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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des ersten Briefes Pauli Cap. 3. v. 1. 2.
[Spaltenumbruch] Gewissen retten wolle, gewiß nicht faullentzen
oder müßig seyn darf; wie er denn daher 2 Tim.
4, 5. Timotheum also anredet: Du aber sey
nüchtern allenthalben, leide dich, thue
das Werck eines Evangelischen Predigers,
richte dein Amt redlich aus.
Und vorher
c, 2, 15. spricht er: Befleißige dich GOTT
zu erzeigen einen rechtschaffenen und un-
sträflichen
ergaten, Arbeiter, der da recht
theile das Wort der Wahrheit.
Von
trüglichen ergatais, Arbeitern, siehe 2 Cor. 11.
v. 13.

5. Dieses Werck ist nun kalon, gut, vor-
treflich und sehr wichtig: denn an statt, daß vie-
le andere Aemter in der menschlichen Gesellschaft,
die an sich auch wichtig, nöthig und nützlich sind,
es mit solchen Sachen zu thun haben, welche
größten Theils unter der Hand also vergehen,
daß davon nichts in die selige Ewigkeit kommt,
obwol die darauf gerichtete Geschäfte, die der
Seele keine Nahrung geben, können geheiliget
werden: so kan man bey diesem Amte zuvorderst
seiner selbst recht wahrnehmen, und seine eigene
Seelen-Weide, ohne Verhinderung, in dem
göttlichen Worte haben, auch ein Werckzeug
seyn, dessen Verrichtungen, wenn sie von rechter
Art sind, unmittelbar auf das Heyl der Seelen,
auf die selige Ewigkeit und auf die Ehre GOttes
gehen.

6. Ein Bischofs-Amt begehren, war
in der ersten Kirche soviel, als sich demselben nicht
entziehen, sondern durch Erweckung der Gaben,
oder der Tüchtigkeit und Treue, sich von GOtt
dazu geschickt und brauchbar machen lassen: denn
weil damals bey dem Lehr-Amte noch kein hin-
länglicher Unterhalt war, die Lehrer auch bey den
erst gepflantzten Kirchen überaus viele Arbeit und
Mühe hatten, und dabey der Gefahr und Ver-
folgung am ersten und meisten unterworfen wa-
ren, und, da man noch von keinem besondern
Orden der Litteratorum wußte, sie aus der
Gemeine zum Amte genommen wurden, so war
kein Drang darnach, am allerwenigsten bey de-
nen, welche doch wol die besten in der Gemeine
waren; aber ihrem Gefühle nach in einer wah-
ren Armuth des Geistes stunden: so waren auch
damals noch keine also genannte Kirchen-Patro-
ni;
daher man so viel weniger dencken darf, als
hätte das damalige Begehren eines Bischof-
Amts ein bitten, suppliciren und sonderbares be-
werben erfodert, oder mit sich geführet; dieweil
doch aber bey mehrerm Anwachs der Gemeinen
immer mehrere Lehrer seyn, und in der abgehen-
den Stelle andere gesetzet werden mußten, so er-
forderte es die Nothwendigkeit, daß diejenigen,
welche bey sich in Demuth eine Gabe der Er-
kenntniß, der Weisheit und des Vortrages fun-
den, dieselbe bey sich immer mehr erweckten, zu
dem Zweck, um sich mit Verleugnung ihrer selbst,
und williger Ubernehmung aller Arbeit und Ge-
fahr, zum Lehr-Amte gebrauchen zu lassen, und
sodann bey dem Antrag es nicht auszuschlagen,
sondern anzunehmen.

