Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. 11. v. 24-28. an die Hebräer.
[Spaltenumbruch] ge denen, die ihn darum anflehen, und welchen die
Sorge für ihre unsterbliche Seele ein Ernst ist,
solche gern und reichlich mittheilen.

5. Jm übrigen ist alhier noch wohl zu mer-
cken, wie genau Moses auf GOttes Winck gese-
hen, und er ohne desselben besondere Führung
nichts vornehmen wollen. Denn er merckte
zwar wol, daß GOTT ihn zum Erlöser seines
Volcks gebrauchen wolte: allein deßwegen fuhr
er doch nicht zu, und suchte es auszuführen: son-
dern er ging ins exilium und wartete noch 40
Jahr, bis er dazu eine besondere Berufung von
dem Sohne GOttes als dem Engel des HErrn,
aus einem feurigen Busch empfing: wie 2 B.
Mos. 3, 4 zu lesen ist; alwo zugleich angezeiget
wird, mit was für Furcht und Wegerung, in
Ansehung seines eignen Unvermögens und seiner
Unwürdigkeit, er das hochwichtige Amt über sich
genommen habe.

V. 25.

Er erwehlete viel lieber mit dem
Volcke GOttes Ungemach zu leiden, denn
die zeitliche Ergötzung der Sünden
(und
hingegen nach Leib und Seele die ewige Pein)
zu haben.

Anmerckungen.

1. Damit wird angezeiget, nicht daß Moses
vor seinem Abtritt von Hofe die gemeinen Hof-
Sünden mitgemachet; sondern vielmehr, daß er
sie vermieden habe, als einen Unflaht, und be-
sorget, er möchte in dieselbe endlich mit eingefloch-
ten werden: daher er sich gar des Hoflebens ha-
be entschlagen.

2. Zeitliches Ungemach und ewige Freude!
hingegen zeitliche Freude und ewiges Ungemach!
welch ein mächtiger Unterscheid ist das.

3. Der ergetzliche Genuß der Sünde ist
nicht allein proskairos auf eine kurtze Zeit dau-
rend, in Ansehung der gantzen, und doch sehr kur-
tzen Lebens-Zeit: sondern auch in Betrachtung
dessen, daß der Mensch auch solches unreinen Ge-
nusses in diesem Leben bald müde wird, und man-
che ihres eitelen beunruhigenden und ermüdenden
Wesens willen ihn kaum einen halben Tag fort
setzen können, so ist er vorbey, und suchet man
wieder eine andere Lust, derer man auch bald wie-
der müde wird. Da es hingegen bey der reinen
Lust und Freude in GOtt, welcher man auch mit-
ten im Leiden zu geniessen hat, billig heißt: ie
länger, ie beständiger und ie lieber.

V. 26.

Und achtete die Schmach Christi für
grössern Reichthum, denn die Schätze
Egypti
(welche er mit der grössesten Würde vor
sich sehe; wie er denn leichtlich gar zur Königli-
chen Crone hätte gelangen können) denn er sahe
an die Belohnung.
(welche GOtt den Gläu-
bigen, welche ihren Glauben in der Verleug-
nung alles irdischen recht thätig erweisen, aus
Gnaden giebt.) Matth. 5, 10. 11. 12.

Anmerckungen.

1. Christus ist bekannter massen ein Grie-
[Spaltenumbruch] chisches Wort, und heißt eben soviel, als das
vom Hebräischen herstammende Wort Meßias.
Da nun der Mittel-Punct von der gantzen Pa-
triarchalischen und also auch Judischen, Religi-
on bestunde in der Lehre vom Meßia, seiner Per-
son, seinem Amte, Stande und Reiche, und sol-
ches aus der öffentlichen Bekenntniß des Volckes
bekannt war; sie aber damit verspottet und dar-
über geschmähet wurden, so trugen sie daher die
Schmach Christi, das ist, um Christi, oder des
Meßiä willen.

