein nach der Wahrheit und nach der Sachen rechte Beſchaffenheit urtheilet und han- delt. Denn wenn man nach dem Lichte der Weisheit, was einem vorkoͤmmet, recht einſiehet, und dabey, weil ſie die Gnade und Furcht GOt- tes zum Grunde hat, von herrſchenden Affecten frey iſt, ſo entſtehet daher ein unpartheyiſches Urtheil. 8. Die ſiebende Eigenſchaft iſt endlich die der Heucheley entgegen geſetzte Lanterkeit, Aufrichtigkeit und Einfalt, nach welcher ein wei- ſer nicht anders redet, als er es meynet, und der Verſtellung ſo viel weniger noͤthig hat, ſo viel lau- terer ſein Grund iſt. Denn wenn er ſich verſtel- len wolte, ſo muͤſte er ja zu ſeinem innerlichen gu- ten Grund eine aͤuſſerliche falſche Farbe anneh- men, ja, da er innerlich weiſe und gottſelig iſt, ſich aͤuſſerlich thoͤricht und gottlos ſtellen: welches wider ſeine gantze Natur, ja wider die Art der Heucheley ſelbſt iſt. Denn nach derſelben iſt man innerlich thoͤricht und gottlos, und ſtellet ſich aͤuſſerlich als klug und fromm. Und alſo findet die Heucheley zwar bey dem Boͤſen ſtatt, aber nicht bey dem Guten. V. 18. Die Frucht aber der Gerechtigkeit wird geſaͤet im Friede denen, die den Frie- den halten. Anmerckungen. 1. Dieſe Worte, ſo bekannt ſie auch gleich ſind, und ſo leicht ſie gleich ſcheinen, ſo genaue Erwegung erfordern ſie doch zu ihrem rechten Verſtande. Dieſen deſto deutlicher zu zeigen, ſo laͤßt ſich dieſer Vers in folgende Fragen zer- legen: 2. Wovon die Rede ſey? Von denen die Frieden halten, das iſt, welche, nach dem vor- hergehenden Contexte, die wahre Weisheit ha- ben und ſie mit ihrer Friedfertigkeit thaͤtig er- weiſen. 3. Was von ihnen geſaget werde? Es wird ihnen die Frucht der Gerechtigkeit geſaͤet. Da die Gerechtigkeit iſt alles, was zu den Pflich- ten eines weiſen Mannes auch ſeinem gantzen Chriſtenthum gehoͤret. Die Frucht dieſer Ge- rechtigkeit iſt das ewige Leben, welches den weiſen und gerechten aus Gnaden gegeben wird. 4. Wie wird denn dieſe Frucht der Ge- rechtigkeit geſaͤet? im Friede, oder durch den Frieden, das iſt, dadurch, daß ſie, an ſtatt des lo- ſen Gezaͤncks, Friede halten und Friede machen und auch ſonſt alles Gute ausuͤben, denn die Fried- fertigkeit iſt mit allen uͤbrigen guten Wercken gleichſam der Same, der da ausgeſtreuet wird zur gewiſſen Frucht. 5. Von welchen wird die Frucht der Gerechtigkeit geſaͤet? Von denen, welchen ſie geſaͤet wird, von den Friedſamen. Denn dieſe ſaͤen ihnen ſelbſt, da ſie ſelbſt in der Saat beſchaͤftiget ſind. Es kan aber auch der Ausdruck es wird geſaͤet wie das Lateiniſche Spruͤchwort mihi ſeritur, mihi meritur, ſeinen beſondern Nach- druck darinn behalten, daß damit angezeiget wer- de, wie daß GOtt den Friedſamen ihren Samen der Gerechtigkeit, den ſie in der Demuth und Ein- falt theils ohne ihr Wiſſen, oder Rechnen, theils ohne alle lohnſuͤchtige Abſicht ausſtreuen, zu einer ſolchen Frucht gedeyen laſſe, welcher ſie ſich, dem groſſen Reichthum nach, nicht vermuthen. 6. Wolte man aber durch die Gerechtig- keit die Glaubens-Gerechtigkeit verſtehen; ſo waͤre die Frucht derſelben alles Geſchaͤfte der Lie- be, wodurch ſich der Glaube thaͤtig erweiſet; und wuͤrde von dieſer geſaget, daß ſie ihrer Ausuͤbung nach geſaͤet wuͤrde, nemlich zu einer kuͤnftigen reichen Erndte des ewigen Lebens, in Friede, das iſt im Stande der Gnaden und mit aller Friedfertigkeit von denen, die darinnen ſtehen, und den Frieden in der That beweiſen. Auf welche Art ſich dieſer Text auch gantz richtig verſtehen laͤſſet. 7. Jm uͤbrigen iſt hierbey der Parallel- Ort wohl zu mercken: Gal. 5, 7. 8. 9. Was der Menſch ſaͤet, das wird er erndten. Wer auf ſein Fleiſch ſaͤet, der wird vom Fleiſch das Verderben erndten. Wer aber auf den Geiſt ſaͤet, der wird vom Geiſt das ewi- ge Leben erndten. Laſſet uns Gutes thun, und nicht muͤde werden. Denn zu ſeiner Zeit werden wir auch erndten ohne Auf- hoͤren. Siehe auch Pſ. 126, 15. 2 Cor. 9, 6. Roͤm. 6, 22. 23. Das

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/472>, abgerufen am 26.06.2024.