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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefes Pauli Cap. 6. v. 1. 2. 3.
[Spaltenumbruch] geschahe Ap. Ges. 8, 17. 18. 19. c. 19, 6. imglei-
chen bey der Verordnung zum öffentlichen
Lehr-Amte
1 Tim. 4, 14. c. 5, 22. 2 Tim. 1, 6.
Ap. Gesch. 13, 3. Siehe auch c. 6, 6. Nun kan
es gar wohl seyn, daß der Apostel auf beydes
gesehen habe; wie denn auch beyde Stücke bey
ihrem Unterscheide in einer gewissen Gleichheit
unter einander stehen. Denn gleichwie die
Wunder-Gaben ausserordentlich und von der
Beschaffenheit waren, daß einige dadurch zum
ausserordentlichen Lehr-Amte tüchtig wur-
den; so war die gemeine Bestellung der öffentli-
chen Lehrer etwas ordentliches und beständiges
in der Kirche. Und von beyden Stücken waren
die ersten Christen zu unterrichten: Wozu ih-
nen nemlich die ausserordentlichen Gaben
dienen,
und wie sie dieselbe anwenden solten:
imgleichen wie sie dabey dennoch der ordentli-
chen Lehrer benöthiget wären,
und wie sie
sich gegen sie zu verhalten hätten: Dabey denn
auch die Lehrer selbst ohne Zweifel ihrer Pflicht
werden erinnert worden seyn. Und wenn der
Apostel die ersten Christen von der Beschaffen-
heit der ausserordentlichen Gaben unterrichtet
hat, so wird er sie dabey ohne Zweifel auf ihren
Ursprung und ihren Urheber geführet haben,
nemlich auf Christum, wie er solche in dem Stan-
de seiner Erhöhung, als eine Frucht seines Hin-
gangs zum Vater, durch seinen Geist mit-
theile.

10. Das fünfte Haupt-Stück wird ge-
setzet in der Lehre von der Auferstehung der
Todten.
Welche zwar den Juden bereits aus
den Schriften des alten Testaments, und aus
der uralten Bekenntniß ihrer Kirche bekannt ge-
nug war; jedoch aber eines besondern Unter-
richts gebrauchte, sonderlich wegen des grossen
Unterscheids, der sich in der Auferstehung bey
den Gläubigen und Gottlosen befinden wird.
Und mochte die Einschärfung dieser Lehre auch
daher so viel nöthiger seyn, so viel mehr sich der
Sadducäische Sauerteig von geleugneter Aufer-
stehung der Todten etwa bey der Judischen Na-
tion
ausgebreitet hatte, nach Matth. 22, 29.
Ap. Ges. 23, 6. 8. daß aber diese Lehre eine rech-
te Haupt-Lehre sey, bezeuget Paulus mit meh-
rern 1 Cor. 15.

11. Der sechste Punct ist das ewige Ge-
richt:
mit welchen Worten der Apostel eigent-
lich siehet auf das allgemeine Welt-Gerichte
GOttes, welches er am jüngsten Tage halten
wird, gleich nach der Auferstehung der Todten:
darum diese beyde Stücke auch unmittelbar zu-
sammen stehen. Ein ewiges Gericht aber
wird es genennet, nicht in Ansehung der Ge-
richts-Handelung an sich selbst; sondern in An-
sehung des gedoppelten Ausspruchs, der auf
Seiten der Gläubigen und Ungläubigen von
ewiger Dauerung seyn wird. Und also hält
dieses sechste Stück auch die Lehre vom ewigen
Leben
und Tode, oder Verdammniß, mit in
sich. Und da diese Lehre zu dem ersten Anfange
der Christlichen Religion mit gehörete, so füh-
rete der Apostel auch die Heyden zu Athen dar-
[Spaltenumbruch] auf, und auf die Auferstehung der Todten Ap.