2. Da nun die gläubigen Juden sind Mes-
siani
gewesen, welche an den Meßiam zur Se-
ligkeit geglaubet haben: so sind sie auch allerdinge
Christen gewesen: sintemal solcher gestalt unter
den Messianis und Christianis kein anderer Un-
terscheid ist, als der in einer besondern Oecono-
mie
bestunde, und dort die Verheissung war, hier
aber die Erfüllung ist. Und wie solten die Juden
nicht Messiani gewesen seyn, da sie vom Meßia
aus Egypten geführet worden, und er, der Meßi-
as, Mosen aus dem feurigen Busche zur Ausfüh-
rung berief, und vorher, als der Engel des HErrn,
den Patriarchen, Abraham, Jsaac und Jacob
so ofte erschienen war, und sich ihnen geoffenbaret
hatte. Die heutigen Juden aber sind keine rechte
Messiani, weil sie den wahren Meßiam nicht
annehmen wollen.

3. Wenn der Apostel der Schmach Chri-
sti
einen Reichthum zuschreibet, so verstehet er
unter dem Reichthum zugleich die hohe Ehre
und Würde der Kindschaft GOttes:

welche weil sie alle übrige Heyls-Güter mit in sich
hält, so wird der unverdienten Schmach billig
der geistliche wahre Reichthum entgegen ge-
setzet.

4. Ein anders ists lohnsüchtig seyn, also
daß man GOTT gleichsam ums Lohn diene und
vermeyne den Himmel bey ihm zu verdienen:
ein anders die grosse Gnaden-Belohnung GOt-
tes, nebst der Vorstellung der gerechten Strafe
GOttes für den Unglauben und Ungehorsam, zum
Antriebe des Dienstes GOttes gebrauchen.
Siehe v. 6.

V. 27.

Durch den Glauben verließ er Egyp-
ten,
(mit dem gantzen Volcke) und fürchtete
nicht des Königs Grimm
(den er in der
Drauung 2 B. Mos. 10, 28. hatte sehen lassen,
und im leicht zu vermuthenden Nachsetzen bewei-
sen würde und auch wircklich bewiesen hat) Denn
er hielt sich an den, den er nicht sahe, als
sähe er ihn
(ekarterese, an den hielte er sich
vest; welches eben des Glaubens Eigenschaft
war; als der wie mit unsichtbaren Gütern, also
auch mit einem unsichtbaren GOtt zu thun hat,
nach v. 1. Siche auch Ps. 16, 8. 56, 12. 118, 6.
Röm. 8, 31.

V. 28.

Durch den Glauben hielte er die Ostern
(also daß er bey dem geschlachteten und verzehre-
ten Oster-Lamm sich den Meßiam, als das künf-
tige rechte Lamm GOttes, vorstellete, und mit ihm
die übrigen Jsraeliten) und das Blutgiessen

(die

Cap. 11. v. 24-28. an die Hebraͤer.
[Spaltenumbruch] ge denen, die ihn darum anflehen, und welchen die
Sorge fuͤr ihre unſterbliche Seele ein Ernſt iſt,
ſolche gern und reichlich mittheilen.

5. Jm uͤbrigen iſt alhier noch wohl zu mer-
cken, wie genau Moſes auf GOttes Winck geſe-
hen, und er ohne deſſelben beſondere Fuͤhrung
nichts vornehmen wollen. Denn er merckte
zwar wol, daß GOTT ihn zum Erloͤſer ſeines
Volcks gebrauchen wolte: allein deßwegen fuhr
er doch nicht zu, und ſuchte es auszufuͤhren: ſon-
dern er ging ins exilium und wartete noch 40
Jahr, bis er dazu eine beſondere Berufung von
dem Sohne GOttes als dem Engel des HErrn,
aus einem feurigen Buſch empfing: wie 2 B.
Moſ. 3, 4 zu leſen iſt; alwo zugleich angezeiget
wird, mit was fuͤr Furcht und Wegerung, in
Anſehung ſeines eignen Unvermoͤgens und ſeiner
Unwuͤrdigkeit, er das hochwichtige Amt uͤber ſich
genommen habe.

V. 25.

Er erwehlete viel lieber mit dem
Volcke GOttes Ungemach zu leiden, denn
die zeitliche Ergoͤtzung der Suͤnden
(und
hingegen nach Leib und Seele die ewige Pein)
zu haben.

Anmerckungen.

1. Damit wird angezeiget, nicht daß Moſes
vor ſeinem Abtritt von Hofe die gemeinen Hof-
Suͤnden mitgemachet; ſondern vielmehr, daß er
ſie vermieden habe, als einen Unflaht, und be-
ſorget, er moͤchte in dieſelbe endlich mit eingefloch-
ten werden: daher er ſich gar des Hoflebens ha-
be entſchlagen.

