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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 7. v. 1. an die Hebraer.
[Spaltenumbruch] zu versöhnen: also ist Christus, da er alle unsere
Sünden-Schuld und Strafe über sich genom-
men hat, auch für uns Menschen mit völliger
Satisfaction in den Himmel der Herrlichkeit
eingegangen. Dieses zeigete Christus an, wenn
er zu seinen Jüngern Joh. 14, 2. sagte; Jch ge-
he hin, euch die Stäte zu bereiten.

9. Warum aber Christus heisse der Ho-
hepriester nach der Ordnung oder Gleich-
[Spaltenumbruch] heit und Weise Melchisedech,
davon folget
im siebenden Capitel eine ausführliche Abhan-
delung. Und eben hiemit kömmt der Apostel
wieder zurück auf die schon vorher c. 5. ange-
fangene, auch bereits in den ersten Capiteln be-
rührte Materie von dem Hohenpriesterlichen
Amte Christi; als worauf es in diesem gantzen
Briefe fürnemlich angesehen war.

Das Siebende Capitel,
Darinnen
Eine Vergleichung angestellet wird zwischen dem Melchi-
sedechischen und Levitischen Priesterthum/ mit der Anzeigung/ wie daß/ da
Christus durch beyde/ den Melchisedech und die Levitischen Priester/ vorge-
bildet worden/ er nach der Figur des Melchisedechischen Priesterthums
einen grossen Vorzug habe vor dem Levitischen/ davon aber doch
das rechte Gegenbild sey.
[Spaltenumbruch]
V. 1.

DJeser Melchisedech aber war
ein König zu Salem
(welche
Stadt hernach Jerusalem genen-
net worden) ein Priester GOt-
tes des allerhöchsten
(nach der
von den Nachkommen des Noä
angenommenen göttlichen Verordnung, welche
auf die eingesetzten Opfer gerichtet war) der
Abraham entgegen ging, da er von der

(vier morgenländischen) Könige Schlacht
wieder kam, und segnete ihn, welchem
auch Abraham den Zehnden gab aller sei-
ner Güter
(von der von den geschlagenen Fein-
den überkommenen Beute.)

Anmerckungen.

1. Es sind alhier unterschiedliche Puncte
wohl zu mercken, theils vom Melchisedech,
theils vom Abraham: und zwar vom Melchi-
sedech
erstlich seine Nation und Person, hernach
sein gedoppeltes Amt, das Königliche und
Priesterliche: und denn, was er dem Abraham
gethan, nemlich wie er ihn gesegnet habe: und
wie Abraham ihm habe den Zehenden von allen
seinen Gütern gegeben.

2. Der Nation und Person nach, war
Melchisedech einer von dem Volcke des Lan-
des Canaan,
oder der Nachkommen Chams.
Zwar solte man wol daher hieran zweifeln,
weil von ihm so viel gutes gesaget wird, das
Volck aber des gedachten Landes Canaan so sehr
verderbet war: Allein dieses stehet dem Satze
gar nicht entgegen. Denn gleichwie durch Noa
und seine Kinder, auch alle die, welche unter sei-
nen ersten Nachkommen bey der reinen auf sie
gebrachten Lehre vom Meßia geblieben waren,
diese Lehre bis auf die Zeiten des Melchisedechs,
da jene selbst grossen theils noch lebten, war fort-
gepflantzet worden; so fehlete es auch unter den
[Spaltenumbruch] Völckern in Canaan, ob sie gleich grösten theils
sehr verderbet waren, noch nicht an solchen, wel-
che dem wahren GOTT alleine dieneten und
anhingen: Wie es denn solcher auch nach dieser
Zeit unter allerley Völckern gegeben hat. Denn
dieses siehet man unter andern an Jethro, dem
Schwieger-Vater Mosis, wie auch an Hiob
und seinen Freunden. Und von solcher Art war
Melchisedech.

