Erklärung des andern Briefes Pauli C. 1. v. 15-17.
[Spaltenumbruch]
V. 15.
Das weißt du, daß sich verkehret ha- ben von mir (mich verlassen haben) alle die in Asia sind, unter welchen (vor andern) ist PhygellusundHermogenes.
Anmerckungen.
1. Es wird die Particulain von vielen Auslegern alhier genommen für aus, daß es so viel sey, als sey Paulus zu Rom in seinen Leiden von denen, die mit ihm aus Asia dahin gegangen, oder ihm nachgekommen, verlassen worden. Da aber diese Verwechselung gedachter Wörtlein ungewöhnlich und etwas gezwungen ist; so be- hält man gedachte particulam billig in ihrer ei- gentlichen Bedeutung. Da denn der Verstand dieser ist, daß Paulus von einer gewissen Art Leute vor dem in Asia unter dem Leiden verlas- sen worden. Und da Timotheus dieses schon wuste, so führete ers an, als etwas, welches ihn bewegen konte, desto besser auf seiner Hut zu seyn: sintemal jene die ihnen anvertrauete theu- re Beylage in rechter Anwendung nicht bewah- ret hätten, als welche Application sonderlich in der unerschrockenen Bekenntniß hätte sollen bewiesen werden. Und eben diesen Verstand bringet auch der Zusammenhang dieses und des vorhergehenden Verses also mit sich. Denn nach dem der Apostel gesaget: Halte an dem Fürbilde der Lehre, die gute Beylage be- wahre; so erwehnet er darauf einiger abtrün- nigen, die sich des Evangelii und Pauli, da er mit dem Evangelio selbst so sehr verlästert und verfolget worden, Geschämet haben. Darum er vorher v. 8. gesetzet hatte: Schäme dich nicht des Zeugnisses unsers HErrn, noch meiner, der ich sein Gebundener bin, son- dern leide dich mit dem Evangelio, wie ich. Wären diese Leute aus Asia und zu Rom gewe- sen, und hätten alda Paulum erst verlassen; so hätte es Timotheus nicht so eigentlich gewust, (wie es ihm doch schon bekannt gewesen seyn muß) sondern Paulus würde es ihm erst berich- tet haben: gleichwie er unten c. 4, 16. von dem, was ihm dißfals auch zu Rom begegnet war, berichtete, welches denn mit dem, was wir im ge- genwärtigen Text haben, nicht einerley ist.
2. Mit dem Worte alle siehet der Apostel ohn Zweifel auf eine gewisse Anzahl von einer ge- wissen Art Leute, welche, wie gedacht, an einem gewissen Orte in klein Asien, und auch zu der Zeit, als schwere Leiden über Paulum ergangen, wetterwendisch worden und sich seiner entzogen haben. Denn daß das Wort sehr eingeschrän- cket werden müsse, siehet man ausser dem, daß er v. 16. Onesiphorum selbst davon ausnimmt, auch daraus, daß er dem Timotheo c. 2, 2. be- fiehlt, dasjenige, was er von ihm gehöret, solchen treuen Zeugen zu befehlen, die da tüchtig wären, auch andere zu lehren. Und also muß es doch ausser einem gewissen Falle und ausser einer Gesellschaft gewisser Leute sonst an treuen und tüchtigen Zeugen auch in Asien, und sonderlich in deroselben Haupt-Stadt Ephesus, nicht gefehlet haben. Wie man denn auch aus [Spaltenumbruch]
den apocalyptischen Briefen siehet, daß Asien mehrere blühende Gemeinen noch nach der Zeit gehabt hat.
3. Man siehet so wol aus den Schriften der Evangelisten und Apostel, als aus den Scri- benten der Kirchen-Historie beydes, die Treue und auch Untreue in der Bekenntniß und be- harrlichen Ausübung der erkannten Wahrheit. Sagte doch, was das letztere betrift, unser Hey- land selbst, es würden sich viele an ihm är- gern. Matth. 11, 6. Wie es Petrus selbst vor seiner Bevestigung gemachet, ist bekannt. Und wie es in der Kirche GOttes hernach ergehen würde, hat unser Heyland deutlich vorher ge- sagt Matth. 13, 20. 21. da er spricht: der (wel- cher Saame) auf das steinichte gesäet ist, der ist es, wenn iemand das Wort höret, und dasselbe bald aufnimt mit Freuden: aber er hat nicht Wurtzel in ihm, sondern ist wetterwendisch, und wenn sich Trübsal und Verfolgung erhebet um des Worts willen, so ärgert er sich bald. Es ist doch aber nichts destoweniger die Anzahl der treuen und standhaften Bekenner zu allen Zeiten ge- wiß nicht gering gewesen; und haben sich dar- unter auch alle wege solche Personen gefunden, denen man es vorher wol nicht zugetrauet hät- te. Von ihrer recht Wunder-vollen Glau- bens-Freudigkeit, wodurch ihnen GOTT auch die sonst allerempfindlichste Pein fast gantz unem- pfindlich gemachet, nicht zu sagen.
