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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefes Pauli Cap. 11. v. 17-21.
[Spaltenumbruch] fehl zu vollziehen. Und folglich starb ihm gleich-
sam der Sohn von der Zeit ab, da er ihn so gut
als für abgestorben hielte. Und mit diesem tie-
fen Eindruck trug er sich bis in den dritten Tag,
da er an die Stätte der Opfer-Handlung kam,
und daselbst den Sohn gleichsam als vom Tode
wieder bekam: Zu desto eigentlicherer Reprae-
sentation
des Todes und der am dritten Tage
darauf erfolgten Auferstehung Christi. Auch
der Ort selbst, wo die Opferung Jsaacs bestim-
met wurde, führet uns billig auf Christum. Es
war der Berg Morijah 2 B. Mos. 22, 2. auf wel-
chem hernach vom Salomo der Tempel nach 2
Chron. 3, 1. ist erbauet worden; der Tempel;
in dessen Vorhofe nachmals, zum deutlichen
Vorbilde auf Christum, in so langer Zeit unzeh-
lig viele Opfer sind gebracht worden: wo nicht
gar der Ort, wo Christus hernach gecreutziget
wurde, dem Abraham ist angewiesen worden,
da der Berg Morijah im weitläuftigern Ver-
stande auch die erhöheten Gegenden um Jeru-
salem mit in sich begriffen hat.

4. Da nun Abraham wohl wuste, daß ihm
der Sohn der Verheissung, Jsaac, zum Vorbil-
de auf den Meßiam war gegeben worden: so
ist leichtlich zu erachten, daß ihn das, was mit
ihm vorging, auf manche tiefe Betrachtung ge-
führet, und manche Einsicht in die Geheimnis-
se von der Person, dem Amte, Stande und
Reiche des Meßiä, obgleich in vieler Dunckel-
heit, doch in der Wahrheit, gegeben habe, zu-
mal in dem geheimen Umgange mit GOtt, dar-
innen er stunde; als darinn es ihm an der beson-
dern Salbung und Erleuchtung des Heil. Gei-
stes nicht gefehlet hat.

5. Endlich hat man dabey, wenn es von
Abraham heißt, er habe seinen Sohn Jsaac
geopfert,
noch diese Anmerckung zu nehmen,
daß GOTT einen völligen Willen, dessen
Vollziehung von aussen verhindert wird, für die
That nehme: und zwar wie im guten; also auch
im bösen. Welches man denn gar wohl auf
die Eydschwüre appliciren kan. Denn da
läßt es mancher vor Gerichte so weit kommen,
sonderlich mit dem also genannten Reinigungs-
Eyde, daß er mit dem völligen Vorsatze, wider
sein Gewissen falsch zu schweren, schon die Fin-
ger in die Höhe richtet: von manchem Richter
aber, oder von der Gegenpartey, seines Eydes
erlassen wird: Da denn zwar die Erlassende ge-
wisser Umstände wegen wohl thun; Der aber,
welcher zur Ablegung des falschen Eydes völlig
ist bereit gewesen, dieses Entschlusses wegen vor
GOTT doch als ein Meineydiger angesehen
wird; ob gleich Menschen ihn dafür nicht hal-
ten.

V. 20.

Durch den Glauben segnete Jsaac von
den zukünftigen Dingen den Jacob, und
Esau.
1 B. M. 17, 28. 29. u. f.

Anmerckungen.

1. Die zukünftigen Dinge, worauf der
Segen Jsaacs gegangen, betraf dasjenige, was
den Nachkommen Jacobs und Esaus begegnen
[Spaltenumbruch] würde. Da denn unter der Figur leiblicher
Dinge die Geistlichen mit vorgestellet sind.

2. Da nun die leiblichen Dinge noch zu-
künftig waren, und sie doch schon als gegenwär-
tig angesehen, darunter auch die geistlichen Gü-
ter mit begriffen wurden, so war es allerdinge
ein Werck des Glaubens.

3. So ist denn auch von dem Segen der
Patriarchen zu mercken, daß er von Propheti-
scher Kraft gewesen ist, und nicht etwa nur in
einem blossen Wunsche, der aus einem väter-
lichen Affect hergerühret, bestanden: wie man
aus dem Jnnhalt der Worte ersehen kan. Denn
sie bekamen dazu einen besondern Einfluß, oder
eine geheime Eingebung des Heiligen Geistes,
daß sie Worte ausgesprochen haben, auf wel-
che sie vorher nicht recht gedacht hatten, auf wel-
che sie auch aus blossem väterlichen Affect nicht
würden gekommen seyn. Die Erklärung aber
solcher Segens-Worte gehöret zur Auslegung
des ersten Buches Mosis. Welches auch von
dem Segen Jacobs gegen die Söhne Josephs zu
mercken ist: davon der Apostel also fortfäh-
ret.