7. Da es nun um den wahren Verstand
dieser Worte also stehet, so siehet man leichtlich,
[Spaltenumbruch] daß es ein Mißbrauch derselben seyn, wenn man
heute zu Tage daher diesen Schluß machet, daß
es dem Gewissen vor GOTT gar wohl erlaubet
sey, um ein Lehr-Amt an diesem und jenem Or-
te sich selbst zu bewerben: da man hingegen billig
unterscheiden soll das Begehren eines Lehr-Amts
überhaupt und insonderheit; denn obgleich jenes
gar wohl geschehen kan, so stehet es doch um die-
ses gar anders: Jenes geschiehet in der That noch
mehr, als es iemals in der ersten Kirche geschehen
ist; nemlich damit, wenn einer sich auf das Stu-
dium Theologiae
leget; und also seine gantze
Lebens-Art darnach einrichtet, auch, sobald er
zu einiger rechten Tüchtigkeit und angehenden
Reiffe gelanget, sich vor öffentlichen Gemeinen im
predigen gebrauchen lässet, auch, da solches an
mehrern Orten bey Gelegenheit geschiehet, vie-
len hunderten ja wohl tausenden bekannt wird,
und demnach wie damit, also auch mit seiner gan-
tzen Lebens-Art, in der That genugsam bezeuget,
daß er ein Lehr-Amt in einem gesunden Verstande
begehre: daß also Theologiam Studiren, und
sich als einen Studiosum Theologiae geriren
und ein Lehr-Amt begehren, Synonyma, oder
Sachen von gleicher Bedeutung sind. Und da-
bey solle man es billig lassen, und sich von der Be-
werbung um diese und jene besondere Stelle ent-
halten, und sich disfals der gütigen Providentz
GOttes übergeben, der da die Hertzen derer, auf
welche es in der Gemeine am meisten ankömmt,
schon regieren kan, auf einen, den man ohne das
schon öfters gehöret hat, oder der von andern aus
guter Absicht bekannt gemachet und recom-
mendir
et wird, in wahrer Zuneigung zu fallen:
wie solches auch die Erfahrung an so manchem
rechtschaffenen Candidato bestätiget, daß er
ohne alles sein Suchen und Bemühen hie und da-
zu nach der gnädigen Führung GOttes gelanget.

8. Es haben aber auch andere hiebey ihre
Pflicht zu erkennen: nemlich man soll nicht er-
warten, noch weniger verlangen daß Candidati
sich selbst melden, und um die Beforderung bit-
ten; sondern man soll sich bey erledigten Stellen
nach den besten Leuten selbst umsehen, und durch
andere glaubwürdige Personen von ihnen Nach-
richt einziehen, und sie sodann aus eigener Be-
wegung hervor ziehen; die Läufer aber soviel
mehr zurück setzen, soviel grösser die eigene Acti-
vit
ät bey ihnen erfunden wird.

V. 2.

Es soll aber (ou'~n, derohalben, da es ein
so wichtiges heiliges Amt ist) ein Bischoff un-
sträflich seyn,
(also, daß er bisher einen vor
Menschen exemplarischen Wandel geführet,
und der Gemeine kein Aergerniß gegeben,) eines
Weibes Mann,
(der nicht nach Jüdischer Art,
oder Unart, mehrere Weiber zugleich habe, und
damit ein Aergerniß gebe, als wenn die an den
Juden geduldete Vielweiberey auch den Christen
nach dem wohlgefälligen Willen GOttes frey
stehe,) nüchtern, (dem Leibe; und zugleich
wachsam dem Gemüthe nach,) mäßig, (sophrona
gesund am Gemüthe, recht vernünstig, klug
und weise, der daher in allen seinen Handlungen
klüglich, vorsichtig und bescheidentlich verfahre,)

sittig

Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli Cap. 3. v. 1. 2.
[Spaltenumbruch] Gewiſſen retten wolle, gewiß nicht faullentzen
oder muͤßig ſeyn darf; wie er denn daher 2 Tim.
4, 5. Timotheum alſo anredet: Du aber ſey
nuͤchtern allenthalben, leide dich, thue
das Werck eines Evangeliſchen Predigers,
richte dein Amt redlich aus.
Und vorher
c, 2, 15. ſpricht er: Befleißige dich GOTT
zu erzeigen einen rechtſchaffenen und un-
ſtraͤflichen
ἐργάτην, Arbeiter, der da recht
theile das Wort der Wahrheit.
Von
truͤglichen ἐργάταις, Arbeitern, ſiehe 2 Cor. 11.
v. 13.