V. 16.
Der HErr (der Dreyeinige GOTT, und in der Dreyeinigen Gottheit sonderlich der Sohn GOttes, als der barmhertzige Hohe-Priester, der nach seiner Verheissuug kein Liebes-Werck unvergolten lassen wird Matth. 10, 42. c. 25, 35. u. s. w.) gebe Barmhertzigkeit (und aus sol- cher Gnade eine reiche Vergeltung für seine grosse Treue und Liebe) dem Hause (der Fami- lie) Onesiphori (und ihme selbst.) Denn er hat mich oft erquicket (sonderlich der Seele nach, wie der Leib in grosser Hitze durch einen kühlen Schatten, oder frischen Trunck erfrischet wird) und hat sich meiner Ketten (und dessen was damit verknüpfet war) nicht geschämet (wie die vor dem in Asia gethan haben v. 15.)
V. 17.
Sondern da er zu Rom war (nach Rom kam, nemlich von Ephesus, nach c. 4, 19. vielleicht der Handlung wegen; bey welcher Ge- legenheit aber seine fürnehmste Sorge auf das Reich GOttes gegangen ist) suchte er mich (wie er mir hernach erzehlet hat) aufs fleißigste (in dieser so gar grossen und weitläuftigen Stadt, da der Gefängnisse sehr viele waren, und er also erst eine mühsame Nachfrage halten müssen, zumal er anfangs die zerstreuet lebenden, und sich verborgen haltenden Christlichen Personen und Familien nicht so fort zu finden gewust hat) und fand mich (zu unserer beyder grossen Freude und Erquickung und zu vielem Lobe GOttes.)
V. 18.
Erklaͤrung des andern Briefes Pauli C. 1. v. 15-17.
[Spaltenumbruch]
V. 15.
Das weißt du, daß ſich verkehret ha- ben von mir (mich verlaſſen haben) alle die in Aſia ſind, unter welchen (vor andern) iſt PhygellusundHermogenes.
Anmerckungen.
1. Es wird die Particulain von vielen Auslegern alhier genommen fuͤr aus, daß es ſo viel ſey, als ſey Paulus zu Rom in ſeinen Leiden von denen, die mit ihm aus Aſia dahin gegangen, oder ihm nachgekommen, verlaſſen worden. Da aber dieſe Verwechſelung gedachter Woͤrtlein ungewoͤhnlich und etwas gezwungen iſt; ſo be- haͤlt man gedachte particulam billig in ihrer ei- gentlichen Bedeutung. Da denn der Verſtand dieſer iſt, daß Paulus von einer gewiſſen Art Leute vor dem in Aſia unter dem Leiden verlaſ- ſen worden. Und da Timotheus dieſes ſchon wuſte, ſo fuͤhrete ers an, als etwas, welches ihn bewegen konte, deſto beſſer auf ſeiner Hut zu ſeyn: ſintemal jene die ihnen anvertrauete theu- re Beylage in rechter Anwendung nicht bewah- ret haͤtten, als welche Application ſonderlich in der unerſchrockenen Bekenntniß haͤtte ſollen bewieſen werden. Und eben dieſen Verſtand bringet auch der Zuſammenhang dieſes und des vorhergehenden Verſes alſo mit ſich. Denn nach dem der Apoſtel geſaget: Halte an dem Fuͤrbilde der Lehre, die gute Beylage be- wahre; ſo erwehnet er darauf einiger abtruͤn- nigen, die ſich des Evangelii und Pauli, da er mit dem Evangelio ſelbſt ſo ſehr verlaͤſtert und verfolget worden, Geſchaͤmet haben. Darum er vorher v. 8. geſetzet hatte: Schaͤme dich nicht des Zeugniſſes unſers HErrn, noch meiner, der ich ſein Gebundener bin, ſon- dern leide dich mit dem Evangelio, wie ich. Waͤren dieſe Leute aus Aſia und zu Rom gewe- ſen, und haͤtten alda Paulum erſt verlaſſen; ſo haͤtte es Timotheus nicht ſo eigentlich gewuſt, (wie es ihm doch ſchon bekannt geweſen ſeyn muß) ſondern Paulus wuͤrde es ihm erſt berich- tet haben: gleichwie er unten c. 4, 16. von dem, was ihm dißfals auch zu Rom begegnet war, berichtete, welches denn mit dem, was wir im ge- genwaͤrtigen Text haben, nicht einerley iſt.