3. Die mancherley Meynungen derer, wel-
che den Melchisedech nicht für einen eigentlichen
Cananitischen Mann halten, zu erzehlen und zu
widerlegen, gehöret hieher nicht. Da er aber
von vielen Interpretibus für Sem, den Sohn
Noa, gehalten wird, so habe ich mit wenigen
anzuzeigen, warum er nicht könne Sem gewesen
seyn: nemlich darum nicht, weil man von des
Sems besondern Geschlechte, auch von seiner
Geburt und Ende, und von der gantzen Länge
des Lebens, und also von seiner genealogie
Nachricht hat, aber an den beyden Orten, dar-
innen des Melchisedechs gedacht wird, nemlich
1 B. Mos. 14. und Ps. 110. davon die geringste
Nachricht nicht ist, (ob man gleich wol über-
haupt sagen kan, daß er ein Cananiter gewesen
sey) Paulus auch eben dieses als eine Figur von
Christo in gewisser Absicht, davon wir hernach
vernehmen werden, angeführet. Und hätte
Sem mit seiner Familie als ein König in Ca-
naan gewohnet, warum hätte denn Abraham
dürfen aus Chaldäa, als seinem Vaterlande,
geruffen und in Canaan, zu lauter fremden Leu-
ten geführet werden? Er würde ja vielmehr da-
durch erst recht zu dem eigentlichen väterlichen
Geschlechte, davon er herstammete, gekommen
seyn. Andere Ursachen, warum Melchisedech
nicht kan Sem gewesen seyn, itzo zu geschwei-
gen.

4. Was das gedoppelte Amt betrift, so

war
S s

Cap. 7. v. 1. an die Hebraer.
[Spaltenumbruch] zu verſoͤhnen: alſo iſt Chriſtus, da er alle unſere
Suͤnden-Schuld und Strafe uͤber ſich genom-
men hat, auch fuͤr uns Menſchen mit voͤlliger
Satisfaction in den Himmel der Herrlichkeit
eingegangen. Dieſes zeigete Chriſtus an, wenn
er zu ſeinen Juͤngern Joh. 14, 2. ſagte; Jch ge-
he hin, euch die Staͤte zu bereiten.

9. Warum aber Chriſtus heiſſe der Ho-
heprieſter nach der Ordnung oder Gleich-
[Spaltenumbruch] heit und Weiſe Melchiſedech,
davon folget
im ſiebenden Capitel eine ausfuͤhrliche Abhan-
delung. Und eben hiemit koͤmmt der Apoſtel
wieder zuruͤck auf die ſchon vorher c. 5. ange-
fangene, auch bereits in den erſten Capiteln be-
ruͤhrte Materie von dem Hohenprieſterlichen
Amte Chriſti; als worauf es in dieſem gantzen
Briefe fuͤrnemlich angeſehen war.

Das Siebende Capitel,
Darinnen
Eine Vergleichung angeſtellet wird zwiſchen dem Melchi-
ſedechiſchen und Levitiſchen Prieſterthum/ mit der Anzeigung/ wie daß/ da
Chriſtus durch beyde/ den Melchiſedech und die Levitiſchen Prieſter/ vorge-
bildet worden/ er nach der Figur des Melchiſedechiſchen Prieſterthums
einen groſſen Vorzug habe vor dem Levitiſchen/ davon aber doch
das rechte Gegenbild ſey.
[Spaltenumbruch]
V. 1.

DJeſer Melchiſedech aber war
ein Koͤnig zu Salem
(welche
Stadt hernach Jeruſalem genen-
net worden) ein Prieſter GOt-
tes des allerhoͤchſten
(nach der
von den Nachkommen des Noaͤ
angenommenen goͤttlichen Verordnung, welche
auf die eingeſetzten Opfer gerichtet war) der
Abraham entgegen ging, da er von der

(vier morgenlaͤndiſchen) Koͤnige Schlacht
wieder kam, und ſegnete ihn, welchem
auch Abraham den Zehnden gab aller ſei-
ner Guͤter
(von der von den geſchlagenen Fein-
den uͤberkommenen Beute.)

Anmerckungen.

1. Es ſind alhier unterſchiedliche Puncte
wohl zu mercken, theils vom Melchiſedech,
theils vom Abraham: und zwar vom Melchi-
ſedech
erſtlich ſeine Nation und Perſon, hernach
ſein gedoppeltes Amt, das Koͤnigliche und
Prieſterliche: und denn, was er dem Abraham
gethan, nemlich wie er ihn geſegnet habe: und
wie Abraham ihm habe den Zehenden von allen
ſeinen Guͤtern gegeben.

