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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des ersten Briefes Pauli C. 2. v. 3. 4. 5.
[Spaltenumbruch]
Anmerckungen.

1. Wo bey einem Lehrer im Verstande
Grund-Jrrthümer, und im Willen herrschen-
de unreine Affecten und Absichten sind, so ent-
stehet daher nichts anders, als ein Betrug und
Verführung der Seelen; daher der Apostel des
doli, des Betrugs, zuletzt gedencket.

2. Er zielet aber damit ohne Zweifel auf
die falschen Lehrer seiner Zeit, welche sich bereits
in manchen Gemeinen gesunden hatten, und
davor die Thessalonicensische auch nicht sicher seyn
konte.

V. 4.

Sondern wie wir von GOtt bewäh-
ret
(tüchtig erachtet) sind, daß uns das Ev-
angelium vertrauet ist zu predigen, so re-
den wir
(so wie es uns anvertrauet und über-
geben ist zum Vortrage, so tragen wir es auch
vor, ohne etwas davon zu nehmen, oder dazu
zu thun, oder es auf eine andere Art zu verfäl-
schen: da wir es reden aus Lauterkeit, und als
aus GOtt, in Christo 2 Cor. 2, 17.) nicht als
wolten wir Menschen gefallen, sondern
GOtt, der unsere Hertzen prüfet,
(und
aufs genaueste durchschauet, und also weiß, aus
was für einem Grunde, in welcher Lauterkeit, und
zu welchem Zweck wir euch das Evangelium
verkündiget haben. Und da wir es also mit
GOTT dem Hertzens-Kündiger zu thun gehabt
haben, so könnet ihr soviel mehr von aller Lauter-
keit unserer Lehre und unsers Zwecks versichert
seyn.)

Anmerckungen.

1. Der Vortrag des Worts richtet sich ge-
meiniglich nach der Berufung. Jst einer von
GOtt selbst tüchtig gemacht und erachtet, und
also zum Amte bestellt, so führet er auch das
Amt in der Lauterkeit. Hat er sich selbst dazu ein-
gedrungen, so zeiget sich die Unlauterkeit des
Grundes und des Zwecks auch gar häuffig in dem
Vortrage.

2. Ein anders ist, Menschen gefallen; ein
anders Menschen gefallen wollen. Denn
gleichwie dieses ein Schalcks-Auge bey einem
Lehrer anzeiget, und gemeiniglich den Vortrag
und alle übrige Amts-Verrichtungen unlauter
machet: also kan jenes oft statt finden ohne alle
Affectation, auch wol bey den sonst unartigen
Menschen. Da es von frommen Seelen ohne
das heißt, daß man wie GOtt gefällig, also
auch ihnen werth sey. Röm. 14, 18. Menschen
nur gefallen wollen, ist der eigentlichste Cha-
racter theils falscher, theils fleischlich-gesinneter
Lehrer, Gal. 1, 10.

3. Prüfet GOtt die Hertzen, wie er denn
thut, 1 Chron. 30, 17. Ps. 7, 10. Sprichw. 17, 3.
Jer. 12, 3. und zwar, nach diesem Text, der
Lehrer, daß sie sich deshalb aller Lauterkeit zu
befleißigen haben; so prüfet er gewiß auch die
Hertzen der Zuhörer: daher sie verbunden sind,
das Wort also aufzunehmen, wie es die Thessa-
lonicher aufgenommen haben.

[Spaltenumbruch]
V. 5.

Denn wir nie mit Schmeichel-Wor-
ten sind umgegangen,
(daß wir also geredet
hätten, wie es der verderbten Natur angenehm
ist, um eure eine Gunst zu erlangen) wie ihr
wisset
(daher ich mich gantz getrost auf euer Ge-
wissen berufen kan) noch dem Geitz gestellt,
(ou"te en prophasei pleonexias, noch haben wir
uns des Geitzes halber, oder aus dem Antrieb
des Geitzes, dieses und jenes Vorwands bedie-
net:) GOtt ist des Zeuge, (in einer solchen
verborgenen Sache, da es auf dessen Allwis-
senheit allein ankömmt; und auf den ich mich
nicht berufen würde, wofern ich deßfals nicht
ein gutes Gewissen hätte.)

Anmerckungen.

