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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 3, v. 1. 2. an die Philipper.
[Spaltenumbruch]
4. Die Worte: Freuet euch in dem
HErrn!
sind alhier etwas abgebrochen gesetzet,
und zeigen an einen sonderbaren Afsect in Paulo
und so viel mehrern Nachdruck: mit dem vorher-
gehenden und nachfolgenden Contexte aber sind
sie zu verbinden: Der Apostel hatte gezeiget, wie
daß die Philipper zur seligen Gemeinschaft des
Evangelii und CHristi selbst gekommen waren,
und wie sie CHristum im Wercke der Erlösung
nach dem Stande der Erniedrigung und Erhö-
hung anzusehen hätten. Wenn er nun nach
andern hinzugethanen Erinnerungen alhier sa-
get: Freuet euch in dem HERRN! so siehet
er mit diesen Worten darauf wieder zurück, und
zeiget an, wie sie sich solcher Gemeinschaft am
Evangelio in CHristo recht zu Nutze machen sol-
ten. So wolte er auch im folgenden das rechte
Haupt-Gut, welches wir in CHristo haben,
worum sie die falschen Lehrer bringen wolten,
und in der erworbenen Gerechtigkeit CHristi be-
stehet, ihnen, wie er schon mündlich gethan hat-
te, auch schriftlich zur Hochachtung und Be-
wahrung mit seinem Exempel anpreisen. Dar-
um schickten sich solche Worte von der Freude
im HERRN auch dazu recht wohl; sintemal
diß Haupt-Geschenck der rechte Grund ist aller
wahren Freude.
5. Alle Freude, welche nicht im HErrn
geschiehet, oder geschehen kan, nemlich also, daß
dabey die Anrufung seines heiligen Namens und
die heilige Furcht vor ihm wohl bestehe, die ist ir-
disch und sündlich.
6. Es kan sich aber niemand im HERRN
freuen, er sey denn wahrhaftig bekehret, und
stehe in gläubiger Vereinigung und Gemeinschaft
mit ihm. Und also ist aller unbekehrten Men-
schen ihre Freude eitel; als die nicht im HERRN
geschiehet, und nicht geschehen kan.
7. Es ist ein sehr irriger Wahn, wenn eitle
Welt-Menschen dafür halten, als hätten wahre
Christen keine Freude in dieser Welt, und deß-
wegen von der wahren Bekehrung zu GOtt ab-
gekehret sind, weil sie meinen, sie würden so denn
keine fröliche Stunde mehr auf der Welt haben.
Grund-falsch ist dieses. Denn haben sie gleich
keine Freude nach und an der Welt, so haben
sie dieselbe doch in der Welt an GOtt und in
GOtt; auch wol alsdenn, wenn die Welt sie für
traurig ansiehet. Da es denn von ihnen heißt:
als die Traurigen, aber doch allezeit frö-
lich.
Und gleichwie diese Freude rein und hei-
lig ist, so ist sie auch beständig, davon unser Hei-
land saget: Eure Freude soll niemand von
euch nehmen
Joh. 16, 22.
8. Jn den Worten: daß ich euch immer
einerley schreibe,
ist zu mercken, daß im Grie-
chischen darinnen das Wort immer nicht befind-
lich sey: und daß der Apostel mit dem Wote t[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]
auta, einerley, eben das, sehe auf seinen münd-
lichen Vortrag, welchen sie vor dem von ihm em-
pfangen hatten: welchen er dem Haupt-Jnnhal-
te nach schriftlich wiederholet.
9. Gehet es mit der leiblichen Speise also,
daß man eine zum öftern geniesset, und es von
derselben wol heisset: ie länger, ie lieber, zu-
mal bey denen, welche dem Leibe nach im Wachs-
[Spaltenumbruch] thum stehen: warum solte es nicht auch von dem
göttlichen Wort und den daraus genommenen
göttlichen Wahrheiten also heissen? Zur Bevesti-
gung aber muß es kommen.
V. 2.

Sehet auf die Hunde, sehet auf die
bösen Arbeiter, sehet auf die Zerschnei-
dung.