Ges. 17, 31. 32. gleichwie aber göttliche Wahr-
heiten als eine Kette an einander hangen, daß
eine ohne die übrigen nicht wol gründlich vorge-
tragen werden kan; so ist leichtlich zu erachten,
daß Paulus weder von der Auferstehung der
Todten, noch vom jüngsten Gericht geredet ha-
be, ohne der leiblichen Zukunft Christi zum
Gericht zu gedencken.

12. Die hinzu gesetzten Worte: und das
wollen wir thun, so es GOtt anders zu-
läßt,
werden zwar von vielen mit den vorherge-
henden von dem zur Vollkommenheit fah-
ren
verbunden, und also verstanden, als wolte
der Apostel damit anzeigen, wie daß er solchem
gemachten Vorsatz nachkommen und die gläubi-
gen Hebräer mit dazu erwecken wolle: allein die-
ser Verstand ist etwas gezwungen. Denn erst-
lich scheinet es nicht nöthig gewesen zu seyn, das-
jenige, was er schon kurtz vorher gesaget hatte,
mit diesen Worten zu wiederhohlen. Und denn
so wollen sich auch die dazu gesetzten Worte von
göttlicher Zulassung nicht wohl schicken, man
mag sie auch erklären, wie man wolle. Denn
ob gleich dergleichen Redens-Art sich auch an-
derwärtig findet, als Ap. Gesch. 18, 21. 1 Cor.
4, 19. wir auch von Jacobo c. 4, 15. darauf ge-
führet werden, daß wir in unsern Handelungen
alle wege in der Gelassenheit auf den Willen
und auf die Providentz GOttes sehen sollen:
so ist dieses doch eigentlich nur von solchen Ver-
richtungen zu verstehen, von welchen wir des
Willens GOttes noch nicht gewiß sind, und
welche wir auch mit gutem Gewissen wol unter-
lassen können: nicht aber von solchen, welche an
sich nöthig sind, und zur Ordnung des Heyls ge-
hören: wie dieses ist, daß man im Christenthum
nicht immer ein junges Kind bleibe, sondern su-
che ein vollkommener Mann in Christo zu wer-
den: als davon es sich nicht wol sagen läßt: so
es anders der HErr zuläßt;
da dieses gewiß
der geoffenbarete gute Wille GOttes ist. Hin-
gegen aber lassen sich diese Worte gar füglich
davon verstehen, daß sich Paulus nach dem
Willen GOttes dasjenige vorbehielte, wovon
er itzo ausführlich zu handeln nicht so nöthig fun-
de. Denn ob es gleich unter den Hebräern an
solchen nicht fehlete, welchen nach c. 5, 12. 13.
auch schon damals damit gedienet gewesen wä-
re: so funde er die Abhandelung der schweren
Materien doch noch nöthiger: er behält sich doch
aber jene Tractation ihrer erkannten Nutzbar-
keit wegen noch vor. Sie ist aber allem Anse-
hen nach nicht erfolget; zum wenigsten nicht
schriftlich; sonsten sie die heilige Providentz
GOttes wol würde haben auf nachfolgende Zei-
ten kommen lassen: wie sich denn auch, daß sie
iemals vorhanden gewesen, keine Spur in der
Antiquität findet. Was aber schriftlich nicht
geschehen ist, das ist wohl ohne Zweifel, und so viel
gewisser, mündlich erfolget; so viel gewisser es ist,
daß Paulus nach diesem aus Jtalien geschriebe-
nen Briefe, seiner darinn im Beschlusse gegebnen
Verheissung nach, wieder nach Orient gekommen
ist.

V. 4. 5. 6.

Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 6. v. 1. 2. 3.
