Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. 4. v. 3. 4. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] wärtigen Zeit die Rede ist) da sie (die ausgear-
teten Zuhörer) die heylsame Lehre (ugiainou'-
ses didaskalias, die reine, gesunde und ge-
sundmachende Lehre, die nebst dem Unterricht
eine überzeugende Bestrafung, Warnung und
Ermahnung in sich hält, nach V. 2. und C. 3, 16.)
nicht leiden (so gar nicht annehmen, daß sie die-
selbe auch nicht einmal ertragen) werden (weil
sie in ihren Sünden ungestrafet bleiben und unge-
hindert fortfahren wollen) sondern nach ihren
eigenen Lüsten werden sie ihnen Lehrer

mit sehr schändlichem Mißbrauch ihres Rechts
und ihrer Freyheit, welche sie haben zur Erweh-
lung der Lehrer) selbst Lehrer aufladen (epi-
soreusousi, zusammen häufen, einen nach dem an-
dern erwehlen, obgleich nicht zu einer Zeit, son-
dern von Zeit zu Zeit, also daß immer ein Wolf
und ein Mietling dem andern im Amte folget, und
manche Gemeine wol bey etlicher Menschen Den-
cken oder Leben hindurch keinen getreuen Hirten
haben wird) nachdem ihnen die Ohren jücken
(welche sie in ihren Sünden nicht ernstlich zur
Uberzeugung bestrafen, sondern ihnen liebkosen,
heucheln und schmeicheln, und in ihrem Sün-
den-Schlafe, nach Art der alten falschen Prophe-
ten, durch ihre falsche Trost-Predigten gleichsam
Küssen unter die Arme legen, und die heßliche
Wand des Volcks mit losem Kalcke tünchen;
sich auch einer solchen Art des Vortrages, der
Röm. 16, 18. khrestologia und eulogia heißt, be-
dienen, und damit nur bie Ohren eiteler Menschen
also belustigen, daß sie keine andere, als nur solche
lose Kunst- und Dunst-Prediger hören wollen.)
V. 4. Und werden (nach den schon abgekehr-
ten Hertzen auch) die Ohren von der (sie in
ihrem Sündendienste beunruhigenden) Wahr-
heit wenden
(und also bezeugen, daß sie sind
unbeschnitten an Hertzen und Ohren Ap. Gesch.
7, 51.) und sich zu den Fabeln (zu solchem lo-
sen Geschwätze von göttlichen Dingen, welche
den Fabeln gleich sind) kehren (und nach der
Corruption ihres Gemüths an solchen Träbern
ihre Weide suchen. Siehe 1 Tim. 1, 4. c. 4, 7.
Tit. 1, 14. 2 Pet. 1, 16.)

Anmerckungen.

1. Was der Apostel damals vorhergesaget,
ist schon von so vielen hundert Jahren her häufig
eingetroffen; in Ansehung der Lehrer und Zuhö-
rer. Denn von offenbar ketzerischen oder Grund-
stürtzenden Lehren, auch Lehrern und ihren An-
hängern nicht zu sagen, so hat es auch leider in sol-
chen Kirch-Gemeinen, welche eine an sich richti-
ge Confession haben, noch nie an vielen solchen
Lehrern gefehlet, die nicht aus GOtt geboren, und
gesalbet, sondern gar fleischlich gesinnet sind, und
nicht was Christi JEsu ist, sondern nur sich selbst
suchen und weiden; und die zu diesem Zweck bey
den in grosser geistlichen Corruption liegenden
Gemeinen ihren Vortrag und ihr gantzes Amt
einrichten, und wie eines theils den Rath GOt-
tes von unserer Seligkeit nicht einmal recht buch-
stäblich, geschweige geistlich und lebendig erken-
nen, also auch andern theils, was sie noch dem
Buchstaben noch wissen, auf eine so kaltsinnige,
[Spaltenumbruch] leblose, unlautere und verkehrte Art vortragen
und appliciren, als der verderbte Zustand ihrer
Seelen und ihr unlauterer Zweck es mit sich brin-
get. Und was ist denn in äusserster Blindheit und
Corruption liegenden Zuhörern angenehmer,
als ein solcher Lehrer, von dem sie in ihrem Sün-
den-Schlafe so gar ungestöret bleiben, oder doch,
wenn sie etwan zu weilen durch gewisse Wahr-
heiten einiger massen erwecket sind, durch unheili-
ge und falsche Tröstungen bald wieder eingeschlä-
fert werden? Gewiß das Verderben ist dißfals
bey Lehrern und Zuhörern so groß, daß, wer es nur
einiger massen erkennet und erweget, in einen
recht innigen und wehmüthigen Jammer darüber
gesetzet wird.

