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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefes Pauli Cap. 8. v. 11. 12.
[Spaltenumbruch] sagen: erkenne den HErrn: Denn sie sol-
len mich alle kennen, von den kleinesten an
bis zu dem grössesten
(und solchergestalt mit
dem geistlichen Leben auch das geistliche Licht
zur wahren Erleuchtung empfangen haben, und
beydes an ihrem Glauben, als der voller Le-
bens- und Lichts-Kraft ist, erweisen.) Denn
ich will gnädig seyn ihrer Untugend und
ihren Sünden und ihrer Ungerechtigkeit
will ich nicht mehr gedencken
(und demnach
sollen sie, wie die geistliche Stärcke, also auch die
Gerechtigkeit von ihm und in ihm haben nach
Jes. 15, 24.)

Anmerckungen.

1. Bey der neuen Oeconomie des Evan-
gelii kömmt es auf diese zwey Haupt-Wohltha-
ten an, auf die Mittheilung der Gnaden-
Kräfte,
und auf die Vergebung der Sünden.
Welche beyde Haupt-Stücke des vom Meßia
durch sein Priesterthum erworbenen Segens
die weiseste und vollkommene Proportion und
Analogie haben mit dem gedoppelten grossen
Sünden-Ubel, welches über der menschlichen
Natur hastet. Denn das eine bestehet in dem
bis zum geistlichen Tode sich erstreckenden See-
len-Schaden,
dabey der Mensch zu allem geist-
lichen Guten gantz erstorben und unvermögend
ist, hingegen aber sich zu allem bösen Activ, o-
der thätig genug erweiset. Das andere lieget
in der zur gerechten Strafe führenden Sünden-
Schuld.
Dem geistlichen Schaden hilst ab
die geistliche Erweckung und Stärckung: der
Schuld die geschenckte Gerechtigkeit Christi
und die Vergebung der Sünde. Beyde Haupt-
Wohlthaten liegen als ein rechtes Evangelisches
Haupt-Gut in der Gnade: als die da ist medi-
cinalis,
gesund machend in der Bekehrung, und
forensis, gerechtmachend in der Vergebung
der Sünde.

2. Diese beyde Haupt-Güter des Evange-
lii halten alle übrige mit in sich und liegen in dem
aus dem Jeremia angezogenen Spruche von
der Evangelischen oder neuen Oeconomie des
Gnaden-Bundes. Denn von der bekehrenden,
oder erweckenden und gesundmachenden Gna-
de heißt es: Jch will mein Gesetz in ihren
Sinn geben und in ihr Hertz schreiben.

Dazu auch gehöret ein solcher Grad der Sal-
bung, daß ein ieder werde selbst von GOTT
gelehret und erleuchtet seyn. Auf die gerecht-
machende
Gnade gehen die Worte: Jch
will gnädig seyn ihrer Untugend und ih-
ren Sünden, und ihrer Ungerechtigkeit
nicht mehr gedencken.
Auf beyde Haupt-
Wohlthaten gehen die Worte: Und ich will
ihr GOtt seyn,
(vermöge der Erlösung zur
Rechtfertigung und Heiligung,) und sie sollen
mein Volck seyn:
als welche auf eine solche
Gemeinschaft mit GOtt führen, darinnen man
solcher Güter zur wircklichen Seligkeit recht ge-
niesset.

3. Und daß es nicht schlechthin heisset: ich
will mein Gesetz in ihren Sinn geben,
son-
[Spaltenumbruch] dern dazu gesetzet wird: und in ihr Hertz will
ich es schreiben,
zeiget den grossen Nachdruck,
oder die grösse des Segens an, und wie er sich
auf beyde Haupt-Kräfte der Seelen, nemlich
auf den Verstand zur Erleuchtung, und auf den
Willen zur Heiligung hervor thue. Und da die
andere Wohlthat, nemlich die von der Verge-
bung der Sünden,
nicht weniger von grossem
Gewichte ist, so wird sie gleichfals mit mehrern
Worten bezeuget: Jch will gnädig seyn ih-
rer Untugend und ihrer Sünde, und ihrer
Ungerechtigkeit will ich nicht mehr geden-
cken.