[Spaltenumbruch] geſchahe Ap. Geſ. 8, 17. 18. 19. c. 19, 6. imglei-
chen bey der Verordnung zum oͤffentlichen
Lehr-Amte
1 Tim. 4, 14. c. 5, 22. 2 Tim. 1, 6.
Ap. Geſch. 13, 3. Siehe auch c. 6, 6. Nun kan
es gar wohl ſeyn, daß der Apoſtel auf beydes
geſehen habe; wie denn auch beyde Stuͤcke bey
ihrem Unterſcheide in einer gewiſſen Gleichheit
unter einander ſtehen. Denn gleichwie die
Wunder-Gaben auſſerordentlich und von der
Beſchaffenheit waren, daß einige dadurch zum
auſſerordentlichen Lehr-Amte tuͤchtig wur-
den; ſo war die gemeine Beſtellung der oͤffentli-
chen Lehrer etwas ordentliches und beſtaͤndiges
in der Kirche. Und von beyden Stuͤcken waren
die erſten Chriſten zu unterrichten: Wozu ih-
nen nemlich die auſſerordentlichen Gaben
dienen,
und wie ſie dieſelbe anwenden ſolten:
imgleichen wie ſie dabey dennoch der ordentli-
chen Lehrer benoͤthiget waͤren,
und wie ſie
ſich gegen ſie zu verhalten haͤtten: Dabey denn
auch die Lehrer ſelbſt ohne Zweifel ihrer Pflicht
werden erinnert worden ſeyn. Und wenn der
Apoſtel die erſten Chriſten von der Beſchaffen-
heit der auſſerordentlichen Gaben unterrichtet
hat, ſo wird er ſie dabey ohne Zweifel auf ihren
Urſprung und ihren Urheber gefuͤhret haben,
nemlich auf Chriſtum, wie er ſolche in dem Stan-
de ſeiner Erhoͤhung, als eine Frucht ſeines Hin-
gangs zum Vater, durch ſeinen Geiſt mit-
theile.

10. Das fuͤnfte Haupt-Stuͤck wird ge-
ſetzet in der Lehre von der Auferſtehung der
Todten.
Welche zwar den Juden bereits aus
den Schriften des alten Teſtaments, und aus
der uralten Bekenntniß ihrer Kirche bekannt ge-
nug war; jedoch aber eines beſondern Unter-
richts gebrauchte, ſonderlich wegen des groſſen
Unterſcheids, der ſich in der Auferſtehung bey
den Glaͤubigen und Gottloſen befinden wird.
Und mochte die Einſchaͤrfung dieſer Lehre auch
daher ſo viel noͤthiger ſeyn, ſo viel mehr ſich der
Sadducaͤiſche Sauerteig von geleugneter Aufer-
ſtehung der Todten etwa bey der Judiſchen Na-
tion
ausgebreitet hatte, nach Matth. 22, 29.
Ap. Geſ. 23, 6. 8. daß aber dieſe Lehre eine rech-
te Haupt-Lehre ſey, bezeuget Paulus mit meh-
rern 1 Cor. 15.

11. Der ſechſte Punct iſt das ewige Ge-
richt:
mit welchen Worten der Apoſtel eigent-
lich ſiehet auf das allgemeine Welt-Gerichte
GOttes, welches er am juͤngſten Tage halten
wird, gleich nach der Auferſtehung der Todten:
darum dieſe beyde Stuͤcke auch unmittelbar zu-
ſammen ſtehen. Ein ewiges Gericht aber
wird es genennet, nicht in Anſehung der Ge-
richts-Handelung an ſich ſelbſt; ſondern in An-
ſehung des gedoppelten Ausſpruchs, der auf
Seiten der Glaͤubigen und Unglaͤubigen von
ewiger Dauerung ſeyn wird. Und alſo haͤlt
dieſes ſechſte Stuͤck auch die Lehre vom ewigen
Leben
und Tode, oder Verdammniß, mit in
ſich. Und da dieſe Lehre zu dem erſten Anfange
der Chriſtlichen Religion mit gehoͤrete, ſo fuͤh-
rete der Apoſtel auch die Heyden zu Athen dar-
[Spaltenumbruch] auf, und auf die Auferſtehung der Todten Ap.