1. Es muß dem Apostel auch wol bey der
Thessalonicensischen Gemeine an solchen Fein-
den, welche den Zweck und die Führung seines
Amts auf alle Weise zu verkleinern gesuchet,
nicht gefehlet haben. Sind es denn etwa keine
falsche Lehrer gewesen in der Gemeine selbst; so
haben es ohne Zweifel die unbekehrten Juden
und Heyden nicht unterlassen. Denn haben sie
ihm nach dem Leben gestanden; wer wolte denn
zweifeln, daß sie seinen guten Namen auf aller-
hand Art zu kräncken gesuchet haben werden. Und
da die Gläubigen solche Leute um sich hatten, und
sie den Schwächern mit falschen Beschuldigun-
gen zum öftern in den Ohren lagen; wie der
Apostel von Timotheo und Sila wohl vernom-
men haben muß: so suchet er die Thessalonicher
gegen allen Anstoß zu verwahren.

2. Ein fleischlich-gesinneter Lehrer suchet
sich selbst: und daher bedienet er sich allerhand
Liebkosungen, um zu seinem Zweck zu gelangen:
wobey denn ein lauterer Vortrag der Lehre un-
möglich bestehen kan: zum wenigsten wird das
Wort GOttes in manchen Stücken verfälschet,
geschiehet es nicht in der Erklärung, so geschie-
het es doch oft in der Application, da man den
noch Unbekehrten alle Heils-Güter in Christo zu-
eignet, welcher sie doch noch nicht fähig sind.
Paulus nennet es Röm. 16, 18. khresologian kai
eulogian, süsse Worte und prächtige Re-
den,
und war die eulogia eigentlich ein pseudo-
makarismos, eine falsche Seligpreisung der Un-
bekehrten und Unseligen.

3. Das Wort Geitz steht bey dem Worte
prophasis, praetext, Vorwand, als ein prin-
cipium,
oder eine böse Qvell, woher der Vor-
wand entstehet; und zugleich auch als der Zweck,
worauf er gerichtet ist. Und der Vorwand be-
stehet in allerhand Wegen, Mitteln und losen
Griffen, womit man den Geitz bescheiniget und
schmücket, daß er nicht dafür angesehen werde.
Denn der Welt Art ist es, daß sie Laster zu schmü-
cken, ja wol gar für Tugenden zu halten; und
hingegen Tugenden für Laster auszugeben
suchet.

4. Jn einer Sache, davon die Thessaloni-
cher selbst urtheilen konten, beziehet er sich auf ihre
Erfahrung: als da war, daß er kein Schmeich-

ler
Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli C. 2. v. 3. 4. 5.
[Spaltenumbruch]
Anmerckungen.

1. Wo bey einem Lehrer im Verſtande
Grund-Jrrthuͤmer, und im Willen herrſchen-
de unreine Affecten und Abſichten ſind, ſo ent-
ſtehet daher nichts anders, als ein Betrug und
Verfuͤhrung der Seelen; daher der Apoſtel des
doli, des Betrugs, zuletzt gedencket.

2. Er zielet aber damit ohne Zweifel auf
die falſchen Lehrer ſeiner Zeit, welche ſich bereits
in manchen Gemeinen geſunden hatten, und
davor die Theſſalonicenſiſche auch nicht ſicher ſeyn
konte.

V. 4.

Sondern wie wir von GOtt bewaͤh-
ret
(tuͤchtig erachtet) ſind, daß uns das Ev-
angelium vertrauet iſt zu predigen, ſo re-
den wir
(ſo wie es uns anvertrauet und uͤber-
geben iſt zum Vortrage, ſo tragen wir es auch
vor, ohne etwas davon zu nehmen, oder dazu
zu thun, oder es auf eine andere Art zu verfaͤl-
ſchen: da wir es reden aus Lauterkeit, und als
aus GOtt, in Chriſto 2 Cor. 2, 17.) nicht als
wolten wir Menſchen gefallen, ſondern
GOtt, der unſere Hertzen pruͤfet,
(und
aufs genaueſte durchſchauet, und alſo weiß, aus
was fuͤr einem Grunde, in welcher Lauterkeit, und
zu welchem Zweck wir euch das Evangelium
verkuͤndiget haben. Und da wir es alſo mit
GOTT dem Hertzens-Kuͤndiger zu thun gehabt
haben, ſo koͤnnet ihr ſoviel mehr von aller Lauter-
keit unſerer Lehre und unſers Zwecks verſichert
ſeyn.)

Anmerckungen.

