[Spaltenumbruch]
sainesthai, daß nicht iemand sich hin und her be- wegen und irre machen lasse) in diesem Trüb- sal, (wie von mancher Art also auch von mehrer, als einer, Zeit: da ihr bald zur rechten, bald zur lincken angefochten, und gesichtet werdet.) Denn ihr (autoi ihr selbst) wisset (es aus unserer mündlichen Vorstellung und eignen Erfahrung) daß wir dazu gesetzet sind, (daß es unser Be- ruf zum Reiche GOttes, und darinn die Ord- nung des Heyls, also mit sich bringet, daß wir nemlich Christo zuvorderst im Leiden ähnlich werden müssen, wenn wir mit ihm, oder zu ihm in die Herrlichkeit eingehen wollen.) Siehe auch Eph. 3, 13.
Anmerckungen.
1. Aeußerliche Trübsalen können einem zur Stärckung und Bevestigung und auch zur Schwächung, ja zur Abweichung, gereichen, nach dem man sie annimmt und anwendet. Darum man die Ungeübten davon wohl zu unterrichten hat.
2. Die Worte; daß nicht jemand u. s. w. haben diesen Lehr-Satz in sich; Man muß durch Trübsalen bey dem Evangelio sich nicht weich oder irre machen lassen. Die- ses siehet man daraus, das Paulus dazu diese Worte, als einen Beweis, hinzu setzet: Denn ihr wisset, daß wir dazu gesetzet sind.
3. Dieses Setzen gehet auf die Heyls-Ord- nung. Diese aber kan daher nicht ohne Creutz seyn, weil sich die wenigsten Menschen in dieselbe bringen lassen, sondern unbekehret bleiben, und daher die wahrhaftig Bekehrten, durch deren wo nicht Worte, doch gantzen Wandel, sie be- ständig bestrafet werden, hassen und verfolgen. Da nun die Heyls-Ordnung es erfodert, daß die, welch sich bekehren, den vorigen Welt-Sinn verleugnen, und mit den Unbekehrten es nicht mehr so mit machen, wie vor dem; so bringet sie solchergestalt das Creutz mit sich. Dabey denn die göttliche Vorsehung und Regierung so viel- mehr concurriret, so vielmehr solche Leiden den Gläubigen zum besten dienen, und in ihnen son- derlich die Verleugnung ihrer selbst, und die Sanftmuth und Demuth ihres Hertzens befor- dern, sie auch dem Bilde Christi gleichförmig machen: wie sie denn zu seiner Nachfolge im Lei- den berufen sind. 1 Pet. 2, 21. u. s. w. Rom. 3, 29. Warum erwürgete er ihn, der Cain den Abel, fraget Johannes Epist. 1, c. 3, 12. und antwortet: Daß seine Wercke böse waren und seines Bruders gerecht. Und Petrus Ep. 1. c. 4. v. 4. schreibet: Das befremdet sie, daß ihr nicht mit ihnen laufet in das wüste unordentliche Wesen und Lästern.
V. 4.
Und da wir bey euch waren, (und ehe die Trübsalen noch angingen) sagten wirs euch zuvor, (um euch so vielmehr dazu zu be- reiten und euch gegen das Aergerniß am Creutze Christi zu verwahren) wir wurden Trübsal haben müssen, wie denn auch geschehen ist, und ihr wisset.
[Spaltenumbruch]
Anmerckungen.
1. Man muß ja das wahre Leiden um Christi und um der Gottseligkeit willen mit den gemeinen natürlichen Leiden, welche den Frommen und Gottlosen ohne Unterscheid be- gegnen, nicht confundiren: wie gemeiniglich ge- schiehet. Vielweniger hat man die selbstgemach- ten Leiden mit dahin zu rechnen.
2. Ehe der Mensch das Geheimniß des Creutzes recht einsiehet, ärgert er sich daran, und meinet, daß, wenn man recht thut, es einem auch äußerlich dabey und daher wohl gehen müß- te. Dannenhero ist es gut, daß man Anfänger im Christenthum wider solches Aergerniß mit gutem Unterricht bey Zeiten wohl verwahre.