Anmerckungen.
1. Weil der Bewahrung lauterer Lehre von
CHristo, welche der Apostel den Philippern
mündlich vorgetragen hatte, und schriftlich wie-
derholete, die Verführung gewisser jüdischer Jrr-
Lehrer, die CHristum mit Mosen, das Evange-
lium mit dem Gesetze, gefährlicher Weise ver-
mengeten, sehr entgegen stunde, so warnet der
Apostel dagegen sehr nachdrücklich.
2. Es müssen es diese Leute sehr arg gema-
chet haben, daß der Apostel gegen sie hier und am
Ende des Capitels solche harte Worte gebrau-
chet. Da er sie alhier nennet Hunde, böse
Arbeiter, die Zerschneidung.
Und unten
v. 18. 19. Feinde des Creutzes CHristi, wel-
chen der Bauch ihr GOtt ist.
u. f. So ist
auch der Afsect Pauli mit Wiederholung des
Worts sehet ausgedrucket: Sehet auf die
Hunde, sehet auf die bösen Arbeiter, sehet auf
die Zerschneidung.
3. Hunde nennet er diese böse Menschen
theils von ihrer bösen Lehre, theils von ihrem
ärgerlichen und unverschämten Leben. Der Leh-
re
nach waren sie Hunde, weil sie wie die Hun-
de die wahren Lehrer und ihre Zuhörer anfielen,
und ihnen einen Biß nach dem andern beybrach-
ten, und in der Gemeine so viel Lermens mach-
ten, wie arge Hunde auf den Gassen eines Orts.
Welches sonderlich der Ketzermacher ihre Art ist,
davon auch die evangelische Kirche an ihren un-
ächten Gliedern oft viele Unruhe gehabt hat, al-
so, daß mancher sich wider ihre Anfälle durch ab-
genöthigte Apologien hat vertheidigen müssen.
4. Es gehören hierher die Oerter Jes. 56,
19. Alle ihre Wächter sind blind, sie wissen
alle nichts, stumme Hunde sind sie, die nicht
strafen können, sind faul, liegen und schla-
fen gern. Es sind aber starcke Hunde vom
Leibe, die nimmer satt werden können.

Also giebts unter den bösen Lehrern nicht allein
zur Unzeit bellende und beissende, sondern auch
stumme und faule Hunde. Matth. 7, 6. heißt
es: Jhr sollt das Heiligthum nicht den
Hunden geben, und eure Perlen sollt ihr
nicht für die Säue werfen, auf daß sie die-
selben nicht zutreten mit ihren Füssen, und
sich wenden, und euch zerreissen.
Darunter
ausser argen Lehrern sonderlich recht viehische
Menschen, die vor asotischem Wesen zu keinem
Nachdencken kommen können, verstanden wer-
den. Von denen, welche sich von irrigen und
ärgerlichen Lehrern unter dem Vorwand der
Christlichen Freyheit zur Frechheit des Fleisches
verleiten liessen, heißt es 2 Pet. 2, 22. Der
Hund frisset wieder, was er gespeiet hat,
und die Sau wältzet sich nach der Schwem-