V. 21.

Durch den Glauben segnete Jacob, da
er starb, beyde Söhne Josephs, und neige-
te sich gegen seines Scepters Spitzen.
1 B.
Mos. 47, 31. c. 48, 1. u. f.

Anmerckungen.

1. Jacob nahm Josephs Kinder, den Ma-
nasse und Ephraim, aus besonderm Triebe des
heiligen Geistes also für seine eigne Kinder an,
daß sie künftig im gelobten Lande in ihren Nach-
kommen zweene besondere Stämme ausmachen
solten: Da er denn Manasse, ob er gleich der
Erstgeborne war, dem Ephraim nachsetzte, und
damit, zur Verwunderung Josephs, auf die
Vorzüge sahe, welche der Stamm Ephraim
vor dem Stamm Manasse haben würde, wel-
ches denn eine klare Anzeigung gab, daß auch
dieser Segen recht Prophetisch war, und vieles
in sich hielte.

2. Und daß Jacob hiebey voll Glaubens
gewesen, sonderlich an den Meßiam, das siehet
man sonderlich daraus, daß er sich v. 15. 16. auf
ihn ausdrücklich beziehet, von ihm den Segen
erbittet, und von ihm spricht: GOTT, vor
dem meine Väter, Abraham und Jsaac, ge-
wandelt haben, GOtt, der mich mein Le-
belang ernähret hat, bis auf diesen Tag,
der Engel, der mich erlöset hat von allem
Ubel, der segne die Knaben
u. s. w.

3. Da es im Hebräischen heißt: er neige-
te sich gegen das Haupt des Bettes,
und
der Verstand allem Ansehen nach dieser ist, daß,
da Jacob vor Schwachheit nicht aufstehen kön-
nen, und er doch gleichwol bey dem dabey ge-
dachten Eydschwure Josephs gegen GOTT,
dessen Name dabey angeruffen worden, gern seine
gläubige und demüthige Ehrerbietung hat be-
zeugen wollen, er sich am obersten Theil des
Bettes, da er sein Haupt hatte, oder auf dem

Haupt-

Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 11. v. 17-21.
[Spaltenumbruch] fehl zu vollziehen. Und folglich ſtarb ihm gleich-
ſam der Sohn von der Zeit ab, da er ihn ſo gut
als fuͤr abgeſtorben hielte. Und mit dieſem tie-
fen Eindruck trug er ſich bis in den dritten Tag,
da er an die Staͤtte der Opfer-Handlung kam,
und daſelbſt den Sohn gleichſam als vom Tode
wieder bekam: Zu deſto eigentlicherer Repræ-
ſentation
des Todes und der am dritten Tage
darauf erfolgten Auferſtehung Chriſti. Auch
der Ort ſelbſt, wo die Opferung Jſaacs beſtim-
met wurde, fuͤhret uns billig auf Chriſtum. Es
war der Berg Morijah 2 B. Moſ. 22, 2. auf wel-
chem hernach vom Salomo der Tempel nach 2
Chron. 3, 1. iſt erbauet worden; der Tempel;
in deſſen Vorhofe nachmals, zum deutlichen
Vorbilde auf Chriſtum, in ſo langer Zeit unzeh-
lig viele Opfer ſind gebracht worden: wo nicht
gar der Ort, wo Chriſtus hernach gecreutziget
wurde, dem Abraham iſt angewieſen worden,
da der Berg Morijah im weitlaͤuftigern Ver-
ſtande auch die erhoͤheten Gegenden um Jeru-
ſalem mit in ſich begriffen hat.

4. Da nun Abraham wohl wuſte, daß ihm
der Sohn der Verheiſſung, Jſaac, zum Vorbil-
de auf den Meßiam war gegeben worden: ſo
iſt leichtlich zu erachten, daß ihn das, was mit
ihm vorging, auf manche tiefe Betrachtung ge-
fuͤhret, und manche Einſicht in die Geheimniſ-
ſe von der Perſon, dem Amte, Stande und
Reiche des Meßiaͤ, obgleich in vieler Dunckel-
heit, doch in der Wahrheit, gegeben habe, zu-
mal in dem geheimen Umgange mit GOtt, dar-
innen er ſtunde; als darinn es ihm an der beſon-
dern Salbung und Erleuchtung des Heil. Gei-
ſtes nicht gefehlet hat.