2. Ein besonderer Character solcher bösen
Hirten ist vor andern dieses, daß sie die Christliche
oder durch Christum erworbene Freyheit appli-
cir
en auf alle solche Frechheit und Eitelkeit des Flei-
sches, welche im Spielen, im Tantzen, im Co-
moediant
en-Wesen, in eitelen Gastereyen und
andern Lusthandlungen auf eine solche Mittel-
Strasse führen, da man sich eines theils von der
Verleugnung solcher Dinge, andern theils aber
von gröbern Excessen enthält, und auf einige
Mäßigung aller herrschenden Welt-Lust gehet;
und denn einen solchen Sünden-Dienst für in-
different
oder für Mitteldinge ausgiebet, und
sich nicht scheuet öffentlich in Predigten, ja auch
in Schriften vorzugeben, daß solches alles mit dem
Christenthum gar wohl bestehen könne und ein
Stück der christlichen Freyheit sey. Und da nun
Zuhörer von Natur solche Lüstlinge sind, welche
in solchen sündlichen Dingen ihre Weide und
Freude haben, so ist es nicht zu verwundern, daß
sie sich solche Lust-Prediger aufladen, und mit
jückenden Ohren zur Kirche kommen, und denn
gerne wollen gekrauet seyn, wo nicht mit einem
solchen fleischlichen, doch sonst geschmünckten, ge-
kräuselten und gekünstelten Vortrage: siehe
Röm. 16, 18. und 1 Cor. 2, 1. u. s. alwo Paulus
die nach eiteler menschlicher Weisheit, welche
nur lauter Thorheit vor GOtt ist, eingerichtete
versührische khrestologian und enlogian gar nach-
drücklich verwirft.

3. Und mit diesem Charactere ist aufs ge-
naueste, als eine Frucht mit dem Baum, verknü-
pfet derjenige Character fleischlicher Lehrer und
Zuhörer, welchen Paulus in gegenwärtigen Text-
Worten darinnen setzet, daß sie die heilsame Lehre
nicht leiden können und die Ohren von der Wahr-
heit abwenden, nachdem sie das Gemüth davon
abgewandt haben. Denn gleichwie sie eines
theils an einem unlautern Theologischen Ge-
schwätz, oder an einem solchen Vortrage, dadurch
sie in ihrem fleischlichen Sinne nur gestärcket wer-
den, hangen: also beschuldigen sie der rechtschaf-
nen Knechte GOttes ihre Lehre und Predigten,
wenn sie auch gleich noch so lauter und richtig
sind, eines vielfachen unb gefährlichen Jrrthums;
aus keinem andern Grunde, als weil ihr ungöttli-
ches Wesen mit ihren eigenen Jrrthümern damit
nicht bestehen kan, sondern dadurch entdecket und
in ihrem Gewissen bestrafet wird. Welches ih-

nen
Z 3

Cap. 4. v. 3. 4. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] waͤrtigen Zeit die Rede iſt) da ſie (die ausgear-
teten Zuhoͤrer) die heylſame Lehre (ὑγιαινου´-
σης διδασκαλίας, die reine, geſunde und ge-
ſundmachende Lehre, die nebſt dem Unterricht
eine uͤberzeugende Beſtrafung, Warnung und
Ermahnung in ſich haͤlt, nach V. 2. und C. 3, 16.)
nicht leiden (ſo gar nicht annehmen, daß ſie die-
ſelbe auch nicht einmal ertragen) werden (weil
ſie in ihren Suͤnden ungeſtrafet bleiben und unge-
hindert fortfahren wollen) ſondern nach ihren
eigenen Luͤſten werden ſie ihnen Lehrer

mit ſehr ſchaͤndlichem Mißbrauch ihres Rechts
und ihrer Freyheit, welche ſie haben zur Erweh-
lung der Lehrer) ſelbſt Lehrer aufladen (ἐπι-
σωρέυσουσι, zuſammen haͤufen, einen nach dem an-
dern erwehlen, obgleich nicht zu einer Zeit, ſon-
dern von Zeit zu Zeit, alſo daß immer ein Wolf
und ein Mietling dem andern im Amte folget, und
manche Gemeine wol bey etlicher Menſchen Den-
cken oder Leben hindurch keinen getreuen Hirten
haben wird) nachdem ihnen die Ohren juͤcken
(welche ſie in ihren Suͤnden nicht ernſtlich zur
Uberzeugung beſtrafen, ſondern ihnen liebkoſen,
heucheln und ſchmeicheln, und in ihrem Suͤn-
den-Schlafe, nach Art der alten falſchen Prophe-
ten, durch ihre falſche Troſt-Predigten gleichſam
Kuͤſſen unter die Arme legen, und die heßliche
Wand des Volcks mit loſem Kalcke tuͤnchen;
ſich auch einer ſolchen Art des Vortrages, der
Roͤm. 16, 18. χρηστολογία und ἐυλογία heißt, be-
dienen, und damit nur bie Ohren eiteler Menſchen
alſo beluſtigen, daß ſie keine andere, als nur ſolche
loſe Kunſt- und Dunſt-Prediger hoͤren wollen.)