4. Es ist auch die Ordnung, welche mit
Anpreisung dieses gedoppelten grossen Haupt-
Guts gehalten wird, wohl zu mercken. Denn
erstlich wird gedacht der gesundmachenden
Gnade, und denn der gerechtmachenden.
Welche Ordnung ihren guten Grund in der
Sache selbst hat. Denn es kan niemand zur
Vergebung der Sünden und der Gerechtigkeit
Christi gelangen, es sey denn, daß er den Glau-
ben habe, und sie damit ergreiffe. Den Glau-
ben aber empfähet man, als ein mit vieler Ge-
sundheits-Kraft begabtes geistliches Leben, in
der Bekehrung durch die gesundmachende Gna-
de, da GOttes Gesetz uns ins Hertz geschrieben
wird.

5. Diese beyde Evangelische Haupt-Wohl-
thaten haben ihren Grund in GOtt selbst also,
daß die gesundmachende Gnade sich hervor-
thut, nach der Gerechtigkeit und Heiligkeit
GOttes; die gerechtmachende aber nach der
Barmhertzigkeit GOttes. Und wie diese uns
das Evangelium in einer besondern Fülle vor-
stellet; also gehöret jene dergestalt zum Evange-
lio, daß sie den Menschen auch nach dem Gesetze
geistlich gesinnet machet.

6. Da nun der Jnnhalt der Prophetischen
Stelle von solchem Nachdruck ist; so siehet man,
wie wohl er sich zu Pauli Vorhaben, oder Zweck
in diesem Briefe schicke. Denn ob gleich darin-
nen des Meßianischen Priesterthums nicht aus-
drücklich gedacht wird; so werden uns doch dar-
innen die dadurch erworbene Haupt-Güter an-
gepriesen. Und schickte er sich zu Pauli Zweck so
viel besser, so viel ausdrücklicher darinnen die
neue Oeconomie des Gnaden-Bundes von der
alten unterschieden wird.

7. Es ist aber noch eine und die andere
Anmerckung über den eilften Vers von dem,
daß niemand seinen Bruder lehren soll,
übrig. Da denn der Christliche Leser folgendes
zu erwegen hat.

a. Daß diese Worte, so fern sie auf das Reich
der Gnaden und darinnen auf die wahren
Kinder GOttes gehen, den Menschen-Sa-
tzungen und aller menschlichen Auctorität
entgegen stehen, und auf eine Salbung des
Heiligen Geistes führen, vermöge welcher
man, was man weiß und glaubet, aus kräf-
tiger Uberzeugung desselben und aus eigner
Erfahrung erkennet, und nicht nöthig hat,
auf eines eintzigen Menschen Aussprüche sich
zu

Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 8. v. 11. 12.
[Spaltenumbruch] ſagen: erkenne den HErrn: Denn ſie ſol-
len mich alle kennen, von den kleineſten an
bis zu dem groͤſſeſten
(und ſolchergeſtalt mit
dem geiſtlichen Leben auch das geiſtliche Licht
zur wahren Erleuchtung empfangen haben, und
beydes an ihrem Glauben, als der voller Le-
bens- und Lichts-Kraft iſt, erweiſen.) Denn
ich will gnaͤdig ſeyn ihrer Untugend und
ihren Suͤnden und ihrer Ungerechtigkeit
will ich nicht mehr gedencken
(und demnach
ſollen ſie, wie die geiſtliche Staͤrcke, alſo auch die
Gerechtigkeit von ihm und in ihm haben nach
Jeſ. 15, 24.)

Anmerckungen.

1. Bey der neuen Oeconomie des Evan-
gelii koͤmmt es auf dieſe zwey Haupt-Wohltha-
ten an, auf die Mittheilung der Gnaden-
Kraͤfte,
und auf die Vergebung der Suͤnden.
Welche beyde Haupt-Stuͤcke des vom Meßia
durch ſein Prieſterthum erworbenen Segens
die weiſeſte und vollkommene Proportion und
Analogie haben mit dem gedoppelten groſſen
Suͤnden-Ubel, welches uͤber der menſchlichen
Natur haſtet. Denn das eine beſtehet in dem
bis zum geiſtlichen Tode ſich erſtreckenden See-
len-Schaden,
dabey der Menſch zu allem geiſt-
lichen Guten gantz erſtorben und unvermoͤgend
iſt, hingegen aber ſich zu allem boͤſen Activ, o-
der thaͤtig genug erweiſet. Das andere lieget
in der zur gerechten Strafe fuͤhrenden Suͤnden-
Schuld.
Dem geiſtlichen Schaden hilſt ab
die geiſtliche Erweckung und Staͤrckung: der
Schuld die geſchenckte Gerechtigkeit Chriſti
und die Vergebung der Suͤnde. Beyde Haupt-
Wohlthaten liegen als ein rechtes Evangeliſches
Haupt-Gut in der Gnade: als die da iſt medi-
cinalis,
geſund machend in der Bekehrung, und
forenſis, gerechtmachend in der Vergebung
der Suͤnde.