5. Endlich hat man dabey, wenn es von
Abraham heißt, er habe ſeinen Sohn Jſaac
geopfert,
noch dieſe Anmerckung zu nehmen,
daß GOTT einen voͤlligen Willen, deſſen
Vollziehung von auſſen verhindert wird, fuͤr die
That nehme: und zwar wie im guten; alſo auch
im boͤſen. Welches man denn gar wohl auf
die Eydſchwuͤre appliciren kan. Denn da
laͤßt es mancher vor Gerichte ſo weit kommen,
ſonderlich mit dem alſo genannten Reinigungs-
Eyde, daß er mit dem voͤlligen Vorſatze, wider
ſein Gewiſſen falſch zu ſchweren, ſchon die Fin-
ger in die Hoͤhe richtet: von manchem Richter
aber, oder von der Gegenpartey, ſeines Eydes
erlaſſen wird: Da denn zwar die Erlaſſende ge-
wiſſer Umſtaͤnde wegen wohl thun; Der aber,
welcher zur Ablegung des falſchen Eydes voͤllig
iſt bereit geweſen, dieſes Entſchluſſes wegen vor
GOTT doch als ein Meineydiger angeſehen
wird; ob gleich Menſchen ihn dafuͤr nicht hal-
ten.

V. 20.

Durch den Glauben ſegnete Jſaac von
den zukuͤnftigen Dingen den Jacob, und
Eſau.
1 B. M. 17, 28. 29. u. f.

Anmerckungen.

1. Die zukuͤnftigen Dinge, worauf der
Segen Jſaacs gegangen, betraf dasjenige, was
den Nachkommen Jacobs und Eſaus begegnen
[Spaltenumbruch] wuͤrde. Da denn unter der Figur leiblicher
Dinge die Geiſtlichen mit vorgeſtellet ſind.

2. Da nun die leiblichen Dinge noch zu-
kuͤnftig waren, und ſie doch ſchon als gegenwaͤr-
tig angeſehen, darunter auch die geiſtlichen Guͤ-
ter mit begriffen wurden, ſo war es allerdinge
ein Werck des Glaubens.

3. So iſt denn auch von dem Segen der
Patriarchen zu mercken, daß er von Propheti-
ſcher Kraft geweſen iſt, und nicht etwa nur in
einem bloſſen Wunſche, der aus einem vaͤter-
lichen Affect hergeruͤhret, beſtanden: wie man
aus dem Jnnhalt der Worte erſehen kan. Denn
ſie bekamen dazu einen beſondern Einfluß, oder
eine geheime Eingebung des Heiligen Geiſtes,
daß ſie Worte ausgeſprochen haben, auf wel-
che ſie vorher nicht recht gedacht hatten, auf wel-
che ſie auch aus bloſſem vaͤterlichen Affect nicht
wuͤrden gekommen ſeyn. Die Erklaͤrung aber
ſolcher Segens-Worte gehoͤret zur Auslegung
des erſten Buches Moſis. Welches auch von
dem Segen Jacobs gegen die Soͤhne Joſephs zu
mercken iſt: davon der Apoſtel alſo fortfaͤh-
ret.

V. 21.

Durch den Glauben ſegnete Jacob, da
er ſtarb, beyde Soͤhne Joſephs, und neige-
te ſich gegen ſeines Scepters Spitzen.
1 B.
Moſ. 47, 31. c. 48, 1. u. f.

Anmerckungen.

1. Jacob nahm Joſephs Kinder, den Ma-
naſſe und Ephraim, aus beſonderm Triebe des
heiligen Geiſtes alſo fuͤr ſeine eigne Kinder an,
daß ſie kuͤnftig im gelobten Lande in ihren Nach-
kommen zweene beſondere Staͤmme ausmachen
ſolten: Da er denn Manaſſe, ob er gleich der
Erſtgeborne war, dem Ephraim nachſetzte, und
damit, zur Verwunderung Joſephs, auf die
Vorzuͤge ſahe, welche der Stamm Ephraim
vor dem Stamm Manaſſe haben wuͤrde, wel-
ches denn eine klare Anzeigung gab, daß auch
dieſer Segen recht Prophetiſch war, und vieles
in ſich hielte.