1. Der Vortrag des Worts richtet ſich ge-
meiniglich nach der Berufung. Jſt einer von
GOtt ſelbſt tuͤchtig gemacht und erachtet, und
alſo zum Amte beſtellt, ſo fuͤhret er auch das
Amt in der Lauterkeit. Hat er ſich ſelbſt dazu ein-
gedrungen, ſo zeiget ſich die Unlauterkeit des
Grundes und des Zwecks auch gar haͤuffig in dem
Vortrage.

2. Ein anders iſt, Menſchen gefallen; ein
anders Menſchen gefallen wollen. Denn
gleichwie dieſes ein Schalcks-Auge bey einem
Lehrer anzeiget, und gemeiniglich den Vortrag
und alle uͤbrige Amts-Verrichtungen unlauter
machet: alſo kan jenes oft ſtatt finden ohne alle
Affectation, auch wol bey den ſonſt unartigen
Menſchen. Da es von frommen Seelen ohne
das heißt, daß man wie GOtt gefaͤllig, alſo
auch ihnen werth ſey. Roͤm. 14, 18. Menſchen
nur gefallen wollen, iſt der eigentlichſte Cha-
racter theils falſcher, theils fleiſchlich-geſinneter
Lehrer, Gal. 1, 10.

3. Pruͤfet GOtt die Hertzen, wie er denn
thut, 1 Chron. 30, 17. Pſ. 7, 10. Sprichw. 17, 3.
Jer. 12, 3. und zwar, nach dieſem Text, der
Lehrer, daß ſie ſich deshalb aller Lauterkeit zu
befleißigen haben; ſo pruͤfet er gewiß auch die
Hertzen der Zuhoͤrer: daher ſie verbunden ſind,
das Wort alſo aufzunehmen, wie es die Theſſa-
lonicher aufgenommen haben.

[Spaltenumbruch]
V. 5.

Denn wir nie mit Schmeichel-Wor-
ten ſind umgegangen,
(daß wir alſo geredet
haͤtten, wie es der verderbten Natur angenehm
iſt, um eure eine Gunſt zu erlangen) wie ihr
wiſſet
(daher ich mich gantz getroſt auf euer Ge-
wiſſen berufen kan) noch dem Geitz geſtellt,
(ου῎τε ἐν προϕάσει ϖλεονεξίας, noch haben wir
uns des Geitzes halber, oder aus dem Antrieb
des Geitzes, dieſes und jenes Vorwands bedie-
net:) GOtt iſt des Zeuge, (in einer ſolchen
verborgenen Sache, da es auf deſſen Allwiſ-
ſenheit allein ankoͤmmt; und auf den ich mich
nicht berufen wuͤrde, wofern ich deßfals nicht
ein gutes Gewiſſen haͤtte.)

Anmerckungen.

1. Es muß dem Apoſtel auch wol bey der
Theſſalonicenſiſchen Gemeine an ſolchen Fein-
den, welche den Zweck und die Fuͤhrung ſeines
Amts auf alle Weiſe zu verkleinern geſuchet,
nicht gefehlet haben. Sind es denn etwa keine
falſche Lehrer geweſen in der Gemeine ſelbſt; ſo
haben es ohne Zweifel die unbekehrten Juden
und Heyden nicht unterlaſſen. Denn haben ſie
ihm nach dem Leben geſtanden; wer wolte denn
zweifeln, daß ſie ſeinen guten Namen auf aller-
hand Art zu kraͤncken geſuchet haben werden. Und
da die Glaͤubigen ſolche Leute um ſich hatten, und
ſie den Schwaͤchern mit falſchen Beſchuldigun-
gen zum oͤftern in den Ohren lagen; wie der
Apoſtel von Timotheo und Sila wohl vernom-
men haben muß: ſo ſuchet er die Theſſalonicher
gegen allen Anſtoß zu verwahren.

2. Ein fleiſchlich-geſinneter Lehrer ſuchet
ſich ſelbſt: und daher bedienet er ſich allerhand
Liebkoſungen, um zu ſeinem Zweck zu gelangen:
wobey denn ein lauterer Vortrag der Lehre un-
moͤglich beſtehen kan: zum wenigſten wird das
Wort GOttes in manchen Stuͤcken verfaͤlſchet,
geſchiehet es nicht in der Erklaͤrung, ſo geſchie-
het es doch oft in der Application, da man den
noch Unbekehrten alle Heils-Guͤter in Chriſto zu-
eignet, welcher ſie doch noch nicht faͤhig ſind.
Paulus nennet es Roͤm. 16, 18. χρηςολογίαν καὶ
ἐυλογίαν, ſuͤſſe Worte und praͤchtige Re-
den,
und war die ἐυλογία eigentlich ein ψευδο-
μακαρισμὸς, eine falſche Seligpreiſung der Un-
bekehrten und Unſeligen.