V. 4. Und werden (nach den ſchon abgekehr-
ten Hertzen auch) die Ohren von der (ſie in
ihrem Suͤndendienſte beunruhigenden) Wahr-
heit wenden
(und alſo bezeugen, daß ſie ſind
unbeſchnitten an Hertzen und Ohren Ap. Geſch.
7, 51.) und ſich zu den Fabeln (zu ſolchem lo-
ſen Geſchwaͤtze von goͤttlichen Dingen, welche
den Fabeln gleich ſind) kehren (und nach der
Corruption ihres Gemuͤths an ſolchen Traͤbern
ihre Weide ſuchen. Siehe 1 Tim. 1, 4. c. 4, 7.
Tit. 1, 14. 2 Pet. 1, 16.)

Anmerckungen.

1. Was der Apoſtel damals vorhergeſaget,
iſt ſchon von ſo vielen hundert Jahren her haͤufig
eingetroffen; in Anſehung der Lehrer und Zuhoͤ-
rer. Denn von offenbar ketzeriſchen oder Grund-
ſtuͤrtzenden Lehren, auch Lehrern und ihren An-
haͤngern nicht zu ſagen, ſo hat es auch leider in ſol-
chen Kirch-Gemeinen, welche eine an ſich richti-
ge Confeſſion haben, noch nie an vielen ſolchen
Lehrern gefehlet, die nicht aus GOtt geboren, und
geſalbet, ſondern gar fleiſchlich geſinnet ſind, und
nicht was Chriſti JEſu iſt, ſondern nur ſich ſelbſt
ſuchen und weiden; und die zu dieſem Zweck bey
den in groſſer geiſtlichen Corruption liegenden
Gemeinen ihren Vortrag und ihr gantzes Amt
einrichten, und wie eines theils den Rath GOt-
tes von unſerer Seligkeit nicht einmal recht buch-
ſtaͤblich, geſchweige geiſtlich und lebendig erken-
nen, alſo auch andern theils, was ſie noch dem
Buchſtaben noch wiſſen, auf eine ſo kaltſinnige,
[Spaltenumbruch] lebloſe, unlautere und verkehrte Art vortragen
und appliciren, als der verderbte Zuſtand ihrer
Seelen und ihr unlauterer Zweck es mit ſich brin-
get. Und was iſt denn in aͤuſſerſter Blindheit und
Corruption liegenden Zuhoͤrern angenehmer,
als ein ſolcher Lehrer, von dem ſie in ihrem Suͤn-
den-Schlafe ſo gar ungeſtoͤret bleiben, oder doch,
wenn ſie etwan zu weilen durch gewiſſe Wahr-
heiten einiger maſſen erwecket ſind, durch unheili-
ge und falſche Troͤſtungen bald wieder eingeſchlaͤ-
fert werden? Gewiß das Verderben iſt dißfals
bey Lehrern und Zuhoͤrern ſo groß, daß, wer es nur
einiger maſſen erkennet und erweget, in einen
recht innigen und wehmuͤthigen Jammer daruͤber
geſetzet wird.

2. Ein beſonderer Character ſolcher boͤſen
Hirten iſt vor andern dieſes, daß ſie die Chriſtliche
oder durch Chriſtum erworbene Freyheit appli-
cir
en auf alle ſolche Frechheit und Eitelkeit des Flei-
ſches, welche im Spielen, im Tantzen, im Co-
mœdiant
en-Weſen, in eitelen Gaſtereyen und
andern Luſthandlungen auf eine ſolche Mittel-
Straſſe fuͤhren, da man ſich eines theils von der
Verleugnung ſolcher Dinge, andern theils aber
von groͤbern Exceſſen enthaͤlt, und auf einige
Maͤßigung aller herrſchenden Welt-Luſt gehet;
und denn einen ſolchen Suͤnden-Dienſt fuͤr in-
different
oder fuͤr Mitteldinge ausgiebet, und
ſich nicht ſcheuet oͤffentlich in Predigten, ja auch
in Schriften vorzugeben, daß ſolches alles mit dem
Chriſtenthum gar wohl beſtehen koͤnne und ein
Stuͤck der chriſtlichen Freyheit ſey. Und da nun
Zuhoͤrer von Natur ſolche Luͤſtlinge ſind, welche
in ſolchen ſuͤndlichen Dingen ihre Weide und
Freude haben, ſo iſt es nicht zu verwundern, daß
ſie ſich ſolche Luſt-Prediger aufladen, und mit
juͤckenden Ohren zur Kirche kommen, und denn
gerne wollen gekrauet ſeyn, wo nicht mit einem
ſolchen fleiſchlichen, doch ſonſt geſchmuͤnckten, ge-
kraͤuſelten und gekuͤnſtelten Vortrage: ſiehe
Roͤm. 16, 18. und 1 Cor. 2, 1. u. ſ. alwo Paulus
die nach eiteler menſchlicher Weisheit, welche
nur lauter Thorheit vor GOtt iſt, eingerichtete
verſuͤhriſche χρηστολογίαν und ἐνλογίαν gar nach-
druͤcklich verwirft.