Geſ. 17, 31. 32. gleichwie aber goͤttliche Wahr-
heiten als eine Kette an einander hangen, daß
eine ohne die uͤbrigen nicht wol gruͤndlich vorge-
tragen werden kan; ſo iſt leichtlich zu erachten,
daß Paulus weder von der Auferſtehung der
Todten, noch vom juͤngſten Gericht geredet ha-
be, ohne der leiblichen Zukunft Chriſti zum
Gericht zu gedencken.

12. Die hinzu geſetzten Worte: und das
wollen wir thun, ſo es GOtt anders zu-
laͤßt,
werden zwar von vielen mit den vorherge-
henden von dem zur Vollkommenheit fah-
ren
verbunden, und alſo verſtanden, als wolte
der Apoſtel damit anzeigen, wie daß er ſolchem
gemachten Vorſatz nachkommen und die glaͤubi-
gen Hebraͤer mit dazu erwecken wolle: allein die-
ſer Verſtand iſt etwas gezwungen. Denn erſt-
lich ſcheinet es nicht noͤthig geweſen zu ſeyn, das-
jenige, was er ſchon kurtz vorher geſaget hatte,
mit dieſen Worten zu wiederhohlen. Und denn
ſo wollen ſich auch die dazu geſetzten Worte von
goͤttlicher Zulaſſung nicht wohl ſchicken, man
mag ſie auch erklaͤren, wie man wolle. Denn
ob gleich dergleichen Redens-Art ſich auch an-
derwaͤrtig findet, als Ap. Geſch. 18, 21. 1 Cor.
4, 19. wir auch von Jacobo c. 4, 15. darauf ge-
fuͤhret werden, daß wir in unſern Handelungen
alle wege in der Gelaſſenheit auf den Willen
und auf die Providentz GOttes ſehen ſollen:
ſo iſt dieſes doch eigentlich nur von ſolchen Ver-
richtungen zu verſtehen, von welchen wir des
Willens GOttes noch nicht gewiß ſind, und
welche wir auch mit gutem Gewiſſen wol unter-
laſſen koͤnnen: nicht aber von ſolchen, welche an
ſich noͤthig ſind, und zur Ordnung des Heyls ge-
hoͤren: wie dieſes iſt, daß man im Chriſtenthum
nicht immer ein junges Kind bleibe, ſondern ſu-
che ein vollkommener Mann in Chriſto zu wer-
den: als davon es ſich nicht wol ſagen laͤßt: ſo
es anders der HErr zulaͤßt;
da dieſes gewiß
der geoffenbarete gute Wille GOttes iſt. Hin-
gegen aber laſſen ſich dieſe Worte gar fuͤglich
davon verſtehen, daß ſich Paulus nach dem
Willen GOttes dasjenige vorbehielte, wovon
er itzo ausfuͤhrlich zu handeln nicht ſo noͤthig fun-
de. Denn ob es gleich unter den Hebraͤern an
ſolchen nicht fehlete, welchen nach c. 5, 12. 13.
auch ſchon damals damit gedienet geweſen waͤ-
re: ſo funde er die Abhandelung der ſchweren
Materien doch noch noͤthiger: er behaͤlt ſich doch
aber jene Tractation ihrer erkannten Nutzbar-
keit wegen noch vor. Sie iſt aber allem Anſe-
hen nach nicht erfolget; zum wenigſten nicht
ſchriftlich; ſonſten ſie die heilige Providentz
GOttes wol wuͤrde haben auf nachfolgende Zei-
ten kommen laſſen: wie ſich denn auch, daß ſie
iemals vorhanden geweſen, keine Spur in der
Antiquitaͤt findet. Was aber ſchriftlich nicht
geſchehen iſt, das iſt wohl ohne Zweifel, und ſo viel
gewiſſer, muͤndlich erfolget; ſo viel gewiſſer es iſt,
daß Paulus nach dieſem aus Jtalien geſchriebe-
nen Briefe, ſeiner darinn im Beſchluſſe gegebnen
Verheiſſung nach, wieder nach Orient gekommen
iſt.