2. Der Nation und Perſon nach, war
Melchiſedech einer von dem Volcke des Lan-
des Canaan,
oder der Nachkommen Chams.
Zwar ſolte man wol daher hieran zweifeln,
weil von ihm ſo viel gutes geſaget wird, das
Volck aber des gedachten Landes Canaan ſo ſehr
verderbet war: Allein dieſes ſtehet dem Satze
gar nicht entgegen. Denn gleichwie durch Noa
und ſeine Kinder, auch alle die, welche unter ſei-
nen erſten Nachkommen bey der reinen auf ſie
gebrachten Lehre vom Meßia geblieben waren,
dieſe Lehre bis auf die Zeiten des Melchiſedechs,
da jene ſelbſt groſſen theils noch lebten, war fort-
gepflantzet worden; ſo fehlete es auch unter den
[Spaltenumbruch] Voͤlckern in Canaan, ob ſie gleich groͤſten theils
ſehr verderbet waren, noch nicht an ſolchen, wel-
che dem wahren GOTT alleine dieneten und
anhingen: Wie es denn ſolcher auch nach dieſer
Zeit unter allerley Voͤlckern gegeben hat. Denn
dieſes ſiehet man unter andern an Jethro, dem
Schwieger-Vater Moſis, wie auch an Hiob
und ſeinen Freunden. Und von ſolcher Art war
Melchiſedech.

3. Die mancherley Meynungen derer, wel-
che den Melchiſedech nicht fuͤr einen eigentlichen
Cananitiſchen Mann halten, zu erzehlen und zu
widerlegen, gehoͤret hieher nicht. Da er aber
von vielen Interpretibus fuͤr Sem, den Sohn
Noa, gehalten wird, ſo habe ich mit wenigen
anzuzeigen, warum er nicht koͤnne Sem geweſen
ſeyn: nemlich darum nicht, weil man von des
Sems beſondern Geſchlechte, auch von ſeiner
Geburt und Ende, und von der gantzen Laͤnge
des Lebens, und alſo von ſeiner genealogie
Nachricht hat, aber an den beyden Orten, dar-
innen des Melchiſedechs gedacht wird, nemlich
1 B. Moſ. 14. und Pſ. 110. davon die geringſte
Nachricht nicht iſt, (ob man gleich wol uͤber-
haupt ſagen kan, daß er ein Cananiter geweſen
ſey) Paulus auch eben dieſes als eine Figur von
Chriſto in gewiſſer Abſicht, davon wir hernach
vernehmen werden, angefuͤhret. Und haͤtte
Sem mit ſeiner Familie als ein Koͤnig in Ca-
naan gewohnet, warum haͤtte denn Abraham
duͤrfen aus Chaldaͤa, als ſeinem Vaterlande,
geruffen und in Canaan, zu lauter fremden Leu-
ten gefuͤhret werden? Er wuͤrde ja vielmehr da-
durch erſt recht zu dem eigentlichen vaͤterlichen
Geſchlechte, davon er herſtammete, gekommen
ſeyn. Andere Urſachen, warum Melchiſedech
nicht kan Sem geweſen ſeyn, itzo zu geſchwei-
gen.