3. Ob man auch gleich mitten in der Christ- chen, ja Evangelischen Kirche sich befindet, und man meinen solte, man würde solchergestalt von der Gemeinschaft an den Leiden Christi frey seyn, da man sie weder von den Heyden, noch von den Juden zu befürchten hat, wie damal zu Thessalonich und anderer Orten: so fehlet es doch daran niemal; sintemal gemeiniglich fast zu allen Zeiten und allenthalben der grösseste Haufe unbekehret ist, und daher nach dem Sin- ne des Fleisches, in einer grossen Antipathie und Widrigkeit gegen die wahren Knechte und Kin- der GOttes stehet. Und also heißt es auch al- hie, was Paulus schreibet Gal. 4, 19. Gleich- wie zu der Zeit (Jsmaels und Jsaacs) der nach dem Fleisch gebohren war, verfolgte den, der nach dem Geist gebohren war, also ge- het es itzt auch. Ja es haben die Rechtschaf- nen oft mehr von den falschen Glaubens-Genos- sen auszustehen gehabt, und haben es noch, als jene oftmal von den Heyden und Jüden. Die Kirchen-Historie und die tägliche Erfahrung leh- ret es überflüßig. Wie es im Pabstthum den Zeugen der Wahrheit gehe, ist bekannt. Und o daß es daran in unserer Evangelischen Kirche feh- lete! Es fange einer nur an, die Welt und ihre Kinder mit allen ihren Thorheiten und sündli- chen Gewohnheiten zu verleugnen und sich des unnöthigen und dabey eitlen Umgangs mit ihnen zu begeben, und verfuche es, ob er nicht bald wird darüber, wo nicht sonst verfolget, doch gehasset und verlästert werden; und zwar sonderlich von fleischlich gesinneten Lehrern selbst: als welche nichts ungerner leiden können, als daß einer frömmer ist, als sie selbst sind, und daher auch manche von ihren ihnen gleich gesinneten Zuhö- rern zu allerhand Versündigung mit sich pflegen außubringen. Paulus hat demnach grosse Ur- sache gehabt, die ersten und noch zarten Milch- Christen wider das Aergerniß am Creutze Chri- sti zu verwahren. Wie er auch sonst allewege gethan hat. Man sehe unter andern Ap. Gesch. 14, 22. da, als er die Länder Asiens durchrei- set, in den gepflantzten Christlichen Gemeinen er dieses eine rechte Haupt-Lehre mit seyn ließ: Daß wir durch viel Trübsal müßten ins Reich GOttes gehen. Welche Lehre er auch
in
C 3
Cap. 3. v. 3. 4. an die Theſſalonicher.
[Spaltenumbruch]
σάινεσθαι, daß nicht iemand ſich hin und her be- wegen und irre machen laſſe) in dieſem Truͤb- ſal, (wie von mancher Art alſo auch von mehrer, als einer, Zeit: da ihr bald zur rechten, bald zur lincken angefochten, und geſichtet werdet.) Denn ihr (ἀυτοὶ ihr ſelbſt) wiſſet (es aus unſerer muͤndlichen Vorſtellung und eignen Erfahrung) daß wir dazu geſetzet ſind, (daß es unſer Be- ruf zum Reiche GOttes, und darinn die Ord- nung des Heyls, alſo mit ſich bringet, daß wir nemlich Chriſto zuvorderſt im Leiden aͤhnlich werden muͤſſen, wenn wir mit ihm, oder zu ihm in die Herrlichkeit eingehen wollen.) Siehe auch Eph. 3, 13.
Anmerckungen.
1. Aeußerliche Truͤbſalen koͤnnen einem zur Staͤrckung und Beveſtigung und auch zur Schwaͤchung, ja zur Abweichung, gereichen, nach dem man ſie annimmt und anwendet. Darum man die Ungeuͤbten davon wohl zu unterrichten hat.
2. Die Worte; daß nicht jemand u. ſ. w. haben dieſen Lehr-Satz in ſich; Man muß durch Truͤbſalen bey dem Evangelio ſich nicht weich oder irre machen laſſen. Die- ſes ſiehet man daraus, das Paulus dazu dieſe Worte, als einen Beweis, hinzu ſetzet: Denn ihr wiſſet, daß wir dazu geſetzet ſind.