3. Und mit dieſem Charactere iſt aufs ge-
naueſte, als eine Frucht mit dem Baum, verknuͤ-
pfet derjenige Character fleiſchlicher Lehrer und
Zuhoͤrer, welchen Paulus in gegenwaͤrtigen Text-
Worten darinnen ſetzet, daß ſie die heilſame Lehre
nicht leiden koͤnnen und die Ohren von der Wahr-
heit abwenden, nachdem ſie das Gemuͤth davon
abgewandt haben. Denn gleichwie ſie eines
theils an einem unlautern Theologiſchen Ge-
ſchwaͤtz, oder an einem ſolchen Vortrage, dadurch
ſie in ihrem fleiſchlichen Sinne nur geſtaͤrcket wer-
den, hangen: alſo beſchuldigen ſie der rechtſchaf-
nen Knechte GOttes ihre Lehre und Predigten,
wenn ſie auch gleich noch ſo lauter und richtig
ſind, eines vielfachen unb gefaͤhrlichen Jrrthums;
aus keinem andern Grunde, als weil ihr ungoͤttli-
ches Weſen mit ihren eigenen Jrrthuͤmern damit
nicht beſtehen kan, ſondern dadurch entdecket und
in ihrem Gewiſſen beſtrafet wird. Welches ih-

nen
Z 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0183" n="181"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 4. v. 3. 4. an den Timotheum.</hi></fw><lb/><cb/>
wa&#x0364;rtigen Zeit die Rede i&#x017F;t) <hi rendition="#fr">da &#x017F;ie</hi> (die ausgear-<lb/>
teten Zuho&#x0364;rer) <hi rendition="#fr">die heyl&#x017F;ame Lehre</hi> (&#x1F51;&#x03B3;&#x03B9;&#x03B1;&#x03B9;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C5;&#x1FFD;-<lb/>
&#x03C3;&#x03B7;&#x03C2; &#x03B4;&#x03B9;&#x03B4;&#x03B1;&#x03C3;&#x03BA;&#x03B1;&#x03BB;&#x03AF;&#x03B1;&#x03C2;, die reine, ge&#x017F;unde und ge-<lb/>
&#x017F;undmachende Lehre, die neb&#x017F;t dem Unterricht<lb/>
eine u&#x0364;berzeugende Be&#x017F;trafung, Warnung und<lb/>
Ermahnung in &#x017F;ich ha&#x0364;lt, nach V. 2. und C. 3, 16.)<lb/><hi rendition="#fr">nicht leiden</hi> (&#x017F;o gar nicht annehmen, daß &#x017F;ie die-<lb/>
&#x017F;elbe auch nicht einmal ertragen) <hi rendition="#fr">werden</hi> (weil<lb/>
&#x017F;ie in ihren Su&#x0364;nden unge&#x017F;trafet bleiben und unge-<lb/>
hindert fortfahren wollen) <hi rendition="#fr">&#x017F;ondern nach ihren<lb/>
eigenen Lu&#x0364;&#x017F;ten werden &#x017F;ie ihnen Lehrer</hi><lb/>
mit &#x017F;ehr &#x017F;cha&#x0364;ndlichem Mißbrauch ihres Rechts<lb/>
und ihrer Freyheit, welche &#x017F;ie haben zur Erweh-<lb/>
lung der Lehrer) <hi rendition="#fr">&#x017F;elb&#x017F;t Lehrer aufladen</hi> (&#x1F10;&#x03C0;&#x03B9;-<lb/>
&#x03C3;&#x03C9;&#x03C1;&#x03AD;&#x03C5;&#x03C3;&#x03BF;&#x03C5;&#x03C3;&#x03B9;, zu&#x017F;ammen ha&#x0364;ufen, einen nach dem an-<lb/>
dern erwehlen, obgleich nicht zu einer Zeit, &#x017F;on-<lb/>
dern von Zeit zu Zeit, al&#x017F;o daß immer ein Wolf<lb/>
und ein Mietling dem andern im Amte folget, und<lb/>
manche Gemeine wol bey etlicher Men&#x017F;chen Den-<lb/>
cken oder Leben hindurch keinen getreuen Hirten<lb/>
haben wird) <hi rendition="#fr">nachdem ihnen die Ohren ju&#x0364;cken</hi><lb/>
(welche &#x017F;ie in ihren Su&#x0364;nden nicht ern&#x017F;tlich zur<lb/>
Uberzeugung be&#x017F;trafen, &#x017F;ondern ihnen liebko&#x017F;en,<lb/>
heucheln und &#x017F;chmeicheln, und in ihrem Su&#x0364;n-<lb/>
den-Schlafe, nach Art der alten fal&#x017F;chen Prophe-<lb/>
ten, durch ihre fal&#x017F;che Tro&#x017F;t-Predigten gleich&#x017F;am<lb/>
Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en unter die Arme legen, und die heßliche<lb/>
Wand des Volcks mit lo&#x017F;em Kalcke tu&#x0364;nchen;<lb/>
&#x017F;ich auch einer &#x017F;olchen Art des Vortrages, der<lb/>