2. Zeitliches Ungemach und ewige Freude!
hingegen zeitliche Freude und ewiges Ungemach!
welch ein maͤchtiger Unterſcheid iſt das.

3. Der ergetzliche Genuß der Suͤnde iſt
nicht allein πρόσκαιρος auf eine kurtze Zeit dau-
rend, in Anſehung der gantzen, und doch ſehr kur-
tzen Lebens-Zeit: ſondern auch in Betrachtung
deſſen, daß der Menſch auch ſolches unreinen Ge-
nuſſes in dieſem Leben bald muͤde wird, und man-
che ihres eitelen beunruhigenden und ermuͤdenden
Weſens willen ihn kaum einen halben Tag fort
ſetzen koͤnnen, ſo iſt er vorbey, und ſuchet man
wieder eine andere Luſt, derer man auch bald wie-
der muͤde wird. Da es hingegen bey der reinen
Luſt und Freude in GOtt, welcher man auch mit-
ten im Leiden zu genieſſen hat, billig heißt: ie
laͤnger, ie beſtaͤndiger und ie lieber.

V. 26.

Und achtete die Schmach Chriſti fuͤr
groͤſſern Reichthum, denn die Schaͤtze
Egypti
(welche er mit der groͤſſeſten Wuͤrde vor
ſich ſehe; wie er denn leichtlich gar zur Koͤnigli-
chen Crone haͤtte gelangen koͤnnen) denn er ſahe
an die Belohnung.
(welche GOtt den Glaͤu-
bigen, welche ihren Glauben in der Verleug-
nung alles irdiſchen recht thaͤtig erweiſen, aus
Gnaden giebt.) Matth. 5, 10. 11. 12.

Anmerckungen.

1. Chriſtus iſt bekannter maſſen ein Grie-
[Spaltenumbruch] chiſches Wort, und heißt eben ſoviel, als das
vom Hebraͤiſchen herſtammende Wort Meßias.
Da nun der Mittel-Punct von der gantzen Pa-
triarchaliſchen und alſo auch Judiſchen, Religi-
on beſtunde in der Lehre vom Meßia, ſeiner Per-
ſon, ſeinem Amte, Stande und Reiche, und ſol-
ches aus der oͤffentlichen Bekenntniß des Volckes
bekannt war; ſie aber damit verſpottet und dar-
uͤber geſchmaͤhet wurden, ſo trugen ſie daher die
Schmach Chriſti, das iſt, um Chriſti, oder des
Meßiaͤ willen.

2. Da nun die glaͤubigen Juden ſind Meſ-
ſiani
geweſen, welche an den Meßiam zur Se-
ligkeit geglaubet haben: ſo ſind ſie auch allerdinge
Chriſten geweſen: ſintemal ſolcher geſtalt unter
den Mesſianis und Chriſtianis kein anderer Un-
terſcheid iſt, als der in einer beſondern Oecono-
mie
beſtunde, und dort die Verheiſſung war, hier
aber die Erfuͤllung iſt. Und wie ſolten die Juden
nicht Meſſiani geweſen ſeyn, da ſie vom Meßia
aus Egypten gefuͤhret worden, und er, der Meßi-
as, Moſen aus dem feurigen Buſche zur Ausfuͤh-
rung berief, und vorher, als der Engel des HErrn,
den Patriarchen, Abraham, Jſaac und Jacob
ſo ofte erſchienen war, und ſich ihnen geoffenbaret
hatte. Die heutigen Juden aber ſind keine rechte
Meſſiani, weil ſie den wahren Meßiam nicht
annehmen wollen.

3. Wenn der Apoſtel der Schmach Chri-
ſti
einen Reichthum zuſchreibet, ſo verſtehet er
unter dem Reichthum zugleich die hohe Ehre
und Wuͤrde der Kindſchaft GOttes:

welche weil ſie alle uͤbrige Heyls-Guͤter mit in ſich
haͤlt, ſo wird der unverdienten Schmach billig
der geiſtliche wahre Reichthum entgegen ge-
ſetzet.