5. Dieſes Werck iſt nun καλὸν, gut, vor-
treflich und ſehr wichtig: denn an ſtatt, daß vie-
le andere Aemter in der menſchlichen Geſellſchaft,
die an ſich auch wichtig, noͤthig und nuͤtzlich ſind,
es mit ſolchen Sachen zu thun haben, welche
groͤßten Theils unter der Hand alſo vergehen,
daß davon nichts in die ſelige Ewigkeit kommt,
obwol die darauf gerichtete Geſchaͤfte, die der
Seele keine Nahrung geben, koͤnnen geheiliget
werden: ſo kan man bey dieſem Amte zuvorderſt
ſeiner ſelbſt recht wahrnehmen, und ſeine eigene
Seelen-Weide, ohne Verhinderung, in dem
goͤttlichen Worte haben, auch ein Werckzeug
ſeyn, deſſen Verrichtungen, wenn ſie von rechter
Art ſind, unmittelbar auf das Heyl der Seelen,
auf die ſelige Ewigkeit und auf die Ehre GOttes
gehen.

6. Ein Biſchofs-Amt begehren, war
in der erſten Kirche ſoviel, als ſich demſelben nicht
entziehen, ſondern durch Erweckung der Gaben,
oder der Tuͤchtigkeit und Treue, ſich von GOtt
dazu geſchickt und brauchbar machen laſſen: denn
weil damals bey dem Lehr-Amte noch kein hin-
laͤnglicher Unterhalt war, die Lehrer auch bey den
erſt gepflantzten Kirchen uͤberaus viele Arbeit und
Muͤhe hatten, und dabey der Gefahr und Ver-
folgung am erſten und meiſten unterworfen wa-
ren, und, da man noch von keinem beſondern
Orden der Litteratorum wußte, ſie aus der
Gemeine zum Amte genommen wurden, ſo war
kein Drang darnach, am allerwenigſten bey de-
nen, welche doch wol die beſten in der Gemeine
waren; aber ihrem Gefuͤhle nach in einer wah-
ren Armuth des Geiſtes ſtunden: ſo waren auch
damals noch keine alſo genannte Kirchen-Patro-
ni;
daher man ſo viel weniger dencken darf, als
haͤtte das damalige Begehren eines Biſchof-
Amts ein bitten, ſuppliciren und ſonderbares be-
werben erfodert, oder mit ſich gefuͤhret; dieweil
doch aber bey mehrerm Anwachs der Gemeinen
immer mehrere Lehrer ſeyn, und in der abgehen-
den Stelle andere geſetzet werden mußten, ſo er-
forderte es die Nothwendigkeit, daß diejenigen,
welche bey ſich in Demuth eine Gabe der Er-
kenntniß, der Weisheit und des Vortrages fun-
den, dieſelbe bey ſich immer mehr erweckten, zu
dem Zweck, um ſich mit Verleugnung ihrer ſelbſt,
und williger Ubernehmung aller Arbeit und Ge-
fahr, zum Lehr-Amte gebrauchen zu laſſen, und
ſodann bey dem Antrag es nicht auszuſchlagen,
ſondern anzunehmen.