Ro&#x0364;m. 16, 18. &#x03C7;&#x03C1;&#x03B7;&#x03C3;&#x03C4;&#x03BF;&#x03BB;&#x03BF;&#x03B3;&#x03AF;&#x03B1; und &#x1F10;&#x03C5;&#x03BB;&#x03BF;&#x03B3;&#x03AF;&#x03B1; heißt, be-<lb/>
dienen, und damit nur bie Ohren eiteler Men&#x017F;chen<lb/>
al&#x017F;o belu&#x017F;tigen, daß &#x017F;ie keine andere, als nur &#x017F;olche<lb/>
lo&#x017F;e Kun&#x017F;t- und Dun&#x017F;t-Prediger ho&#x0364;ren wollen.)<lb/>
V. 4. <hi rendition="#fr">Und werden</hi> (nach den &#x017F;chon abgekehr-<lb/>
ten Hertzen auch) <hi rendition="#fr">die Ohren von der</hi> (&#x017F;ie in<lb/>
ihrem Su&#x0364;ndendien&#x017F;te beunruhigenden) <hi rendition="#fr">Wahr-<lb/>
heit wenden</hi> (und al&#x017F;o bezeugen, daß &#x017F;ie &#x017F;ind<lb/>
unbe&#x017F;chnitten an Hertzen und Ohren Ap. Ge&#x017F;ch.<lb/>
7, 51.) <hi rendition="#fr">und &#x017F;ich zu den Fabeln</hi> (zu &#x017F;olchem lo-<lb/>
&#x017F;en Ge&#x017F;chwa&#x0364;tze von go&#x0364;ttlichen Dingen, welche<lb/>
den Fabeln gleich &#x017F;ind) <hi rendition="#fr">kehren</hi> (und nach der<lb/><hi rendition="#aq">Corruption</hi> ihres Gemu&#x0364;ths an &#x017F;olchen Tra&#x0364;bern<lb/>
ihre Weide &#x017F;uchen. Siehe 1 Tim. 1, 4. c. 4, 7.<lb/>
Tit. 1, 14. 2 Pet. 1, 16.)</p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <p>1. Was der Apo&#x017F;tel damals vorherge&#x017F;aget,<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;chon von &#x017F;o vielen hundert Jahren her ha&#x0364;ufig<lb/>
eingetroffen; in An&#x017F;ehung der Lehrer und Zuho&#x0364;-<lb/>
rer. Denn von offenbar ketzeri&#x017F;chen oder Grund-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rtzenden Lehren, auch Lehrern und ihren An-<lb/>
ha&#x0364;ngern nicht zu &#x017F;agen, &#x017F;o hat es auch leider in &#x017F;ol-<lb/>
chen Kirch-Gemeinen, welche eine an &#x017F;ich richti-<lb/>
ge <hi rendition="#aq">Confe&#x017F;&#x017F;ion</hi> haben, noch nie an vielen &#x017F;olchen<lb/>
Lehrern gefehlet, die nicht aus GOtt geboren, und<lb/>
ge&#x017F;albet, &#x017F;ondern gar flei&#x017F;chlich ge&#x017F;innet &#x017F;ind, und<lb/>
nicht was Chri&#x017F;ti JE&#x017F;u i&#x017F;t, &#x017F;ondern nur &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
&#x017F;uchen und weiden; und die zu die&#x017F;em Zweck bey<lb/>
den in gro&#x017F;&#x017F;er gei&#x017F;tlichen <hi rendition="#aq">Corruption</hi> liegenden<lb/>
Gemeinen ihren Vortrag und ihr gantzes Amt<lb/>
einrichten, und wie eines theils den Rath GOt-<lb/>
tes von un&#x017F;erer Seligkeit nicht einmal recht buch-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;blich, ge&#x017F;chweige gei&#x017F;tlich und lebendig erken-<lb/>
nen, al&#x017F;o auch andern theils, was &#x017F;ie noch dem<lb/>
Buch&#x017F;taben noch wi&#x017F;&#x017F;en, auf eine &#x017F;o kalt&#x017F;innige,<lb/><cb/>
leblo&#x017F;e, unlautere und verkehrte Art vortragen<lb/>
und <hi rendition="#aq">applicir</hi>en, als der verderbte Zu&#x017F;tand ihrer<lb/>
Seelen und ihr unlauterer Zweck es mit &#x017F;ich brin-<lb/>
get. Und was i&#x017F;t denn in a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ter Blindheit und<lb/><hi rendition="#aq">Corruption</hi> liegenden Zuho&#x0364;rern angenehmer,<lb/>
als ein &#x017F;olcher Lehrer, von dem &#x017F;ie in ihrem Su&#x0364;n-<lb/>
den-Schlafe &#x017F;o gar unge&#x017F;to&#x0364;ret bleiben, oder doch,<lb/>
wenn &#x017F;ie etwan zu weilen durch gewi&#x017F;&#x017F;e Wahr-<lb/>
heiten einiger ma&#x017F;&#x017F;en erwecket &#x017F;ind, durch unheili-<lb/>