2. Dieſe beyde Haupt-Guͤter des Evange-
lii halten alle uͤbrige mit in ſich und liegen in dem
aus dem Jeremia angezogenen Spruche von
der Evangeliſchen oder neuen Oeconomie des
Gnaden-Bundes. Denn von der bekehrenden,
oder erweckenden und geſundmachenden Gna-
de heißt es: Jch will mein Geſetz in ihren
Sinn geben und in ihr Hertz ſchreiben.

Dazu auch gehoͤret ein ſolcher Grad der Sal-
bung, daß ein ieder werde ſelbſt von GOTT
gelehret und erleuchtet ſeyn. Auf die gerecht-
machende
Gnade gehen die Worte: Jch
will gnaͤdig ſeyn ihrer Untugend und ih-
ren Suͤnden, und ihrer Ungerechtigkeit
nicht mehr gedencken.
Auf beyde Haupt-
Wohlthaten gehen die Worte: Und ich will
ihr GOtt ſeyn,
(vermoͤge der Erloͤſung zur
Rechtfertigung und Heiligung,) und ſie ſollen
mein Volck ſeyn:
als welche auf eine ſolche
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ſolcher Guͤter zur wircklichen Seligkeit recht ge-
nieſſet.

3. Und daß es nicht ſchlechthin heiſſet: ich
will mein Geſetz in ihren Sinn geben,
ſon-
[Spaltenumbruch] dern dazu geſetzet wird: und in ihr Hertz will
ich es ſchreiben,
zeiget den groſſen Nachdruck,
oder die groͤſſe des Segens an, und wie er ſich
auf beyde Haupt-Kraͤfte der Seelen, nemlich
auf den Verſtand zur Erleuchtung, und auf den
Willen zur Heiligung hervor thue. Und da die
andere Wohlthat, nemlich die von der Verge-
bung der Suͤnden,
nicht weniger von groſſem
Gewichte iſt, ſo wird ſie gleichfals mit mehrern
Worten bezeuget: Jch will gnaͤdig ſeyn ih-
rer Untugend und ihrer Suͤnde, und ihrer
Ungerechtigkeit will ich nicht mehr geden-
cken.

4. Es iſt auch die Ordnung, welche mit
Anpreiſung dieſes gedoppelten groſſen Haupt-
Guts gehalten wird, wohl zu mercken. Denn
erſtlich wird gedacht der geſundmachenden
Gnade, und denn der gerechtmachenden.
Welche Ordnung ihren guten Grund in der
Sache ſelbſt hat. Denn es kan niemand zur
Vergebung der Suͤnden und der Gerechtigkeit
Chriſti gelangen, es ſey denn, daß er den Glau-
ben habe, und ſie damit ergreiffe. Den Glau-
ben aber empfaͤhet man, als ein mit vieler Ge-
ſundheits-Kraft begabtes geiſtliches Leben, in
der Bekehrung durch die geſundmachende Gna-
de, da GOttes Geſetz uns ins Hertz geſchrieben
wird.

5. Dieſe beyde Evangeliſche Haupt-Wohl-
thaten haben ihren Grund in GOtt ſelbſt alſo,
daß die geſundmachende Gnade ſich hervor-
thut, nach der Gerechtigkeit und Heiligkeit
GOttes; die gerechtmachende aber nach der
Barmhertzigkeit GOttes. Und wie dieſe uns
das Evangelium in einer beſondern Fuͤlle vor-
ſtellet; alſo gehoͤret jene dergeſtalt zum Evange-
lio, daß ſie den Menſchen auch nach dem Geſetze
geiſtlich geſinnet machet.