3. Das Wort Geitz ſteht bey dem Worte
πρόφασις, prætext, Vorwand, als ein prin-
cipium,
oder eine boͤſe Qvell, woher der Vor-
wand entſtehet; und zugleich auch als der Zweck,
worauf er gerichtet iſt. Und der Vorwand be-
ſtehet in allerhand Wegen, Mitteln und loſen
Griffen, womit man den Geitz beſcheiniget und
ſchmuͤcket, daß er nicht dafuͤr angeſehen werde.
Denn der Welt Art iſt es, daß ſie Laſter zu ſchmuͤ-
cken, ja wol gar fuͤr Tugenden zu halten; und
hingegen Tugenden fuͤr Laſter auszugeben
ſuchet.

4. Jn einer Sache, davon die Theſſaloni-
cher ſelbſt urtheilen konten, beziehet er ſich auf ihre
Erfahrung: als da war, daß er kein Schmeich-

ler
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[14/0016] Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli C. 2. v. 3. 4. 5. Anmerckungen. 1. Wo bey einem Lehrer im Verſtande Grund-Jrrthuͤmer, und im Willen herrſchen- de unreine Affecten und Abſichten ſind, ſo ent- ſtehet daher nichts anders, als ein Betrug und Verfuͤhrung der Seelen; daher der Apoſtel des doli, des Betrugs, zuletzt gedencket. 2. Er zielet aber damit ohne Zweifel auf die falſchen Lehrer ſeiner Zeit, welche ſich bereits in manchen Gemeinen geſunden hatten, und davor die Theſſalonicenſiſche auch nicht ſicher ſeyn konte. V. 4. Sondern wie wir von GOtt bewaͤh- ret (tuͤchtig erachtet) ſind, daß uns das Ev- angelium vertrauet iſt zu predigen, ſo re- den wir (ſo wie es uns anvertrauet und uͤber- geben iſt zum Vortrage, ſo tragen wir es auch vor, ohne etwas davon zu nehmen, oder dazu zu thun, oder es auf eine andere Art zu verfaͤl- ſchen: da wir es reden aus Lauterkeit, und als aus GOtt, in Chriſto 2 Cor. 2, 17.) nicht als wolten wir Menſchen gefallen, ſondern GOtt, der unſere Hertzen pruͤfet, (und aufs genaueſte durchſchauet, und alſo weiß, aus was fuͤr einem Grunde, in welcher Lauterkeit, und zu welchem Zweck wir euch das Evangelium verkuͤndiget haben. Und da wir es alſo mit GOTT dem Hertzens-Kuͤndiger zu thun gehabt haben, ſo koͤnnet ihr ſoviel mehr von aller Lauter- keit unſerer Lehre und unſers Zwecks verſichert ſeyn.) Anmerckungen. 1. Der Vortrag des Worts richtet ſich ge- meiniglich nach der Berufung. Jſt einer von GOtt ſelbſt tuͤchtig gemacht und erachtet, und alſo zum Amte beſtellt, ſo fuͤhret er auch das Amt in der Lauterkeit. Hat er ſich ſelbſt dazu ein- gedrungen, ſo zeiget ſich die Unlauterkeit des Grundes und des Zwecks auch gar haͤuffig in dem Vortrage. 2. Ein anders iſt, Menſchen gefallen; ein anders Menſchen gefallen wollen. Denn gleichwie dieſes ein Schalcks-Auge bey einem Lehrer anzeiget, und gemeiniglich den Vortrag und alle uͤbrige Amts-Verrichtungen unlauter machet: alſo kan jenes oft ſtatt finden ohne alle Affectation, auch wol bey den ſonſt unartigen Menſchen. Da es von frommen Seelen ohne das heißt, daß man wie GOtt gefaͤllig, alſo auch ihnen werth ſey. Roͤm. 14, 18. Menſchen nur gefallen wollen, iſt der eigentlichſte Cha- racter theils falſcher, theils fleiſchlich-geſinneter Lehrer, Gal. 1, 10. 3. Pruͤfet GOtt die Hertzen, wie er denn thut, 1 Chron. 30, 17. Pſ. 7, 10. Sprichw. 