2. Mit dem Worte alle ſiehet der Apoſtel ohn Zweifel auf eine gewiſſe Anzahl von einer ge- wiſſen Art Leute, welche, wie gedacht, an einem gewiſſen Orte in klein Aſien, und auch zu der Zeit, als ſchwere Leiden uͤber Paulum ergangen, wetterwendiſch worden und ſich ſeiner entzogen haben. Denn daß das Wort ſehr eingeſchraͤn- cket werden muͤſſe, ſiehet man auſſer dem, daß er v. 16. Oneſiphorum ſelbſt davon ausnimmt, auch daraus, daß er dem Timotheo c. 2, 2. be- fiehlt, dasjenige, was er von ihm gehoͤret, ſolchen treuen Zeugen zu befehlen, die da tuͤchtig waͤren, auch andere zu lehren. Und alſo muß es doch auſſer einem gewiſſen Falle und auſſer einer Geſellſchaft gewiſſer Leute ſonſt an treuen und tuͤchtigen Zeugen auch in Aſien, und ſonderlich in deroſelben Haupt-Stadt Epheſus, nicht gefehlet haben. Wie man denn auch aus [Spaltenumbruch]
den apocalyptiſchen Briefen ſiehet, daß Aſien mehrere bluͤhende Gemeinen noch nach der Zeit gehabt hat.
3. Man ſiehet ſo wol aus den Schriften der Evangeliſten und Apoſtel, als aus den Scri- benten der Kirchen-Hiſtorie beydes, die Treue und auch Untreue in der Bekenntniß und be- harrlichen Ausuͤbung der erkannten Wahrheit. Sagte doch, was das letztere betrift, unſer Hey- land ſelbſt, es wuͤrden ſich viele an ihm aͤr- gern. Matth. 11, 6. Wie es Petrus ſelbſt vor ſeiner Beveſtigung gemachet, iſt bekannt. Und wie es in der Kirche GOttes hernach ergehen wuͤrde, hat unſer Heyland deutlich vorher ge- ſagt Matth. 13, 20. 21. da er ſpricht: der (wel- cher Saame) auf das ſteinichte geſaͤet iſt, der iſt es, wenn iemand das Wort hoͤret, und daſſelbe bald aufnimt mit Freuden: aber er hat nicht Wurtzel in ihm, ſondern iſt wetterwendiſch, und wenn ſich Truͤbſal und Verfolgung erhebet um des Worts willen, ſo aͤrgert er ſich bald. Es iſt doch aber nichts deſtoweniger die Anzahl der treuen und ſtandhaften Bekenner zu allen Zeiten ge- wiß nicht gering geweſen; und haben ſich dar- unter auch alle wege ſolche Perſonen gefunden, denen man es vorher wol nicht zugetrauet haͤt- te. Von ihrer recht Wunder-vollen Glau- bens-Freudigkeit, wodurch ihnen GOTT auch die ſonſt allerempfindlichſte Pein faſt gantz unem- pfindlich gemachet, nicht zu ſagen.
V. 16.
Der HErr (der Dreyeinige GOTT, und in der Dreyeinigen Gottheit ſonderlich der Sohn GOttes, als der barmhertzige Hohe-Prieſter, der nach ſeiner Verheiſſuug kein Liebes-Werck unvergolten laſſen wird Matth. 10, 42. c. 25, 35. u. ſ. w.) gebe Barmhertzigkeit (und aus ſol- cher Gnade eine reiche Vergeltung fuͤr ſeine groſſe Treue und Liebe) dem Hauſe (der Fami- lie) Oneſiphori (und ihme ſelbſt.) Denn er hat mich oft erquicket (ſonderlich der Seele nach, wie der Leib in groſſer Hitze durch einen kuͤhlen Schatten, oder friſchen Trunck erfriſchet wird) und hat ſich meiner Ketten (und deſſen was damit verknuͤpfet war) nicht geſchaͤmet (wie die vor dem in Aſia gethan haben v. 15.)