ge und fal&#x017F;che Tro&#x0364;&#x017F;tungen bald wieder einge&#x017F;chla&#x0364;-<lb/>
fert werden? Gewiß das Verderben i&#x017F;t dißfals<lb/>
bey Lehrern und Zuho&#x0364;rern &#x017F;o groß, daß, wer es nur<lb/>
einiger ma&#x017F;&#x017F;en erkennet und erweget, in einen<lb/>
recht innigen und wehmu&#x0364;thigen Jammer daru&#x0364;ber<lb/>
ge&#x017F;etzet wird.</p><lb/>
              <p>2. Ein be&#x017F;onderer <hi rendition="#aq">Character</hi> &#x017F;olcher bo&#x0364;&#x017F;en<lb/>
Hirten i&#x017F;t vor andern die&#x017F;es, daß &#x017F;ie die Chri&#x017F;tliche<lb/>
oder durch Chri&#x017F;tum erworbene Freyheit <hi rendition="#aq">appli-<lb/>
cir</hi>en auf alle &#x017F;olche Frechheit und Eitelkeit des Flei-<lb/>
&#x017F;ches, welche im Spielen, im Tantzen, im <hi rendition="#aq">Co-<lb/>
m&#x0153;diant</hi>en-We&#x017F;en, in eitelen Ga&#x017F;tereyen und<lb/>
andern Lu&#x017F;thandlungen auf eine &#x017F;olche Mittel-<lb/>
Stra&#x017F;&#x017F;e fu&#x0364;hren, da man &#x017F;ich eines theils von der<lb/>
Verleugnung &#x017F;olcher Dinge, andern theils aber<lb/>
von gro&#x0364;bern <hi rendition="#aq">Exce&#x017F;&#x017F;</hi>en entha&#x0364;lt, und auf einige<lb/>
Ma&#x0364;ßigung aller herr&#x017F;chenden Welt-Lu&#x017F;t gehet;<lb/>
und denn einen &#x017F;olchen Su&#x0364;nden-Dien&#x017F;t fu&#x0364;r <hi rendition="#aq">in-<lb/>
different</hi> oder fu&#x0364;r Mitteldinge ausgiebet, und<lb/>
&#x017F;ich nicht &#x017F;cheuet o&#x0364;ffentlich in Predigten, ja auch<lb/>
in Schriften vorzugeben, daß &#x017F;olches alles mit dem<lb/>
Chri&#x017F;tenthum gar wohl be&#x017F;tehen ko&#x0364;nne und ein<lb/>
Stu&#x0364;ck der chri&#x017F;tlichen Freyheit &#x017F;ey. Und da nun<lb/>
Zuho&#x0364;rer von Natur &#x017F;olche Lu&#x0364;&#x017F;tlinge &#x017F;ind, welche<lb/>
in &#x017F;olchen &#x017F;u&#x0364;ndlichen Dingen ihre Weide und<lb/>
Freude haben, &#x017F;o i&#x017F;t es nicht zu verwundern, daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;olche Lu&#x017F;t-Prediger aufladen, und mit<lb/>
ju&#x0364;ckenden Ohren zur Kirche kommen, und denn<lb/>
gerne wollen gekrauet &#x017F;eyn, wo nicht mit einem<lb/>
&#x017F;olchen flei&#x017F;chlichen, doch &#x017F;on&#x017F;t ge&#x017F;chmu&#x0364;nckten, ge-<lb/>
kra&#x0364;u&#x017F;elten und geku&#x0364;n&#x017F;telten Vortrage: &#x017F;iehe<lb/>
Ro&#x0364;m. 16, 18. und 1 Cor. 2, 1. u. &#x017F;. alwo Paulus<lb/>
die nach eiteler men&#x017F;chlicher Weisheit, welche<lb/>
nur lauter Thorheit vor GOtt i&#x017F;t, eingerichtete<lb/>
ver&#x017F;u&#x0364;hri&#x017F;che &#x03C7;&#x03C1;&#x03B7;&#x03C3;&#x03C4;&#x03BF;&#x03BB;&#x03BF;&#x03B3;&#x03AF;&#x03B1;&#x03BD; und &#x1F10;&#x03BD;&#x03BB;&#x03BF;&#x03B3;&#x03AF;&#x03B1;&#x03BD; gar nach-<lb/>
dru&#x0364;cklich verwirft.</p><lb/>
              <p>3. Und mit die&#x017F;em <hi rendition="#aq">Charactere</hi> i&#x017F;t aufs ge-<lb/>
naue&#x017F;te, als eine Frucht mit dem Baum, verknu&#x0364;-<lb/>
pfet derjenige <hi rendition="#aq">Character</hi> flei&#x017F;chlicher Lehrer und<lb/>
Zuho&#x0364;rer, welchen Paulus in gegenwa&#x0364;rtigen Text-<lb/>
Worten darinnen &#x017F;etzet, daß &#x017F;ie die heil&#x017F;ame Lehre<lb/>
nicht leiden ko&#x0364;nnen und die Ohren von der Wahr-<lb/>
heit abwenden, nachdem &#x017F;ie das Gemu&#x0364;th davon<lb/>
abgewandt haben. Denn gleichwie &#x017F;ie eines<lb/>
theils an einem unlautern <hi rendition="#aq">Theologi</hi>&#x017F;chen Ge-<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;tz, oder an einem &#x017F;olchen Vortrage, dadurch<lb/>