3. Dieſes Setzen gehet auf die Heyls-Ord- nung. Dieſe aber kan daher nicht ohne Creutz ſeyn, weil ſich die wenigſten Menſchen in dieſelbe bringen laſſen, ſondern unbekehret bleiben, und daher die wahrhaftig Bekehrten, durch deren wo nicht Worte, doch gantzen Wandel, ſie be- ſtaͤndig beſtrafet werden, haſſen und verfolgen. Da nun die Heyls-Ordnung es erfodert, daß die, welch ſich bekehren, den vorigen Welt-Sinn verleugnen, und mit den Unbekehrten es nicht mehr ſo mit machen, wie vor dem; ſo bringet ſie ſolchergeſtalt das Creutz mit ſich. Dabey denn die goͤttliche Vorſehung und Regierung ſo viel- mehr concurriret, ſo vielmehr ſolche Leiden den Glaͤubigen zum beſten dienen, und in ihnen ſon- derlich die Verleugnung ihrer ſelbſt, und die Sanftmuth und Demuth ihres Hertzens befor- dern, ſie auch dem Bilde Chriſti gleichfoͤrmig machen: wie ſie denn zu ſeiner Nachfolge im Lei- den berufen ſind. 1 Pet. 2, 21. u. ſ. w. Rom. 3, 29. Warum erwuͤrgete er ihn, der Cain den Abel, fraget Johannes Epiſt. 1, c. 3, 12. und antwortet: Daß ſeine Wercke boͤſe waren und ſeines Bruders gerecht. Und Petrus Ep. 1. c. 4. v. 4. ſchreibet: Das befremdet ſie, daß ihr nicht mit ihnen laufet in das wuͤſte unordentliche Weſen und Laͤſtern.
V. 4.
Und da wir bey euch waren, (und ehe die Truͤbſalen noch angingen) ſagten wirs euch zuvor, (um euch ſo vielmehr dazu zu be- reiten und euch gegen das Aergerniß am Creutze Chriſti zu verwahren) wir wůrden Truͤbſal haben muͤſſen, wie denn auch geſchehen iſt, und ihr wiſſet.
[Spaltenumbruch]
Anmerckungen.
1. Man muß ja das wahre Leiden um Chriſti und um der Gottſeligkeit willen mit den gemeinen natuͤrlichen Leiden, welche den Frommen und Gottloſen ohne Unterſcheid be- gegnen, nicht confundiren: wie gemeiniglich ge- ſchiehet. Vielweniger hat man die ſelbſtgemach- ten Leiden mit dahin zu rechnen.
2. Ehe der Menſch das Geheimniß des Creutzes recht einſiehet, aͤrgert er ſich daran, und meinet, daß, wenn man recht thut, es einem auch aͤußerlich dabey und daher wohl gehen muͤß- te. Dannenhero iſt es gut, daß man Anfaͤnger im Chriſtenthum wider ſolches Aergerniß mit gutem Unterricht bey Zeiten wohl verwahre.
3. Ob man auch gleich mitten in der Chriſt- chen, ja Evangeliſchen Kirche ſich befindet, und man meinen ſolte, man wuͤrde ſolchergeſtalt von der Gemeinſchaft an den Leiden Chriſti frey ſeyn, da man ſie weder von den Heyden, noch von den Juden zu befuͤrchten hat, wie damal zu Theſſalonich und anderer Orten: ſo fehlet es doch daran niemal; ſintemal gemeiniglich faſt zu allen Zeiten und allenthalben der groͤſſeſte Haufe unbekehret iſt, und daher nach dem Sin- ne des Fleiſches, in einer groſſen Antipathie und Widrigkeit gegen die wahren Knechte und Kin- der GOttes ſtehet. Und alſo heißt es auch al- hie, was Paulus ſchreibet Gal. 4, 19. Gleich- wie zu der Zeit (Jſmaels und Jſaacs) der nach dem Fleiſch gebohren war, verfolgte den, der nach dem Geiſt gebohren war, alſo ge- het es itzt auch. Ja es haben die Rechtſchaf- nen oft mehr von den falſchen Glaubens-Genoſ- ſen auszuſtehen gehabt, und haben es noch, als jene oftmal von den Heyden und Juͤden. Die Kirchen-Hiſtorie und die taͤgliche Erfahrung leh- ret es uͤberfluͤßig. Wie es im Pabſtthum den Zeugen der Wahrheit gehe, iſt bekannt. Und o daß es daran in unſerer Evangeliſchen Kirche feh- lete! Es fange einer nur an, die Welt und ihre Kinder mit allen ihren Thorheiten und ſuͤndli- chen Gewohnheiten zu verleugnen und ſich des unnoͤthigen und dabey eitlen Umgangs mit ihnen zu begeben, und verfuche es, ob er nicht bald wird daruͤber, wo nicht ſonſt verfolget, doch gehaſſet und verlaͤſtert werden; und zwar ſonderlich von fleiſchlich geſinneten Lehrern ſelbſt: als welche nichts ungerner leiden koͤnnen, als daß einer froͤmmer iſt, als ſie ſelbſt ſind, und daher auch manche von ihren ihnen gleich geſinneten Zuhoͤ- rern zu allerhand Verſuͤndigung mit ſich pflegen auſzubringen. Paulus hat demnach groſſe Ur- ſache gehabt, die erſten und noch zarten Milch- Chriſten wider das Aergerniß am Creutze Chri- ſti zu verwahren. Wie er auch ſonſt allewege gethan hat. Man ſehe unter andern Ap. Geſch. 14, 22. da, als er die Laͤnder Aſiens durchrei- ſet, in den gepflantzten Chriſtlichen Gemeinen er dieſes eine rechte Haupt-Lehre mit ſeyn ließ: Daß wir durch viel Truͤbſal muͤßten ins Reich GOttes gehen. Welche Lehre er auch
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C 3
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[21/0023]
Cap. 3. v. 3. 4. an die Theſſalonicher.