7. Da es nun um den wahren Verſtand
dieſer Worte alſo ſtehet, ſo ſiehet man leichtlich,
[Spaltenumbruch] daß es ein Mißbrauch derſelben ſeyn, wenn man
heute zu Tage daher dieſen Schluß machet, daß
es dem Gewiſſen vor GOTT gar wohl erlaubet
ſey, um ein Lehr-Amt an dieſem und jenem Or-
te ſich ſelbſt zu bewerben: da man hingegen billig
unterſcheiden ſoll das Begehren eines Lehr-Amts
uͤberhaupt und inſonderheit; denn obgleich jenes
gar wohl geſchehen kan, ſo ſtehet es doch um die-
ſes gar anders: Jenes geſchiehet in der That noch
mehr, als es iemals in der erſten Kirche geſchehen
iſt; nemlich damit, wenn einer ſich auf das Stu-
dium Theologiæ
leget; und alſo ſeine gantze
Lebens-Art darnach einrichtet, auch, ſobald er
zu einiger rechten Tuͤchtigkeit und angehenden
Reiffe gelanget, ſich vor oͤffentlichen Gemeinen im
predigen gebrauchen laͤſſet, auch, da ſolches an
mehrern Orten bey Gelegenheit geſchiehet, vie-
len hunderten ja wohl tauſenden bekannt wird,
und demnach wie damit, alſo auch mit ſeiner gan-
tzen Lebens-Art, in der That genugſam bezeuget,
daß er ein Lehr-Amt in einem geſunden Verſtande
begehre: daß alſo Theologiam Studiren, und
ſich als einen Studioſum Theologiæ geriren
und ein Lehr-Amt begehren, Synonyma, oder
Sachen von gleicher Bedeutung ſind. Und da-
bey ſolle man es billig laſſen, und ſich von der Be-
werbung um dieſe und jene beſondere Stelle ent-
halten, und ſich disfals der guͤtigen Providentz
GOttes uͤbergeben, der da die Hertzen derer, auf
welche es in der Gemeine am meiſten ankoͤmmt,
ſchon regieren kan, auf einen, den man ohne das
ſchon oͤfters gehoͤret hat, oder der von andern aus
guter Abſicht bekannt gemachet und recom-
mendir
et wird, in wahrer Zuneigung zu fallen:
wie ſolches auch die Erfahrung an ſo manchem
rechtſchaffenen Candidato beſtaͤtiget, daß er
ohne alles ſein Suchen und Bemuͤhen hie und da-
zu nach der gnaͤdigen Fuͤhrung GOttes gelanget.

8. Es haben aber auch andere hiebey ihre
Pflicht zu erkennen: nemlich man ſoll nicht er-
warten, noch weniger verlangen daß Candidati
ſich ſelbſt melden, und um die Beforderung bit-
ten; ſondern man ſoll ſich bey erledigten Stellen
nach den beſten Leuten ſelbſt umſehen, und durch
andere glaubwuͤrdige Perſonen von ihnen Nach-
richt einziehen, und ſie ſodann aus eigener Be-
wegung hervor ziehen; die Laͤufer aber ſoviel
mehr zuruͤck ſetzen, ſoviel groͤſſer die eigene Acti-
vit
aͤt bey ihnen erfunden wird.