4. Was das gedoppelte Amt betrift, ſo

war
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[321/0323] Cap. 7. v. 1. an die Hebraer. zu verſoͤhnen: alſo iſt Chriſtus, da er alle unſere Suͤnden-Schuld und Strafe uͤber ſich genom- men hat, auch fuͤr uns Menſchen mit voͤlliger Satisfaction in den Himmel der Herrlichkeit eingegangen. Dieſes zeigete Chriſtus an, wenn er zu ſeinen Juͤngern Joh. 14, 2. ſagte; Jch ge- he hin, euch die Staͤte zu bereiten. 9. Warum aber Chriſtus heiſſe der Ho- heprieſter nach der Ordnung oder Gleich- heit und Weiſe Melchiſedech, davon folget im ſiebenden Capitel eine ausfuͤhrliche Abhan- delung. Und eben hiemit koͤmmt der Apoſtel wieder zuruͤck auf die ſchon vorher c. 5. ange- fangene, auch bereits in den erſten Capiteln be- ruͤhrte Materie von dem Hohenprieſterlichen Amte Chriſti; als worauf es in dieſem gantzen Briefe fuͤrnemlich angeſehen war. Das Siebende Capitel, Darinnen Eine Vergleichung angeſtellet wird zwiſchen dem Melchi- ſedechiſchen und Levitiſchen Prieſterthum/ mit der Anzeigung/ wie daß/ da Chriſtus durch beyde/ den Melchiſedech und die Levitiſchen Prieſter/ vorge- bildet worden/ er nach der Figur des Melchiſedechiſchen Prieſterthums einen groſſen Vorzug habe vor dem Levitiſchen/ davon aber doch das rechte Gegenbild ſey. V. 1. DJeſer Melchiſedech aber war ein Koͤnig zu Salem (welche Stadt hernach Jeruſalem genen- net worden) ein Prieſter GOt- tes des allerhoͤchſten (nach der von den Nachkommen des Noaͤ angenommenen goͤttlichen Verordnung, welche auf die eingeſetzten Opfer gerichtet war) der Abraham entgegen ging, da er von der (vier morgenlaͤndiſchen) Koͤnige Schlacht wieder kam, und ſegnete ihn, welchem auch Abraham den Zehnden gab aller ſei- ner Guͤter (von der von den geſchlagenen Fein- den uͤberkommenen Beute.) Anmerckungen. 1. Es ſind alhier unterſchiedliche Puncte wohl zu mercken, theils vom Melchiſedech, theils vom Abraham: und zwar vom Melchi- ſedech erſtlich ſeine Nation und Perſon, hernach ſein gedoppeltes Amt, das Koͤnigliche und Prieſterliche: und denn, was er dem Abraham gethan, nemlich wie er ihn geſegnet habe: und wie Abraham ihm habe den Zehenden von allen ſeinen Guͤtern gegeben. 2. Der Nation und Perſon nach, war Melchiſedech einer von dem Volcke des Lan- des Canaan, oder der Nachkommen Chams. Zwar ſolte man wol daher hieran zweifeln, weil von ihm ſo viel gutes geſaget wird, das Volck aber des gedachten Landes Canaan ſo ſehr verderbet war: Allein dieſes ſtehet dem Satze gar nicht entgegen. Denn gleichwie durch Noa und ſeine Kinder, auch alle die, welche unter ſei- nen erſten Nachkommen bey der reinen auf ſie gebrachten Lehre vom Meßia geblieben waren, dieſe Lehre bis auf die Zeiten des Melchiſedechs, da jene ſelbſt groſſen theils noch lebten, war fort- gepflantzet worden; ſo fehlete es auch unter den Voͤlckern in Canaan, ob ſie gleich groͤſten theils ſehr verderbet waren, noch nicht an ſolchen, wel- che dem wahren GOTT alleine dieneten und anhingen: Wie es denn ſolcher auch nach dieſer Zeit unter allerley Voͤlckern gegeben hat. Denn dieſes ſiehet man unter andern an Jethro, dem Schwieger-Vater Moſis, wie auch an Hiob und ſeinen Freunden. Und von ſolcher Art war Melchiſedech. 3. Die mancherley Meynungen derer, wel- che den Melchiſedech nicht fuͤr einen eigentlichen Cananitiſchen Mann halten, zu erzehlen und zu widerlegen, gehoͤret hieher nicht. Da er aber von vielen Interpretibus fuͤr Sem, den Sohn Noa, gehalten wird, ſo habe ich mit wenigen anzuzeigen, warum er nicht koͤnne Sem geweſen ſeyn: nemlich darum nicht, weil man von des Sems beſondern Geſchlechte, auch von ſeiner Geburt und Ende, und von der gantzen Laͤnge des Lebens, und alſo von ſeiner genealogie Nachricht hat, aber an den beyden Orten, dar- innen des Melchiſedechs gedacht wird, nemlich 1 B. Moſ. 14. und Pſ. 110. davon die geringſte Nachricht nicht iſt, (ob man gleich wol uͤber- haupt ſagen kan, daß er ein Cananiter geweſen ſey) Paulus auch eben dieſes als eine Figur von Chriſto in gewiſſer Abſicht, davon wir hernach vernehmen werden, angefuͤhret. Und haͤtte Sem mit ſeiner Familie als ein Koͤnig in Ca- naan gewohnet, warum haͤtte denn Abraham duͤrfen aus Chaldaͤa, als ſeinem Vaterlande, geruffen und in Canaan, zu lauter fremden Leu- ten gefuͤhret werden? Er wuͤrde ja vielmehr da- durch erſt recht zu dem eigentlichen vaͤterlichen Geſchlechte, davon er herſtammete, gekommen ſeyn. Andere Urſachen, warum Melchiſedech nicht kan Sem geweſen ſeyn, itzo zu geſchwei- gen. 4. Was das gedoppelte Amt betrift, ſo war S s

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/323>, abgerufen am 23.11.2024.