4. Ein anders iſts lohnſuͤchtig ſeyn, alſo
daß man GOTT gleichſam ums Lohn diene und
vermeyne den Himmel bey ihm zu verdienen:
ein anders die groſſe Gnaden-Belohnung GOt-
tes, nebſt der Vorſtellung der gerechten Strafe
GOttes fuͤr den Unglauben und Ungehorſam, zum
Antriebe des Dienſtes GOttes gebrauchen.
Siehe v. 6.

V. 27.

Durch den Glauben verließ er Egyp-
ten,
(mit dem gantzen Volcke) und fuͤrchtete
nicht des Koͤnigs Grimm
(den er in der
Drauung 2 B. Moſ. 10, 28. hatte ſehen laſſen,
und im leicht zu vermuthenden Nachſetzen bewei-
ſen wuͤrde und auch wircklich bewieſen hat) Denn
er hielt ſich an den, den er nicht ſahe, als
ſaͤhe er ihn
(ἐκαρτέρησε, an den hielte er ſich
veſt; welches eben des Glaubens Eigenſchaft
war; als der wie mit unſichtbaren Guͤtern, alſo
auch mit einem unſichtbaren GOtt zu thun hat,
nach v. 1. Siche auch Pſ. 16, 8. 56, 12. 118, 6.
Roͤm. 8, 31.

V. 28.

Durch den Glauben hielte er die Oſtern
(alſo daß er bey dem geſchlachteten und verzehre-
ten Oſter-Lamm ſich den Meßiam, als das kuͤnf-
tige rechte Lamm GOttes, vorſtellete, und mit ihm
die uͤbrigen Jſraeliten) und das Blutgieſſen