V. 2.

Es ſoll aber (ου῏ν, derohalben, da es ein
ſo wichtiges heiliges Amt iſt) ein Biſchoff un-
ſtraͤflich ſeyn,
(alſo, daß er bisher einen vor
Menſchen exemplariſchen Wandel gefuͤhret,
und der Gemeine kein Aergerniß gegeben,) eines
Weibes Mann,
(der nicht nach Juͤdiſcher Art,
oder Unart, mehrere Weiber zugleich habe, und
damit ein Aergerniß gebe, als wenn die an den
Juden geduldete Vielweiberey auch den Chriſten
nach dem wohlgefaͤlligen Willen GOttes frey
ſtehe,) nuͤchtern, (dem Leibe; und zugleich
wachſam dem Gemuͤthe nach,) maͤßig, (σώϕρονα
geſund am Gemuͤthe, recht vernuͤnſtig, klug
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[110/0112] Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli Cap. 3. v. 1. 2. Gewiſſen retten wolle, gewiß nicht faullentzen oder muͤßig ſeyn darf; wie er denn daher 2 Tim. 4, 5. Timotheum alſo anredet: Du aber ſey nuͤchtern allenthalben, leide dich, thue das Werck eines Evangeliſchen Predigers, richte dein Amt redlich aus. Und vorher c, 2, 15. ſpricht er: Befleißige dich GOTT zu erzeigen einen rechtſchaffenen und un- ſtraͤflichen ἐργάτην, Arbeiter, der da recht theile das Wort der Wahrheit. Von truͤglichen ἐργάταις, Arbeitern, ſiehe 2 Cor. 11. v. 13. 5. Dieſes Werck iſt nun καλὸν, gut, vor- treflich und ſehr wichtig: denn an ſtatt, daß vie- le andere Aemter in der menſchlichen Geſellſchaft, die an ſich auch wichtig, noͤthig und nuͤtzlich ſind, es mit ſolchen Sachen zu thun haben, welche groͤßten Theils unter der Hand alſo vergehen, daß davon nichts in die ſelige Ewigkeit kommt, obwol die darauf gerichtete Geſchaͤfte, die der Seele keine Nahrung geben, koͤnnen geheiliget werden: ſo kan man bey dieſem Amte zuvorderſt ſeiner ſelbſt recht wahrnehmen, und ſeine eigene Seelen-Weide, ohne Verhinderung, in dem goͤttlichen Worte haben, auch ein Werckzeug ſeyn, deſſen Verrichtungen, wenn ſie von rechter Art ſind, unmittelbar auf das Heyl der Seelen, auf die ſelige Ewigkeit und auf die Ehre GOttes gehen. 6. Ein Biſchofs-Amt begehren, war in der erſten Kirche ſoviel, als ſich demſelben nicht entziehen, ſondern durch Erweckung der Gaben, oder der Tuͤchtigkeit und Treue, ſich von GOtt dazu geſchickt und brauchbar machen laſſen: denn weil damals bey dem Lehr-Amte noch kein hin- laͤnglicher Unterhalt war, die Lehrer auch bey den erſt gepflantzten Kirchen uͤberaus viele Arbeit und Muͤhe hatten, und dabey der Gefahr und Ver- folgung am erſten und meiſten unterworfen wa- ren, und, da man noch von keinem beſondern Orden der Litteratorum wußte, ſie aus der Gemeine zum Amte genommen wurden, ſo war kein Drang darnach, am allerwenigſten bey de- nen, welche doch wol die beſten in der Gemeine waren; aber ihrem Gefuͤhle nach in einer wah- ren Armuth des Geiſtes ſtunden: ſo waren auch damals noch keine alſo genannte Kirchen-Patro- ni; daher man ſo viel weniger dencken darf, als haͤtte das damalige Begehren eines Biſchof- Amts ein bitten, ſuppliciren und ſonderbares be- werben erfodert, oder mit ſich gefuͤhret; dieweil doch aber bey mehrerm Anwachs der Gemeinen immer mehrere Lehrer ſeyn, und in der abgehen- den Stelle andere geſetzet werden mußten, ſo er- forderte es die Nothwendigkeit, daß diejenigen, welche bey ſich in Demuth eine Gabe der Er- kenntniß, der Weisheit und des Vortrages fun- den, dieſelbe bey ſich immer mehr erweckten, zu dem Zweck, um ſich mit Verleugnung ihrer ſelbſt, und williger Ubernehmung aller Arbeit und Ge- fahr, zum Lehr-Amte gebrauchen zu laſſen, und ſodann bey dem Antrag es nicht auszuſchlagen, ſondern anzunehmen. 