V. 17.
Sondern da er zu Rom war (nach Rom kam, nemlich von Epheſus, nach c. 4, 19. vielleicht der Handlung wegen; bey welcher Ge- legenheit aber ſeine fuͤrnehmſte Sorge auf das Reich GOttes gegangen iſt) ſuchte er mich (wie er mir hernach erzehlet hat) aufs fleißigſte (in dieſer ſo gar groſſen und weitlaͤuftigen Stadt, da der Gefaͤngniſſe ſehr viele waren, und er alſo erſt eine muͤhſame Nachfrage halten muͤſſen, zumal er anfangs die zerſtreuet lebenden, und ſich verborgen haltenden Chriſtlichen Perſonen und Familien nicht ſo fort zu finden gewuſt hat) und fand mich (zu unſerer beyder groſſen Freude und Erquickung und zu vielem Lobe GOttes.)
V. 18.
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[154/0156]
Erklaͤrung des andern Briefes Pauli C. 1. v. 15-17.
V. 15.
Das weißt du, daß ſich verkehret ha-
ben von mir (mich verlaſſen haben) alle die
in Aſia ſind, unter welchen (vor andern) iſt
Phygellus und Hermogenes.
Anmerckungen.
1. Es wird die Particula in von vielen
Auslegern alhier genommen fuͤr aus, daß es ſo
viel ſey, als ſey Paulus zu Rom in ſeinen Leiden
von denen, die mit ihm aus Aſia dahin gegangen,
oder ihm nachgekommen, verlaſſen worden. Da
aber dieſe Verwechſelung gedachter Woͤrtlein
ungewoͤhnlich und etwas gezwungen iſt; ſo be-
haͤlt man gedachte particulam billig in ihrer ei-
gentlichen Bedeutung. Da denn der Verſtand
dieſer iſt, daß Paulus von einer gewiſſen Art
Leute vor dem in Aſia unter dem Leiden verlaſ-
ſen worden. Und da Timotheus dieſes ſchon
wuſte, ſo fuͤhrete ers an, als etwas, welches ihn
bewegen konte, deſto beſſer auf ſeiner Hut zu
ſeyn: ſintemal jene die ihnen anvertrauete theu-
re Beylage in rechter Anwendung nicht bewah-
ret haͤtten, als welche Application ſonderlich
in der unerſchrockenen Bekenntniß haͤtte ſollen
bewieſen werden. Und eben dieſen Verſtand
bringet auch der Zuſammenhang dieſes und des
vorhergehenden Verſes alſo mit ſich. Denn
nach dem der Apoſtel geſaget: Halte an dem
Fuͤrbilde der Lehre, die gute Beylage be-
wahre; ſo erwehnet er darauf einiger abtruͤn-
nigen, die ſich des Evangelii und Pauli, da er
mit dem Evangelio ſelbſt ſo ſehr verlaͤſtert und
verfolget worden, Geſchaͤmet haben. Darum
er vorher v. 8. geſetzet hatte: Schaͤme dich
nicht des Zeugniſſes unſers HErrn, noch
meiner, der ich ſein Gebundener bin, ſon-
dern leide dich mit dem Evangelio, wie ich.
Waͤren dieſe Leute aus Aſia und zu Rom gewe-
ſen, und haͤtten alda Paulum erſt verlaſſen; ſo
haͤtte es Timotheus nicht ſo eigentlich gewuſt,
(wie es ihm doch ſchon bekannt geweſen ſeyn
muß) ſondern Paulus wuͤrde es ihm erſt berich-
tet haben: gleichwie er unten c. 4, 16. von dem,
was ihm dißfals auch zu Rom begegnet war,
berichtete, welches denn mit dem, was wir im ge-
genwaͤrtigen Text haben, nicht einerley iſt.