&#x017F;ie in ihrem flei&#x017F;chlichen Sinne nur ge&#x017F;ta&#x0364;rcket wer-<lb/>
den, hangen: al&#x017F;o be&#x017F;chuldigen &#x017F;ie der recht&#x017F;chaf-<lb/>
nen Knechte GOttes ihre Lehre und Predigten,<lb/>
wenn &#x017F;ie auch gleich noch &#x017F;o lauter und richtig<lb/>
&#x017F;ind, eines vielfachen unb gefa&#x0364;hrlichen Jrrthums;<lb/>
aus keinem andern Grunde, als weil ihr ungo&#x0364;ttli-<lb/>
ches We&#x017F;en mit ihren eigenen Jrrthu&#x0364;mern damit<lb/>
nicht be&#x017F;tehen kan, &#x017F;ondern dadurch entdecket und<lb/>
in ihrem Gewi&#x017F;&#x017F;en be&#x017F;trafet wird. Welches ih-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Z 3</fw><fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[181/0183] Cap. 4. v. 3. 4. an den Timotheum. waͤrtigen Zeit die Rede iſt) da ſie (die ausgear- teten Zuhoͤrer) die heylſame Lehre (ὑγιαινου´- σης διδασκαλίας, die reine, geſunde und ge- ſundmachende Lehre, die nebſt dem Unterricht eine uͤberzeugende Beſtrafung, Warnung und Ermahnung in ſich haͤlt, nach V. 2. und C. 3, 16.) nicht leiden (ſo gar nicht annehmen, daß ſie die- ſelbe auch nicht einmal ertragen) werden (weil ſie in ihren Suͤnden ungeſtrafet bleiben und unge- hindert fortfahren wollen) ſondern nach ihren eigenen Luͤſten werden ſie ihnen Lehrer mit ſehr ſchaͤndlichem Mißbrauch ihres Rechts und ihrer Freyheit, welche ſie haben zur Erweh- lung der Lehrer) ſelbſt Lehrer aufladen (ἐπι- σωρέυσουσι, zuſammen haͤufen, einen nach dem an- dern erwehlen, obgleich nicht zu einer Zeit, ſon- dern von Zeit zu Zeit, alſo daß immer ein Wolf und ein Mietling dem andern im Amte folget, und manche Gemeine wol bey etlicher Menſchen Den- cken oder Leben hindurch keinen getreuen Hirten haben wird) nachdem ihnen die Ohren juͤcken (welche ſie in ihren Suͤnden nicht ernſtlich zur Uberzeugung beſtrafen, ſondern ihnen liebkoſen, heucheln und ſchmeicheln, und in ihrem Suͤn- den-Schlafe, nach Art der alten falſchen Prophe- ten, durch ihre falſche Troſt-Predigten gleichſam Kuͤſſen unter die Arme legen, und die heßliche Wand des Volcks mit loſem Kalcke tuͤnchen; ſich auch einer ſolchen Art des Vortrages, der Roͤm. 16, 18. χρηστολογία und ἐυλογία heißt, be- dienen, und damit nur bie Ohren eiteler Menſchen alſo beluſtigen, daß ſie keine andere, als nur ſolche loſe Kunſt- und Dunſt-Prediger hoͤren wollen.) V. 4. Und werden (nach den ſchon abgekehr- ten Hertzen auch) die Ohren von der (ſie in ihrem Suͤndendienſte beunruhigenden) Wahr- heit wenden (und alſo bezeugen, daß ſie ſind unbeſchnitten an Hertzen und Ohren Ap. Geſch. 7, 51.) und ſich zu den Fabeln (zu ſolchem lo- ſen Geſchwaͤtze von goͤttlichen Dingen, welche den Fabeln gleich ſind) kehren (und nach der Corruption ihres Gemuͤths an ſolchen Traͤbern ihre Weide ſuchen. Siehe 1 Tim. 1, 4. c. 4, 7. Tit. 1, 14. 2 Pet. 1, 16.) Anmerckungen. 1. Was der Apoſtel damals vorhergeſaget, iſt ſchon von ſo vielen hundert Jahren her haͤufig eingetroffen; in Anſehung der Lehrer und Zuhoͤ- rer. Denn von offenbar ketzeriſchen oder Grund- ſtuͤrtzenden Lehren, auch Lehrern und ihren An- haͤngern nicht zu ſagen, ſo hat es auch leider in ſol- chen Kirch-Gemeinen, welche eine an ſich richti- ge Confeſſion haben, noch nie an vielen ſolchen Lehrern gefehlet, die nicht aus GOtt geboren, und geſalbet, ſondern gar fleiſchlich geſinnet ſind, und nicht was Chriſti JEſu iſt, ſondern nur ſich ſelbſt ſuchen und weiden; und die zu dieſem Zweck bey den in groſſer