me
Cap. 3, v. 1. 2. an die Philipper.
[Spaltenumbruch]
4. Die Worte: Freuet euch in dem
HErrn!
ſind alhier etwas abgebrochen geſetzet,
und zeigen an einen ſonderbaren Afſect in Paulo
und ſo viel mehrern Nachdruck: mit dem vorher-
gehenden und nachfolgenden Contexte aber ſind
ſie zu verbinden: Der Apoſtel hatte gezeiget, wie
daß die Philipper zur ſeligen Gemeinſchaft des
Evangelii und CHriſti ſelbſt gekommen waren,
und wie ſie CHriſtum im Wercke der Erloͤſung
nach dem Stande der Erniedrigung und Erhoͤ-
hung anzuſehen haͤtten. Wenn er nun nach
andern hinzugethanen Erinnerungen alhier ſa-
get: Freuet euch in dem HERRN! ſo ſiehet
er mit dieſen Worten darauf wieder zuruͤck, und
zeiget an, wie ſie ſich ſolcher Gemeinſchaft am
Evangelio in CHriſto recht zu Nutze machen ſol-
ten. So wolte er auch im folgenden das rechte
Haupt-Gut, welches wir in CHriſto haben,
worum ſie die falſchen Lehrer bringen wolten,
und in der erworbenen Gerechtigkeit CHriſti be-
ſtehet, ihnen, wie er ſchon muͤndlich gethan hat-
te, auch ſchriftlich zur Hochachtung und Be-
wahrung mit ſeinem Exempel anpreiſen. Dar-
um ſchickten ſich ſolche Worte von der Freude
im HERRN auch dazu recht wohl; ſintemal
diß Haupt-Geſchenck der rechte Grund iſt aller
wahren Freude.
5. Alle Freude, welche nicht im HErrn
geſchiehet, oder geſchehen kan, nemlich alſo, daß
dabey die Anrufung ſeines heiligen Namens und
die heilige Furcht vor ihm wohl beſtehe, die iſt ir-
diſch und ſuͤndlich.
6. Es kan ſich aber niemand im HERRN
freuen, er ſey denn wahrhaftig bekehret, und
ſtehe in glaͤubiger Vereinigung und Gemeinſchaft
mit ihm. Und alſo iſt aller unbekehrten Men-
ſchen ihre Freude eitel; als die nicht im HERRN
geſchiehet, und nicht geſchehen kan.
7. Es iſt ein ſehr irriger Wahn, wenn eitle
Welt-Menſchen dafuͤr halten, als haͤtten wahre
Chriſten keine Freude in dieſer Welt, und deß-
wegen von der wahren Bekehrung zu GOtt ab-
gekehret ſind, weil ſie meinen, ſie wuͤrden ſo denn
keine froͤliche Stunde mehr auf der Welt haben.
Grund-falſch iſt dieſes. Denn haben ſie gleich
keine Freude nach und an der Welt, ſo haben
ſie dieſelbe doch in der Welt an GOtt und in
GOtt; auch wol alsdenn, wenn die Welt ſie fuͤr
traurig anſiehet. Da es denn von ihnen heißt:
als die Traurigen, aber doch allezeit froͤ-
lich.
Und gleichwie dieſe Freude rein und hei-
lig iſt, ſo iſt ſie auch beſtaͤndig, davon unſer Hei-
land ſaget: Eure Freude ſoll niemand von
euch nehmen
Joh. 16, 22.
8. Jn den Worten: daß ich euch immer
einerley ſchreibe,
iſt zu mercken, daß im Grie-
chiſchen darinnen das Wort immer nicht befind-
lich ſey: und daß der Apoſtel mit dem Wote τ[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]
ἀυτὰ, einerley, eben das, ſehe auf ſeinen muͤnd-
lichen Vortrag, welchen ſie vor dem von ihm em-
pfangen hatten: welchen er dem Haupt-Jnnhal-
te nach ſchriftlich wiederholet.
9. Gehet es mit der leiblichen Speiſe alſo,
daß man eine zum oͤftern genieſſet, und es von
derſelben wol heiſſet: ie laͤnger, ie lieber, zu-
mal bey denen, welche dem Leibe nach im Wachs-
[Spaltenumbruch] thum ſtehen: warum ſolte es nicht auch von dem
goͤttlichen Wort und den daraus genommenen
goͤttlichen Wahrheiten alſo heiſſen? Zur Beveſti-
gung aber muß es kommen.
V. 2.

Sehet auf die Hunde, ſehet auf die
boͤſen Arbeiter, ſehet auf die Zerſchnei-
dung.

Anmerckungen.
1. Weil der Bewahrung lauterer Lehre von
CHriſto, welche der Apoſtel den Philippern
muͤndlich vorgetragen hatte, und ſchriftlich wie-
derholete, die Verfuͤhrung gewiſſer juͤdiſcher Jrr-
Lehrer, die CHriſtum mit Moſen, das Evange-
lium mit dem Geſetze, gefaͤhrlicher Weiſe ver-
mengeten, ſehr entgegen ſtunde, ſo warnet der
Apoſtel dagegen ſehr nachdruͤcklich.
2. Es muͤſſen es dieſe Leute ſehr arg gema-
chet haben, daß der Apoſtel gegen ſie hier und am
Ende des Capitels ſolche harte Worte gebrau-
chet. Da er ſie alhier nennet Hunde, boͤſe
Arbeiter, die Zerſchneidung.
Und unten
v. 18. 19. Feinde des Creutzes CHriſti, wel-
chen der Bauch ihr GOtt iſt.
u. f. So iſt
auch der Afſect Pauli mit Wiederholung des
Worts ſehet ausgedrucket: Sehet auf die
Hunde, ſehet auf die boͤſen Arbeiter, ſehet auf
die Zerſchneidung.
3. Hunde nennet er dieſe boͤſe Menſchen
theils von ihrer boͤſen Lehre, theils von ihrem
aͤrgerlichen und unverſchaͤmten Leben. Der Leh-
re
nach waren ſie Hunde, weil ſie wie die Hun-
de die wahren Lehrer und ihre Zuhoͤrer anfielen,
und ihnen einen Biß nach dem andern beybrach-
ten, und in der Gemeine ſo viel Lermens mach-
ten, wie arge Hunde auf den Gaſſen eines Orts.
Welches ſonderlich der Ketzermacher ihre Art iſt,
davon auch die evangeliſche Kirche an ihren un-
aͤchten Gliedern oft viele Unruhe gehabt hat, al-
ſo, daß mancher ſich wider ihre Anfaͤlle durch ab-
genoͤthigte Apologien hat vertheidigen muͤſſen.
4. Es gehoͤren hierher die Oerter Jeſ. 56,
19. Alle ihre Waͤchter ſind blind, ſie wiſſen
alle nichts, ſtumme Hunde ſind ſie, die nicht
ſtrafen koͤnnen, ſind faul, liegen und ſchla-
fen gern. Es ſind aber ſtarcke Hunde vom
Leibe, die nimmer ſatt werden koͤnnen.