6. Da nun der Jnnhalt der Prophetiſchen
Stelle von ſolchem Nachdruck iſt; ſo ſiehet man,
wie wohl er ſich zu Pauli Vorhaben, oder Zweck
in dieſem Briefe ſchicke. Denn ob gleich darin-
nen des Meßianiſchen Prieſterthums nicht aus-
druͤcklich gedacht wird; ſo werden uns doch dar-
innen die dadurch erworbene Haupt-Guͤter an-
geprieſen. Und ſchickte er ſich zu Pauli Zweck ſo
viel beſſer, ſo viel ausdruͤcklicher darinnen die
neue Oeconomie des Gnaden-Bundes von der
alten unterſchieden wird.

7. Es iſt aber noch eine und die andere
Anmerckung uͤber den eilften Vers von dem,
daß niemand ſeinen Bruder lehren ſoll,
uͤbrig. Da denn der Chriſtliche Leſer folgendes
zu erwegen hat.

a. Daß dieſe Worte, ſo fern ſie auf das Reich
der Gnaden und darinnen auf die wahren
Kinder GOttes gehen, den Menſchen-Sa-
tzungen und aller menſchlichen Auctoritaͤt
entgegen ſtehen, und auf eine Salbung des
Heiligen Geiſtes fuͤhren, vermoͤge welcher
man, was man weiß und glaubet, aus kraͤf-
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[340/0342] Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 8. v. 11. 12. ſagen: erkenne den HErrn: Denn ſie ſol- len mich alle kennen, von den kleineſten an bis zu dem groͤſſeſten (und ſolchergeſtalt mit dem geiſtlichen Leben auch das geiſtliche Licht zur wahren Erleuchtung empfangen haben, und beydes an ihrem Glauben, als der voller Le- bens- und Lichts-Kraft iſt, erweiſen.) Denn ich will gnaͤdig ſeyn ihrer Untugend und ihren Suͤnden und ihrer Ungerechtigkeit will ich nicht mehr gedencken (und demnach ſollen ſie, wie die geiſtliche Staͤrcke, alſo auch die Gerechtigkeit von ihm und in ihm haben nach Jeſ. 15, 24.) Anmerckungen. 1. Bey der neuen Oeconomie des Evan- gelii koͤmmt es auf dieſe zwey Haupt-Wohltha- ten an, auf die Mittheilung der Gnaden- Kraͤfte, und auf die Vergebung der Suͤnden. Welche beyde Haupt-Stuͤcke des vom Meßia durch ſein Prieſterthum erworbenen Segens die weiſeſte und vollkommene Proportion und Analogie haben mit dem gedoppelten groſſen Suͤnden-Ubel, welches uͤber der menſchlichen Natur haſtet. Denn das eine beſtehet in dem bis zum geiſtlichen Tode ſich erſtreckenden See- len-Schaden, dabey der Menſch zu allem geiſt- lichen Guten gantz erſtorben und unvermoͤgend iſt, hingegen aber ſich zu allem boͤſen Activ, o- der thaͤtig genug erweiſet. Das andere lieget in der zur gerechten Strafe fuͤhrenden Suͤnden- Schuld. Dem geiſtlichen Schaden hilſt ab die geiſtliche Erweckung und Staͤrckung: der Schuld die geſchenckte Gerechtigkeit Chriſti und die Vergebung der Suͤnde. Beyde Haupt- Wohlthaten liegen als ein rechtes Evangeliſches Haupt-Gut in der Gnade: als die da iſt medi- cinalis, geſund machend in der Bekehrung, und forenſis, gerechtmachend in der Vergebung der Suͤnde. 2. Dieſe beyde Haupt-Guͤter des Evange- lii halten alle uͤbrige mit in ſich und liegen in dem aus dem Jeremia angezogenen Spruche von der Evangeliſchen oder neuen Oeconomie des Gnaden-Bundes. Denn von der bekehrenden, oder erweckenden und geſundmachenden Gna- de heißt es: Jch will mein Geſetz in ihren Sinn geben und in ihr Hertz ſchreiben. Dazu auch gehoͤret ein ſolcher Grad der Sal- bung, daß ein ieder werde ſelbſt von GOTT gelehret und erleuchtet ſeyn. Auf die gerecht- machende Gnade gehen die Worte: Jch will gnaͤdig ſeyn ihrer Untugend und ih- ren Suͤnden, und ihrer Ungerechtigkeit nicht mehr gedencken. Auf beyde Haupt- Wohlthaten gehen die Worte: Und ich will ihr GOtt ſeyn, (vermoͤge der Erloͤſung zur Rechtfertigung und Heiligung,) und ſie ſollen mein Volck ſeyn: als welche auf eine ſolche Gemeinſchaft mit GOtt fuͤhren, darinnen man ſolcher Guͤter zur wircklichen Seligkeit recht ge- nieſſet. 