V. 4. 5. 6.
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[308/0310] Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 6. v. 1. 2. 3. geſchahe Ap. Geſ. 8, 17. 18. 19. c. 19, 6. imglei- chen bey der Verordnung zum oͤffentlichen Lehr-Amte 1 Tim. 4, 14. c. 5, 22. 2 Tim. 1, 6. Ap. Geſch. 13, 3. Siehe auch c. 6, 6. Nun kan es gar wohl ſeyn, daß der Apoſtel auf beydes geſehen habe; wie denn auch beyde Stuͤcke bey ihrem Unterſcheide in einer gewiſſen Gleichheit unter einander ſtehen. Denn gleichwie die Wunder-Gaben auſſerordentlich und von der Beſchaffenheit waren, daß einige dadurch zum auſſerordentlichen Lehr-Amte tuͤchtig wur- den; ſo war die gemeine Beſtellung der oͤffentli- chen Lehrer etwas ordentliches und beſtaͤndiges in der Kirche. Und von beyden Stuͤcken waren die erſten Chriſten zu unterrichten: Wozu ih- nen nemlich die auſſerordentlichen Gaben dienen, und wie ſie dieſelbe anwenden ſolten: imgleichen wie ſie dabey dennoch der ordentli- chen Lehrer benoͤthiget waͤren, und wie ſie ſich gegen ſie zu verhalten haͤtten: Dabey denn auch die Lehrer ſelbſt ohne Zweifel ihrer Pflicht werden erinnert worden ſeyn. Und wenn der Apoſtel die erſten Chriſten von der Beſchaffen- heit der auſſerordentlichen Gaben unterrichtet hat, ſo wird er ſie dabey ohne Zweifel auf ihren Urſprung und ihren Urheber gefuͤhret haben, nemlich auf Chriſtum, wie er ſolche in dem Stan- de ſeiner Erhoͤhung, als eine Frucht ſeines Hin- gangs zum Vater, durch ſeinen Geiſt mit- theile. 10. Das fuͤnfte Haupt-Stuͤck wird ge- ſetzet in der Lehre von der Auferſtehung der Todten. Welche zwar den Juden bereits aus den Schriften des alten Teſtaments, und aus der uralten Bekenntniß ihrer Kirche bekannt ge- nug war; jedoch aber eines beſondern Unter- richts gebrauchte, ſonderlich wegen des groſſen Unterſcheids, der ſich in der Auferſtehung bey den Glaͤubigen und Gottloſen befinden wird. Und mochte die Einſchaͤrfung dieſer Lehre auch daher ſo viel noͤthiger ſeyn, ſo viel mehr ſich der Sadducaͤiſche Sauerteig von geleugneter Aufer- ſtehung der Todten etwa bey der Judiſchen Na- tion ausgebreitet hatte, nach Matth. 22, 29. Ap. Geſ. 23, 6. 8. daß aber dieſe Lehre eine rech- te Haupt-Lehre ſey, bezeuget Paulus mit meh- rern 1 Cor. 15. 11. Der ſechſte Punct iſt das ewige Ge- richt: mit welchen Worten der Apoſtel eigent- lich ſiehet auf das allgemeine Welt-Gerichte GOttes, welches er am juͤngſten Tage halten wird, gleich nach der Auferſtehung der Todten: darum dieſe beyde Stuͤcke auch unmittelbar zu- ſammen ſtehen. Ein ewiges Gericht aber wird es genennet, nicht in Anſehung der Ge- richts-Handelung an ſich ſelbſt; ſondern in An- ſehung des gedoppelten Ausſpruchs, der auf Seiten der Glaͤubigen und Unglaͤubigen von ewiger Dauerung ſeyn wird. Und alſo haͤlt dieſes ſechſte Stuͤck auch die Lehre vom ewigen Leben und Tode, oder Verdammniß, mit in ſich. Und da dieſe Lehre zu dem erſten Anfange der Chriſtlichen Religion mit gehoͤrete, ſo fuͤh- rete der Apoſtel auch die Heyden zu Athen dar- auf, und auf die Auferſtehung der Todten Ap. Geſ. 17, 31. 