7. Da es nun um den wahren Verſtand dieſer Worte alſo ſtehet, ſo ſiehet man leichtlich, daß es ein Mißbrauch derſelben ſeyn, wenn man heute zu Tage daher dieſen Schluß machet, daß es dem Gewiſſen vor GOTT gar wohl erlaubet ſey, um ein Lehr-Amt an dieſem und jenem Or- te ſich ſelbſt zu bewerben: da man hingegen billig unterſcheiden ſoll das Begehren eines Lehr-Amts uͤberhaupt und inſonderheit; denn obgleich jenes gar wohl geſchehen kan, ſo ſtehet es doch um die- ſes gar anders: Jenes geſchiehet in der That noch mehr, als es iemals in der erſten Kirche geſchehen iſt; nemlich damit, wenn einer ſich auf das Stu- dium Theologiæ leget; und alſo ſeine gantze Lebens-Art darnach einrichtet, auch, ſobald er zu einiger rechten Tuͤchtigkeit und angehenden Reiffe gelanget, ſich vor oͤffentlichen Gemeinen im predigen gebrauchen laͤſſet, auch, da ſolches an mehrern Orten bey Gelegenheit geſchiehet, vie- len hunderten ja wohl tauſenden bekannt wird, und demnach wie damit, alſo auch mit ſeiner gan- tzen Lebens-Art, in der That genugſam bezeuget, daß er ein Lehr-Amt in einem geſunden Verſtande begehre: daß alſo Theologiam Studiren, und ſich als einen Studioſum Theologiæ geriren und ein Lehr-Amt begehren, Synonyma, oder Sachen von gleicher Bedeutung ſind. Und da- bey ſolle man es billig laſſen, und ſich von der Be- werbung um dieſe und jene beſondere Stelle ent- halten, und ſich disfals der guͤtigen Providentz GOttes uͤbergeben, der da die Hertzen derer, auf welche es in der Gemeine am meiſten ankoͤmmt, ſchon regieren kan, auf einen, den man ohne das ſchon oͤfters gehoͤret hat, oder der von andern aus guter Abſicht bekannt gemachet und recom- mendiret wird, in wahrer Zuneigung zu fallen: wie ſolches auch die Erfahrung an ſo manchem rechtſchaffenen Candidato beſtaͤtiget, daß er ohne alles ſein Suchen und Bemuͤhen hie und da- zu nach der gnaͤdigen Fuͤhrung GOttes gelanget. 8. Es haben aber auch andere hiebey ihre Pflicht zu erkennen: nemlich man ſoll nicht er- warten, noch weniger verlangen daß Candidati ſich ſelbſt melden, und um die Beforderung bit- ten; ſondern man ſoll ſich bey erledigten Stellen nach den beſten Leuten ſelbſt umſehen, und durch andere glaubwuͤrdige Perſonen von ihnen Nach- richt einziehen, und ſie ſodann aus eigener Be- wegung hervor ziehen; die Laͤufer aber ſoviel mehr zuruͤck ſetzen, ſoviel groͤſſer die eigene Acti- vitaͤt bey ihnen erfunden wird. V. 2. Es ſoll aber (ου῏ν, derohalben, da es ein ſo wichtiges heiliges Amt iſt) ein Biſchoff un- ſtraͤflich ſeyn, (alſo, daß er bisher einen vor Menſchen exemplariſchen Wandel gefuͤhret, und der Gemeine kein Aergerniß gegeben,) eines Weibes Mann, (der nicht nach Juͤdiſcher Art, oder Unart, mehrere Weiber zugleich habe, und damit ein Aergerniß gebe, als wenn die an den Juden geduldete Vielweiberey auch den Chriſten nach dem wohlgefaͤlligen Willen GOttes frey ſtehe,) nuͤchtern, (dem Leibe; und zugleich wachſam dem Gemuͤthe nach,) maͤßig, (σώϕρονα geſund am Gemuͤthe, recht vernuͤnſtig, klug und weiſe, der daher in allen ſeinen Handlungen kluͤglich, vorſichtig und beſcheidentlich verfahre,) ſittig

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/112>, abgerufen am 23.11.2024.