σάινεσθαι, daß nicht iemand ſich hin und her be-
wegen und irre machen laſſe) in dieſem Truͤb-
ſal, (wie von mancher Art alſo auch von mehrer,
als einer, Zeit: da ihr bald zur rechten, bald zur
lincken angefochten, und geſichtet werdet.) Denn
ihr (ἀυτοὶ ihr ſelbſt) wiſſet (es aus unſerer
muͤndlichen Vorſtellung und eignen Erfahrung)
daß wir dazu geſetzet ſind, (daß es unſer Be-
ruf zum Reiche GOttes, und darinn die Ord-
nung des Heyls, alſo mit ſich bringet, daß wir
nemlich Chriſto zuvorderſt im Leiden aͤhnlich
werden muͤſſen, wenn wir mit ihm, oder zu ihm
in die Herrlichkeit eingehen wollen.) Siehe auch
Eph. 3, 13.
Anmerckungen.
1. Aeußerliche Truͤbſalen koͤnnen einem zur
Staͤrckung und Beveſtigung und auch zur
Schwaͤchung, ja zur Abweichung, gereichen, nach
dem man ſie annimmt und anwendet. Darum
man die Ungeuͤbten davon wohl zu unterrichten
hat.
2. Die Worte; daß nicht jemand u. ſ.
w. haben dieſen Lehr-Satz in ſich; Man muß
durch Truͤbſalen bey dem Evangelio ſich
nicht weich oder irre machen laſſen. Die-
ſes ſiehet man daraus, das Paulus dazu dieſe
Worte, als einen Beweis, hinzu ſetzet: Denn
ihr wiſſet, daß wir dazu geſetzet ſind.
3. Dieſes Setzen gehet auf die Heyls-Ord-
nung. Dieſe aber kan daher nicht ohne Creutz
ſeyn, weil ſich die wenigſten Menſchen in dieſelbe
bringen laſſen, ſondern unbekehret bleiben, und
daher die wahrhaftig Bekehrten, durch deren
wo nicht Worte, doch gantzen Wandel, ſie be-
ſtaͤndig beſtrafet werden, haſſen und verfolgen.
Da nun die Heyls-Ordnung es erfodert, daß die,
welch ſich bekehren, den vorigen Welt-Sinn
verleugnen, und mit den Unbekehrten es nicht
mehr ſo mit machen, wie vor dem; ſo bringet
ſie ſolchergeſtalt das Creutz mit ſich. Dabey denn
die goͤttliche Vorſehung und Regierung ſo viel-
mehr concurriret, ſo vielmehr ſolche Leiden den
Glaͤubigen zum beſten dienen, und in ihnen ſon-
derlich die Verleugnung ihrer ſelbſt, und die
Sanftmuth und Demuth ihres Hertzens befor-
dern, ſie auch dem Bilde Chriſti gleichfoͤrmig
machen: wie ſie denn zu ſeiner Nachfolge im Lei-
den berufen ſind. 1 Pet. 2, 21. u. ſ. w. Rom. 3,
29. Warum erwuͤrgete er ihn, der Cain
den Abel, fraget Johannes Epiſt. 1, c. 3, 12. und
antwortet: Daß ſeine Wercke boͤſe waren
und ſeines Bruders gerecht. Und Petrus
Ep. 1. c. 4. v. 4. ſchreibet: Das befremdet ſie,
daß ihr nicht mit ihnen laufet in das wuͤſte
unordentliche Weſen und Laͤſtern.