Alſo giebts unter den boͤſen Lehrern nicht allein
zur Unzeit bellende und beiſſende, ſondern auch
ſtumme und faule Hunde. Matth. 7, 6. heißt
es: Jhr ſollt das Heiligthum nicht den
Hunden geben, und eure Perlen ſollt ihr
nicht fuͤr die Saͤue werfen, auf daß ſie die-
ſelben nicht zutreten mit ihren Fuͤſſen, und
ſich wenden, und euch zerreiſſen.
Darunter
auſſer argen Lehrern ſonderlich recht viehiſche
Menſchen, die vor aſotiſchem Weſen zu keinem
Nachdencken kommen koͤnnen, verſtanden wer-
den. Von denen, welche ſich von irrigen und
aͤrgerlichen Lehrern unter dem Vorwand der
Chriſtlichen Freyheit zur Frechheit des Fleiſches
verleiten lieſſen, heißt es 2 Pet. 2, 22. Der
Hund friſſet wieder, was er geſpeiet hat,
und die Sau waͤltzet ſich nach der Schwem-

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[719/0747] Cap. 3, v. 1. 2. an die Philipper. 4. Die Worte: Freuet euch in dem HErrn! ſind alhier etwas abgebrochen geſetzet, und zeigen an einen ſonderbaren Afſect in Paulo und ſo viel mehrern Nachdruck: mit dem vorher- gehenden und nachfolgenden Contexte aber ſind ſie zu verbinden: Der Apoſtel hatte gezeiget, wie daß die Philipper zur ſeligen Gemeinſchaft des Evangelii und CHriſti ſelbſt gekommen waren, und wie ſie CHriſtum im Wercke der Erloͤſung nach dem Stande der Erniedrigung und Erhoͤ- hung anzuſehen haͤtten. Wenn er nun nach andern hinzugethanen Erinnerungen alhier ſa- get: Freuet euch in dem HERRN! ſo ſiehet er mit dieſen Worten darauf wieder zuruͤck, und zeiget an, wie ſie ſich ſolcher Gemeinſchaft am Evangelio in CHriſto recht zu Nutze machen ſol- ten. So wolte er auch im folgenden das rechte Haupt-Gut, welches wir in CHriſto haben, worum ſie die falſchen Lehrer bringen wolten, und in der erworbenen Gerechtigkeit CHriſti be- ſtehet, ihnen, wie er ſchon muͤndlich gethan hat- te, auch ſchriftlich zur Hochachtung und Be- wahrung mit ſeinem Exempel anpreiſen. Dar- um ſchickten ſich ſolche Worte von der Freude im HERRN auch dazu recht wohl; ſintemal diß Haupt-Geſchenck der rechte Grund iſt aller wahren Freude. 5. Alle Freude, welche nicht im HErrn geſchiehet, oder geſchehen kan, nemlich alſo, daß dabey die Anrufung ſeines heiligen Namens und die heilige Furcht vor ihm wohl beſtehe, die iſt ir- diſch und ſuͤndlich. 6. Es kan ſich aber niemand im HERRN freuen, er ſey denn wahrhaftig bekehret, und ſtehe in glaͤubiger Vereinigung und Gemeinſchaft mit ihm. Und alſo iſt aller unbekehrten Men- ſchen ihre Freude eitel; als die nicht im HERRN geſchiehet, und nicht geſchehen kan. 7. Es iſt ein ſehr irriger Wahn, wenn eitle Welt-Menſchen dafuͤr halten, als haͤtten wahre Chriſten keine Freude in dieſer Welt, und deß- wegen von der wahren Bekehrung zu GOtt ab- gekehret ſind, weil ſie meinen, ſie wuͤrden ſo denn keine froͤliche Stunde mehr auf der Welt haben. Grund-falſch iſt dieſes. Denn haben ſie gleich keine Freude nach und an der Welt, ſo haben ſie dieſelbe doch in der Welt an GOtt und in GOtt; auch wol alsdenn, wenn die Welt ſie fuͤr traurig anſiehet. Da es denn von ihnen heißt: als die Traurigen, aber doch allezeit froͤ- lich. Und gleichwie dieſe Freude rein und hei- lig iſt, ſo iſt ſie auch beſtaͤndig, davon unſer Hei- land ſaget: Eure Freude ſoll niemand von euch nehmen Joh. 16, 22. 