3. Und daß es nicht ſchlechthin heiſſet: ich will mein Geſetz in ihren Sinn geben, ſon- dern dazu geſetzet wird: und in ihr Hertz will ich es ſchreiben, zeiget den groſſen Nachdruck, oder die groͤſſe des Segens an, und wie er ſich auf beyde Haupt-Kraͤfte der Seelen, nemlich auf den Verſtand zur Erleuchtung, und auf den Willen zur Heiligung hervor thue. Und da die andere Wohlthat, nemlich die von der Verge- bung der Suͤnden, nicht weniger von groſſem Gewichte iſt, ſo wird ſie gleichfals mit mehrern Worten bezeuget: Jch will gnaͤdig ſeyn ih- rer Untugend und ihrer Suͤnde, und ihrer Ungerechtigkeit will ich nicht mehr geden- cken. 4. Es iſt auch die Ordnung, welche mit Anpreiſung dieſes gedoppelten groſſen Haupt- Guts gehalten wird, wohl zu mercken. Denn erſtlich wird gedacht der geſundmachenden Gnade, und denn der gerechtmachenden. Welche Ordnung ihren guten Grund in der Sache ſelbſt hat. Denn es kan niemand zur Vergebung der Suͤnden und der Gerechtigkeit Chriſti gelangen, es ſey denn, daß er den Glau- ben habe, und ſie damit ergreiffe. Den Glau- ben aber empfaͤhet man, als ein mit vieler Ge- ſundheits-Kraft begabtes geiſtliches Leben, in der Bekehrung durch die geſundmachende Gna- de, da GOttes Geſetz uns ins Hertz geſchrieben wird. 5. Dieſe beyde Evangeliſche Haupt-Wohl- thaten haben ihren Grund in GOtt ſelbſt alſo, daß die geſundmachende Gnade ſich hervor- thut, nach der Gerechtigkeit und Heiligkeit GOttes; die gerechtmachende aber nach der Barmhertzigkeit GOttes. Und wie dieſe uns das Evangelium in einer beſondern Fuͤlle vor- ſtellet; alſo gehoͤret jene dergeſtalt zum Evange- lio, daß ſie den Menſchen auch nach dem Geſetze geiſtlich geſinnet machet. 6. Da nun der Jnnhalt der Prophetiſchen Stelle von ſolchem Nachdruck iſt; ſo ſiehet man, wie wohl er ſich zu Pauli Vorhaben, oder Zweck in dieſem Briefe ſchicke. Denn ob gleich darin- nen des Meßianiſchen Prieſterthums nicht aus- druͤcklich gedacht wird; ſo werden uns doch dar- innen die dadurch erworbene Haupt-Guͤter an- geprieſen. Und ſchickte er ſich zu Pauli Zweck ſo viel beſſer, ſo viel ausdruͤcklicher darinnen die neue Oeconomie des Gnaden-Bundes von der alten unterſchieden wird. 7. Es iſt aber noch eine und die andere Anmerckung uͤber den eilften Vers von dem, daß niemand ſeinen Bruder lehren ſoll, uͤbrig. Da denn der Chriſtliche Leſer folgendes zu erwegen hat. a. Daß dieſe Worte, ſo fern ſie auf das Reich der Gnaden und darinnen auf die wahren Kinder GOttes gehen, den Menſchen-Sa- tzungen und aller menſchlichen Auctoritaͤt entgegen ſtehen, und auf eine Salbung des Heiligen Geiſtes fuͤhren, vermoͤge welcher man, was man weiß und glaubet, aus kraͤf- tiger Uberzeugung deſſelben und aus eigner Erfahrung erkennet, und nicht noͤthig hat, auf eines eintzigen Menſchen Ausſpruͤche ſich zu

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/342>, abgerufen am 23.11.2024.