17, 3. Jer. 12, 3. und zwar, nach dieſem Text, der Lehrer, daß ſie ſich deshalb aller Lauterkeit zu befleißigen haben; ſo pruͤfet er gewiß auch die Hertzen der Zuhoͤrer: daher ſie verbunden ſind, das Wort alſo aufzunehmen, wie es die Theſſa- lonicher aufgenommen haben. V. 5. Denn wir nie mit Schmeichel-Wor- ten ſind umgegangen, (daß wir alſo geredet haͤtten, wie es der verderbten Natur angenehm iſt, um eure eine Gunſt zu erlangen) wie ihr wiſſet (daher ich mich gantz getroſt auf euer Ge- wiſſen berufen kan) noch dem Geitz geſtellt, (ου῎τε ἐν προϕάσει ϖλεονεξίας, noch haben wir uns des Geitzes halber, oder aus dem Antrieb des Geitzes, dieſes und jenes Vorwands bedie- net:) GOtt iſt des Zeuge, (in einer ſolchen verborgenen Sache, da es auf deſſen Allwiſ- ſenheit allein ankoͤmmt; und auf den ich mich nicht berufen wuͤrde, wofern ich deßfals nicht ein gutes Gewiſſen haͤtte.) Anmerckungen. 1. Es muß dem Apoſtel auch wol bey der Theſſalonicenſiſchen Gemeine an ſolchen Fein- den, welche den Zweck und die Fuͤhrung ſeines Amts auf alle Weiſe zu verkleinern geſuchet, nicht gefehlet haben. Sind es denn etwa keine falſche Lehrer geweſen in der Gemeine ſelbſt; ſo haben es ohne Zweifel die unbekehrten Juden und Heyden nicht unterlaſſen. Denn haben ſie ihm nach dem Leben geſtanden; wer wolte denn zweifeln, daß ſie ſeinen guten Namen auf aller- hand Art zu kraͤncken geſuchet haben werden. Und da die Glaͤubigen ſolche Leute um ſich hatten, und ſie den Schwaͤchern mit falſchen Beſchuldigun- gen zum oͤftern in den Ohren lagen; wie der Apoſtel von Timotheo und Sila wohl vernom- men haben muß: ſo ſuchet er die Theſſalonicher gegen allen Anſtoß zu verwahren. 2. Ein fleiſchlich-geſinneter Lehrer ſuchet ſich ſelbſt: und daher bedienet er ſich allerhand Liebkoſungen, um zu ſeinem Zweck zu gelangen: wobey denn ein lauterer Vortrag der Lehre un- moͤglich beſtehen kan: zum wenigſten wird das Wort GOttes in manchen Stuͤcken verfaͤlſchet, geſchiehet es nicht in der Erklaͤrung, ſo geſchie- het es doch oft in der Application, da man den noch Unbekehrten alle Heils-Guͤter in Chriſto zu- eignet, welcher ſie doch noch nicht faͤhig ſind. Paulus nennet es Roͤm. 16, 18. χρηςολογίαν καὶ ἐυλογίαν, ſuͤſſe Worte und praͤchtige Re- den, und war die ἐυλογία eigentlich ein ψευδο- μακαρισμὸς, eine falſche Seligpreiſung der Un- bekehrten und Unſeligen. 3. Das Wort Geitz ſteht bey dem Worte πρόφασις, prætext, Vorwand, als ein prin- cipium, oder eine boͤſe Qvell, woher der Vor- wand entſtehet; und zugleich auch als der Zweck, worauf er gerichtet iſt. Und der Vorwand be- ſtehet in allerhand Wegen, Mitteln und loſen Griffen, womit man den Geitz beſcheiniget und ſchmuͤcket, daß er nicht dafuͤr angeſehen werde. Denn der Welt Art iſt es, daß ſie Laſter zu ſchmuͤ- cken, ja wol gar fuͤr Tugenden zu halten; und hingegen Tugenden fuͤr Laſter auszugeben ſuchet. 4. Jn einer Sache, davon die Theſſaloni- cher ſelbſt urtheilen konten, beziehet er ſich auf ihre Erfahrung: als da war, daß er kein Schmeich- ler

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/16>, abgerufen am 23.11.2024.