8. Jn den Worten: daß ich euch immer einerley ſchreibe, iſt zu mercken, daß im Grie- chiſchen darinnen das Wort immer nicht befind- lich ſey: und daß der Apoſtel mit dem Wote τ_ ἀυτὰ, einerley, eben das, ſehe auf ſeinen muͤnd- lichen Vortrag, welchen ſie vor dem von ihm em- pfangen hatten: welchen er dem Haupt-Jnnhal- te nach ſchriftlich wiederholet. 9. Gehet es mit der leiblichen Speiſe alſo, daß man eine zum oͤftern genieſſet, und es von derſelben wol heiſſet: ie laͤnger, ie lieber, zu- mal bey denen, welche dem Leibe nach im Wachs- thum ſtehen: warum ſolte es nicht auch von dem goͤttlichen Wort und den daraus genommenen goͤttlichen Wahrheiten alſo heiſſen? Zur Beveſti- gung aber muß es kommen. V. 2. Sehet auf die Hunde, ſehet auf die boͤſen Arbeiter, ſehet auf die Zerſchnei- dung. Anmerckungen. 1. Weil der Bewahrung lauterer Lehre von CHriſto, welche der Apoſtel den Philippern muͤndlich vorgetragen hatte, und ſchriftlich wie- derholete, die Verfuͤhrung gewiſſer juͤdiſcher Jrr- Lehrer, die CHriſtum mit Moſen, das Evange- lium mit dem Geſetze, gefaͤhrlicher Weiſe ver- mengeten, ſehr entgegen ſtunde, ſo warnet der Apoſtel dagegen ſehr nachdruͤcklich. 2. Es muͤſſen es dieſe Leute ſehr arg gema- chet haben, daß der Apoſtel gegen ſie hier und am Ende des Capitels ſolche harte Worte gebrau- chet. Da er ſie alhier nennet Hunde, boͤſe Arbeiter, die Zerſchneidung. Und unten v. 18. 19. Feinde des Creutzes CHriſti, wel- chen der Bauch ihr GOtt iſt. u. f. So iſt auch der Afſect Pauli mit Wiederholung des Worts ſehet ausgedrucket: Sehet auf die Hunde, ſehet auf die boͤſen Arbeiter, ſehet auf die Zerſchneidung. 3. Hunde nennet er dieſe boͤſe Menſchen theils von ihrer boͤſen Lehre, theils von ihrem aͤrgerlichen und unverſchaͤmten Leben. Der Leh- re nach waren ſie Hunde, weil ſie wie die Hun- de die wahren Lehrer und ihre Zuhoͤrer anfielen, und ihnen einen Biß nach dem andern beybrach- ten, und in der Gemeine ſo viel Lermens mach- ten, wie arge Hunde auf den Gaſſen eines Orts. Welches ſonderlich der Ketzermacher ihre Art iſt, davon auch die evangeliſche Kirche an ihren un- aͤchten Gliedern oft viele Unruhe gehabt hat, al- ſo, daß mancher ſich wider ihre Anfaͤlle durch ab- genoͤthigte Apologien hat vertheidigen muͤſſen. 4. Es gehoͤren hierher die Oerter Jeſ. 56, 19. Alle ihre Waͤchter ſind blind, ſie wiſſen alle nichts, ſtumme Hunde ſind ſie, die nicht ſtrafen koͤnnen, ſind faul, liegen und ſchla- fen gern. Es ſind aber ſtarcke Hunde vom Leibe, die nimmer ſatt werden koͤnnen. Alſo giebts unter den boͤſen Lehrern nicht allein zur Unzeit bellende und beiſſende, ſondern auch ſtumme und faule Hunde. Matth. 7, 6. heißt es: Jhr ſollt das Heiligthum nicht den Hunden geben, und eure Perlen ſollt ihr nicht fuͤr die Saͤue werfen, auf daß ſie die- ſelben nicht zutreten mit ihren Fuͤſſen, und ſich wenden, und euch zerreiſſen. Darunter auſſer argen Lehrern ſonderlich recht viehiſche Menſchen, die vor aſotiſchem Weſen zu keinem Nachdencken kommen koͤnnen, verſtanden wer- den. Von denen, welche ſich von irrigen und aͤrgerlichen Lehrern unter dem Vorwand der Chriſtlichen Freyheit zur Frechheit des Fleiſches verleiten lieſſen, heißt es 2 Pet. 2, 22. Der Hund friſſet wieder, was er geſpeiet hat, und die Sau waͤltzet ſich nach der Schwem- me

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 719. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/747>, abgerufen am 24.11.2024.