geiſtlichen Corruption liegenden Gemeinen ihren Vortrag und ihr gantzes Amt einrichten, und wie eines theils den Rath GOt- tes von unſerer Seligkeit nicht einmal recht buch- ſtaͤblich, geſchweige geiſtlich und lebendig erken- nen, alſo auch andern theils, was ſie noch dem Buchſtaben noch wiſſen, auf eine ſo kaltſinnige, lebloſe, unlautere und verkehrte Art vortragen und appliciren, als der verderbte Zuſtand ihrer Seelen und ihr unlauterer Zweck es mit ſich brin- get. Und was iſt denn in aͤuſſerſter Blindheit und Corruption liegenden Zuhoͤrern angenehmer, als ein ſolcher Lehrer, von dem ſie in ihrem Suͤn- den-Schlafe ſo gar ungeſtoͤret bleiben, oder doch, wenn ſie etwan zu weilen durch gewiſſe Wahr- heiten einiger maſſen erwecket ſind, durch unheili- ge und falſche Troͤſtungen bald wieder eingeſchlaͤ- fert werden? Gewiß das Verderben iſt dißfals bey Lehrern und Zuhoͤrern ſo groß, daß, wer es nur einiger maſſen erkennet und erweget, in einen recht innigen und wehmuͤthigen Jammer daruͤber geſetzet wird. 2. Ein beſonderer Character ſolcher boͤſen Hirten iſt vor andern dieſes, daß ſie die Chriſtliche oder durch Chriſtum erworbene Freyheit appli- ciren auf alle ſolche Frechheit und Eitelkeit des Flei- ſches, welche im Spielen, im Tantzen, im Co- mœdianten-Weſen, in eitelen Gaſtereyen und andern Luſthandlungen auf eine ſolche Mittel- Straſſe fuͤhren, da man ſich eines theils von der Verleugnung ſolcher Dinge, andern theils aber von groͤbern Exceſſen enthaͤlt, und auf einige Maͤßigung aller herrſchenden Welt-Luſt gehet; und denn einen ſolchen Suͤnden-Dienſt fuͤr in- different oder fuͤr Mitteldinge ausgiebet, und ſich nicht ſcheuet oͤffentlich in Predigten, ja auch in Schriften vorzugeben, daß ſolches alles mit dem Chriſtenthum gar wohl beſtehen koͤnne und ein Stuͤck der chriſtlichen Freyheit ſey. Und da nun Zuhoͤrer von Natur ſolche Luͤſtlinge ſind, welche in ſolchen ſuͤndlichen Dingen ihre Weide und Freude haben, ſo iſt es nicht zu verwundern, daß ſie ſich ſolche Luſt-Prediger aufladen, und mit juͤckenden Ohren zur Kirche kommen, und denn gerne wollen gekrauet ſeyn, wo nicht mit einem ſolchen fleiſchlichen, doch ſonſt geſchmuͤnckten, ge- kraͤuſelten und gekuͤnſtelten Vortrage: ſiehe Roͤm. 16, 18. und 1 Cor. 2, 1. u. ſ. alwo Paulus die nach eiteler menſchlicher Weisheit, welche nur lauter Thorheit vor GOtt iſt, eingerichtete verſuͤhriſche χρηστολογίαν und ἐνλογίαν gar nach- druͤcklich verwirft. 3. Und mit dieſem Charactere iſt aufs ge- naueſte, als eine Frucht mit dem Baum, verknuͤ- pfet derjenige Character fleiſchlicher Lehrer und Zuhoͤrer, welchen Paulus in gegenwaͤrtigen Text- Worten darinnen ſetzet, daß ſie die heilſame Lehre nicht leiden koͤnnen und die Ohren von der Wahr- heit abwenden, nachdem ſie das Gemuͤth davon abgewandt haben. Denn gleichwie ſie eines theils an einem unlautern Theologiſchen Ge- ſchwaͤtz, oder an einem ſolchen Vortrage, dadurch ſie in ihrem fleiſchlichen Sinne nur geſtaͤrcket wer- den, hangen: alſo beſchuldigen ſie der rechtſchaf- nen Knechte GOttes ihre Lehre und Predigten, wenn ſie auch gleich noch ſo lauter und richtig ſind, eines vielfachen unb gefaͤhrlichen Jrrthums; aus keinem andern Grunde, als weil ihr ungoͤttli- ches Weſen mit ihren eigenen Jrrthuͤmern damit nicht beſtehen kan, ſondern dadurch entdecket und in ihrem Gewiſſen beſtrafet wird. Welches ih- nen Z 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/183
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/183>, abgerufen am 11.05.2024.