2. Und daß Jacob hiebey voll Glaubens
geweſen, ſonderlich an den Meßiam, das ſiehet
man ſonderlich daraus, daß er ſich v. 15. 16. auf
ihn ausdruͤcklich beziehet, von ihm den Segen
erbittet, und von ihm ſpricht: GOTT, vor
dem meine Vaͤter, Abraham und Jſaac, ge-
wandelt haben, GOtt, der mich mein Le-
belang ernaͤhret hat, bis auf dieſen Tag,
der Engel, der mich erloͤſet hat von allem
Ubel, der ſegne die Knaben
u. ſ. w.

3. Da es im Hebraͤiſchen heißt: er neige-
te ſich gegen das Haupt des Bettes,
und
der Verſtand allem Anſehen nach dieſer iſt, daß,
da Jacob vor Schwachheit nicht aufſtehen koͤn-
nen, und er doch gleichwol bey dem dabey ge-
dachten Eydſchwure Joſephs gegen GOTT,
deſſen Name dabey angeruffen worden, gern ſeine
glaͤubige und demuͤthige Ehrerbietung hat be-
zeugen wollen, er ſich am oberſten Theil des
Bettes, da er ſein Haupt hatte, oder auf dem

Haupt-
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[388/0390] Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 11. v. 17-21. fehl zu vollziehen. Und folglich ſtarb ihm gleich- ſam der Sohn von der Zeit ab, da er ihn ſo gut als fuͤr abgeſtorben hielte. Und mit dieſem tie- fen Eindruck trug er ſich bis in den dritten Tag, da er an die Staͤtte der Opfer-Handlung kam, und daſelbſt den Sohn gleichſam als vom Tode wieder bekam: Zu deſto eigentlicherer Repræ- ſentation des Todes und der am dritten Tage darauf erfolgten Auferſtehung Chriſti. Auch der Ort ſelbſt, wo die Opferung Jſaacs beſtim- met wurde, fuͤhret uns billig auf Chriſtum. Es war der Berg Morijah 2 B. Moſ. 22, 2. auf wel- chem hernach vom Salomo der Tempel nach 2 Chron. 3, 1. iſt erbauet worden; der Tempel; in deſſen Vorhofe nachmals, zum deutlichen Vorbilde auf Chriſtum, in ſo langer Zeit unzeh- lig viele Opfer ſind gebracht worden: wo nicht gar der Ort, wo Chriſtus hernach gecreutziget wurde, dem Abraham iſt angewieſen worden, da der Berg Morijah im weitlaͤuftigern Ver- ſtande auch die erhoͤheten Gegenden um Jeru- ſalem mit in ſich begriffen hat. 4. Da nun Abraham wohl wuſte, daß ihm der Sohn der Verheiſſung, Jſaac, zum Vorbil- de auf den Meßiam war gegeben worden: ſo iſt leichtlich zu erachten, daß ihn das, was mit ihm vorging, auf manche tiefe Betrachtung ge- fuͤhret, und manche Einſicht in die Geheimniſ- ſe von der Perſon, dem Amte, Stande und Reiche des Meßiaͤ, obgleich in vieler Dunckel- heit, doch in der Wahrheit, gegeben habe, zu- mal in dem geheimen Umgange mit GOtt, dar- innen er ſtunde; als darinn es ihm an der beſon- dern Salbung und Erleuchtung des Heil. Gei- ſtes nicht gefehlet hat. 5. Endlich hat man dabey, wenn es von Abraham heißt, er habe ſeinen Sohn Jſaac geopfert, noch dieſe Anmerckung zu nehmen, daß GOTT einen voͤlligen Willen, deſſen Vollziehung von auſſen verhindert wird, fuͤr die That nehme: und zwar wie im guten; alſo auch im boͤſen. Welches man denn gar wohl auf die Eydſchwuͤre appliciren kan. Denn da laͤßt es mancher vor Gerichte ſo weit kommen, ſonderlich mit dem alſo genannten Reinigungs- Eyde, daß er mit dem voͤlligen Vorſatze, wider ſein Gewiſſen falſch zu ſchweren, ſchon die Fin- ger in die Hoͤhe richtet: von manchem Richter aber, oder von der Gegenpartey, ſeines Eydes erlaſſen wird: Da denn zwar die Erlaſſende ge- wiſſer Umſtaͤnde wegen wohl thun; Der aber, welcher zur Ablegung des falſchen Eydes voͤllig iſt bereit geweſen, dieſes Entſchluſſes wegen vor GOTT doch als ein Meineydiger angeſehen wird; ob gleich Menſchen ihn dafuͤr nicht hal- ten. V. 20. Durch den Glauben ſegnete Jſaac von den zukuͤnftigen Dingen den Jacob, und Eſau. 1 B. M. 17, 28. 