(die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0393" n="391"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 11. v. 24-28. an die Hebra&#x0364;er.</hi></fw><lb/><cb/>
ge denen, die ihn darum anflehen, und welchen die<lb/>
Sorge fu&#x0364;r ihre un&#x017F;terbliche Seele ein Ern&#x017F;t i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;olche gern und reichlich mittheilen.</p><lb/>
              <p>5. Jm u&#x0364;brigen i&#x017F;t alhier noch wohl zu mer-<lb/>
cken, wie genau Mo&#x017F;es auf GOttes Winck ge&#x017F;e-<lb/>
hen, und er ohne de&#x017F;&#x017F;elben be&#x017F;ondere Fu&#x0364;hrung<lb/>
nichts vornehmen wollen. Denn er merckte<lb/>
zwar wol, daß <hi rendition="#g">GOTT</hi> ihn zum Erlo&#x0364;&#x017F;er &#x017F;eines<lb/>
Volcks gebrauchen wolte: allein deßwegen fuhr<lb/>
er doch nicht zu, und &#x017F;uchte es auszufu&#x0364;hren: &#x017F;on-<lb/>
dern er ging ins <hi rendition="#aq">exilium</hi> und wartete noch 40<lb/>
Jahr, bis er dazu eine be&#x017F;ondere Berufung von<lb/>
dem Sohne GOttes als dem Engel des HErrn,<lb/>
aus einem feurigen Bu&#x017F;ch empfing: wie 2 B.<lb/>
Mo&#x017F;. 3, 4 zu le&#x017F;en i&#x017F;t; alwo zugleich angezeiget<lb/>
wird, mit was fu&#x0364;r Furcht und Wegerung, in<lb/>
An&#x017F;ehung &#x017F;eines eignen Unvermo&#x0364;gens und &#x017F;einer<lb/>
Unwu&#x0364;rdigkeit, er das hochwichtige Amt u&#x0364;ber &#x017F;ich<lb/>
genommen habe.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 25.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Er erwehlete viel lieber mit dem<lb/>
Volcke GOttes Ungemach zu leiden, denn<lb/>
die zeitliche Ergo&#x0364;tzung der Su&#x0364;nden</hi> (und<lb/>
hingegen nach Leib und Seele die ewige Pein)<lb/><hi rendition="#fr">zu haben.</hi></p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <p>1. Damit wird angezeiget, nicht daß Mo&#x017F;es<lb/>
vor &#x017F;einem Abtritt von Hofe die gemeinen Hof-<lb/>
Su&#x0364;nden mitgemachet; &#x017F;ondern vielmehr, daß er<lb/>
&#x017F;ie vermieden habe, als einen Unflaht, und be-<lb/>
&#x017F;orget, er mo&#x0364;chte in die&#x017F;elbe endlich mit eingefloch-<lb/>
ten werden: daher er &#x017F;ich gar des Hoflebens ha-<lb/>
be ent&#x017F;chlagen.</p><lb/>
              <p>2. Zeitliches Ungemach und ewige Freude!<lb/>
hingegen zeitliche Freude und ewiges Ungemach!<lb/>
welch ein ma&#x0364;chtiger Unter&#x017F;cheid i&#x017F;t das.</p><lb/>
              <p>3. Der ergetzliche Genuß der Su&#x0364;nde i&#x017F;t<lb/>
nicht allein &#x03C0;&#x03C1;&#x03CC;&#x03C3;&#x03BA;&#x03B1;&#x03B9;&#x03C1;&#x03BF;&#x03C2; auf eine kurtze Zeit dau-<lb/>
rend, in An&#x017F;ehung der gantzen, und doch &#x017F;ehr kur-<lb/>
tzen Lebens-Zeit: &#x017F;ondern auch in Betrachtung<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en, daß der Men&#x017F;ch auch &#x017F;olches unreinen Ge-<lb/>
nu&#x017F;&#x017F;es in die&#x017F;em Leben bald mu&#x0364;de wird, und man-<lb/>
che ihres eitelen beunruhigenden und ermu&#x0364;denden<lb/>
We&#x017F;ens willen ihn kaum einen halben Tag fort<lb/>
&#x017F;etzen ko&#x0364;nnen, &#x017F;o i&#x017F;t er vorbey, und &#x017F;uchet man<lb/>
wieder eine andere Lu&#x017F;t, derer man auch bald wie-<lb/>
der mu&#x0364;de wird. Da es hingegen bey der reinen<lb/>
Lu&#x017F;t und Freude in GOtt, welcher man auch mit-<lb/>
ten im Leiden zu genie&#x017F;&#x017F;en hat, billig heißt: <hi rendition="#fr">ie<lb/>
la&#x0364;nger, ie be&#x017F;ta&#x0364;ndiger und ie lieber.</hi></p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 26.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Und achtete die Schmach Chri&#x017F;ti fu&#x0364;r<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern Reichthum, denn die Scha&#x0364;tze<lb/>