V. 4.
Und da wir bey euch waren, (und ehe
die Truͤbſalen noch angingen) ſagten wirs
euch zuvor, (um euch ſo vielmehr dazu zu be-
reiten und euch gegen das Aergerniß am Creutze
Chriſti zu verwahren) wir wůrden Truͤbſal
haben muͤſſen, wie denn auch geſchehen iſt,
und ihr wiſſet.
Anmerckungen.
1. Man muß ja das wahre Leiden um
Chriſti und um der Gottſeligkeit willen mit den
gemeinen natuͤrlichen Leiden, welche den
Frommen und Gottloſen ohne Unterſcheid be-
gegnen, nicht confundiren: wie gemeiniglich ge-
ſchiehet. Vielweniger hat man die ſelbſtgemach-
ten Leiden mit dahin zu rechnen.
2. Ehe der Menſch das Geheimniß des
Creutzes recht einſiehet, aͤrgert er ſich daran, und
meinet, daß, wenn man recht thut, es einem
auch aͤußerlich dabey und daher wohl gehen muͤß-
te. Dannenhero iſt es gut, daß man Anfaͤnger
im Chriſtenthum wider ſolches Aergerniß mit
gutem Unterricht bey Zeiten wohl verwahre.
3. Ob man auch gleich mitten in der Chriſt-
chen, ja Evangeliſchen Kirche ſich befindet, und
man meinen ſolte, man wuͤrde ſolchergeſtalt von
der Gemeinſchaft an den Leiden Chriſti frey
ſeyn, da man ſie weder von den Heyden, noch
von den Juden zu befuͤrchten hat, wie damal zu
Theſſalonich und anderer Orten: ſo fehlet es
doch daran niemal; ſintemal gemeiniglich faſt
zu allen Zeiten und allenthalben der groͤſſeſte
Haufe unbekehret iſt, und daher nach dem Sin-
ne des Fleiſches, in einer groſſen Antipathie und
Widrigkeit gegen die wahren Knechte und Kin-
der GOttes ſtehet. Und alſo heißt es auch al-
hie, was Paulus ſchreibet Gal. 4, 19. Gleich-
wie zu der Zeit (Jſmaels und Jſaacs) der nach
dem Fleiſch gebohren war, verfolgte den,
der nach dem Geiſt gebohren war, alſo ge-
het es itzt auch. Ja es haben die Rechtſchaf-
nen oft mehr von den falſchen Glaubens-Genoſ-
ſen auszuſtehen gehabt, und haben es noch, als
jene oftmal von den Heyden und Juͤden. Die
Kirchen-Hiſtorie und die taͤgliche Erfahrung leh-
ret es uͤberfluͤßig. Wie es im Pabſtthum den
Zeugen der Wahrheit gehe, iſt bekannt. Und o
daß es daran in unſerer Evangeliſchen Kirche feh-
lete! Es fange einer nur an, die Welt und ihre
Kinder mit allen ihren Thorheiten und ſuͤndli-
chen Gewohnheiten zu verleugnen und ſich des
unnoͤthigen und dabey eitlen Umgangs mit ihnen
zu begeben, und verfuche es, ob er nicht bald wird
daruͤber, wo nicht ſonſt verfolget, doch gehaſſet
und verlaͤſtert werden; und zwar ſonderlich von
fleiſchlich geſinneten Lehrern ſelbſt: als welche
nichts ungerner leiden koͤnnen, als daß einer
froͤmmer iſt, als ſie ſelbſt ſind, und daher auch
manche von ihren ihnen gleich geſinneten Zuhoͤ-
rern zu allerhand Verſuͤndigung mit ſich pflegen
auſzubringen. Paulus hat demnach groſſe Ur-
ſache gehabt, die erſten und noch zarten Milch-
Chriſten wider das Aergerniß am Creutze Chri-
ſti zu verwahren. Wie er auch ſonſt allewege
gethan hat. Man ſehe unter andern Ap. Geſch.
14, 22. da, als er die Laͤnder Aſiens durchrei-
ſet, in den gepflantzten Chriſtlichen Gemeinen er
dieſes eine rechte Haupt-Lehre mit ſeyn ließ:
Daß wir durch viel Truͤbſal muͤßten ins
Reich GOttes gehen. Welche Lehre er auch
in
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/23>, abgerufen am 27.07.2024.
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