29. u. f. Anmerckungen. 1. Die zukuͤnftigen Dinge, worauf der Segen Jſaacs gegangen, betraf dasjenige, was den Nachkommen Jacobs und Eſaus begegnen wuͤrde. Da denn unter der Figur leiblicher Dinge die Geiſtlichen mit vorgeſtellet ſind. 2. Da nun die leiblichen Dinge noch zu- kuͤnftig waren, und ſie doch ſchon als gegenwaͤr- tig angeſehen, darunter auch die geiſtlichen Guͤ- ter mit begriffen wurden, ſo war es allerdinge ein Werck des Glaubens. 3. So iſt denn auch von dem Segen der Patriarchen zu mercken, daß er von Propheti- ſcher Kraft geweſen iſt, und nicht etwa nur in einem bloſſen Wunſche, der aus einem vaͤter- lichen Affect hergeruͤhret, beſtanden: wie man aus dem Jnnhalt der Worte erſehen kan. Denn ſie bekamen dazu einen beſondern Einfluß, oder eine geheime Eingebung des Heiligen Geiſtes, daß ſie Worte ausgeſprochen haben, auf wel- che ſie vorher nicht recht gedacht hatten, auf wel- che ſie auch aus bloſſem vaͤterlichen Affect nicht wuͤrden gekommen ſeyn. Die Erklaͤrung aber ſolcher Segens-Worte gehoͤret zur Auslegung des erſten Buches Moſis. Welches auch von dem Segen Jacobs gegen die Soͤhne Joſephs zu mercken iſt: davon der Apoſtel alſo fortfaͤh- ret. V. 21. Durch den Glauben ſegnete Jacob, da er ſtarb, beyde Soͤhne Joſephs, und neige- te ſich gegen ſeines Scepters Spitzen. 1 B. Moſ. 47, 31. c. 48, 1. u. f. Anmerckungen. 1. Jacob nahm Joſephs Kinder, den Ma- naſſe und Ephraim, aus beſonderm Triebe des heiligen Geiſtes alſo fuͤr ſeine eigne Kinder an, daß ſie kuͤnftig im gelobten Lande in ihren Nach- kommen zweene beſondere Staͤmme ausmachen ſolten: Da er denn Manaſſe, ob er gleich der Erſtgeborne war, dem Ephraim nachſetzte, und damit, zur Verwunderung Joſephs, auf die Vorzuͤge ſahe, welche der Stamm Ephraim vor dem Stamm Manaſſe haben wuͤrde, wel- ches denn eine klare Anzeigung gab, daß auch dieſer Segen recht Prophetiſch war, und vieles in ſich hielte. 2. Und daß Jacob hiebey voll Glaubens geweſen, ſonderlich an den Meßiam, das ſiehet man ſonderlich daraus, daß er ſich v. 15. 16. auf ihn ausdruͤcklich beziehet, von ihm den Segen erbittet, und von ihm ſpricht: GOTT, vor dem meine Vaͤter, Abraham und Jſaac, ge- wandelt haben, GOtt, der mich mein Le- belang ernaͤhret hat, bis auf dieſen Tag, der Engel, der mich erloͤſet hat von allem Ubel, der ſegne die Knaben u. ſ. w. 3. Da es im Hebraͤiſchen heißt: er neige- te ſich gegen das Haupt des Bettes, und der Verſtand allem Anſehen nach dieſer iſt, daß, da Jacob vor Schwachheit nicht aufſtehen koͤn- nen, und er doch gleichwol bey dem dabey ge- dachten Eydſchwure Joſephs gegen GOTT, deſſen Name dabey angeruffen worden, gern ſeine glaͤubige und demuͤthige Ehrerbietung hat be- zeugen wollen, er ſich am oberſten Theil des Bettes, da er ſein Haupt hatte, oder auf dem Haupt-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/390>, abgerufen am 23.11.2024.