Egypti</hi> (welche er mit der gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten Wu&#x0364;rde vor<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;ehe; wie er denn leichtlich gar zur Ko&#x0364;nigli-<lb/>
chen Crone ha&#x0364;tte gelangen ko&#x0364;nnen) <hi rendition="#fr">denn er &#x017F;ahe<lb/>
an die Belohnung.</hi> (welche GOtt den Gla&#x0364;u-<lb/>
bigen, welche ihren Glauben in der Verleug-<lb/>
nung alles irdi&#x017F;chen recht tha&#x0364;tig erwei&#x017F;en, aus<lb/>
Gnaden giebt.) Matth. 5, 10. 11. 12.</p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <p>1. <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;tus</hi> i&#x017F;t bekannter ma&#x017F;&#x017F;en ein Grie-<lb/><cb/>
chi&#x017F;ches Wort, und heißt eben &#x017F;oviel, als das<lb/>
vom Hebra&#x0364;i&#x017F;chen her&#x017F;tammende Wort <hi rendition="#fr">Meßias.</hi><lb/>
Da nun der Mittel-Punct von der gantzen Pa-<lb/>
triarchali&#x017F;chen und al&#x017F;o auch Judi&#x017F;chen, Religi-<lb/>
on be&#x017F;tunde in der Lehre vom Meßia, &#x017F;einer Per-<lb/>
&#x017F;on, &#x017F;einem Amte, Stande und Reiche, und &#x017F;ol-<lb/>
ches aus der o&#x0364;ffentlichen Bekenntniß des Volckes<lb/>
bekannt war; &#x017F;ie aber damit ver&#x017F;pottet und dar-<lb/>
u&#x0364;ber ge&#x017F;chma&#x0364;het wurden, &#x017F;o trugen &#x017F;ie daher die<lb/><hi rendition="#fr">Schmach Chri&#x017F;ti,</hi> das i&#x017F;t, um Chri&#x017F;ti, oder des<lb/>
Meßia&#x0364; willen.</p><lb/>
              <p>2. Da nun die gla&#x0364;ubigen Juden &#x017F;ind <hi rendition="#fr">Me&#x017F;-<lb/>
&#x017F;iani</hi> gewe&#x017F;en, welche an den Meßiam zur Se-<lb/>
ligkeit geglaubet haben: &#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ie auch allerdinge<lb/><hi rendition="#fr">Chri&#x017F;ten</hi> gewe&#x017F;en: &#x017F;intemal &#x017F;olcher ge&#x017F;talt unter<lb/>
den <hi rendition="#aq">Mes&#x017F;ianis</hi> und <hi rendition="#aq">Chri&#x017F;tianis</hi> kein anderer Un-<lb/>
ter&#x017F;cheid i&#x017F;t, als der in einer be&#x017F;ondern <hi rendition="#aq">Oecono-<lb/>
mie</hi> be&#x017F;tunde, und dort die Verhei&#x017F;&#x017F;ung war, hier<lb/>
aber die Erfu&#x0364;llung i&#x017F;t. Und wie &#x017F;olten die Juden<lb/>
nicht <hi rendition="#aq">Me&#x017F;&#x017F;iani</hi> gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, da &#x017F;ie vom Meßia<lb/>
aus Egypten gefu&#x0364;hret worden, und er, der Meßi-<lb/>
as, Mo&#x017F;en aus dem feurigen Bu&#x017F;che zur Ausfu&#x0364;h-<lb/>
rung berief, und vorher, als der Engel des HErrn,<lb/>
den Patriarchen, Abraham, J&#x017F;aac und Jacob<lb/>
&#x017F;o ofte er&#x017F;chienen war, und &#x017F;ich ihnen geoffenbaret<lb/>
hatte. Die heutigen Juden aber &#x017F;ind keine rechte<lb/><hi rendition="#aq">Me&#x017F;&#x017F;iani,</hi> weil &#x017F;ie den wahren Meßiam nicht<lb/>
annehmen wollen.</p><lb/>
              <p>3. Wenn der Apo&#x017F;tel der <hi rendition="#fr">Schmach Chri-<lb/>
&#x017F;ti</hi> einen <hi rendition="#fr">Reichthum</hi> zu&#x017F;chreibet, &#x017F;o ver&#x017F;tehet er<lb/>
unter dem Reichthum zugleich die hohe <hi rendition="#fr">Ehre<lb/>
und Wu&#x0364;rde der Kind&#x017F;chaft GOttes:</hi><lb/>
welche weil &#x017F;ie alle u&#x0364;brige Heyls-Gu&#x0364;ter mit in &#x017F;ich<lb/>
ha&#x0364;lt, &#x017F;o wird der unverdienten <hi rendition="#fr">Schmach</hi> billig<lb/>
der gei&#x017F;tliche wahre <hi rendition="#fr">Reichthum</hi> entgegen ge-<lb/>
&#x017F;etzet.</p><lb/>
              <p>4. Ein anders i&#x017F;ts lohn&#x017F;u&#x0364;chtig &#x017F;eyn, al&#x017F;o<lb/>
daß man GOTT gleich&#x017F;am ums Lohn diene und<lb/>