2. Mit dem Worte alle ſiehet der Apoſtel
ohn Zweifel auf eine gewiſſe Anzahl von einer ge-
wiſſen Art Leute, welche, wie gedacht, an einem
gewiſſen Orte in klein Aſien, und auch zu der
Zeit, als ſchwere Leiden uͤber Paulum ergangen,
wetterwendiſch worden und ſich ſeiner entzogen
haben. Denn daß das Wort ſehr eingeſchraͤn-
cket werden muͤſſe, ſiehet man auſſer dem, daß er
v. 16. Oneſiphorum ſelbſt davon ausnimmt,
auch daraus, daß er dem Timotheo c. 2, 2. be-
fiehlt, dasjenige, was er von ihm gehoͤret,
ſolchen treuen Zeugen zu befehlen, die da
tuͤchtig waͤren, auch andere zu lehren. Und
alſo muß es doch auſſer einem gewiſſen Falle und
auſſer einer Geſellſchaft gewiſſer Leute ſonſt an
treuen und tuͤchtigen Zeugen auch in Aſien, und
ſonderlich in deroſelben Haupt-Stadt Epheſus,
nicht gefehlet haben. Wie man denn auch aus
den apocalyptiſchen Briefen ſiehet, daß Aſien
mehrere bluͤhende Gemeinen noch nach der Zeit
gehabt hat.
3. Man ſiehet ſo wol aus den Schriften
der Evangeliſten und Apoſtel, als aus den Scri-
benten der Kirchen-Hiſtorie beydes, die Treue
und auch Untreue in der Bekenntniß und be-
harrlichen Ausuͤbung der erkannten Wahrheit.
Sagte doch, was das letztere betrift, unſer Hey-
land ſelbſt, es wuͤrden ſich viele an ihm aͤr-
gern. Matth. 11, 6. Wie es Petrus ſelbſt vor
ſeiner Beveſtigung gemachet, iſt bekannt. Und
wie es in der Kirche GOttes hernach ergehen
wuͤrde, hat unſer Heyland deutlich vorher ge-
ſagt Matth. 13, 20. 21. da er ſpricht: der (wel-
cher Saame) auf das ſteinichte geſaͤet iſt,
der iſt es, wenn iemand das Wort hoͤret,
und daſſelbe bald aufnimt mit Freuden:
aber er hat nicht Wurtzel in ihm, ſondern
iſt wetterwendiſch, und wenn ſich Truͤbſal
und Verfolgung erhebet um des Worts
willen, ſo aͤrgert er ſich bald. Es iſt doch
aber nichts deſtoweniger die Anzahl der treuen
und ſtandhaften Bekenner zu allen Zeiten ge-
wiß nicht gering geweſen; und haben ſich dar-
unter auch alle wege ſolche Perſonen gefunden,
denen man es vorher wol nicht zugetrauet haͤt-
te. Von ihrer recht Wunder-vollen Glau-
bens-Freudigkeit, wodurch ihnen GOTT auch
die ſonſt allerempfindlichſte Pein faſt gantz unem-
pfindlich gemachet, nicht zu ſagen.
V. 16.
Der HErr (der Dreyeinige GOTT, und
in der Dreyeinigen Gottheit ſonderlich der Sohn
GOttes, als der barmhertzige Hohe-Prieſter,
der nach ſeiner Verheiſſuug kein Liebes-Werck
unvergolten laſſen wird Matth. 10, 42. c. 25, 35.
u. ſ. w.) gebe Barmhertzigkeit (und aus ſol-
cher Gnade eine reiche Vergeltung fuͤr ſeine
groſſe Treue und Liebe) dem Hauſe (der Fami-
lie) Oneſiphori (und ihme ſelbſt.) Denn er hat
mich oft erquicket (ſonderlich der Seele nach,
wie der Leib in groſſer Hitze durch einen kuͤhlen
Schatten, oder friſchen Trunck erfriſchet wird)
und hat ſich meiner Ketten (und deſſen was
damit verknuͤpfet war) nicht geſchaͤmet (wie
die vor dem in Aſia gethan haben v. 15.)
V. 17.
Sondern da er zu Rom war (nach
Rom kam, nemlich von Epheſus, nach c. 4, 19.
vielleicht der Handlung wegen; bey welcher Ge-
legenheit aber ſeine fuͤrnehmſte Sorge auf das
Reich GOttes gegangen iſt) ſuchte er mich
(wie er mir hernach erzehlet hat) aufs fleißigſte
(in dieſer ſo gar groſſen und weitlaͤuftigen Stadt,
da der Gefaͤngniſſe ſehr viele waren, und er alſo
erſt eine muͤhſame Nachfrage halten muͤſſen,
zumal er anfangs die zerſtreuet lebenden, und
ſich verborgen haltenden Chriſtlichen Perſonen
und Familien nicht ſo fort zu finden gewuſt hat)
und fand mich (zu unſerer beyder groſſen
Freude und Erquickung und zu vielem Lobe
GOttes.)
V. 18.
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/156>, abgerufen am 23.11.2024.
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