32. gleichwie aber goͤttliche Wahr- heiten als eine Kette an einander hangen, daß eine ohne die uͤbrigen nicht wol gruͤndlich vorge- tragen werden kan; ſo iſt leichtlich zu erachten, daß Paulus weder von der Auferſtehung der Todten, noch vom juͤngſten Gericht geredet ha- be, ohne der leiblichen Zukunft Chriſti zum Gericht zu gedencken. 12. Die hinzu geſetzten Worte: und das wollen wir thun, ſo es GOtt anders zu- laͤßt, werden zwar von vielen mit den vorherge- henden von dem zur Vollkommenheit fah- ren verbunden, und alſo verſtanden, als wolte der Apoſtel damit anzeigen, wie daß er ſolchem gemachten Vorſatz nachkommen und die glaͤubi- gen Hebraͤer mit dazu erwecken wolle: allein die- ſer Verſtand iſt etwas gezwungen. Denn erſt- lich ſcheinet es nicht noͤthig geweſen zu ſeyn, das- jenige, was er ſchon kurtz vorher geſaget hatte, mit dieſen Worten zu wiederhohlen. Und denn ſo wollen ſich auch die dazu geſetzten Worte von goͤttlicher Zulaſſung nicht wohl ſchicken, man mag ſie auch erklaͤren, wie man wolle. Denn ob gleich dergleichen Redens-Art ſich auch an- derwaͤrtig findet, als Ap. Geſch. 18, 21. 1 Cor. 4, 19. wir auch von Jacobo c. 4, 15. darauf ge- fuͤhret werden, daß wir in unſern Handelungen alle wege in der Gelaſſenheit auf den Willen und auf die Providentz GOttes ſehen ſollen: ſo iſt dieſes doch eigentlich nur von ſolchen Ver- richtungen zu verſtehen, von welchen wir des Willens GOttes noch nicht gewiß ſind, und welche wir auch mit gutem Gewiſſen wol unter- laſſen koͤnnen: nicht aber von ſolchen, welche an ſich noͤthig ſind, und zur Ordnung des Heyls ge- hoͤren: wie dieſes iſt, daß man im Chriſtenthum nicht immer ein junges Kind bleibe, ſondern ſu- che ein vollkommener Mann in Chriſto zu wer- den: als davon es ſich nicht wol ſagen laͤßt: ſo es anders der HErr zulaͤßt; da dieſes gewiß der geoffenbarete gute Wille GOttes iſt. Hin- gegen aber laſſen ſich dieſe Worte gar fuͤglich davon verſtehen, daß ſich Paulus nach dem Willen GOttes dasjenige vorbehielte, wovon er itzo ausfuͤhrlich zu handeln nicht ſo noͤthig fun- de. Denn ob es gleich unter den Hebraͤern an ſolchen nicht fehlete, welchen nach c. 5, 12. 13. auch ſchon damals damit gedienet geweſen waͤ- re: ſo funde er die Abhandelung der ſchweren Materien doch noch noͤthiger: er behaͤlt ſich doch aber jene Tractation ihrer erkannten Nutzbar- keit wegen noch vor. Sie iſt aber allem Anſe- hen nach nicht erfolget; zum wenigſten nicht ſchriftlich; ſonſten ſie die heilige Providentz GOttes wol wuͤrde haben auf nachfolgende Zei- ten kommen laſſen: wie ſich denn auch, daß ſie iemals vorhanden geweſen, keine Spur in der Antiquitaͤt findet. Was aber ſchriftlich nicht geſchehen iſt, das iſt wohl ohne Zweifel, und ſo viel gewiſſer, muͤndlich erfolget; ſo viel gewiſſer es iſt, daß Paulus nach dieſem aus Jtalien geſchriebe- nen Briefe, ſeiner darinn im Beſchluſſe gegebnen Verheiſſung nach, wieder nach Orient gekommen iſt. V. 4. 5. 6.

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/310>, abgerufen am 27.11.2024.