vermeyne den Himmel bey ihm zu verdienen:<lb/>
ein anders die gro&#x017F;&#x017F;e Gnaden-Belohnung GOt-<lb/>
tes, neb&#x017F;t der Vor&#x017F;tellung der gerechten Strafe<lb/>
GOttes fu&#x0364;r den Unglauben und Ungehor&#x017F;am, zum<lb/>
Antriebe des Dien&#x017F;tes GOttes gebrauchen.<lb/>
Siehe v. 6.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 27.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Durch den Glauben verließ er Egyp-<lb/>
ten,</hi> (mit dem gantzen Volcke) <hi rendition="#fr">und fu&#x0364;rchtete<lb/>
nicht des Ko&#x0364;nigs Grimm</hi> (den er in der<lb/>
Drauung 2 B. Mo&#x017F;. 10, 28. hatte &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und im leicht zu vermuthenden Nach&#x017F;etzen bewei-<lb/>
&#x017F;en wu&#x0364;rde und auch wircklich bewie&#x017F;en hat) <hi rendition="#fr">Denn<lb/>
er hielt &#x017F;ich an den, den er nicht &#x017F;ahe, als<lb/>
&#x017F;a&#x0364;he er ihn</hi> (&#x1F10;&#x03BA;&#x03B1;&#x03C1;&#x03C4;&#x03AD;&#x03C1;&#x03B7;&#x03C3;&#x03B5;, an den hielte er &#x017F;ich<lb/>
ve&#x017F;t; welches eben des Glaubens Eigen&#x017F;chaft<lb/>
war; als der wie mit un&#x017F;ichtbaren Gu&#x0364;tern, al&#x017F;o<lb/>
auch mit einem un&#x017F;ichtbaren GOtt zu thun hat,<lb/>
nach v. 1. Siche auch P&#x017F;. 16, 8. 56, 12. 118, 6.<lb/>
Ro&#x0364;m. 8, 31.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 28.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Durch den Glauben hielte er die O&#x017F;tern</hi><lb/>
(al&#x017F;o daß er bey dem ge&#x017F;chlachteten und verzehre-<lb/>
ten O&#x017F;ter-Lamm &#x017F;ich den Meßiam, als das ku&#x0364;nf-<lb/>
tige rechte Lamm GOttes, vor&#x017F;tellete, und mit ihm<lb/>
die u&#x0364;brigen J&#x017F;raeliten) <hi rendition="#fr">und das Blutgie&#x017F;&#x017F;en</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">(die</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[391/0393] Cap. 11. v. 24-28. an die Hebraͤer. ge denen, die ihn darum anflehen, und welchen die Sorge fuͤr ihre unſterbliche Seele ein Ernſt iſt, ſolche gern und reichlich mittheilen. 5. Jm uͤbrigen iſt alhier noch wohl zu mer- cken, wie genau Moſes auf GOttes Winck geſe- hen, und er ohne deſſelben beſondere Fuͤhrung nichts vornehmen wollen. Denn er merckte zwar wol, daß GOTT ihn zum Erloͤſer ſeines Volcks gebrauchen wolte: allein deßwegen fuhr er doch nicht zu, und ſuchte es auszufuͤhren: ſon- dern er ging ins exilium und wartete noch 40 Jahr, bis er dazu eine beſondere Berufung von dem Sohne GOttes als dem Engel des HErrn, aus einem feurigen Buſch empfing: wie 2 B. Moſ. 3, 4 zu leſen iſt; alwo zugleich angezeiget wird, mit was fuͤr Furcht und Wegerung, in Anſehung ſeines eignen Unvermoͤgens und ſeiner Unwuͤrdigkeit, er das hochwichtige Amt uͤber ſich genommen habe. V. 25. Er erwehlete viel lieber mit dem Volcke GOttes Ungemach zu leiden, denn die zeitliche Ergoͤtzung der Suͤnden (und hingegen nach Leib und Seele die ewige Pein) zu haben. Anmerckungen. 1. Damit wird angezeiget, nicht daß Moſes vor ſeinem Abtritt von Hofe die gemeinen Hof- Suͤnden mitgemachet; ſondern vielmehr, daß er ſie vermieden habe, als einen Unflaht, und be- ſorget, er moͤchte in dieſelbe endlich mit eingefloch- ten werden: daher er ſich gar des Hoflebens ha- be entſchlagen. 2. Zeitliches Ungemach und ewige Freude! hingegen zeitliche Freude und ewiges Ungemach! welch ein maͤchtiger Unterſcheid iſt das. 3. Der ergetzliche Genuß der Suͤnde iſt nicht allein πρόσκαιρος auf eine kurtze Zeit dau- rend, in Anſehung der gantzen, und doch ſehr kur- tzen Lebens-Zeit: ſondern auch in Betrachtung deſſen, daß der Menſch auch ſolches unreinen Ge- nuſſes in dieſem Leben bald muͤde wird, und man- che ihres eitelen beunruhigenden und ermuͤdenden Weſens willen ihn kaum einen halben Tag fort ſetzen koͤnnen, ſo iſt er vorbey, und ſuchet man wieder eine andere Luſt, derer man auch bald wie- der muͤde wird. Da es hingegen bey der reinen Luſt und Freude in GOtt, welcher man auch mit- ten im Leiden zu genieſſen hat, billig heißt: ie laͤnger, ie beſtaͤndiger und ie lieber. V. 26. Und achtete die Schmach Chriſti fuͤr groͤſſern Reichthum, denn die Schaͤtze Egypti (welche er mit der groͤſſeſten Wuͤrde vor ſich ſehe; wie er denn leichtlich gar zur Koͤnigli- chen Crone haͤtte gelangen koͤnnen) denn er ſahe an die Belohnung. (welche GOtt den Glaͤu- bigen, welche ihren Glauben in der Verleug- nung alles irdiſchen recht thaͤtig erweiſen, aus Gnaden giebt.) Matth. 5, 10. 11. 12. Anmerckungen. 1. Chriſtus iſt bekannter maſſen ein Grie- chiſches Wort, und heißt eben ſoviel, als das vom Hebraͤiſchen herſtammende Wort Meßias. Da nun der Mittel-Punct von der gantzen Pa- triarchaliſchen und alſo auch Judiſchen, Religi- on beſtunde in der Lehre vom Meßia, ſeiner Per- ſon, ſeinem Amte, Stande und Reiche, und ſol- ches aus der oͤffentlichen Bekenntniß des Volckes bekannt war; ſie aber damit verſpottet und dar- uͤber geſchmaͤhet wurden, ſo trugen ſie daher die Schmach Chriſti, das iſt, um Chriſti, oder des Meßiaͤ willen. 2. Da nun die glaͤubigen Juden ſind Meſ- ſiani geweſen, welche an den Meßiam zur Se- ligkeit geglaubet haben: ſo ſind ſie auch allerdinge Chriſten geweſen: ſintemal ſolcher geſtalt unter den Mesſianis und Chriſtianis kein anderer Un- terſcheid iſt, als der in einer beſondern Oecono- mie beſtunde, und dort die Verheiſſung war, hier aber die Erfuͤllung iſt. Und wie ſolten die Juden nicht Meſſiani geweſen ſeyn, da ſie vom Meßia aus Egypten gefuͤhret worden, und er, der Meßi- as, Moſen aus dem feurigen Buſche zur Ausfuͤh- rung berief, und vorher, als der Engel des HErrn, den Patriarchen, Abraham, Jſaac und Jacob ſo ofte erſchienen war, und ſich ihnen geoffenbaret hatte. Die heutigen Juden aber ſind keine rechte Meſſiani, weil ſie den wahren Meßiam nicht annehmen wollen. 3. Wenn der Apoſtel der Schmach Chri- ſti einen Reichthum zuſchreibet, ſo verſtehet er unter dem Reichthum zugleich die hohe Ehre und Wuͤrde der Kindſchaft GOttes: welche weil ſie alle uͤbrige Heyls-Guͤter mit in ſich haͤlt, ſo wird der unverdienten Schmach billig der geiſtliche wahre Reichthum entgegen ge- ſetzet. 4. Ein anders iſts lohnſuͤchtig ſeyn, alſo daß man GOTT gleichſam ums Lohn diene und vermeyne den Himmel bey ihm zu verdienen: ein anders die groſſe Gnaden-Belohnung GOt- tes, nebſt der Vorſtellung der gerechten Strafe GOttes fuͤr den Unglauben und Ungehorſam, zum Antriebe des Dienſtes GOttes gebrauchen. Siehe v. 6. V. 27. Durch den Glauben verließ er Egyp- ten, (mit dem gantzen Volcke) und fuͤrchtete nicht des Koͤnigs Grimm (den er in der Drauung 2 B. Moſ. 10, 28. hatte ſehen laſſen, und im leicht zu vermuthenden Nachſetzen bewei- ſen wuͤrde und auch wircklich bewieſen hat) Denn er hielt ſich an den, den er nicht ſahe, als ſaͤhe er ihn (ἐκαρτέρησε, an den hielte er ſich veſt; welches eben des Glaubens Eigenſchaft war; als der wie mit unſichtbaren Guͤtern, alſo auch mit einem unſichtbaren GOtt zu thun hat, nach v. 1. Siche auch Pſ. 16, 8. 56, 12. 118, 6. Roͤm. 8, 31. V. 28. Durch den Glauben hielte er die Oſtern (alſo daß er bey dem geſchlachteten und verzehre- ten Oſter-Lamm ſich den Meßiam, als das kuͤnf- tige rechte Lamm GOttes, vorſtellete, und mit ihm die uͤbrigen Jſraeliten) und das Blutgieſſen (die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/393
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/393>, abgerufen am 23.11.2024.